Täter des Wortes (Jak 1:22-27)

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Von Daniel Muhl

Nachdem Jakobus auf die Wichtigkeit des Hörens und das Aufnehmen des Wortes Gottes aufmerksam machte, fährt er jetzt mit den Auswirkungen fort:
  • 22 Werdet Täter des Wortes und nicht Hörer allein; [sonst] betrügt ihr euch selbst.
    23 Denn wer [nur] Hörer des Wortes ist und nicht Täter, der gleicht einem Mann, der sein Aussehen, wie es geworden ist, im Spiegel anschaut;
    24 er hat sich selbst betrachtet und ist weggegangen und hat sofort [wieder] vergessen, wie er beschaffen war.
    25 Wer dagegen in das vollkommene Gesetz der Freiheit genau hineingeschaut hat und dabei geblieben ist, [wer also] nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein wirklicher Täter geworden ist, der wird in seinem Tun glückselig sein.
    26 Wenn einer Gott zu dienen meint und dabei seine Zunge nicht im Zaum hält, sondern sein [eigenes] Herz betrügt, dessen Gottesdienst ist wertlos.
    27 Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor [unserem] Gott und Vater ist der: Waisen und Witwen in ihrer Bedrängnis besuchen [und] sich selbst vom Schmutz der Welt rein erhalten. (HSN)

Mit der Aufforderung, "werdet Täter des Wortes", tun wir uns aus theologischer oder praktischer Sicht vielleicht schwer. Manch einer denkt vielleicht:

"Wie sollte ich das Wort Gottes tun können? Ich kann ja nicht einmal die 10 Gebote einwandfrei halten und wenn ich versuche die Bergpredigt Jesu umzusetzen, dann stelle ich immer wieder ein klägliches 'Scheitern' fest! Hatten nicht auch die Israeliten am Horeb 'hoch und heilig' versprochen, alles zu tun, was der HERR zu ihnen geredet hat (2Mo 19:8)? Haben sie nicht auch zu Josua gesagt; '... wir wollen dem HERRN dienen, denn er ist unser Gott' (Jos 24:18)?, währenddem Josua nüchtern feststellen musste; 'ihr könnt dem HERRN nicht dienen.'? Ich kann mich viel besser mit Paulus identifizieren, der sagte: 'Denn das Gute, das ich will, übe ich nicht aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.' (Röm 7:17)! Ist es nicht so; sobald ich versuche 'ein Täter des Wortes' zu sein, falle ich doch wieder in die Gesetzlichkeit und versuche aus eigener Kraft gerecht zu werden, oder?"

Aber Hand aufs Herz! Könnte man nicht auch das Gleiche bei den Stellen sagen, wo Paulus uns dazu auffordert, "reich an guten Werken" zu sein (1Tim 6:18)? Könnte ich nicht auch hier sagen:

  • "Sobald ich versuche 'gute Werke zu tun', falle ich doch wieder in die Gesetzlichkeit und versuche aus eigener Kraft gerecht zu werden?"

Vermutlich wird Jakobus auch an dieser Stelle oft falsch verstanden, so wie auch Paulus in Röm 2:13 falsch verstanden werden kann, wo er schreibt:

  • "... es sind nämlich nicht die Hörer des Gesetzes gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden."

Damit wir Jakobus an dieser Stelle richtig verstehen können, müssen wir weiterlesen:

  • 23 Denn wer [nur] Hörer des Wortes ist und nicht Täter, der gleicht einem Mann, der sein Aussehen, wie es geworden ist, im Spiegel anschaut;
    24 er hat sich selbst betrachtet und ist weggegangen und hat sofort [wieder] vergessen, wie er beschaffen war.
    25 Wer dagegen in das vollkommene Gesetz der Freiheit genau hineingeschaut hat und dabei geblieben ist, [wer also] nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein wirklicher Täter geworden ist, der wird in seinem Tun glückselig sein.

Jakobus macht hier einen Vergleich, bei dem zuerst einmal die Frage auftaucht: "Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Was hat der 'Hörer und Nicht-Täter des Wortes' mit dem Mann zu tun, der in einen Spiegel schaut?"
Der Spiegel, den wir wahrscheinlich alle täglich brauchen, hat ja die ganz einfache Funktion, dass wir uns aktuell so anschauen können, wie andere uns sehen! Hätte ich mein Gesicht in den letzten 30 Jahren weder im Spiegel noch auf einem Foto angeschaut, würde ich vmtl. denken, dass mein Gesicht immer noch so jung und frisch ausschaut, wie damals, als ich noch keine Falten und Altersflecken hatte! Aber der Spiegel zeigt mir jeden Tag aufs Neue, dass mein Gesicht langsam aber sicher, immer älter wird. Der Spiegel zeigt mir völlig unbarmherzig, wie andere mich sehen.
Von welchem Spiegel redet hier Jakobus? Ganz einfach: Vom Spiegel des Wortes Gottes! Das Wort Gottes zeigt uns ganz deutlich, wie Gott uns sieht! Es beschönigt unseren Zustand in keiner Weise. Es zeigt uns, wie böse unser Herz von Natur aus ist und es führt uns auch die Hässlichkeit unseres Egoismus vor Augen!
Diese unangenehme Selbsterkenntnis verdrängen wir Menschen so gut es geht, weil wir der irrigen Meinung sind, dass uns eine solche Selbsterkenntnis wertlos machen würde! Diese Meinung vertreten wir aber nur dann, wenn wir uns noch im weltlichen Denksystem aufhalten! Solange die Menschen sich innerhalb des weltlichen Denksystems überdurchschnittlich gut empfinden, macht ihnen ihr Selbstbild kaum zu schaffen! Wenn sie sich aber mit den Maßstäben Gottes betrachten und sich mit Jesus vergleichen, dann verlieren sie ihr Selbstwertgefühl! Allerdings nur solange, bis sie erkennen dürfen, wie wertvoll sie in den Augen Gottes wirklich sind; und zwar ganz unabhängig von ihrer Leistung!
Der Spiegel des Wortes Gottes zeigt uns nicht nur, wie hässlich und sündhaft wir sind; sondern er offenbart uns durch den Geist auch, wie Gott uns sonst noch sieht! Gott sieht in uns Seine Geschöpfe, die so wertvoll sind, dass Er für uns den höchsten Preis bezahlte! Das Wort Gottes zeigt uns auch, dass wir von Gott unendlich geliebt sind! Durch das Opfer Seines Sohnes und den Glauben an Sein Werk hat Er uns vollkommen schön gemacht.
Jesus sagte einmal folgende Worte:

  • "Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich mit einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute; ... und jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht tut, der wird mit einem törichten Mann zu vergleichen sein, der sein Haus auf den Sand baute; ..." (Mt 7:24-26)

An welches Seiner Worte dachte hier Jesus? Letztlich meinte Jesus alle Worte, die er zu uns sagte. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie man alle Worte Jesu so zusammenfassen könnte, damit wir sie vereinfacht in diese Aussage von Mt 7 hineinlegen könnten? Eine zulässige Zusammenfassung finden wir z. B. in Joh 5:24:

  • Amen, amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen.

Das Hören des Wortes des HERRN muss "Glauben" zur Folge haben, damit das Hören auch retten kann. Wie wir wissen, beinhaltet der "Glaube" eine "vertrauensvolle Liebesbeziehung" zu Gott! Durch diese vertrauensvolle Liebesbeziehung kommt es dann auch zu einem "gegenseitigen Erkennen". Warum sage ich das?
Bevor Jesus sagte, "jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut", redete Er von solchen, die in "Seinem Namen prophezeit, Dämonen ausgetrieben und viele Wunderwerke getan" haben (Mt 7:22)! Zu diesen Leuten wird Jesus sagen: "Ich habe euch niemals gekannt!" Warum beurteilt Jesus diese Leute so hart, die sehr wahrscheinlich auch für ihre eigene Ehre gelebt haben? Für mich gibt es eine plausible Erklärung:

"Sie haben nicht aus einer vertrauensvollen Liebesbeziehung zum HERRN gelebt, sondern für ihre eigene Ehre und dabei haben sie auch entdeckt, dass man mit dem Namen Jesu 'ziemlich erfolgreich' arbeiten kann"!

Ein "Täter des Wortes" ist auf jedenfall einer, der zuerst einmal aus einer liebevollen Vertrauensbeziehung zum HERRN lebt! Das kann man ja nur dann, wenn man Seine Liebe erfahren durfte und wer mit der Liebe Jesu erfüllt ist, der will gar nichts anderes mehr, als auch zu lieben, bzw. die Liebe Jesu weiterzugeben. Wer seinen Nächsten liebt, der tut ihm wohl! Wer seine Mitmenschen liebt, will für sie ein Segen sein und er denkt darüber nach, wie er sie mit guten Werken gewinnen kann. Derjenige, der mit der Liebe Jesu erfüllt ist, tut nicht deshalb gute Werke, ...

... weil er sich den Himmel verdienen will (der ist ihm in Jesus schon längst zugesagt), sondern weil er für andere ein Segen sein will.
... weil er seine eigene Gerechtigkeit aufstellen möchte (die hat er in Christus schon längst geschenkt bekommen), sondern weil er zur Ehre Gottes leben möchte!

Wer in den "Spiegel des Wortes Gottes" schaut, weiß, dass er aus sich selbst untauglich und verloren ist; aber er weiß auch, dass er unendlich geliebt, wertgeschätzt, durch den Glauben erlöst ist und gerecht gemacht wurde. Darum lebt er aus dieser Stellung heraus und will von ganzem Herzen lieben. Das ist – meiner Meinung nach – der Sinn dieses Textes und deshalb fährt Jakobus wie folgt weiter:

  • "Wer dagegen in das vollkommene Gesetz der Freiheit genau hineingeschaut hat und dabei geblieben ist, [wer also] nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein wirklicher Täter geworden ist, der wird in seinem Tun glückselig sein." (Jak 1:25)

Der Blick in den "Spiegel des Wortes Gottes" ermöglicht uns auch das Erkennen "des vollkommenen Gesetzes der Freiheit". Damit kann nie und nimmer der Gesetzesbund vom Sinai gemeint sein, der sich mit "seinen Kindern in der Sklaverei" befindet (Gal 4:24-25). Der Gesetzesbund vom Sinai ist kein vollkommenes Gesetz der Freiheit. Bei diesem vollkommenen Gesetz der Freiheit, dürfte es sich vielmehr um das "Gesetz des Geistes des Lebens" aus Röm 8:2 handeln.
Jakobus beschreibt den Täter des Wortes als glückselig. Warum? Weil er aus dem Herzensmotiv der Liebe lebt und ein Leben aus der Liebe führt in die wahrhaftige und göttliche Glückseligkeit!

Interessant ist, dass Jakobus nach der Beschreibung der "Täter des Wortes", in Vers 26 wieder auf das Reden, bzw. "die Zunge" zu sprechen kommt.
Je mehr ein Mensch das Wort Gottes verinnerlicht hat, desto zurückhaltender wird er in seiner eigenen Rede. Gleichzeitig ist er bemüht, nur das zu sagen, das mit dem Wort Gottes in Übereinstimmung ist.
Wer nur ein Hörer und kein Täter des Wortes Gottes ist, moralisiert mehrheitlich und sagt den anderen, was sie zu tun haben und was sie wieder falsch gemacht haben. Er ist mit dem Zuschauer eines Fußballspiels zu vergleichen, der ständig ruft, was er selber besser gemacht hätte, als die "unfähigen Spieler" auf dem Feld.
Paulus erwähnt in 1Tim 1:7 auch solche Leute, als er schrieb:

  • "Sie wollen Gesetzeslehrer sein, dabei verstehen sie [selber] nicht, was sie sagen und worauf sie fest bestehen."

Die "Täter des Wortes" machen auch immer mehr die persönliche Erfahrung, dass sie "ohne Jesus" gar nichts tun können, was in irgendeiner Weise Ewigkeitswert hätte (Joh 15:5). Ihr "Tun" führt auch immer wieder dazu, dass sie "hinfallen"; dann aber wieder aufstehen und weitergehen. Bei jeder praktischen Umsetzung eines Liebesdienstes machen sie neue Erfahrungen. Dadurch kommen sie auch in einen äusserst wertvollen und geistlichen Lernprozess! Gesetzliche Theoretiker machen keine "Glaubenserfahrungen", aber sie wissen immer "wie es geht" und wie man es besser machen könnte! So sagen sie vielleicht; "ein Christ sollte Witwen und Waisen besuchen", aber sie machen es nicht! Sie sagen; "ein Christ darf nicht die Ehe brechen", aber sie schauen sich Pornos an. Sie sagen, welche theologische Fehler die Predigt wieder aufwies, aber sie haben nicht einmal den Mut einen Hauskreis zu leiten oder die Kinder zu betreuen.
Die Hörer und "Nicht-Täter" des Wortes sagen, man sollte den Notleidenden beistehen, aber sie selbst besuchen niemand im Krankenhaus oder Pflegeheim und wenn sie es tun, dann nicht aus der Liebe heraus, sondern nur um ihr "Soll" abzuarbeiten! Damit haben sie es auch nicht wirklich "getan", weil es nicht von Herzen und aus Liebe geschah!

Bereits im ersten Kapitel dieses Briefes zeigt uns Jakobus ganz wichtige Zusammenhänge auf, die man auf den ersten Blick vielleicht zu wenig realisiert, die aber sehr wichtig sind!

Weiter zu: Der Glaube Jesu anstelle eines falschen Blickes (Jak 2:1-7)

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