Die Schläge des Liebenden - Spr 27:5-6

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308. Die Schläge des Liebenden - Spr 27:5-6

Besser offener Tadel als verborgene Liebe. - Treu (gemeint) sind die Wunden dessen, der liebt (DEL: des Liebenden Schläge), und überreichlich des Hassers Küsse.

Der offene Tadel des Lehrers oder Freundes gehört zur liebenden Unterweisung, ist Teil der seelsorgerlichen und "parakläsis", welches sowohl Ermunterung und Trost, als auch Ermahnung, Warnung und Zurechtweisung bedeuten kann. Der heilige Geist selbst übt als der "Paraklet" dieses Hirtenamt aus. Verhehlt man den Tadel, so verzichtet man auf eine Freundes- und Liebespflicht; selbst ein erzieherischer Tadel kann ein größerer Liebesbeweis sein, als ei völlige Stummheit verborgener Liebe. Liebe will und soll sich offenbaren. Heimliche Liebe, die sich nicht erzieherisch zu erkennen gibt, ist wie ein verborgen brennendes Feuer, das nicht leuchtet und wärmt. Solche "Liebe" ist weichlich und blind und ohne Erziehungsziel. Offb 3:19 sagt uns als Wort des erhöhten Christus: "Alle, die ich liebe, überführe und züchtige ich!" So ist das von Jesus in Mt 18:15-17 empfohlene Verfahren der Ermahnung zwar scheinbar hart, aber dennoch besser als jede heuchlerische Schmeichelei. "Wer einen Menschen zurechtweist, wird hernach mehr Gunst finden, als wer mit der Zunge schmeichelt" (Spr 28:23)! Solche Schmeichelei, die sich kundtut in überreichlichen Küssen, kann in Wirklichkeit die Äußerung eines Menschen sein, der uns hasst, während die Wunden, die der Liebende durch seinen Tadel unserer Seele zufügt, ihren Ursprung in der Treue seiner Liebe haben. Dies dürfen wir auch von der Erziehung und Züchtigung Gottes glauben, die dazu dient, dass wir "Seiner Heiligkeit teilhaftig werden", und die uns widerfährt gerade weil wir Söhne Gottes sind (vgl. Hebr 12:4-11). Darum haben wir Verständnis für die Wunden, die der liebende Herr schlägt, auch wenn sie unserem Fleisch und unserer Seele oft keineswegs angenehm sind! Wir sprechen mit Ps 141:5. "Der Gerechte schlage mich: es ist Güte, und Er strafe mich: es ist Öl des Hauptes" (d.h. eine Mehrung des Geistes Gottes); "nicht wird mein Haupt sich weigern!"

Gilt diese heilspädagogische Absicht auch dem Volk Israel, das der Herr geschlagen hat, und das seither kaum vernarbte Wunden ohne Zahl trägt? Er selbst wird in die Wunden "Öl" gießen und sie "verbinden" und heilen! Von solchem endzeitlichen Samariterdienst des lebendigen Gottes sprechen u. a. Ps 147:5 - Jes 30:26 und Hos 6:1-2 (vgl. auch Lk 10:33-34)!

Treu gemeint sind die Wunden des Liebenden. Außer der Bedeutung, dass der Liebend Schläge und Wunden zufügt, kann man diese Wendung auch so verstehen, dass die Wunden gemeint sind, die der Liebende selbst empfangen hat! Dann eröffnet sich ein tiefer prophetischer Sinn, der uns in das Geheimnis der Passion Christi schauen lässt. Sach 13. schildert uns in bewegender Weise, wie das verblendete Israel ihn zuerst für einen "falschen Propheten" hielt und ihn "durchbohrte", davon aber in seiner endzeitlichen Erweckung - sprechen wird: "Was sind das für Wunden in Deinen Händen?" Er aber wird antworten: "Es sind die Wunden, womit ich geschlagen worden bin im Hause derer, die mich lieben!" (Dass Sach 13. so verstanden werden muss, ergibt sich aus Sach 12:10-14 und Sach 13:7), welche Mt 26:31 und Mk 14:27 klar auf Jesus beziehen.) Seine Wunden sind Treuezeichen Seiner Liebe! Es entspricht der unverbrüchlichen Treue Gottes in Christo, dass wir "durch Seine Wunden geheilt worden sind" (Jes 53:5). Mit den Jüngern werden wir froh, wenn der Auferstandene uns Seine Wunden zeigt und damit Seine Liebe beweist (Joh 20:20).

Wo aber sind in der Passionsgeschichte die überreichlichen Küsse des Hassenden? Wer dächte hier nicht an den Verräter Judas, der Seinen Herrn mit einem Judas verriet? In Mt 26:49 heißt es wörtlich: "Und sofort, als er zu Jesus gekommen war, sagte er Heil dir, Rabbi! und küsste Ihn viele Male" (kataphilein = wiederholt herzlich küssen). Wer von uns hätte nicht dem Verräter Judas an Jesu Stelle ins Gesicht geschlagen? Jesus aber sprach: "Mein Freund, wozu bist du gekommen!" Auch wir stehen in der Schuld des Verleugners Petrus und des Verräters Judas. In Bad Blankenburg wurde auf den Allianzkonferenzen oft der Chorus gesungen:

"Er hat mich Freund genannt, Er hat mich Freund genannt,
Er starb für mich auf Golgatha, Er hat mich Freund genannt!"


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309. Die satte und die hungrige Seele - Spr 27:7-8