In der Familie des ersten Auserwählten

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Abschrift des Heftes:
Abraham, der erste Auserwählte - Band II
Abrahms neues Leben als Auserwählter

aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum“
von M. Jaegle und Mitarbeitern (1986)

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Inhaltsverzeichnis

Abraham, der erste Auserwählte

Band II

4. In der Familie des ersten Auserwählten

Eine weitere Prüfung durch Hungersnot

Wenn wir nicht um die nun folgenden Geschehnisse im Leben Abrams wüssten, würden wir nach einem so vorbildlichen Anfang eine weitere Entfaltung seines Glaubensgehorsams erwarten. Doch was müssen wir mit ansehen? Eine Niederlage!

Die traurige Begebenheit fängt mit einer Hungersnot an: „Und es wird eine Hungersnot im Lande“ (1Mo 12:20) Dieser Bericht ist so gehalten, als ob diese Hungersnot von selbst entstanden wäre. Deshalb wollen wir sie mit derjenigen zur Zeit Josephs vergleichen (1Mo 41.). Dort erklärt Joseph dem Pharao in 1Mo 41:25 u. 28 die Hungersnot als ein Tun Gottes, entsprechend Seinem Beschluss (1Mo 41:32).

Noch offener von dieser Hungersnot spricht der Psalmist (Ps 105:16): „Und Er (Jewe) rief eine Hungersnot über das Land herbei; jede Stütze des Brotes zerbrach Er.“ Von der Hungersnot zur Zeit Elias sagt der Prophet (2Kö 8:1): „Jewe hat eine Hungersnot herbeigerufen ...“ Und in Hes 36:29 ist Israel die Zusicherung gegeben: „Ich werde ... keine Hungersnot mehr auf euch bringen.“

Wenn wir anhand dieser Schriftaussagen das Ganze überblicken, gewinnen wir den Eindruck, dass auch die Hungersnot zur Zeit Abrams von Jewe bewirkt war. Gott schickt Übles, um den Glauben Abrams zu prüfen. Bis dahin war für Abram alles ohne große Hindernisse verlaufen. Auf seinen bisherigen Glaubensgehorsam hin hatte ihn Gott geradezu mit Seinen Segnungen überschüttet. Kaum war er in Kanaan angelangt, erschien ihm Jewe aufs neue und versicherte i hm, dass Er seinem Samen dieses Land geben werde. Abram seinerseits baute Jewe Altäre und rief Seinen großen Namen an. Trotzdem fehlte Abram für die auf ihn harrende Erprobung die notwendige Vorbereitung und Glaubenskraft.

Das Fehlen innerer Erstarkung

Jeder geistlich gesinnte Gläubige weiß, dass ein so reich gesegnetes Leben auch seine Gefahren in sich birgt. Gewöhnlich gehen in solchen Zeiten die Wurzeln des Innenlebens nicht so sehr in die Tiefe, wie dies bei schweren Prüfungen und Anfechtungen der Fall ist. Treten dann plötzlich und unerwartet schwierige Ereignisse ein, so gerät ein solch Gesegneter leicht in eine Krise, die zu einem Fehltritt führt. Eine solche Sünde ist aber nicht unter diejenigen zu zählen, die regelmäßig von nachlässigen Gläubigen begangen werden. Nach einem einzelnen Danebenfall kommen aufrichtige Gläubige durch Beugung und Umsinnen bald wieder zurecht.

Ein solches Geschehen haben wir mit Abram in jener Hungersnot vor uns. Für ihn, der im Wohlstand lebte, gab es daher keine passendere Prüfung, als ihm den Brotkorb höher zu hängen. Dabei musste offenbar werden, ob er in der Hungersnot (1Mo 12:10 ff.), im Vertrauen auf Gottes Durchhilfe, im verheißenen Land bleiben würde.

Aber Abram zog hinab nach Ägypten.

Als Jewe ihn zum Verlassen seiner Heimat und zur Wanderschaft nach einem unbekannten Land aufgefordert hatte, war Abram damit vor eine schwere Entscheidung gestellt. Abram aber war in vorbildlichem Glaubensgehorsam diesen schweren Weg gegangen. Welch wunderbare Erfahrungen durfte er dabei mit Seinem Gott machen! Treu hat Er ihn in seinem Nomadenleben versorgt - aber jetzt, als eine kleinere Prüfung seiner harrte, versagte er.

Dieser Danebenfall zeigt uns das Bild eines Schwankenden, dessen Glaube noch nicht fest genug gegründet ist. Schon unzählige Male hat sich das innerhalb der Körperschaft Christi wiederholt: Da werden große Prüfungen des Glaubens bestanden, bei kleineren hingegen kann der Glaube schwach werden und versagen.

Abrams Abweichen vom Glaubenspfad ist betrüblich, weil der aus der Welt Herausgenommene nun wieder Hilfe bei Weltmenschen sucht. Zuvor hatte er in seinem Heimatland diese Gruppe von verdorbenen Menschen verlassen, und jetzt wandte er sich ihnen wieder in Ägypten, dem Land mit seinen besonderen Gefahren für Glaubende, wieder zu. Dieser Schritt musste für Abraham tragisch ausgehen, denn er ließ sich von den Bedürfnissen seiner Seele bestimmen. Sein Leitgedanke war (1Mo 12:13b):

Dass es mit gut gehe und meiner Seele

Mit diesem Ausspruch wird offenbar, wie sehr sich Abram schon an das kampf- undmühelose Leben gewöhnt hatte. Eine solche Lebenseinstellung musste zwangsläufig zu weiterem verkehrten Handeln führen. Die Folge dieser krummen Wege (das mit Südgau wiedergegebene Wort bedeutet „Krümmung“ - (1Mo 12:9) waren Nöte und Bangigkeit. Nachdem Abram auf eigenem Weg nach Ägypten (hebr. Mizraim = „im Engen“ oder „Bedrängnisse“) auswich, kam er tatsächlich in die Enge und in Todesgefahr. Wahrscheinlich kam es dort vor, dass Ehemänner erschlagen wurden, um sich deren Frauen bemächtigen zu können (1Mo 12:12). Und von dieser Welt erhoffte sich Abram Hilfe! Doch anstelle der Hilfe erwartete ihn nun eine große Bedrohung!

Wie es so geht, folgte dem ersten falschen Schritt ein zweiter - und welch folgenschwerer - Fehltritt! Um sich aus der drohenden Gefahr zu retten, veranlasste Abram Sarai, eine Halbwahrheit, um nicht zu sagen Lügen, auszusprechen: „Sage doch, du seiest meine Schwester, dass es mir gut gehe deinetwegen und meine Seele lebe um deinetwillen“ (1Mo 12:13). Nach Abrams Aussage (1Mo 20:12) hatten er und Sarai denselben Vater, aber nicht die dieselbe Mutter.

Das Bild eines seelischen Gläubigen

So bietet uns Abram angesichts dieser Verfehlung das Bild eines seelischen Gläubigen. Wir haben hier eine Parallele zum Paradies, nur ist diesmal der Mann der Verführer, indem er dem Verlangen seiner Seele nachgibt. Dies zeigt, dass Adam ebenso schwach und zum Fallen geneigt war wie seine Frau Eva, denn nach 1Mo 2:7 ward er zu einer lebenden Seele und demnach ein seelischer Mensch. Da Sarai nach dem berechnenden Rat ihres Mannes handelte, war nun sein Leben außer Gefahr, und das hätte ihm genügen sollen. Doch nein, sein seelisches Verlangen begehrte nach einem guten Ergehen. Er suchte bei alledem noch Gewinn herauszuschlagen. Tatsächlich hatte er sich nicht verrechnet, denn es heißt (1Mo 12:16): „Und er (Pharao) tut Abram Gutes um ihretwillen. Und es wird ihm Kleinvieh und eine sehr schwere Herde Rinder und Esel und Knechte und Mägde und Eselinnen und Kamele zuteil."

Mit seinem Streben nach einem guten Ergehen hat Abram vor allem seinem Neffen Lot ein schlechtes Beispiel gegeben.

Abram verliert Sarai

Zu welchem überaus hohen Preis kam Abraham in den Besitz seines Vermögens? Um den Preis seiner geliebten Lebensgefährtin Sarai! Sie wurde in Pharaos Haus genommen (1Mo 12:15). Dies will aber nicht heißen, dass sie auch gleich in des Königs Gemach geführt wurde. Es war damals Sitte, die Frauen zuerst einer Reinigung zu unterziehen, die bis zu einem Jahr dauerte. Ein diesbezüglicher Bericht findet sich im Buch Ester (Est 2:4.9.12).

Getrennt von ihrem geliebten Gatten, begann auch für Sarai eine schwere, sie demütigende Zeit in einer völlig fremden Umwelt.

Jetzt saß Abram abends allein im Zelt, ohne traute Gemeinschaft, voller Traurigkeit und bangender Sehnsucht nach seiner Frau. Wie muss er erschrocken sein, als sie ihm Sarai wegnahmen und in Pharaos Haus brachten, hatte er sich doch alles so gut zurechtgelegt. Dass er dabei seine Lebensgefährtin verlieren könnte, war ihm nicht in den Sinn gekommen. Indes nahm ihm Jewe gerade das, worauf er sich, damit es ihm gut gehe, in fleischlicher Weise abgestützt hatte.

Abram musste in seinem langen Glaubensleben lernen, dass aller Segen und Wohlstand allein von Gott kommt und nicht vom Geschöpf. Und gewiss ward er in Beugung und Leidtragen ob seines Fehlweges geführt. Auch wird es ihn dabei noch besonders belastet haben, dass er keinen Ausweg aus dem Getrenntsein von Sarai sah. Gewiss dachte er, der König würde ihm seine überaus schöne Frau nicht wiedergeben. Jener hatte ja ein Anrecht auf sie, war sie doch für ihn Abrams ledige Schwester. Und diese Halbwahrheit konnte er dem König nicht bekennen, sonst hätte er sich aufs neue in Todesgefahr begeben.

Abram war festgefahren. An zermürbenden und schlafraubenden Selbstvorwürfen wird es ihm nicht gefehlt haben, musste er sich doch als Zerstörer des gemeinsamen Lebensglücks mit Sarai verurteilen. Zutiefst beschämt und zuschanden geworden stand er nun vor seinem Gott! In seinem inneren Weh und seiner ihn peinigenden Einsamkeit wird er gewiss zu Jewe um Hilfe gefleht haben.

Aber Gott sah ihn mit ganz anderen Augen an. Jetzt hatte er Abram dort, wo Er ihn haben wollte. In seiner unergründlichen Weisheit versteht es Gott, die Seinen mit ihren eigenen Fehlern zu erziehen und alles zum Guten zusammenzuwirken. Vorher schmiedete Abram Pläne ohne Ihn. Trotz des tragischen Ausgangs dieses Fehlweges bewirkte er doch durchaus das Gute, dass Abram zu Gott gedrängt wurde und seine Wege nicht mehr ohne Ihn plante. Durch diese tief demütigende Erfahrung hatte er die Kraft und Glaubensgröße gewonnen, nicht mehr selbst wählen zu wollen.

Gottes Eingreifen

Wie Gott sich des Gefallenen in Gnaden annimmt, gehört mit zum Schönsten der Bibel. Dabei hören wir kein Wort des Vorwurfs oder der Anklage aus Gottes Mund an den vom geraden Glaubenspfad Abgewichenen. Jewe setzte sich einfach für die Rettung von Abrams Frau ein, indem Er über Pharao große und üble Plagen brachte und gewiss auch den Grund dafür offenbarte, wie später bei Abimelech (1Mo 20:3).Dass Gott auf die Hilferufe Seiner Gefallenen so schnell antwortete, ist ein beredtes Zeichen dafür, dass sich beide vor Ihm beugten und durch ein Selbstgericht gingen.

Aus Gottes Handlungsweise gegenüber den beiden können auch wir lernen, nicht hart über die Verfehlung und das mangelnde Gottvertrauen zu urteilen. Sie hatten wohl eine wunderbare Erfahrung machen dürfen, doch nach der Erscheinung und den Reden Jewes waren sie ganz auf sich gestellt. Sie besaßen noch keine geschriebene Offenbarung über den Willen Gottes, woraus sie die notwendige Kraft und Weisung hätten schöpfen können.

Nachdem Jewe die beiden aus ihrer misslichen Lage befreit hatte, stand dem Abram noch

Eine schwere Demütigung

bevor. Als Pharao erfuhr, dass Abram ihm nicht die volle Wahrheit gesagt hatte, war er mit Recht gegen Abram empört und richtet Vorwürfe an ihn (1Mo 12:18.19). Das Unrühmliche dabei war, dass der Auserwählte von einem Nichterwählten zurechtgewiesen wurde.

Zu solchen Situationen hat Salomo treffende Sprüche geschrieben, wie „Getrübter Quell und verderbter Brunnen: so ist der Gerechte, der vor dem Gesetzlosen wankt“ (Spr 25:26).

Abrams Lüge sollte auch für uns heute eine Mahnung sein, geschieht doch solches leider immer wieder. Wenn Paulus die Seinen auffordert: „...legt die Lüge ab“ (Eph 4:25) und: „Lügt nicht untereinander“ (Kol 3:9), so heißt das, dass selbst Auserwählte in der Gefahr stehen, noch zu lügen.

Gestörtes Zusammenleben

Danach zog Abraham mit Sarai und Lot wieder ins gelobte Land zurück als ein schwer reicher Mann (1Mo 13:2). Aber auf dem vermehrten Reichtum lag kein Segen. Er war die Ursache des von nun an gestörten Zusammenlebens von Abram und Lot. Auch der nichterwählte Neffe wurde in der Gemeinschaft mit dem auserwählten Onkel reicher. Jedoch stammte der Mehrreichtum Abrams nicht aus lauterer Quelle, war doch die Ursache dieses vermehrten Besitzes eine Gott missfällige Tat. So kam der Unsegen: Die Hirten Abrams und Lots fanden nicht mehr genug Weide für das viele Vieh, worauf sie miteinander zu zanken begannen (1Mo 13:7). Dabei wird hervorgehoben, dass die Kanaaniter und Peresiter im Land wohnten, welche diesen Zwist mit ansehen mussten. Dies muss Abram in üblen Ruf gebracht haben. Wie verhält sich nun der Auserwählte in dieser peinlichen Situation?

Hatte er zuvor einen Fehltritt getan, so steht er aber jetzt vor uns als ein Mann des Glaubens, der vorbildlich handelt.

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5. Abrams vorbildliche Rettungsaktion und sein Dienen