Ewigkeitsbedeutung des Menschen in der Zeit

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Abschrift des Heftes: Die Gemeinde Jesu Christi
in ihrer Bedeutung für Himmel, Erde, Zeit, Ewigkeit
Friedrich Malessa, Samplatten (Ostpr.)

Paulus Verlag Stuttgart

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

III. Ewigkeit in der Zeit

4. Die gottgewollte Ewigkeitsbedeutung des Menschen in der Zeit

Im Zentrum des Ewigkeitsgeschehens in der Zeit steht nunmehr der „Mensch“. Freilich ist das nicht der Mensch in der maßlos abgewirtschafteten Weise der gegenwärtigen Zeit. Dieser Mensch ist im Vergleich zum Urmenschen ein Zerrbild. Der erste Mensch ist in seinem göttlichen Verhältnis nur in einem Menschen wiederzufinden: Jesus Christus! Ihm hat man ungewollt das Zeugnis ausstellen müssen: „Sehet, welch ein Mensch!“ „Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn!“

Drei Wesensmerkmale müssen beachtet werden, wenn der Urmensch in seiner gottgewollten Art erkannt und bewertet werden soll.

1. Gottebenbildlichkeit
Diese Tatsache ist bis dahin viel zu viel übersehen worden. Der biblische Bericht: „Ihm zum Bilde“ ist doch nicht eine Phrase, sondern heilige Wirklichkeit! Der ewige Gott will durch sein „Ebenbild“ Ewigkeiten in der Zeit offenbaren. Der Mensch wird in der Zeit der Offenbarungsträger des Ewigen!

Worte sind viel zu gering, um die ganze Ewigkeitbedeutung des Menschen auch nur andeuten zu können. Zu dieser Erkenntnis gehört Geisteserleuchtung, Ewigkeitslicht!

2. Einheit
Auch diese Tatsache ist zufolge der Zeitbefangenheit des menschlichen Denkens ganz verkannt worden. Und doch ist das eine der wichtigsten Wahrheiten, dass der Mensch in seiner ursprünglichen Einheit im genauen Gegensatz zur Zeit, d. h. als ihr Gegner stand. Es war eben der Mensch in seiner „Einsheit“, der ganz neue Eingriff des ewigen Gottes in die Zerrissenheit der Zeit.

Und nur die „Einsheit“ hätte dem Menschen die Siegesmöglichkeit werden können. Denn die Einheit war in der Gottebenbildlichkeit und seiner Überwindbarkeit begründet. Jedoch die „Zweiheit“, in die der Mensch geriet, gereichte ihm zum Verhängnis. - An diesem Verhängnis wird die Menschheit zu tragen haben, bis sie die „Einsheit“ in Christus erlangt.

3. Herrschaft
Wie die anderen, so wird auch diese gottgesetzte Bestimmung verkannt. Man ist zufrieden, wenn der Mensch so hinvegetieren, wenn er sich in dem Lebenskampf behaupten kann. Was ist das für eine niedrige und unwürdige Meinung vom Menschen! H e r r s c h a f t ist seine B e s t i m m u n g ! Selbstverständlich Geistesherrschaft, d. h. Erlösungs- und Heilsherrschaft! Die gegenwärtige quälende materielle Herrschaft hat zwar den Herrschaftswillen zur Grundlage, steht aber in einer restlos entgegengesetzten Richtung. Diese Richtung wird bis zum Überdruss begangen und gefördert. Wo bleibt aber der nachhaltige Hinweis auf die gottgewollte Geistes-Herrschaft des Menschen? Nimmt wenigstens die „christliche Lehre“ darauf gebührend Bezug?

Man sehe sich die drei gottgesetzten Merkmale des Menschen näher an und stelle fest, welche unentbehrliche und unumgängliche Bedeutung sie für die Ewigkeitsdarstellung haben! Gott hat den Menschen in der angezeigten Weise ausgerüstet, nicht dass er als „Abgott“ irgendwo sich seines Daseins rühme und erfreue, sondern damit er Gottes „Mitarbeiter“ (Dienstorgan) werde! Wie der zweite Adam, sollte auch der erste mit vollen Bewusstsein sagen: „Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen des, der mich gesandt hat, und v o l l e n d e sein W e r k“ (Joh 4:34).

Wenn Gott den Menschen mit der Gottebenbildlichkeit in die Fleischlichkeit, d. h. in das Machtgebiet des Fürsten dieser Welt gestellt hat, dann doch nur zur Überwindung! Das „Bild Gottes“, d. h. der volle Glanz der Persönlichkeit Gottes würde durch den Menschen die Höchstausstrahlung erlangt haben, wenn in ihm der Geist gesiegt hätte, d. h. wenn er der Mensch des Geistes geworden wäre. Das Leben im Fleisch sollte nicht vermehrt, sondern überwunden werden! Dazu war allerdings das Bleiben in der Einheit erforderlich. Dadurch wäre der Mensch stark genug geblieben, dem Versucher Widerstand zu leisten. Auf diese Weise wäre er der Beherrscher nach dem Willen Gottes geworden.*

*Diese wichtige Wahrheit ist in meiner Schrift: „Jesus Christus im Alten Testament“ eingehend behandelt worden.

Der Mensch aber wählte die Zweiheit

Leider ist der Mensch den gottgewollten Weg nicht gegangen. Er gewann Gefallen am „Antlitz“ dieser Welt. Es zog ihn zur Ebenbildlichkeit der Welt. Er gewann Missfallen an der „Einsheit“ und erbat sich die „Zweiheit“. Die Folge war, dass er auf die Herrschaft verzichten musste und - beherrscht wurde.

Daraufhin hat Gott seine wunderbare Absicht, die er durch den Menschen verwirklichen wollte, aufgeschoben (nicht aufgehoben). Er bestimmte nach seinem weisen Rat den „zweiten Adam“, Christus, für die Durchführung dieses Heilsplanes.

Was durch den zweiten Adam nun geschah und geschieht, ist die genaue Fortführung der durch das Versagen des ersten Adam unterbrochenen Linie. Das zu beachten ist sehr wichtig.

Zuerst muss jedoch der letzte Verlust wettgemacht werden. Der zur Karrikatur herabgewürdigte Mensch muss die Gottebenbildlichkeit wieder erlangen. „Denn welche er zuvor ersehen hat, die hat er auch verordnet, dass sie gleich sein sollten dem Ebenbild seines Sohnes, auf dass derselbe der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“ (Röm 8:29). „Und ziehet den neuen (Menschen) an, der da erneuert wird zu der Erkenntnis nach dem Ebenbild des, der ihn geschaffen hat“ (Kol 3:10). In Christus wird der Urzustand der Gottebenbildlichkeit erreicht!

Weiter wird in Christus gleichzeitig die Ureinheit hergestellt. „Denn wieviel euer auf Christum getauft sind, die haben Christum a n g e z o g e n. Hier ist kein Jude noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier, hier ist kein Mann noch Weib; denn ihr seid allzumal E i n e r in Christo Jesu“ (Gal 3:27.28). Jede Doppelheit, auch die fleischlich geschlechtliche, wird in Christus beseitigt. (Freilich erst nach Ablegung des Leibeslebens). Was im notvollen Fleischesleben in der langen Tiefstandzeit um der Erlösung willen geheiligt wurde, z. B. die Ehe*), wird in Christus aufgehoben. In Jesus Christus sind alle „Einer“! Alle sind Glieder des einen Leibes, verbunden mit dem einen Haupt zu dem einen „Menschen“ Christus!

**Es sind viele Dinge in der Welt, die eine geheiligte Bedeutung erhielten: Nationen, Regierungen, Obrigkeiten, Gerichte, Kriege usw.

Soweit ist die Wiederherstellung des Menschen in Christus. Damit ist der Sündenfall des Menschen beseitigt. Und nun geht’s auf der uralten gottgewollten Linie weiter in das Nächstliegende, nämlich ins Wachstum. Im Wachsen hat der Urmensch versagt, im Wachsen an seinem Haupte, Christus. Im Wachsen beginnt der „neue Mensch mit seiner Lebendarstellung: „Auf diese Weise sollten die Heiligen zu ihrem besonderen Dienst ausgerüstet werden, nämlich den Leib Christi zu bauen bis wir allesamt zu gleichem Glauben und zu gleicher Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen. Damit ist dann die völlige Mannesreife erreicht, nämlich der volle Wuchs, dem die ganze Fülle Christi zuteil geworden ist ... und allseitig in ihn hineinwachsen, der unser Haupt ist, Christus“ (Eph 4:12-15). Lies auch Eph 2:21.22; Kol 2:18.19.

Wenn dann der „Vollmaßmensch“ (Erstling) seinen Reifegrad erreicht hat, erfolgt die Inangriffnahme des Z i e l d i e n s t e s : „Gott hat alles unter seine Füße getan, und hat ihn zum herrschenden Haupt der Gemeinde gemacht; und sie ist sein Leib, seine volle Ausgestaltung; wie er sodann selbst im ganzen Weltall alles in allem erfüllt“ (Eph 1:22.23). Hier erlangt die gottgewollte „Herrschaft“ ihr Erfüllung (ER füllt). Das ist keine Fleischesherrschaft mit dem Charakter der „Zeit“, sondern Beherrschung im Geist im heilsmäßigen Sinne. An dieser Geistes-Herrschaft nehmen alle teil, die nach 1Kor 12:12.13 und Röm 8:9-17 Mit-Glieder am Leibe Christi geworden sind.

Uber dieser wundervollen Ausrichtung in Christus liegt die Ewigkeitsbedeutung des Menschen in der Zeit. Der „neue Mensch in Christus“ ist der wahre Träger der Ewigkeit in die Zeit.

So brach schon durch den Urmenschen die Ewigkeit in die Zeit herein mit der Überwindungsbestimmung. Dazu war er berufen. Die einzigartigen Wesenszüge: Gottebenbildlichkeit, Einheit, Herrschaft gaben ihm die erforderliche Fähigkeit. Aufgrund dessen wäre ihm der Sieg gewiss! Dieser Sieg hätte schon da die Ewigkeit gebracht. Leider ist durch den allzu menschlichen Fall eine Jahrtausende alte Kluft entstanden. Sie ist aber im und mit dem „zweiten Adam“ überbrückt. Die Kluft besteht nur noch in der Zeit außer der Ewigkeit.

Christus war schon im Ursprung dasselbe, was er auch heute ist: Haupt seines Leibes (= Ekklesia). Er wird mit ihr und durch sie nach dem urzeitlichen Vorsatz alles in allem vollführen. An diesem göttlichen Vorhaben kann niemand, auch nicht der Teufel, etwas ändern. Wohl hat der Teufel bei der Durchführung dieses Vorsatzes das „Aufhaltende“ geltend machen können, aber er kann die Vollführung nicht aufheben. Aufhalten hat Gott um seiner Langmut und Gnade willen gestattet; das Aufheben hat er sich vorbehalten, und führt es nach seiner Weise durch (1Kor 15:26).

So wird durch den „neuen Menschen“ mit dem Ewigkeitswesen: Gottebenbildlichkeit, Einheit, Herrschaft die Zeit endgültig überwunden. Das wird allerdings noch ein ernstes Ringen sein. Noch mancher „Tag“ muss anbrechen und die „Nacht“ verdrängen. Doch es kommt der „letzte Tag“, der von keiner Nacht mehr begrenzt wird. Dann ist - Ewigkeit! „Hüter, ist die Nacht schier hin?"

5. Spuren der Ewigkeit in der Zeit

Dieses Thema zeigt ein bedauernswertes Verhältnis an: Spuren der Ewigkeit. Spuren, nur Spuren!? War der Ewigkeitseinbruch im Menschen nicht stark genug, um mehr als Spuren zu hinterlassen? Leider sind nur Spuren geblieben.

Dieses Versagen muss allein auf das Konto des Menschen gesetzt werden. Turmhoch ist seine Verschuldung! Aus der Gottebenbildlichkeit ist ein Zerrbild geworden, aus der Einheit eine grenzenlose Zerrissenheit; aus der Herrschaft eine Knechtschaft.

Im Leben der Menschen wirkten sich diese Verhältnisse wie folgt aus. Das auf die ganze Welt ausgedehnte Herrschaftsgebiet musste eingeengt werden auf den Garten Eden. Auch dieser Ort wurde den Menschen bald versagt: Sie mussten ihn verlassen und sahen als letztes den drohenden Cherub mit dem bloßen Schwert. Außerhalb des Gartens brach für sie die bitterste Not an. Der Kampf mit den „Dornen und Disteln“ begann. Das Leben wurde nur dahingefristet. Die Gegensätzlichkeit unter den Menschen nahm erschreckende Formen an. Gemeinschaftskatastrophen folgten. Kain erschlug seinen Bruder Abel. Roheit, Wildheit, Niedertracht waren fortan ihre treuen Gesellen. Das frühere Gottebenbild sank wesensmäßig unter das Tier. Aus der Herrschaft wurde eine Knechtschaft, die in ihrer Verwerflichkeit nicht überboten werden kann. Elendsdasein hat die Herrschaft. - Zeit in schärfster Ausprägung.

Wo blieb die Ewigkeit? Hat sie sich zurückgezogen? Ja! Jedoch nicht spurlos und für immer. Spuren sind verblieben. Welche?

Abel hat Ewigkeitswesen offenbaren wollen und - wurde getötet. Henoch hat Ewigkeitswesen ausleben sollen und - wurde entrückt. Noah hat Ewigkeitswesen gepredigt und - wurde verhöhnt. Abraham hat Ewigkeitswesen darstellen wollen und - musste Heimat und Freundschaft verlassen. Aus Jakob erstand die Volksekklesia und - ging in die „wüste Zeit“. Elia wollte die Volksekklesia reformieren und - wurde im „feurigen Wagen“ heimgeholt. Die Propheten sollen die Volksekklesia erneuern und - wurden getötet. Jesus kam in sein „Eigentum“, um mit ihm sein Reich aufzurichten und - wurde gekreuzigt. Mit Paulus wurde die Auswahlekklesia herausgestellt und - sie blieb „Gast und Fremdling. Die Auswahlekklesia hat lange und kräftig gezeugt und - das große Resultat ist: totes Kirchentum und Antichristentum, das da ausreift zum Gericht. Spuren, nur Spuren hat die Ewigkeit hinterlassen. Dazu nur - passionelle Spuren.

Die Zeit dagegen behielt die Oberhand. Sie hat nicht Spuren hinterlassen, sondern volle Prägung. Es scheint so, als ob sie auf der ganzen Linie gesiegt hat; doch ist das nur ein Sieg der „Zeit“! Das ist in Anbetracht der Ewigkeit wohl von Bedeutung, aber nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Sieg der Zeit bleibt eben nur ein Sieg der „Zeit“.

Die Spuren der Ewigkeit hingegen, mögen sie von dem „Gerät“ der Zeit noch so sehr verschüttet und verwischt worden sein, sie bleiben doch Spuren der „Ewigkeit“! Und wenn einst der „reinigende Gerichtstag“ den auf den Spuren lagernden Staub wegfegen wird, dann wird’s offenbar, dass die Spuren nicht nur bleibend sind, sondern auch einen unverkennbaren Zusammenhang haben. Aus den Spuren wird die lückenlose Linie, die immer stärker verlaufen und schließlich als ein Weg in das Reich der Ewigkeit einmünden wird.

Spuren der Ewigkeit in der Zeit, vielfach ganz verdeckte Spuren. Und doch Spuren, die heute ein kraftvolles Zeugnis ablegen von dem Einbruch der Ewigkeit in die Zeit. Spuren bezeugen den Gang. Aus den Spuren wird der Weg, der aus der Zeit in die Ewigkeit führt.

6. Die Bedeutung der Zeit für die Ewigkeit

Wir haben versucht, die Zeit in ihrer ganzen Nichtigkeit festzustellen. Ob es uns gelungen ist, mag dahingestellt sein. Denn die Zeit ist in ihrer Verderbtheit kaum ergründbar. Sie ist ja um des Teufels willen da. Er ist ihr Herr. Ihn aber mit seinem ganzen Einfluss und seinem Einflussgebiet zu erkennen, ist uns Menschen schwer möglich. - Wir werden die Zeit in ihrer ganzen Verlorenheit wohl erst in der Ewigkeit zu ergründen wissen.

Alles, was mit der Zeit irgendwelche Verbindung hat, ist dem Fluch verfallen. Die Welt, die noch unzählige Spuren vergangener Schöpferherrlichkeit trägt, ist dem unentrinnbaren Untergang geweiht. Der Weltuntergang wird von der Bibel genauestens bezeugt. Die Kreatur, die mit vielen Merkmalen eine höhere Herkunft verrät, ist ohne ihren Willen in Mitleidenschaft gezogen und seufzt unter dem Druck des Zeitwesens. Der Mensch, als Krone der Schöpfung, setzt mit seiner sündigen Haltung aller Bosheit die Krone auf. Die menschlichen Errungenschaften, mögen sie noch so berückend sein, stehen zur Hauptsache im Dienste der Vernichtung. Die Tugenden der Menschen, die in Moral und Sittlichkeit je und dann keine geringen Leistungen aufzuweisen haben, sind bestenfalls „Holz, Heu und Stoppeln“, die die Gerichtsgluten nur nähren werden. - Das sind die Wertbestände aller Zeitlichkeit.

Und doch hat auch die Zeit noch eine Kehrseite. Die ist allerdings vom Gnadenwalten des Ewigen geprägt. Dem Herrn der Ewigkeit ist dieses allein zuzuschreiben. Die großen Verlegenheiten sind seine ebenso großen Gelegenheiten. Und sie sind da!

Wir dürfen nicht übersehen, dass Gott die Zeit in sein Heilsgeschehen hineinbezogen hat. Sofern nun die Zeit heilsbedingt ist, hat sie auch eine Bedeutung für die Ewigkeit. Darum kann die Bibel auch sagen: „Die Erde ist des Herrn und alles, was darinnen ist.“ Sie kann sogar sagen: „Also hat Gott die W e l t geliebt.“ Die Fürsorge Gottes um die fluchbeladene Kreatur kann so groß und umfassend sein, dass „kein Sperling vom Dache fällt ohne Gottes Willen“.

Freilich ist es dem so nur um des Heiles willen. Nur weil im Unheil das Heil offenbar werden soll, hat auch das Unheil Heilsmerkmale.

Die Zeit als Zubereitung für die Ewigkeit

Für die Bedeutung der Zeit spricht auch die Tatsache, dass Gott gerade in ihr seine rettende Gnade verwirklicht. Es kann mit Recht gesagt werden: Nur in ihr! Die Zeit ist also das Offenbarungsgebiet der Gnade Gottes. Wenn Gott nach dem ersten Sündenfall das Sündenwesen samt dem Sündenträger beseitigt hätte, brauchte kein „Zeit“, d. h. keine Wandlung und Zerteilung einzutreten. Mt der Beseitigung der Sündengeschehnisse hätte Gott die klare Ewigkeit behalten. Aber der Gnadenoffenbarung wegen hat Gott die „Zeit“ geduldet und hat vor Grundlegung der Welt nach seinem Vorsatz das Heil festgelegt. Darum ist die Zeit eine „Heils- und Gnadenszeit“.

Noch eins muss begriffen werden. Die Zeit ist der beste Beweis für die Heilseingriffe Gottes. Hätte nämlich Gott nicht eingegriffen, dann wäre aus der Zeit Ewigkeit geworden. Der Bosheitsträger hätte die Bosheit verewigt. Das war gewiss auch seine Absicht. Jedoch erstanden durch die Eingriffe Gottes Eingriffsabschnitte, Heilsepochen, oder auch: wechselseitiger Kampf, der die Einteilung und Unterbrechungen bewirkte. In dieser Hinsicht ist die Zeit auch Gottes!

So ist die Zeit im Blick auf die Heilsvollführung zur „Heilszeit“ geworden. Jede Stunde wird zum Heilsangebot Gottes. Darum haben wir die sehr dringende Verpflichtung, die Zeit zu „nützen und auszukaufen“. Die Zeit an sich hat Fluchwesen. Und doch kann sie auch Gnadenwesen vermitteln, sofern sie heilsmäßig genützt wird.

Es muss das schon ein Tor sein, der nicht in dieser Weise sich „in die Zeit schickt“. Der nicht darauf achtet, wann auch für ihn die „Zeit erfüllet“ ist. - Die Zeit ist die einzige Möglichkeit zur Zubereitung für die Ewigkeit!

In diesem Zusammenhang sei auch noch der Umfang und die Reichweite der Zeit festgestellt. Was gehört zur Zeit? Alles, was nicht zur Ewigkeit gehört, d. h. was nicht Ewigkeit ist.

Die Zeit ist darum nicht nur auf diese Weltordnung mit ihrer Tageseinteilung zu begrenzen. In der „Zeit“ ist der Unterschied zwischen Tag und Epoche bedeutungslos. Ob nun die Einteilung in Tag oder Epoche, Jahr oder Jahrtausend besteht, ändert an der Zeit nichts, denn Zeit ist durch die Einteilung bedingt. Was sind auch 1000 Jahre? „Wie ein Tag und wie eine Nachtwache.“ Andererseits kann ein Tag mehr Bedeutung gewinnen, als manche Epoche. Denken wir z.B. an den Karfrei-Tag oder Oster-Tag. - Die Teilung der Zeit hat ihren Wert oder Unwert nicht in der Dauer, sondern im Wesen.

Wir können darum feststellen: Die erste Abwandlung und der erste Ausbruch aus dem Ewigkeitswesen bewirkte die Zeit. Und das letzte Verhältnis, das wesensmäßig noch nicht der Ewigkeit entspricht, und vor dem Eingang sich wandeln muss, gehört ebenfalls noch der Zeit an. Die Zeit umfasst das Wandelbare. Die Ewigkeit dagegen ist unwandelbar.

Diese Erkenntnis gibt uns den Blick für den Verlauf der Zeit und dessen Bewertung. Die Zeit war nie Ewigkeit. Ihr Wesen ist Tiefstandswesen. Sie kann darum auch nie Ewigkeit werden. Die Zeit muss mit ihrem Notstandswesen überwunden werden. Mit folgender Zeichnung machen wir uns den Tatbestand klar.

Himmel================ =========Ewigkeit======= =========== neuer Himmel
Erde ================== ============= neue Erde

 !!!!!!====!!!!!! Zeit !!!!!====!!!!!!

Diese Zeichnung soll veranschaulichen: Im „Anfang“ hatten Himmel und Erde einen parallelen, einheitlichen und harmonischen Verlauf. Doch kam es, dass die Erde einen Tiefensturz erfuhr. Ein Teil des Himmels wurde in Mittleidenschaft gezogen. Am „Ende“ erstehen ein neuer Himmel und eine neue Erde (Offb 21:1). Das Tiefenstück, viele Epochen umfassend (= Zeit), ist mit seinen leidvollen Umständen und Verhältnissen überwunden. Das Tiefstandsstück war samt und sonders ein Übel. Allerdings ein notwendiges Übel, weil wir durch dasselbe zum Heil gelangen können. Der Tiefenweg ist, von Gott gesehen, Gericht und Gnade. Und das Ende zeigt die wunderbare Tatsache: Die Gnade siegt!

Vom astronomischen Standpunkt

Vom astronomischen Standpunkt gesehen kann das Geschehen folgenden Verlauf gehabt haben. Die Erde war ursprünglich in einem anderen Sonnensystem (Lichtwelten), das ungeahnte Lebensverhältnisse ermöglichte. Später nahm die Erde eine abirrende Bahn ein und landete in - der „Finsternis“, der zufolge die gewaltigen kosmischem Umwälzungen eintrafen. In der weiteren Folge wurde die Erde in ein neues Sonnensystem hineinbezogen, das die gegenwärtigen, weit verminderten Verhältnisse bewirkte (Diese Annahme bestätigt 1Mo 1:14-18). Am Ende dieses Zeitlaufs erfährt dieses Sonnensystem eine grundsätzliche Änderung und macht einer Neuordnung Platz. (Die astronomische Wissenschaft spricht von einem neuen Sonnensystem, auf das das alte zusteuert.) Die Bibel kennzeichnet dieses Geschehen mit den Ausdrücken: „neuer Himmel, neue Erde“. Zu beachten ist, dass in das ganze Geschehen von „Anfang bis Ende“ ein Teil des Himmels einbegriffen ist.

Ob der angezeigte astronomische Verlauf so war und sein wird, kann nur vermutet werden. Eins steht fest: Die Erde, die dem Fluch der Zeit verfallen, und jetzt unsere Wohnstätte ist, hat keinen Anteil an der Ewigkeit. Sie, sowie alles Fleisch auf ihr, das sich so wichtig macht, kommt nicht in das Reich Gottes. Alles Zeitliche findet ein Ende. Diese Erkenntnis bewahrt vor dem Trachten nach irdischen „Schätzen“, die von „Motten und Rost“ zerfressen werden. Diese Erkenntnis bewahrt auch vor der Frömmelei, die zu gerne im Fleisches- und Zeitenleben beheimatet sein möchte. Diese Erkenntnis bewahrt auch vor dem Steckenbleiben in zeitlichen Heilsgeschehnissen und Heilserklärungen. Diese Erkenntnis verleiht die Kraft, zu trachten nach dem Reiche Gottes, nach dem sieghaften geistlichen Leben, nach der seligen Ewigkeit. - Freiheit von jeglicher Zeitgebundenheit ist ein einzigartiges Vorrecht!

Die Zeit hat für die Ewigkeit eine große Bedeutung, weil sie uns die Gelegenheit ist, „Menschen der Ewigkeit“ zu werden. In Anbetracht unseres Heils kann gesagt werden: Ohne Zeit keine Ewigkeit!

7. Richtlinien der Ewigkeit für die Zeit

Zum Schluss soll das praktische Ergebnis der Ewigkeitserkenntnis für unsere Zeit aufgewiesen werden.

Wir erinnern uns der Tatsache. Gott, als der Herr der Ewigkeitm sucht nachhaltigen Einfluss in der Zeit, um sie zu überwinden. Wenn es dem so ist, dann werden bestimmte Richtlinien der Ewigkeit in der Zeit nicht unbekannt bleiben dürfen. Denn der Herr der Ewigkeit bleibt der souveräne Richter über den Herrn der Zeit. Um dessetwillen hat die Ewigkeit eine Richt- und Ausrichtungsbestimmung für die Zeit. Die Ewigkeit ist ein Richter (Ausrichter) der Zeit!

Welche Ausrichtlinien sind zu beachten? Wir nennen drei.

1. Die Gegenwart
Die Ewigkeit ist Gottes. Sein Wesen ist ihr Wesen. Vor Gott ist aber alles Gegenwart, sowohl die ganze Vergangenheit, wie auch die Zukunft. Es war nichts da, das Gott nicht offenbar, d. h. gegenwärtig wäre: es wird auch nichts eintreffen, das nicht durch seinen Ratschluss offenbar, d. h. gegenwärtig ist. Der Herr der Ewigkeit hat ewige Gegenwart. Darum hat auch die Ewigkeit bleibende Gegenwart.

Die Gegenwart ist für die Ewigkeit von ausschlaggebender Bedeutung, weil durch sie dem Ewigen alles offenbar bleiben kann. Die Gegenwart ist die Offenbarung des Ewigen, wie auch der Ewige in der Gegenwart offenbar wird. Gottes ewige Offenbarungen benötigen eine ewige Gegenwart!

So ist die Gegenwart in der Ewigkeit ein untrüglicher Maßstab, nach dem Gott alles ausrichtet, und nach dem wir uns richten und ausrichten können. Wer die Ewigkeit in etwas ergründen und begreifen will, der muss schon aus der Vergangenheit und Zukunft in die Gegenwart rücken, weil nur da das Ewigkeitswesen begreifbar ist.

2. Gegenwartsschau
Wenn in der Ewigkeit die Gegenwart bestimmend ist, so ist in ihr auch nichts verborgen und verstellt, sondern alles aufgedeckt und sichtbar. Die Tür der Vergangenheit fällt nicht mehr ins Schloss und raubt die Sicht, ebenfalls braucht die Pforte der Zukunft nicht aufgestoßen zu werden, um wie durch einen Spalt, einen flüchtigen Blick erhaschen zu können. Nein, die Gegenwart ist ein lichtdurchfluteter, hindernisloser Raum, in dem ungestört alles erschaut werden kann.

Wunderbare Tatsache: Im Raum der Gegenwart ist a l l e s gegenwärtig, d. h. a l l e s sichtbar! Da ist die zeitliche Bewertung: „war“ und „wird“ überflüssig, da besteht nur eins: „i s t“ !

Wir machen uns diese hohe Tatsache mit einem einfachen Beispiel klar. Jemand fährt im Zug von Berlin nach Potsdam. Berlin ist hinter ihm = Vergangenheit. Potsdam ist vor ihm = Zukunft. Gegenwärtig ist er wie auf der “Flucht“ und hat wenig von Berlin und noch weniger von Potsdam. Ein anderer sitzt zu gleicher Zeit in entsprechender Höhe im Flugzeug und hat Berlin nicht hinter sich = Vergangenheit, und Potsdam nicht vor sich = Zukunft, und ist selbst nicht wie auf der „Flucht“, sondern er sieht mit einem Blick - a l l e s ! Ihm ist alles g e g e n w ä r t i g. Wie ist das möglich! Der erhabene Standpunkt macht’s! - Wer in der Zeit „lebt“, hat ein ausgedehntes, zerstückeltes Erleben. Wer aber in der Ewigkeit sein Wesen „hat“, der erlebt alles im J e t z t !

Maulwurfsnaturen haben vieles hinter sich und noch mehr vor sich; jedoch wo sie sind, ist’s modrig und dunkel. Ihre Speise fällt ihnen zufällig zu. Anders die Adlernaturen. Sie sind in der Höhe; sie sind im Licht; in ihrem Blickfeld ist alles zu gleicher Zeit; und trotz der erhabenen Höhe geht ihrem Auge nichts verloren.

Es kommt auf den Standpunkt an. Wer die Dinge von der Zeit her bewertet, der muss sprechen vom „war einmal“, „kommt einmal“, und jetzt ist’s wahrscheinlich, oder überhaupt nicht. Wer aber die Dinge von der Ewigkeit ansieht, der sieht das Gesamte im Jetzt! Ewigkeit hat Gegenwart. Und wer die Ewigkeit hat, hat die Gegenwart. Dem Ewigkeitsblick unterlaufen auch keine Täuschungen und Verschleierungen. Denn die lichtdurchflutete Ewigkeit macht alles erkennbar im Jetzt. So ist die Gegenwartsschau eine Richtlinie von unermesslicher Bedeutung.

3. Gegenwartsbewusstsein
Das Schauen ist die Speise des Bewusstseins. Kraft dieser Speise wird das Bewusstsein genährt und kann eine erstaunliche Wachstumshöhe erreichen.

Wer viel schaut, kann viel aufnehmen. Viel schauen kann aber nur, der reich ist an lichter Gegenwart. Mit anderen Worten: Viel schauen kann nur, wer von der Zerrissenheit der Zeit nach Möglichkeit gelöst ist und schauen kann in die Ewigkeit. Der Ewigkeits-Mensch kennt Begriffe wie: „Ausgelöschtsein, Nichtsein“ nicht. Das sind für ihn leere, ja sinnlose Begriffe. In seinem Bewusstsein besteht das selige „Sein“. Der Ewigkeits-Mensch wird von der Ewigkeit unausgesetzt voll beansprucht. Darum wird auch er die Ewigkeit mit ihrem lückenlosen Sein beanspruchen dürfen, ja müssen! Er hat keine „Zeit“ für die Anspruchslosigkeit.

So steht der Mensch der Ewigkeit im Gegenwartsbewusstsein und wächst hinein ins Gottesbewusstsein. Denn in der ewigen Gegenwart ist Gott. Dieses Bewusstsein wird zur Richtlinie, die nicht irren lässt, weder in der Zeit noch in der Ewigkeit. Dieses Bewusstsein macht stark, denn es wurzelt in dem ewig gegenwärtigen Gott!

Haben wir Menschen der Zeit das Recht und die Möglichkeit, uns in angegebener Weise auf den Ewigkeitsstandpunkt zu stellen? Ja! Denn Gott hat uns samt Christus auferweckt, und samt ihm in das himmlische Wesen gesetzt (Eph 2:6). Und weil das der Fall ist, darum ist unser Bürgertum im Himmel (Phil 3:20). Unsere Überzeugung darf darum bleiben, dass wir auch nach Ablegen dieser „Hütte“ beim Herrn sein werden a l l e z e i t (1Thes 4:1)! Joh 11:25.26.

Auch die ohne Christus Lebenden stehen in der Gegenwart Gottes. Denn Gott ist a l l e m gegenwärtig. Freilich hat bei denen Gottes Gegenwart einen anderen Charakter. Seinen Freunden ist Gott in seiner Gnade und Liebe gegenwärtig, seinen Feinden im Gericht und im Gerichtsurteil! Und so wie Gott mit seiner Gnade sich nicht entziehen kann, weil er ewig ist, so kann er auch mit seinem Gericht sich nicht entziehen, eben weil er ewig gegenwärtig ist. Selige und Unselige leben vor dem ewig gegenwärtigen Gott! Darum spricht die Schrift: „Es ist dem Menschen einmal gesetzt zu sterben und dann - das Gericht“! (Hebr 9:27).

So darf ich denn meine Hände falten und im vollen Glauben sprechen: „Meine Zeit stehet in deinen Händen“ (Ps 31:16). Und was in den Händen des Ewigen ruht, ist ewig. - Du Ewiger, dir sein Dank für die beglückende Gabe der Ewigkeit!

Doch hat noch jede Gabe eine Aufgabe. Sie verpflichtet mich zu mahnen: „Kaufet die Zeit aus, denn es ist böse Zeit“! (Eph 5:16)