Die Hagar-Episode

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Abschrift des Heftes:
Abraham, der erste Auserwählte - Band II
Abrahms neues Leben als Auserwählter

aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum“
von M. Jaegle und Mitarbeitern (1986)

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Inhaltsverzeichnis

Abraham, der erste Auserwählte

Band II

8. Die Hagar-Episode

Sarais verhängnisvoller Einfall

In ihrem hohen Alter konnte Sarai dem Abram den verheißenen Samen nicht mehr schenken. Sicher litt sie darunter und empfand diesen Zustand als Schmach, wie später Elisabeth, die Frau des Zacharias (Lk 1:25). Es war Sarai eben verhüllt, ,dass auch sie durch das wunderbare Wirken Gottes ihrem Mann doch noch den verheißenen Sohn schenken werde. So machte sie in ihrer Ungeduld Abram den Vorschlag, ihre ägyptische Magd Hagar zur Frau zu nehmen, was er auch tat (1Mo 16:1-3).

Wir haben hier einen Parallelfall zum Geschehen im Garten Eden. Beide Männer, Adam und Abram, standen im Gehorsam. Beide mal waren es ihre Frauen, die sie verführten, und worauf sie, die Männer, dann auch völlig versagten. Die Folge des ungeistlichen Handelns von Abram und Sarai zeigte sich vorerst darin, dass sich die schwangere Hagar über ihre Herrin erhob und Unfrieden in die Gemeinschaft einzog.

Die Sünde der Ungeduld

Statt in Glaubensgeduld auszuharren, hatten Abram und Sarai in fleischlicher Weise Gott vorgegriffen. Dies ist ein echt menschlicher Zug nicht warten zu können. Wie war es bei Saul? In Ungeduld brachte er Opfer dar, was ihm nicht erlaubt war. Die überaus bittere Folge davon war, dass Jewe sein Königtum über Israel nicht bestätigte. (1Sam 13:8-14a).

In Geduld auszuharren, ist eine Probe, in die wohl schon jeder Glaubende gestellt wurde. Und wer hätte nicht auch schon in kleineren oder größeren Sachen Gott vorgegriffen und ob der fleischlichen Ungeduld bittere Früchte ernten müssen. Daher bittet der Apostel Paulus in Kol 1:11 für die Heiligen, dass sie mit aller Kraft nach der Gewalt Seiner Herrlichkeit gekräftigt werden zu aller Ausdauer und Geduld mit Freuden.

Die üblen Folgen

Da Hagar in den Stand einer Ehefrau erhoben wurde, ist es naheliegend, dass sie nicht mehr Magd sein wollte und nun Sarai ihre überlegene Stellung fühlen ließ. Dies umso mehr, nachdem sie von Abram schwanger wurde (1Mo 14:4). Das hätte Sarai zur Einsicht bringen sollen,d ass sie durch ihr falsches Handeln selbst diese Situation geschaffen hatte. Dennoch erhielt Sarai von Abram Vollmacht, ihre Magd zu demütigen, worauf diese in die Wildnis entfloh (Vers 6).

Hagars Erleben vorbildlich für alle Nichtauserwählten

Wie es im Leben oft geht, so erging es auch Hagar. Sie entzog sich einer Demütigung, um einer noch größeren entgegen zu gehen, denn ein Bote Jewes befahl ihr (1Mo 16:9): „Kehre um zu deiner Herrin und demütige dich unter ihre Hände.“ So schwer ihr das auch gefallen war, war dies doch der Anfang eines wunderbares Heilsweges. So gehet auch der alle Nichtauserwählten zur Rettung führende Weg zuerst unten hindurch.

Der den Menschen suchende Gott

Da es aber heißt: (V. 7): „Doch es findet sie ein Bote Jewes an der Quelle des Wassers in der Wildnis“, war also der himmlische Bote gesandt, Hagar zu suchen, sie, die sich in die Wildnis verirrt hatte.

Auch das war eine Wiederholung der Szene im Paradies: „Adam, wo bist du?“ (1Mo 3:9) - „Hagar, woher - wohin?“ (1Mo 16:8). Doch wie im Paradies dieser Ruf der Anfang der Wiederaufnahme bei Gott war, so war dies auch die an Hagar gestellte Frage.

Welch herrliches Vorbild für alle Nichtauserwählten! Auch sie haben sich verirrt in die Wüste des Menschentages. Aber nicht nur einen Boten hat Gott gesandt, sondern Seinen eigenen Sohn, sie zu suchen und zu finden. Und wie Hagar gefunden und zurechtgebracht wurde, so wird des Sohnes Suchen und Finden noch alle an das Vaterherz Gottes zurückbringen.

Der nach dem Menschen schauende Gott

Auf eine weitere lichte Spur werden wir von Hagar selbst geführt. es ist erstaunlich, wie dies erfolgt: Indem Hagar den Namen Jewes nennt (1Mo 16:13): „Du, AL, siehst nach mir.“ Was für eine herrliche Wahrheit hat Hagar doch ausgesprochen: Gott sieht nach dem Verirrten!

Gott schaut auf jeden einzelnen. Diese Wahrheit bezeugt die Schrift an vielen Stellen. So nennt Hioib Gott einen Beobachter der Menschen (Hi 7:20). In Ps 33:13-14 heißt es: „Jewe blickt aus den Himmeln herab; Er sieht alle Menschenkinder. Von Seiner Wohnstatt schaut Er auf alle Bewohner der Erde.“ Siehe auch Ps 14:2 und: „Seine Augen beobachten die Nationen“ (Ps 66:7).

Weil Gott die Menschen auf verderblichen Wegen sieht, ist die Folge Seines prüfenden Schauens zuerst eine gerichtsmäßige Zucht. Aber letztlich ist auch Gottes Schauen auf die Menschen schon ein Heilswirken zu aller Segen. Denn ach mit Seinem Schauen ist Ihm nur darum zu tun, die Menschen wieder auf einen guten Weg zu bringen, und das hat Er ja treffend im Kleinen mit Hagar vorgeführt.

Des Boten Voraussage über Ismael

Nachdem sich Gott so fürsorglich der Hagar angenommen hatte, sprach der Bote über den noch nicht geborenen Sohn zu Hagar und machte merkwürdige Voraussagen über ihn.

Mit wenigen Worten hat er ihr die ganze Zukunft des zu erwartenden Kindes enthüllt (1Mo 16:11-12). Er konnte ihr sagen, dass es ein Sohn sein wird, zugleich mit Angabe des Namens „Ismael“. Weiter bekam sie zu hören, dass Gott ihn zu einer unzählbaren Schar vermehren wird.

Bis dahin war alles schön und gut, was ihr der Bote mitteilte. Aber nun sagt ihr der Bote auch noch den Charakter dieses Sohnes voraus, und das war eben kein schöner. Ein Wildesel von Mensch er sein, der seine Hand gegen alle erheben wird. Wenn man so etwas von einem Menschen hört, weiß man sogleich, dass dieser ein Streitsüchtiger ist, der mit anderen Menschen nicht im Frieden leben kann.

Aber nun hat Gott diesem Menschen einen Namen gegeben mit einem hoffnungsvollen Inhalt, denn Ismael heißt übersetzt: „Es hört der Unterordner“. Gott hat sich also nicht von diesem bösen Menschen abgewandt, sondern Sich ihm freundlich zugeneigt, um ihn in allen Lebenslagen willig anzuhören.

Und Hagar selbst wurde als Erster der Segen des Namens ihres Sohnes zuteil, denn gleich nach der Angabe des Namens bekam sie das tröstende Wort zu hören: „...denn Jewe hört von deiner Demütigung“.

Der Herz und Geist bildende Gott

Wenn wir der Entstehung der Widerspenstigkeit des Ismael in Gottes Wort näher nachgehen, so werden wir darüber belehrt, dass ihm Gott Selbst diese Gesinnung eingab. So lesen wir in Ps 33:15: „Er (Gott) bildet ihnen das Herz!“ Durch den Propheten Sacharja spricht Jewe, dass Er des Menschen Geist in seinem Innern bildet (Sach 12:1). Wenn wir dazu noch Röm 9:8 anführen, ,dass Er verhärtet wen Er will, so hat auch Er dem Ismael die Widerspenstigkeit eingegeben. Aber der Römerbrief geht noch weiter und sagst uns (Röm 11:32): „Denn Gott schließt (sogar) alle zusammen ein in die Widerspenstigkeit...“. Dies geschah, als sich die Menschheit noch in Adam befand, denn es wurden ja alle Menschen als Sünder und Widerspenstige geboren.

Gottes Erbarmen für alle

Doch mit derselben Stelle des Römerbriefes sagt uns Gott nicht nur, dass Er solches mit allen Menschen macht, sondern gibt auch den Grund für diese Tat an: „... damit Er Sich aller erbarme.“ Gott ist nämlich nach Eph 2:4 „ein Gott, der reich ist an Erbarmen, um Seiner vielen Liebe willen, mit der er uns liebt...“ Doch nun drängt es Ihn, als den liebenden Gott, Sein Erbarmen allen Seinen Geschöpfen zu schenken. Da aber Gottes Erbarmen nur von erbarmungsbedürftigen und bejammernswerten Geschöpfen angenommen wird, musste sie Gott zuerst zu solchen machen und zwar durch Einschluss in die Widerspenstigkeit.

Nun sind die ersten, die aus dieser Widerspenstigkeit befreit werden, die Auserwählten. Das tut Gott durch Auftun und Erleuchtung ihrer inneren Augen durch Seinen Geist (Apg 26:18; Eph 1:18). Diese können nun bekennen (Tit 3:3): „Denn auch wir waren einstmals widerspenstig...“ Und nach 2Kor 4:1: „aber nun haben wir Erbarmen erlangt“, nachdem wir umsannen.

Da nun dieses Heilserleben in der heutigen Verwaltung nur das Teil der Auserwählten ist, wo ist dann Ort und Zeit für die vielen nichtauserwählten Menschen? Nun, die Schrift sagt, dass dies geschehen wird am Ende der tausend Jahre (Offb 20:5), wenn die allgemeine große Auferstehung stattfindet und die Auferstandenen vor dem großen weißen Thron stehen (Offb 20:11-15).

Wenn dann vor dem Thron all die bösen Werke ans Licht gezogen und sie beurteilt werden, so wird jeder erkennen können und einsehen, wie erbarmungsbedürftig er ist. Als Exempel kann uns der König Manasse dienen (2Chr 33:18), der durch Gottes Gericht weich wurde und um Erbarmen flehte - und es auch erhielt (2Chr 33:12-13).

Gott hat den Weg für jeden vor dem weißen Thron Stehenden vorgezeichnet: Erkenntnis der Widerspenstigkeit, Flehen um Erbarmen, Gericht und für alle letztendlich das göttliche Erbarmen. Dies wird sich dann auf der neuen Erde erfüllen.

Damit nur keiner von diesen vor der Zeit, also in diesem Leben, schon um Erbarmen schreit, müssen sie in der Widerspenstigkeit festgehalten werden. Von dieser Seite aus gesehen können wir wieder eine Tat Satans als Mithelfer in Gottes Heilswerk sehen. Das ist nach 2Kor 4:4 die Blendung der Gedanken der Ungläubigen, damit ihnen nicht der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus erstrahle. Somit verläuft alles der göttlichen Heilsordnung gemäß (1Kor 15:22): Heute ist das Erbarmen Gottes nur für die Auserwählten, für die Nichtauserwählten viel später, nach dem Gericht auf der neuen Erde.

Köstliche Früchte für Gott

Jedoch nicht nur die Menschheit, sondern auch Gott Selbst darf für Seine weisheitsvolle Erziehung und Führung Ihn erquickende Früchte ernten, zumal dann noch alle den Erweis Seines Erbarmens darin erkennen, dass Er um ihretwillen Seinen eigenen Sohn nicht verschont hat (Röm 8:32). Und dass der Sohn willig den so unsagbar schweren Opferweg ging - ebenfalls aus erbarmender Liebe -, dafür werden noch alle aus Dank auf ihre Knie gehen, Ihm huldigend als Herr und Retter zur Verherrlichung Gottes des Vaters (Phil 2:11). Allesamt sind sie von der Liebe Gottes Überwundene, damit Gott alles in allen sein kann (1Kor 15:28). So darf Gott aufgrund Seines erwiesenen Erbarmens die kostbarsten Früchte von Seinen Geschöpfen genießen. Ja, in ungeahnte Wonnen münden Gottes Wege aus!

Ein Wunder in dieser Gottergebenheit werden dann die Nachkommen Hagars sein. So wie sie bis zu dieser Stunde die Auserwählten verfolgen und das Evangelium bekämpfen, so werden sie noch in viel überragenderer Weise Christus voll Inbrunst huldigen.

Zum Abschluss unseres zweiten Bandes „Abraham, der erste Auserwählte“, wollen wir doch noch die Frage aufgreifen, die teilweise schon in de vorigen Kapiteln abgehandelt wurde, aber doch noch einiger Ausführungen bedarf:

Lies weiter:
9. Wann empfängt die Völkerwelt den Segen Abrahams?