Das Johannes-Evangelium Kapitel 9

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Abschrift: Das Johannes-Evanglium in täglichen Andachten: Band I - IV
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Band I und II vergriffen
Band III und IV als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

9. Das Johannes-Evangelium Kapitel 9

(Band II)
Heilung eines Blindgeborenen
Der Geheilte und die Juden
Der Geheilte und der Sohn Gottes

Heilung eines Blindgeborenen

Joh 9:1-3

"Im Vorübergehen gewahrte Er einen Mann, der von Geburt an blind war. Da fragten Ihn Seine Jünger: Rabbi wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde? Jesus antwortet: Weder dieser noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes sollte an ihm offenbart werden."

Unser heutiger Text knüpft im Grunde an unsere gestrigen Aussagen an, nämlich dass Gott alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph 1:11b).

Wenn das Vorhandensein von Übel und Sünde in der Welt erklärt werden soll, so wird dies traditionsgemäß auf den Widerwirker geschoben. Wäre dies aber tatsächlich so, dann wäre Satan ein selbstständiger Schöpfer, was ihm natürlich wiederum niemand zubilligen möchte. Hätte er gegen Gottes Ratschluss Übel und Sünde in die Welt gebracht, so hätte Gott mit seiner Erschaffung einen Fehler begangen, es wäre Ihm in der Tat etwas missraten, Gott hätte in diesem Fall tatsächlich gefehlt oder gesündigt, in der vollsten Bedeutung des Wortes "Sünde".

Wenn wir aber Gott beim Wort nehmen, wenn wir glauben, dass alles aus Ihm ist und Er alles nach Seinem Ratschluss bewirkt, dass Er folglich auch den Satan so erschuf, wie er ist, und dass dieses Geschöpf nicht nur selbst von Anfang an sündigte, sondern auch andere zur Sünde verführte, dass aber die Sünde einmal abgetan sein wird, wenn sie ihren Zweck erfüllt hat - dann, und nur dann, können wir innerlich völlig zur Ruhe kommen, ja mehr n och, wir können Ihm in allem danken und Ihn verherrlichen!

Dass Gott schon vor der Erschaffung dieser Welt um die Sünde wusste, geht aus der Tatsache hervor, dass Er für sie im voraus, vor dem Niederwurf der vorherigen Welt (und dies bedeutet vor der Neubereitung unserer heutigen Welt), ein Opferlamm ersah (1Petr 1:19-20).

Da Gott schon vor der Erschaffung dieser Welt das Opferlamm ersah, muss Er die Sünde ja auch eingeplant haben - es wäre Ihm doch ein Leichtes gewesen, sie zu verhindern!

Die Juden hatten die seichte, oberflächliche Auffassung, dass ein Übel immer die Folge der Sünde sein müsse (wobei hier angemerkt werden muss, dass diese Auffassung leider auch heute noch in vielen Pfingstgemeidnen vorhanden ist - der Verfasser weiß, wovon er schreibt). Das Buch Hiob war zwar in den Händen der Juden, aber leider nicht in ihren Herzen. Dies beweisen auch die Jünger Jesu mit ihrer Frage betreffs des blind geborenen Mannes.

Wir brauchen den Ursprung der Sünde nicht schamhaft zu verschleiern, weil wir uns scheuen, in Gott auch den Schöpfer des Üblen zu sehen!" Alle diesbezüglichen Ausflüchte führen in eine Sackgasse! Wenn wir aber einmal wirklich tief im Herzen erfassen, dass Gottes Verlangen, uns Seinen tiefsten Herzensgrund zu offenbaren, einen dunklen Hintergrund benötigt, dass die Sünde dabei einen entscheidende Rolle spielt, dann ist auch die Erschaffung Satans, der diesen Teil Seines Ratschlusses erfüllen muss, kein Fehler!

Nur vor dem oben geschilderten Hintergrund können wir die Verse 1-3 richtig würdigen, sie offenbaren uns an diesem fast nebensächlichen Geschehen doch die ganze Tiefe der Gottheit, Sein hehres Verlangen nach unserer Gegenliebe und die wunderbare Ausführung Seines Ratschlusses, der bis in das Kleinste vorgeplant und vorbereitet ist!

Joh 9:4

"Ich muss die Werke dessen wirken, der Mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann."

Bevor Gott die niedergeworfene Welt wiederherstellte, legte Er mit dem Sohn alle Einzelheiten fest, und der Sohn stellte Sich freiwillig als Opferlamm zur Verfügung, gleichsam als Garant, dass sich Gottes Heilsplan bis ins einzelne erfüllte. Es sind die Werke Gottes, die der Sohn auf Erden wirken musste.

Wenn wir über die 7-tägige Wiederherstellung der Erde lesen (1Mo 1:3 - 1Mo 2:4), fällt u ns in dem Text auf, dass es nach einem Tagwerk jeweils heißt: "Und es wird Abend, und es wird Morgen, Tag eins... Tag zwei... usw.". Die Nacht wird ganz offensichtlich völlig übersprungen! Wir sehen damit, wie sich die Worte Jesu in unserem Leitvers schon auf die Anfänge in Gottes Wort übertragen lassen; in der Nacht schuf Gott offensichtlich nichts! Es wäre töricht, wenn wir Gott unterstellen würden, Er müsste Sich in der Nacht (oder am 7. Tag) ausruhen - Gott ist Geist und ermüdet nicht wie unsere materiellen Körper. Wir müssen hier einen tieferen, vor allem geistlichen Sinn suchen.

Nacht ist Dunkelheit. Wir können die Lektion des Lichtes nicht lernen, wenn wir den Gegensatz der Dunkelheit nicht erleben würden. Auf der höheren geistlichen Stufe können die Menschen während dieses bösen Äons, der geistliche Finsternis bedeutet, nicht das göttliche Licht erkennen (mit Ausnahme der wenigen Auserwählten). Sie sitzen in der Finsternis der Nacht und im Schatten des Todes. Erst in der Auferstehung wird ihnen der Lichtglanz Gottes entgegen strahlen, und der Unterschied zwischen Tag und Nacht, zwischen Licht und Finsternis wird ihnen eindrücklich klar werden.

Für einen kurzen Moment leuchtet auf der finsteren Erde das Licht, es ist die Zeit, in der Jesus auf Erden weilt, und es ist die Zeit, wo Er auch wirken kann. Mit Seinem Tod am Kreuz wird es wieder Nacht auf Erden, die Zeit des Wirkens ist vorbei!

Wenn Jesus spricht, dass während der Nacht "niemand" wirken kann, dann bezieht sich dies auf die zeitliche Erde; Gott Selbst ist an keine Zeit gebunden! Wir wollen heute unserem Leitvers noch einen weiteren Gedanken anfügen.

In 2Mo 13:21-22 lesen wir über die Wüstenwanderung des Volkes Israel, und auch hier ist von Tag. und von Nacht die Rede. Jewe ging vor Seinem Volk her, bei Tag in einer Wolkensäule, um sie auf dem Weg zu leiten, bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten.

Tags über mühte sich das Volk, die Werke des Gesetzes zu tun. Es konnte Jewe nicht gefallen, ständig ihr Versagen zu sehen, Er verhüllte Sich in einer Wolke! Doch des Nachts, wenn niemand wirken kann, erzeugte Er Sein göttliches Licht, es strahlte und leuchtete, und zeigte dem Volk, ohne eigenes Zutun, den richtigen Weg!

Mit diesem Gedanken sind wir wieder bei dem göttlichen Prinzip, dass Gott das Dunkel der Nacht benutzt, um vor ihm das Licht Seiner Herrlichkeit aufleuchten zu lassen. Das Volk mühte sich bei Tage um die Werke des Gesetzes, doch es musste lernen, dass es dazu gar nicht fähig war! Aber dort, wo das Volk wegen der Dunkelheit der Nacht nichts wirken konnte, dort erstrahlte Gottes Feuersäule!

Und einmal wird auch das Volk Israel aufhören, Eigenes schaffen zu wollen - einmal wird es erkennen, dass ein ganz anderer wirkt - ihr Gott und Vater Selbst! Was vorher Tag war, wo der Mensch wirkte und im Grunde nur Finsternis produzierte, diese Finsternis benutzt Gott und macht sie mit Seinem Licht hell - ein nicht ganz leichter, aber herrlicher Gedankengang!

Joh 9:5

"Solange Ich in der Welt bin, bin Ich das Licht der Welt."

Wir kennen nach dem göttlichen Kalender drei Tage, zum ersten ist dies der Tag des Menschen, in welchem wir heute noch leben, diesem folgt der Tag des Herrn, und darauf bricht der Tag Gottes an.

"Der Tag des Menschen sollte normalerweise "hell" sein, doch in Wirklichkeit ist er "finster", weil der Mensch, vom Widerwirker angestachelt, meint, ohne Gott wirken zu können!

Licht wurde es nur für wenige Jahre, als der Sohn Gottes in diese Welt kam. Statt Lüge sprach Er Wahrheit, statt Überheblichkeit lebte Er Unterordnung vor, statt Eigenes zu tun, tat Er das, was der Wille des Vaters war, Böses vergalt Er mit Gutem - Er war tatsächlich das Licht der Welt! Doch dieses Licht verlosch wider mit Seinem Tod am Kreuz. Viele Christen singen mit viel Gefühl das alte Kirchenlied: "Auf denn die Nacht wird kommen..." und wissen anscheinend gar nicht, dass sie längst in tiefster Nacht sind, im Gegenteil: Wenn etwas kommt, dann ist es der Tag des Herrn, der nahe ist.

"Und dies tut, wissend um die Frist, da die Stunde für uns schon da ist, aus dem Schlaf erweckt zu werden; (denn nun ist unsere Rettung näher als damals, als wir gläubig wurden; die Nacht ist schon vorgeschritten, und der Tag ist nahegekommen)" (Röm 13:11-12).

Wenn Paulus schon damals zuversichtlich schreiben konnte: "Nun ist unsere Rettung näher als damals..." um wieviel mehr dürfen wir unsere Hoffnung und Sehnsucht auf diese Worte setzen. Die Wolke, die die Herrlichkeit Gottes vor dem Volk in der Wüste verhüllte, wird uns vor den Augen der Welt verhüllen, wenn der Herr uns in Seine Gegenwart entrückt (1Thes 4:13-18) und wir für inmer bei Ihm sein dürfen.

Der Geheilte und die Juden

Joh 9:6-9

"Als Er dies gesagt hatte, spie Er auf den Boden, machte aus dem Speichel einen Erdbrei, salbte die Augen des Blinden mit Seinem Erdbrei und sagte zu ihm: Geh hin, wasche dich in Teich Siloah (Was "beauftragt" übersetzt wird). Er ging nun hin, wusch sich und kam sehend zurück. Die Nachbarn nun und die ihn zuvor geschaut hatten, als er ein Bettler war, sagten: Ist das nicht der Mann, der da saß und bettelte? Anderes sagten: Der ist es. Wieder andere meinten: Nein, er gleicht ihm nur. Er selbst aber sagte: Ich bin es!"

Wir erinnern uns, dass an dem Blindgeborenen, von dem ja dieses ganze Kapitel handelt, das Wirken Gottes offenbart werden sollte (V. 3).

Dem Menschen sind fünf Sinne gegeben, von denen das Augenlicht wohl das wichtigste und am wenigsten verzichtbar ist. Ein Mensch, der von Geburt an n ie etwas gesehen hat, um den herum ständig nur Dunkelheit herrscht, ist in der Tat zutiefst bedauernswert. Der Blinde sah nicht, was Jesus tat, er fühlte nur den Brei in seinem Gesicht und vernahm Seine Worte, zum Teich Siloah zu gehen und sich zu waschen. Und dann lesen wir, dass er sehend zurückkam!

Was mag in diesem Menschen vorgegangen sein, als es plötzlich hell um ihn wurde, als er plötzlich das Sonnenlicht sah, das Wasser, dern Teich, die sicherlich vielen neugierigen Menschen, die um ihn herumstanden! Zu einem kleinen Teil wird er das empfunden haben, was auch wir einmal empfinden werden, wenn wir in das Licht unseres Herrn entrückt werden. Und wie sich der Blinde gewiss nur allzuoft in seinen Gedanken die Umwelt vorgestellt hat und wie er nun maßlos überrascht war, wieviel mehr er sehen konnte, als er sich je erdacht hatte, so sehr werden auch wir von Gottes Herrlichkeit überwältigt sein, denn "Was kein Auge gewahrt und kein Ohr gehört hat und wozu kein Menschenherz hinaufgestiegen ist, all das hat Gott denen bereitet, die Ihn lieben" (1Kor 2:9).

Joh 9:10-12

"Daher fragten sie ihn: Wie wurden deine Augen aufgetan? Jener antwortete: Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Erdbrei, salbte meine Augen damit und sagte zu mir: Geh zum Teich Siloah und wasche dich! Als ich nun hinging und mich wusch, wurde ich sehen. Da fragten sie ihn. Wo ist jener? Er antwortete: Ich weiß es nicht."

Wir schauen nochmals zurück auf Vers 3. Dort sagte Jesus aus, dass jener Bettler blind geboren wurde, damit das Wirken Gottes an ihm offenbart werden sollte. Diese Aussage bedeutet, dass dieser Mensch schon im Mutterleib von Gott ausersehen war!

Der Blindgeborene verkörpert den Weg des Volkes Israel, aber auch jene auserwählten Erstlinge aus dem Volk, wie sie die Jünger darstellten. Auch Israel war von Gott als Sein Volk ausersehen und aus allen Völkern auserwählt worden, noch bevor es als Volk überhaupt existierte. Zu Abraham sprach Gott: "Geh du aus deinem Lande und aus deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in das Land, das Ich dir zeigen werde. Und machen will Ich dich zur großen Nation, und segnen will Ic h dich und deinen Namen groß machen und werde du ein Segen". (1Mo 12:1-2).

Das Volk, als es geboren wurde und wuchs, hatte aber, geistliche gesehen, eine sehenden Augen, sondern war Gott gegenüber blind und störrisch. Diese Blindheit (Paulus nennt sie "Verstockung") war und ist einem Teil des Volkes von Gott auferlegt, und zwar so lange, bis die Vervollständigung der Nationen eingehe (gem. Röm 11:25b).

Noch hat Israel nicht die göttliche Augensalbe bekommen, n och sind ihre Augen blind dem Messias gegenüber, noch muss die Vervollständigung aus den Nationen eingehen,und diese Vervollständigung ist der Körper des Christus, der einmal, wenn die Vollzahl erreicht ist, seinem Herrn und Haupt entgegengerückt wird in Wolken in die Luft!

Joh 9:13-16

"Dann führte man ihn, den einst Blinden, zu den Pharisäern. Es war aber Sabbat an dem Tag, an dem Jesus den Erdbrei gemacht und seine Augen aufgetan hatte. Wiederum fragten ihn nun auch die Pharisäer, wie er sehend geworden sei. Er antwortete ihnen: Einen Erdbrei legte Er auf meine Augen, dann wusch ich mich und konnte sehen. Da sagten nun einige der Pharisäer: Dieser Mensch is tnicht von Gott, weil Er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? So war eine Spaltung unter ihnen."

Wir erleben hautnah, dass das geoffenbarte Wirken Gottes weder das Volk noch den Großteil der Oberen von Jesu Göttlichkeit überzeugte. Da wurden alle nur möglichen Ausflüchte gesucht, um die Wahrheit zu umgehen!

Der Geheilte, der das Objekt des göttlichen Wirkens darstellte, wurde erst einmal hin- und hergeschoben, er wurde verdächtigt, gar nicht blind gewesen zu sein sondern jenem wirklich blinden Bettler nur ähnlich gesehen zu haben, er wurde ausgefragt, und schließlich, als man ratlos war, wurde er vor die Pharisäer gestellt. Und auch diese suchten erst einmal einen Weg in Ausflüchten, indem sie den Sabbat vorschoben, an dem ja keinerlei Arbeit getan werden durfte. Da aber unter den Pharisäern auch Männer wie Nikodemus waren, die Jesus durchaus zugetan waren, entstand eine Spaltung unter ihnen.

Spaltungen gab und gibt es auch unter den Gläubigen. Bei den Korinthern rügt Paulus diese Spaltungen, fügt aber an: "Denn es muss ja auch bei euch Sektenbildung geben, damit die Bewährten unter euch offenbar werden" (1Kor 11:18-19). So betrüblich Spaltungen auch immer sein mögen, so haben sie doch einen reinigenden Effekt: Sie filtern die "Bewährten" aus! Und wo immer Gottes Wirken offenbar wird, da tritt dieser Filtervorgang in Kraft!

Joh 9:16b

"Andere aber sagten, Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? So war eine Spaltung unter ihnen."

Unter den "anderen" in der Pharisäerschaft war sicherlich Nikodemus vertreten. Sein Zeugnis lautete ja schon früher: "Rabbi, wir wissen, dass Du als Lehre von Gott gekommen bist; denn niemand kann diese Zeichen tun, die Du tust, wenn nicht Gott mit ihm ist" (Joh 3:2).

Christus legte, bevor Er in die Welt kam Seine göttliche Gestalt ab und wurde den Menschen gleichgestellt, ja Er war in der Art uns Weise wie ein Mensch erfunden - und doch gab es einen entscheidenden Punkt, der Ihn von den Menschen unterschied: Die adamitische Sünde, die auf alle Abkömmlinge Adams übertragen wurde, lag nicht auf Ihm - Christus Jesus war von Geburt an "sündlos"! Nur in diesem absolut sündlosen Zustand konnte Er das makellose und fleckenlose Opferlamm sein, das die Sünde der Welt am Kreuz auf Golgatha hinwegnahm.

Viele Menschen feiern heute den sogenannten "Heiligabend". Auch wenn wir aus guten Gründen dieses Datum ablehnen, weil es heidnischen und nicht biblischen Ursprungs ist, so soll dieser Tag doch für uns ein Anlass sein, erneut unsere inneren Augen auf das wunderbare Wirken Gottes zu richten und auf unseren Herrn und unser Haupt, der durch Sein Menschwerden und Seinen Opfertod den Zugang zum Herzen Gottes für uns sündige Menschen öffnete.

Ein lieber Bruder widmete mir kürzlich ein Gebet aus Röm 11:33-36, ich möchte es auch meinen geliebten Lesern mit in diesen Tag geben.

O Tiefe des Reichtums, UNSER GOTT, sowohl Deiner Weisheit als auch Deiner Erkenntnis! Wie unausforschlich sind Deine Urteile, wie unausspürbar Deine Wege! Denn wer erkannte Deinen Sinn? Oder wer wurde Dein Ratgeber? Wer at Dir etwas gegeben, so dass Du es ihm vergelten müsstest? Denn aus Dir, durch Dich und zu Dir hin ist das All! Dir sei die Herrlichkeit für alle Äonen! Amen!

Joh 9:17-19

"Daher befragten sie den einst Blinden nochmals: Was sagst du denn von Ihm? Dir hat Er doch die Augen aufgetan. Er aber antwortete: Er ist ein Prophet. Die Juden wollten nun nicht von ihm glauben, dass er blind gewesen war und sehend wurde, bis sie dann seine (des Sehendgewordenen) Eltern riefen und sie fragten: Ist dies euer Sohn, von dem ihr sagt, dass er blind geboren wurde? Wieso kann er denn jetzt sehen?"

Die Juden wanden sich buchstäblich wie der Fisch am Haken! Sie sahen das geoffenbarte Wirken Gottes, das den Blinden geheilt hatte, wollten dies aber u m alles in der Welt nicht wahrhaben und suchten ständig nach Möglichkeiten, um den Geheilten des Betrugs zu überführen. Damit zeigte sich erneut die Härte ihrer Herzen.

Immer wieder tadelt Gottes Wort diese Härte und Verstockung der Herzen:

"Verstockt eure Herzen nicht, wie zu Meriba geschah, wie zu Massa in der Wüste" (Ps 95:8).

"Wohl dem, der Gott allewege fürchtet! Wer aber sein Herz verhärtet, wird in Unglück fallen" (Spr 28:14).

"Wer gegen alle Warnungen halsstarrig ist, der wird plötzlich verderben ohne alle Hilfe" (Spr 29:1).

Aber nicht nur an Israel sind solche Worte gerichtet. So schreibt Paulus an die Nationen: "Gemäß deiner Härte und deinem unumsinnenden Herzen speicherst du dir selbst Zorn auf für den Tag des Zornes und der Enthüllung des gerechten Gerichts Gottes, der jedem seinen Werken gemäß vergelten wird" (Röm 2:5-6).

Joh 9:20-23

"Seine Eltern antworteten nun: Wir wissen, dass dies unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde. Wieso er nun sehen kann, wissen wir nicht; und wer seine Augen aufgetan hat, wissen wir auch nicht. Fragt ihn doch, er ist voll erwachsen, er wird für sich selbst sprechen. Dies sagten seine Eltern, weil sie die Juden fürchteten; denn die Juden waren schon übereingekommen, dass, wenn Ihn jemand als Christus bekennen sollte, er aus der Synagoge ausgestoßen werde. Deshalb sagten seine Elter: Er ist voll erwachsen, fragt ihn doch!"

Gestern war es die Verhärtung der Herzen, die uns auffiel, heute ist es die Furcht vor Menschen, die uns ins Auge fällt.

Die Eltern des Blindgeborenen hatten sicherlich schon längst nachgeforscht, wer ihren Sohn wieder sehend gemacht hatte, und haben sich auch mit Sicherheit Gedanken um Seine Person gemacht - aber da war die Drohung der Oberen, jeden aus der Synagoge auszustoßen, der Jesus als Christus bekennt.

Die Furcht vor den Oberen veranlasste die Eltern, jegliche Antwort zu verweigern und sich aus der Verantwortung (ihre Meinung kundzutun) zu stehlen. In 1Jo 4:18 schreibt Johannes passend:

"Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht hinaus, weil die Furcht es mit Strafe zu tun hat. Wer sich aber Fürchtet, ist in der Liebe noch nicht vollkommen geworden."

Wie trefflich hat doch Johannes mit diesem Wort den Zustand der Eltern beschrieben. Furcht vor Strafe, nämlich der Ausstoßung aus der Synagoge, hinderte sie, ihre wahren Gedanken über diese Heilung und über den, der sie tat, öffentlich kundzutun. Vielleich hat hiermit Johannes auch uns etwas zu sagen!

Joh 9:24-27

"Daher rief man den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal herbei und forderte ihn auf: Gib Gott Verherrlichung! Wir wissen dass jener Mensch ein Sünder ist. Er antwortet nun: Ob Er ein Sünder ist, weiß ich nicht; eins aber weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehen kann. Dann fragten sie ihn nochmals: Was tat Er dir? Wie hat Er deine Augen aufgetan? Er antwortete ihnen: Ich sagte es euch schon, habt ihr es nicht gehört? Warum wollt ihr es nochmals hören? Wollt ihr etwa auch seine Jünger werden?"

Die Eltern des Blindgeborenen hatten vor den Pharisäern Furcht, und diese hatten vor der Wahrheit Furcht, dieser Jesus von Nazareth könnte tatsächlich mehr als ein gewöhnlicher Mensch sein und ihnen ihren Machtanspruch über das Volk schmälern oder gar wegnehmen - Furch also auf allen Seiten!

Aus Furcht vor dem Machtverlust sind die Pharisäer in ihrer Scheinheiligkeit kaum mehr zu überbieten. Die Merkmale der Scheinheiligkeit liegen offen da: Es ist einmal die Rechschaffenheit, die zur Schau gestellt werden soll, und zum anderen die pharisäerhafte Absonderung von der Masse des Volkes. Dazu lesen wir schon in Jes 58:2:

"Zwar forschen sie nach Mir Tag für Tag, und an der Erkenntnis Meiner Wege haben sie Gefallen. Wie eine Nation, die Gerechtigkeit tut und die Vorschrift ihre Alueim nicht verlässt, bitten sie Mich um Vorschriften der Gerechtigkeit."

Und in Jes 65:5 lesen wir in Bezug auf ein widerspenstiges und haderndes Volk, welches gemäß Vers 1 spricht: "Komm nur nicht heran zu mir! Denn ich bin dir heilig!"

Die Leute, die so scheinheilige auftreten, sind es, die Gott dadurch verherrlichen willen, dass sie Jesus als Christus verleugnen!

Joh 9:28-31

"Da beschimpften sie ihn und sagten: Du bist ein Jünger desselben, wir aber sind Jünger des Mose. Wir wissen, dass Gott zu Mose gesprochen hat. Von jenen aber wissen wir nicht, woher Er ist. Der Mann antwortete ihnen: Das Erstaunliche ist nämlich in diesem Fall, dass ihr nicht wisst, woher Er ists; und Er hat doch meine Augen aufgetan. Wir wissen, dass Gott nicht auf Sünder hört, sondern wenn jemand ein Gottesverehrer ist und Seinen Willen tut, den hört Er."

Treffend beschreibt Paulus Jahrzehnte später in seinem 1. Brief an die Korinther den obigen Dialog der Schriftgelehrten mit dem geheilten Bettler: "Das Törichte der Welt erwählt Gott, damit Er die Weisen zuschanden mache; und das Schwach der Welt erwählt Gott, damit Er das Starke zuschanden mache. Das Niedriggeborene der Welt und das von ihr Verschmähte erwählt Gott, ja das, was bei ihr nichts gilt, um das abzutun, was bei ihr etwas gilt, damit sich überhaupt keine Fleisch vor den Augen Gottes rühmen könne"(1Kor 1:27-29).

Nicht die Pharisäer wurden von Gott erwählt, damit Sein Wirken offenbar werden sollte, sondern der blinde Bettler, der Schwache, der Niedriggeborene, der Verschmähte. Und dann erleben wir in unserem Leitvers, wie gerade dieser Mensch die Weisen, die Pharisäer und Schriftgelehrten, mit seiner Antwort zuschanden macht. Mit seinen schlichten und wahrheitsgemäßen Worten weist er, sicherlich unbewusst, auf Spr 15:29: "Gott ist fern von den Gesetzlosen, aber das Gebet der Gerechten hört Er."

Geliebte Geschwister, lassen doch auch wir uns aus diesem Dialog zusprechen und neuen Mut fassen, wenn wir auch zu jenen Zählen, die von der Welt verachtet sind und nichts gelten - wir haben ja viel mehr als alle Weisen dieser Welt zusammen: !Aus Ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott her zur Weisheit gemacht worden ist, wie auch zur Gerechtigkeit, Heiligung und Freilösung" (1Kor 1:30).

Joh 9:32-34

"Vom Äon an hat man nicht gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen aufgetan hat. Wenn jener Mann nicht von Gott wäre, könnte Er überhaupt nichts tun. Sie antworteten ihm: Du wurdest ganz in Sünden geboren, und du willst uns belehren? Dann stießen sie ihn aus der Synagoge hinaus."

"Von der Welt an..." übersetzt Luther den Anfang unsres Leitverses, "Von Anbeginn der an..." die Elberfelder. Damit umgehen diese Übersetzer das ihnen hier unpassend erscheinende Wort "Ewigkeit" und geben ein ihnen passend erscheinendes Wort wieder - weine sehr inkonsequente Art der Übersetzung! Bei solchen Übersetzungsmethoden dürfen wir uns erneut an den Wert unserer "konkordanten Wiedergabe" erinnern lassen, die solche menschlichen Praktiken weitgehendst ausschließt.

Die Propheten, welche die Herrlichkeit des Retters aus dem Hause David voraussagten, waren "vom Äon an" (Lk 1:70 und Apg 3:21); "dem Herrn sind Seine Werke vom Äon an bekannt" (Apg 15:18), seit Er Sein Volk aus den Nationen erwählt hat. Der geheilte Bettler lehrt nicht nur die Oberen, sondern auch uns, dass ein Äon einen Anfang haben muss und damit auch ein Ende. Und er bemerkt weiter sehr richtig, dass Wundertaten wie diese Heilung für den gegenwärtigen Äon nicht charakteristisch sind - sie sind Machterweise des herankommenden Äons, wenn das Königreich auf Erden aufgerichtet wird.

In ohnmächtigem Zorn über das wahrhafte Bekenntnis, das Jesus "von Gott" sein muss, ,werden die Juden ausfällig; der Mann wird als Sünder beschimpft und aus der Synagoge ausgestoßen. Haben viele von uns nicht auch schon Ähnliches erlebt? Man sagt göttliche Wahrheit und wird von Geschwistern ausgestoßen, die sich in ihrer vermeintlich perfekten Erkenntnis angegriffen fühlen. Doch wie tröstend ist hier das Wissen, dass Jesus den ausgestoßenen Mann suchte und fand - Er hat auch uns längst gefunden!

Der Geheilte und der Sohn Gottes

Joh 9:35-38

"Jesus hörte, dass sie ihn ausgestoßen hatten, und fragt ihn, als Er ihn fand: glaubst du an den Sohn des Menschen? Jener antwortete: Und wer ist es Herr, damit ich an Ihn glaube? Jesus erwiderte ihm: Du hast Ihn gesehen: denn der mit dir spricht, der ist es. Da entgegnete er: Ich glaube, Herr! Und anbetend fiel er vor Ihm nieder"

Was wir heute lesen ist ergreifend! Jesus hörte von dem Schicksal des Geheilten, der zwar sein Augenlicht erhielt, dafür aber aus der Synagoge, also aus der Gemeinschaft der Juden, ausgestoßen wurde.

Es ist ein fast selbstverständlicher Vorgang, dass einem Menschen, dem Gott die Herzensaugen öffnet und ihm den Glauben schenkt, der Ausstoß aus der weltlichen Gesellschaft (Freundeskreis) droht. Was hat die göttliche Weisheit mit der Weisheit dieser Welt gemein? Nichts! Schlimm ist an unserem Bericht, dass es die scheinbar "gläubige" Gesellschaft war, die den Geheilten ausstieß.

Doch Jesus fand ihn, gab Sich ihm als Sohn Gottes zu erkennen, und der Geheilte bekam den Glauben. Bis hierher wirkte nur Jesus, doch nun handelt der Mensch, er fällt vor Ihm nieder und betet ihn an - dies war die Folge seines Erkennens.

Wir dürfen uns auch hier an die worte Jesu in Joh 6:29 u. Joh 6:44 erinnern lassen: "Die ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den derselbe ausgesandt hat" und: "Niemand kann zu Mir kommen, wenn der Vater, der Mich gesandt hat, ihn nicht zieht." Es war der Vater, der diesen Menschen den Glauben schenkte und ihn zum Sohn zog. Ein Leben, das Gott von Geburt an vorherbestimmte, um Sein Wirken offenbar werden zu lassen, und das bisher nur Elend und Pein, Entbehrung und Schmach beinhaltete, bekam eine herrliche Wende - der Sohn Gottes trat in sein Leben und in sein Herz ein!

Joh 9:39-41

"Darauf sagte Jesus: Ich bin zum Urteilsspruch in diese Welt gekommen, damit die Nichtsehenden sehen und die Sehenden blind werden. Die hörten einige Pharisäer, die bei Ihm waren, und fragten Ihn: Sind etwa auch wir blind? Jesus antwortete ihnen: Wenn ihr blind wäret, so hättet ihr keine Sünde; nun aber sagt ihr: Wir sehen - folglich bleibt eure Sünde!

Wer eine Sünde nicht erkennt, kann nicht sündigen. Wo kein Gesetz gegeben ist, kann nicht dagegen verstoßen werden! Wenn Jesus sagt: "Ich bin zum Urteilsspruch in diese Welt gekommen", so müssen wir wissen, dass das Gericht vor allem die Vollstreckung des Urteils ist! Das "Urteil" (oder der Urteilsspruch) geht also jedem Gericht voraus. Nach unserem Leitvers bedeutet dies, dass die Worte Jesu über die Pharisäer deren Urteilsspruch sind, dem dann vor dem großen weißen Thron das Gericht (die Vollstreckung) folgt.

Die Pharisäer wähnten sich sehend, doch sie sahen nicht, wer vor ihnen stand. Deshalb trifft auf sie der Spruch zu: "Wenn du einen siehst, der sich weise dünkt, da ist an einem Narren mehr Hoffnung denn an ihm"(Spr 26:12).

Im Grunde waren auch wir die Nichtsehenden, und wie an dem Blindgeborenen, wird Gott auch an uns Sein Wirken zur Schau stellen, allerdings erst in den herankommenden Äonen, wo wir Schauobjekt des alles übersteigenden Reichtums Seiner Gnade sein werden. Mit diesem kostbaren Wissen dürfen wir dieses alte Jahr und den Band II beenden, und mit diesem Wissen schauen wir auch getrost und freudig auf das, was uns das neue Jahr bringen wird!

Die Botschaft Deiner Gnade fällt
wie Himmelsglanz in diese Welt,
in Christus war ihr Licht geschenkt
von Dir, mein Gott, der alles lenkt.
E.U.A.

Lies weiter:
10. Das Johannes-Evangelium Kapitel 10