Jahwes unverdiente Gnade gegen das sündige Volk - Jes 43:22-28

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aus HSA: Verkündiger von Gericht und Heil nach Jesaja (40-66) Bd.2


Jahwes unverdiente Gnade gegen das sündige Volk - Jes 43:22-28


Das häufig vorkommende "nicht - nicht" in den Versen Jes 43:22-24 scheint darauf hinzuweisen, dass Jahwe hier Vorwürfe Israels zurückweist. Vielleicht hat es Jesaja nicht nur einmal zu hören bekommen, dass Gott sein Volk zu Unrecht ins Exil geführt habe; man habe doch die im Gesetz geforderten Gottesdienste vorschriftsmäßig durchgeführt. Doch Jahwe sagt "Nein" dazu. Die Verse werden unterschiedlich ausgelegt. Der Sinn kann ein doppelter sei: a) Schon vor dem Exil seien Israels Gebete und Gottesdienste weitgehend Heuchelei gewesen und somit nichtig vor dem Herrn (vgl. Gottes Anklage gegen Isrels in Jes 1:1-17). b) "Dem Volk wird vorgehalten, dass es ja jetzt in der Verbannung seit langer Zeit gar nicht imstande ist, Jahwe Opfer zu bringen, sich daher auch nicht wie vor der Verbannung einbilden kann, dadurch seine Gunst erkauft und die Befreiung verdient zu haben. Nur an Sünden hat Israel es auch jetzt nicht fehlen lassen, wodurch die freie Gnade noch offenbarer wird" (Kautzsch). - König sieht in Jes 43:23b einen Fall biblischer Ironie. Gott sagt zu seinem Volk "Ich habe dich nicht mit Speiseopfern belastet noch dich wegen Weihrauch geplagt (bemüht, belästigt)." Israel aber hat seinen Gott "belästigt, bemüht, belastet" - nämlich durch seine Sünden, schon vor dem Exil wie auch im Exil.

Dann folgt in Jes 43:25 die Überraschung - ähnlich wie in Jes 1:18 und Jes 44:22. Der Herr erklärt plötzlich und unerwartet, dass er Israels Freveltaten wegwischen (tilgen) und seiner Sünden nicht mehr gedenken will! Israel hat seinem Gott durch seine Sünde Mühe und Arbeit gemacht, ihn belastet und beschwert. "Seine Liebe nahm die Schuldlast Isreals, welche seinen heiligen gerechten Zorn zur Schwerkraft hatte, auf sich, aber es war eine schwere Arbeit, diese schwere Last zu tragen und zu tilgen, eine innergöttliche Arbeit, deren Bedeutung erst durch das Kreuz auf Golgatha in das rechte Licht tritt... Die Sünde tilgt er nicht ohne eine Ausgleichung seiner Liebe mit seiner Gerechtigkeit, und dieser Ausgleichung vollzieht sich nicht ohne Kampf und Sieg... Jahwe selbst verkündigt hier das sola gratia (allein aus Gnaden) und sola fide (allein durch den Glauben" (Delitzsch). So befinden wir uns hier geradezu aufneutestamentlichem Boden. Gott vergibt Sünde nicht leichthin. Er gab die Sündenlast der ganzen Welt seinem Sohn zu tragen, und er trug sie willig (Joh 1:29 - 2Kor 5:21 - 1Petr 2:24). Dies sagt auch schon Jes 53:4 - Jes 53:12), und so ist Jes 43:25 geradezu ein Vorwort oder Vorspiel zu Jes 53.

Gott tilgt die Sünde, löscht sie aus und denkt nicht mehr an sie. Dies darf jeder Sünder wissen, der umkehrt und durch den Glauben das Heil erlangt. Er ist vor Gott "gerechtfertigt" und steht vor ihm da, als habe er nie gesündigt (Röm 3:1-26 - Röm 5:1-2). Gott sagt hier: Ich tue das um meinetwillen. Nicht uns, aber sich selbst, seiner Liebe ist er es "schuldig", liebend, d.h. vergebend und rettend zu handeln.

Mit Recht schreibt Dieter Schneider: "Sündenvergebung ist die Grundvoraussetzung zur Freiheit. Israel wäre nicht wirklich frei durch die Rückkehr in das Land der Väter, wenn nicht seine Vergangenheit ausgelöscht worden wäre." - Dies gilt auch heute. Israels Sammlung im Land der Väter ist nur ein Anfang. Sündenvergebung und Geistempfang müssen und werden folgen (Hes 36:24-27 - Sach 12:1 - Mt 24:30-31). - Es gilt aber auch für jeden einzelnen Gläubigen. Wir dürfen durch Jesus Christus, nachdem wir die Sündenvergebung erlangt haben (Kol 1:19), zu der Freiheit gelangen, die nur er geben kann (Joh 8:36).