Die Sünde wider den Heiligen Geist

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Abschrift des Buches: Vom Geheimnis Gottes und Christi
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Sonderabdruck aus dem Monatsblatt für biblische Vertiefung „Die Gemeine“ 1925/26
Philadelphia Buchhandlung August Fuhr, Reutlingen

weitere Abschriften siehe:

Inhaltsverzeichnis des Buches
Kapitel davor:
10. Pfingsten

11. Die Sünde wider den Heiligen Geist

Mt 12:31-33; Mk 3:28-29; Lk 6:10
In Verbindung damit:
Hebr 6:4-8; 1Jo 5:16

Immer wieder stößt man darauf, dass die Gläubigen sich kümmern wegen der Sünde wider den Heiligen Geist. Wir hatten früher des öfteren Frageabende. Es konnte nicht einer sein, an welchem nicht nach der Sünde wider den Heiligen Geist gefragt wurde. Aber nicht nur fragend und Klarheit begehrend stehen viele der Sünde wider den Heiligen Geist gegenüber, sondern auch tief zagend und verzagend - in Nacht gehüllt. Es wird wohl kein Seelsorger sein, der nicht des öfteren mit dieser Sünde zu tun gehabt hätte. Dabei tritt einem bei Fragenden und Zagenden eine furchtbare Unwissenheit und Unklarheit über das in der Bibel betreffs dieser Sünder Gesagte entgegen. Es wird aber jeder Gläubige bekennen müssen, dass er in dieser Sache durch falsche oder schiefe Auffassungen hat hindurchgehen müssen - oder dass er sie hat eben liegen lassen, weil er nicht Klarheit hatte. Es ist auch dem Schreiber dieses nicht anders gegangen. Er wäre auch jetzt dieser Auslegung nicht nahe getreten, wenn nicht viele Anfragen ihn gedrängt hätten, und wenn nicht eine frühere, in manchen Stücken gewiss unklare Erklärung gedruckt vorgelegen hätte. Diese Umstände zwangen zu erneuter, betender Versenkung in diesen Gegenstand. Der Mangelhaftigkeit unserer Erkenntnis wohl bewusst - und doch auch wieder in manchem Stücke klarer geworden, treten wir an die schwere Aufgabe heran. Es gilt hier, in Bescheidenheit und Demut das bis heute gegebene Licht kundzugeben.

Wenn wir unser Augenmerk zuerst auf die drei Stellen in den drei ersten Evangelien richten, welche von dieser Sünde reden, und in den Evangelien ganz a l l e i n von ihr reden, so tritt uns eine auffallende Sache entgegen. Es ist in allen drei Stellen n i c h t von der S ü n d e wider den H e i l i g e n G e i s t die Rede, sondern von der L ä s t e r u n g des Heiligen Geistes. Matthäus sagt: Mt 12:31: „Die Lästerung des Geistes wird nicht vergeben.“ Wohl sagt er Mt 12:32: „Wenn jemand r e d e t wider den Heiligen Geist", aber dieses „Reden wider“ ist offenbar gleichbedeutend mit Lästern. Markus sagt Mk 3:29: „Wer wider den Heiligen Geist lästert.“ Bei Lukas aber lesen wir Lk 12:10: „Dem aber, welcher wider den Heiligen Geist lästert, wird nicht vergeben werden.“

Lästern des Geistes Gottes

Was nun Lästern wider den Heiligen Geist sei, sagt uns besonders deutlich Markus. Er schreibt: „Denn sie sagten, E r hat einen u n r e i n e n Geist“. Bei Matthäus aber knüpft die Rede des Herrn über die Sünde wider den Heiligen Geist an die Geschichte an, wo die Pharisäer den Herrn beschuldigten, Er treibe die Teufel aus durch der Teufel Obersten. Darauf nimmt ganz offenbar der Evangelist Markus Bezug, denn damit sagen die Juden, der im Herrn, und aus dem Herrn wirkende Geist sei ein Geist von unten. Darinnen besteht also die Sünde wider den Heiligen Geist, dass man den Heiligen Geist einen unreinen, höllischen, teuflischen Geist nennt. Vergegenwärtigen wir uns die Lage. Der Herr hat in Wort und Werk Sich vor Seinem Volke, und auch vor den Pharisäern und Schriftgelehrten geoffenbart. Jedermann hatte den Eindruck in Herz und Gewissen, dass ein hoher, heiliger, göttlicher Geist im Herrn sich offenbarte. Der Heiland hat Sich an Herz und Gewissen Seiner Juden wohl bezeugt.

Die allerniedrigsten Geister mussten Seiner Hoheit sich beugen. Ja selbst die Teufel mussten Seine Gottes-Sohnschaft stehenlassen. Es ist kein Zweifel, dass die Obersten und Pharisäer wohl wussten, durch den in ihnen zeugenden Geist, wer in Jesu vor ihnen stand. Nikodemus verrät es ja, wenn er im Namen aller Obersten sagt: „Meister, wir wissen, dass Du von Gott gekommen bist, denn niemand kann die Zeichen tun, die Du tust; es sei denn Gott mit ihm.“ Aber sie wollten diesen Heiligen Gottesgeist sich nicht beugen, weil sie hohe Herren in sich selbst bleiben wollten, und darum schmähten und lästerten sie den, in ihnen zeugenden Heiligen Geist, und nannten Ihn offensichtlich einen unreinen, unteren, teuflischen Geist. Sie redeten und lästerten wider Ihn.

So muss also, wo die Sünde wider den Heiligen Geist geschehen sein soll, überall ein Doppeltes sein. Es muss durch göttliches Wort und göttliches Werk der Heilige Geist Sich an einem Herzen und Gewissen bezeugt haben. Und es muss ein Mensch göttliche Lichtes-Eindrücke empfangen haben. Er muss aber dann aus Selbst- und Eigensucht sich von diesen Lichteseindrücken völlig abgewandt haben, und freiöffentlich die Geisteswirkungen als teuflische, gemeine und untere bezeichnet haben. Er muss das Heilige, das er gesehen, gescholten, gelästert, ins Gegenteil gezogen haben, und dies alles in der Absicht, bei anderen das Wirken des Heiligen Geistes zu unterbinden. Fassen wir also zuerst: Die Sünde wider den Heiligen Geist ist ein Lästern des Geistes Gottes wider besseres Wissen und Gewissen, um eigensüchtigen Ich-Gewinnes willen. Die Pharisäer und Schriftgelehrten wollten ihren Einfluss nicht verlieren.

Hier sehen wir schon, dass die übergroße Mehrzahl, ja wohl fast alle, welche zu uns kommen und sich der Sünde wider den Heiligen Geist beschuldigen, sie ganz gewiss nicht getan haben. Hätten sie dieselbe getan, so wären sie niemals traurig darüber. Wer diese Sünde tut, ist nicht traurig über sie, es ist ja sein Wille, den Heiligen Geist herabzusetzen, ja dem Reich der Finsternis Ihn zuzuteilen - und dies um andere von Seinen Einwirkungen abzuhalten. Reden und Lästern wider den Geist ist ja immer etwas Öffentliches.

Dämpfen und Betrüben des Geistes

Die meisten, welche sich der Sünde wider den Heiligen Geist anklagen, denken an das Dämpfen (1Thes 5:19), oder an das Betrüben des Geistes (Eph 4:30). Dies Dämpfen oder Betrüben bei uns und anderen geschieht freilich durch unser sündiges, eigenes, verkehrtes Wesen. Aber schon die Ermahnung des Apostels, es nicht zu tun, oder es nicht mehr zu tun, zeigt ja an, dass es sich hier um Sünden handelt, welche in die Buße und Reinigung können genommen werden. Für Dämpfer und Betrüber des Geistes gibt es bei Buße und Bekennen gewiss Reinigung und Vergebung. Bei der Sünde wider den Heiligen Geist sind keine Einzelsünden, welcher Art auch immer, gemeint, sondern es ist eben das Lästern des Geistes, das Bezeichnen desselben als etwas Unreines gemeint. Falsche Glaubensanschauungen, oder schwache, elende, an das Außerordentliche sich hängende, und ins Selbstzerfleischen verfallene Nerven, liegen fast immer vor bei den Selbstanklagen wegen der Sünde wider den Heiligen Geist. -

Dann aber sind es meist Gläubige, Kinder Gottes, solche, welche den Heiligen Geist innewohnend haben, die sich dieser Sünde zeihen. Gerade sie geht aber diese Sünde gar nichts an. Ja, das Dämpfen des Geistes bei sich und andern - ja, das Betrüben des Geistes bei sich und anderen, das sind Sünden von Kindern Gottes - die können nur da geschehen, wo der Heilige Geist wohnt. Die können aber auch vergeben werden, und werden auch vergeben dem Bußfertigen. Die Sünde wider den Heiligen Geist, das Lästern desselben, gehört aber gar nicht auf den Boden der Kinder Gottes - vielmehr auf den gesetzlichen Königreichsboden. Kinder Gottes, welche aus dem Geist geboren sind, und in welchen der Heilige Geist einwohnend Christum verklärt, können nicht öffentlich den Heiligen Geist lästern. Wo wir bei einem Menschen die Lästerung des Geistes hörten, und wenn wir ihn vielleicht zuvor für ein Kind Gottes gehalten hätten, so müssten wir sagen: Wir haben uns getäuscht; es war keines.

Auf dem Boden des Gesetzes

Die Sünde wider den Heiligen Geist ist eine Erscheinung auf dem Gesetzesboden. Das sehen wir schon an den Stellen, in welchen von ihr in der Bibel steht. Nur die drei ersten Evangelien, die Königreichs-Evangelien, reden von dieser Sünde - und auch diese nur je einmal. Die Briefe der Apostel oder das Johannes-Evangelium, die Gemeine-Bücher reden nie von dieser Sünde. Wir werden weiter unten sehen, dass im 1. Johannes-Brief, Kapitel 5, von etwas ganz anderem die Rede ist. Der Hebräer-Brief aber, auch davon wird weiter unten näher die Rede sein, ist eben der Brief an die Hebräer, an die Juden, darum steht in ihm, aber in ihm ganz allein, wieder davon. Wir müssen das für sehr wichtig halten, für das richtige Verständnis der Sünde wider den Heiligen Geist, dass sie gerade in diesen Gesetzes- und Königreichschriften steht, und in diesen ganz allein. Das zeigt an, wo sie hingehört.

Wir sehen das noch deutlicher, wenn wir fragen, wer waren die Ersten, welche diese Sünde taten? Das waren die dem Herrn gegenüberstehenden Pharisäer. Das waren doch gewiss keine Kinder Gottes. Das waren Männer des Gesetzes; ja Männer des eigenen Ich, welche Gesetz und Prophetie in einem aufgerichteten Ich-Wesen trugen. Diesen Männern hatte im Wort des Herrn und im Werk des Herrn der Heilige Geist ins Herz geblitzt. Es war ihnen klar geworden; Er ist der Ewige; Er ist der Prophet. Sie schoben aber diese Geistesblitze aus ihrem Herzen wieder hinaus. Wer waren sie, und wer blieben sie noch, wenn dieser der Herr in Israel würde? Er durfte es nicht werden. Und als kein anderer Weg mehr blieb, da fingen sie an, den Heiligen Geist zu lästern. Den Heiligen Geist lästerten sie, der aus Jesus in sie drang. Sie lästerten nicht den Heiligen Geist in ihnen. In ihnen hatten sie Ihn nicht. Sie lästerten den Heiligen Geist Jesu, der an sie gedrungen war, und der Jesum ihnen als den Herrn gezeigt hatte.

Dasselbe sehen wir auch im Hebräer-Brief. Dort sind die, welche diese Sünde begehen, Leute, welchen der Heilige Geist Christum gezeigt hatte, welche aber dann von diesen Erleuchtungen wieder abgefallen und ins Judentum zurückgefallen waren. Dabei haben sie den Heiligen Geist gelästert - sie haben das, was sich ihnen von außen her als Wahrheit bezeugt hatte, wieder abgestreift, und als verkehrt und als Lüge bezeichnet. Das war die Sünde wider den Heiligen Geist. Wenn wir im Verlauf der Zeiten nach solchen Umschau halten wollten, welche die Sünde wider den Heiligen Geist begangen haben, so müssen wir immer nach gesetzlichen Ich-Menschen sehen. Wir dürfen nicht nach Kindern Gottes suchen, da werden wir sie nicht finden.

Aber wenn etwa gewaltige Zeugen des Herrn im Geist standen, und wenn die Wahrheit durch sie in manches Herz fuhr, wenn aber ihre Gegner, dem Zeugnis der Wahrheit zuwider, den von den Zeugen ausgehenden Geist als verkehrten und irrigen lästerten, und wenn sie dann die Zeugen verurteilten und töteten, dann haben sie die Sünde wider den Heiligen Geist begangen. Sie ist aber nicht begangen worden v o n den Kindern Gottes, sondern a n den Kindern Gottes, deren Geisteszeugnis einschlagend in die Herzen zündete, aber man hat es nicht gelten lassen. Man hat trügerisch dagegen gezeugt, - und den Heiligen Geist Irrgeist geheißen.

Es könnte uns nun befremden, dass gerade die Sünde gegen den Heiligen Geist so schwer und tief geschätzt wird. Es könnte uns befremden, dass alle Sünde und Lästerung gegen Jesus selbst vergeben wird. Doch ist das klar: an Jesu Person und Werk versündigen sich viele; gegen Jesu Person und Werk lästern viele ohne eine innere Ahnung davon zu haben. Alle diese Menschen können Buße tun und Vergebung empfangen, wenn sie zur Einsicht kommen. Diese Menschen können und werden meistens sehr erschrecken, wenn ihnen durch den Geist die Augen aufgehen. Wenn aber jemand Geisteserleuchtungen gehabt hat, und ist im trotzigen Ich-Wesen dagegen angegangen, und hat den Geist gelästert, solche Leute tun nicht Buße - die sind verhärtet - deren Weg geht durch die Gerichte. Das ist ja klar, dass wir in unserem Text bei dem Vergeben-Werden und bei dem Nichtvergeben-Werden immer die Buße zwischen hineinsetzen müssen. Das ist doch der einzige Vergebensweg. Der Hebräer-Brief (Hebr 6) sagt auch ausdrücklich - sie können nicht erneuert werden zur Buße. Sie wollen eben auch nicht - ihr Lästern des Geistes hat einen Verstockungs-Zustand geschafft.

Sünden wider Jesus

Die Sünden gegen Jesus, und das Reden und Lästern gegen den Sohn, müssen wir also immer ohne Geistes-Erleluchtung denken. Der Heiland wird genug solche seichten, oberflächlichen Schwätzer um Sich gehabt haben. Auch heute gibt es genug solche. Diese können alle noch in den Zerbruch kommen. Dann wird all ihr Reden und Lästern wider den Sohn ihnen vergeben. Sie wussten ja nicht, was sie taten. Bei der Sünde wider den Heiligen Geist sind Erleuchtungen und innere Schmeckungen da, aber eben von außen nach innen. Da ist das Ich nicht zerbrochen. Bei der neuen Geburt ist das Ich gekreuzigt, wenn es auch alle Tage neu gekreuzigt werden muss, so ist es doch gekreuzigt. Jene angestrahlten, von der Wahrheit getroffenen Ich-Menschen können sich aber von der Wahrheit aus Eigensucht abwenden - und endlich gar gegen den Heiligen Geist, der ihnen so unbequem ist, lästern. -

Solche Geister dringen nun unter den gewöhnlichen Verhältnissen der Gnadenläufe nicht mehr zur Buße durch. Der Heilige Geist, dessen Wahrheitsbezeugungen sie abgewiesen, und den sie verlästert haben - kann sie nicht zur Buße leiten. Das ist ganz unmöglich. Da hat der Hebräerbrief recht. - So haben die wiedergeborenen Kinder Gottes mit der Sünde wider den Heiligen Geist gar nichts zu tun. Diese geht ganz andere Kreise an. Das ist eben ein ganz anderer Stand mit ganz anderen Linien, als wenn der Heilige Geist, einmal innewohnend, ein neues Leben, eine neue Kreatur geschaffen hat. Das ist fürwahr ganz anderes - als wenn von außen her Wahrheitsblitze leuchten, denen man dann je länger je mehr untergetan werden kann; denen man aber auch entgegen sein, und endlich gegen sie lästern kann. Das von außen her geisterleuchtete und geistuntertane Sein - nennen wir Bekehrung. Das innerliche Neusein, das Einwohnen des Geistes, das „in Ihm“, nennen wir Wiedergeburt. Nur Erleuchtete und Bekehrte auf den verschiedenen Stufen können die Sünde wider den Heiligen Geist tun, Wiedergeborene nicht.

Dem Gericht verfallen

Wenn es nun bei einem Menschen zur Lästerung des Geistes gekommen ist, dann ist er g e r i c h t s v e r f a l l e n. Da muss es durch tiefe Gerichtszerbrüche gehen, wenn er zerbrochen, und für Gnade reif gemacht werden soll. Darum gibt es für solche Menschen keine Vergebung auf dem gewöhnlichen, geistgewirkten Bußwege. Diese Menschen müssen warten bis auf den Tag des Gerichtes, und müssen durch den anderen Tod. Markus sagt: ihre Sünde sei eine e w i g e S ü n d e. Es ist falsch, wenn Luther in Mk 3:20 übersetzt, sie seien schuldig des e w i g e n G e r i c h t e s. Es heißt: sie sind schuldig e i n e r ewigen S ü n d e. Eine e w i g e Sünde ist eine solche, welche ihr Gericht vom Angesicht des Herrn, und durch einen Urteilsspruch vom M u n d e des H e r r n ausgehend, empfangen muss. Ewig heißt ja immer vom Herrn ausgehend.

Dasselbe sagt auch Matthäus. Bei ihm sagt der Heiland: Die Lästerung w i d e r den H e i l i g e n G e i s t werde nicht vergeben, weder in dem gegenwärtigen Äon, noch in dem kommenden Äon. Äon ist eine Gotteshaushaltung. Es gibt zwei Haushaltungen der Vergebung. Der gegenwärtige Zeitlauf, in welchem die Kinder Gottes geboren und zugerichtet werden, ist eine Haushaltung der Vergebung; und die nächste Haushaltung, die des Königreichs, ist erst recht eine Haushaltung der Vergebung, wo vom Schauen zum Glauben in erleichterter Form, Vergebung und Seligkeit erlangt werden wird von denen, die eines guten Willens sind. In diesen Vergebenshaushalten, wo die Vergebung durch Buße hindurch ergriffen wird, kommen die Leute der Lästerung des Geistes nicht zur Buße und nicht zur Vergebung. Sie müssen auf die nächste Haushaltung warten, auf den Haushalt des Endgerichts. In diesem Endgericht werden sie dann dem anderen Tode überantwortet werden. In diesen Gerichten werden sie dann ihren Zerbruch erleben, und auch ihre Knie beugen lernen vor dem und in dem, in welchem alle Knie sich beugen müssen. Hier, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlöscht, wo volles, ganzes Gericht ist, da werden sie reif werden für bußfertige Annahme des Heiligen Geistes. Es muss ja so gehen, sonst könnte nicht endlich alles, was Odem hat, den Herrn loben.

Der Herr redet in unseren Stellen, welche die Lästerung des Heiligen Geistes betreffen, von solcher Wiederbringung nichts. Das zeigt uns wieder so recht klar, dass die ersten Evangelien, die Evangelien des Königsreiches und des erfüllten Gesetzes sind. Unter dem Gesetz endet’s mit dem Gericht. Das ist bei jedem Gesetz so. Deshalb hat der Heiland zu der Masse der Juden in den Reden, welche die meisten Evangelien bringen, nie weiter hinausgeredet als bis zum jüngsten Gericht. Erst die Gemeine hat den Heiligen Geist, welcher in alle Wahrheit leitet. Und die Gemeine-Schriften haben dann auch klipp und klar die Hinausweisung auf die Vollendung des Ganzen. Darum werden auch nur gottgeborene Geister diese Erkenntnis lebendig haben. Alle auf den Bekehrungslinien stehenbleibenden Geister schließen mit dem jüngsten Gericht ab. Das ist auch recht auf diesem Boden. Eines aber sagt auch der Heiland. Er redet nur vom gegenwärtigen und kommenden Äon. Er redet nicht von einer Unendlichkeit des Nicht-Vergeben-Werdens, sondern nur von einer Unmöglichkeit durchs Evangelium zur Buße zu kommen.

Gericht ist nicht das Endziel

Es geht bei dem Lästern des Geistes durch ewige Gerichte, aber die ewigen Gerichte sind nicht das Endziel Gottes, sondern der schwere Weg für diese Geister. Gott will allerwege nicht den Tod des Sünders, das bleibt in alle Unendlichkeiten, sondern dass der Sünder sich bekehre und lebe. Den Weg, auf welchem dies geschehen kann, baut sich der Sünder selbst. Für die Lästerer des Geistes geht es durch ewige, durch vom Angesichte Gottes ausgehende Gerichte. - Die Gläubigen in Christo dürfen aber einem solchen Königreichswort die wunderbare Gnadenherrlichkeit anhängen und dürfen kraft dessen, was die Gemeine weiß und geoffenbart hat, auch für die Lästerer des Geistes, weiter blicken. Dabei bleibt es aber, dass es schrecklich ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.

Es möchte nun die Frage auftauchen, warum gerade die Lästerung des Heiligen Geistes so furchtbare Folgen hat, die Lästerung des Heilandes aber und alle Sünde gegen Ihn n i c h t. Ist denn der Sohn nicht größer, denn der Geist? Nach unserer biblischen Erkenntnis gewiss. Aber - den Sohn kann man lästern und sich gegen Ihn versündigen; und der Sohn wird meist gelästert, und es wird meist an Ihm gesündigt - aus Unwissenheit. Solche Menschen können, wenn sie Wissende werden, noch zur allertiefsten Buße kommen und das Heil ergreifen. Das ist beim Heiligen Geist anders. Da ist eben innere Erleuchtung und Erkenntnis da auf den verschiedensten Stufen, aber immer, wie wir gesagt haben, v o n a u ß e n her - treffend auf das natürliche, ungebrochene Ich des Menschen. Diese Erleuchteten, Erweckten und Bekehrten haben nun Klarheit; wenn sie lästern, lästern sie wider besseres Wissen und Gewissen; sie richten selbstsiches Ich, sich verhärtend und verstockend, gegen die erkannte Wahrheit auf. Da kann es dann nur durch die ewigen Gerichte gehen, wo der Herr selbst ihnen gegenübertretend, sie an ihre Orte weist.

Tränen und Buße

So haben also ganz gewiss alle, welche u n t e r T r ä n e n sich der Sünde wider den Heiligen Geist beschuldigen, dieselbe nicht getan. Der Lästerer des Geistes hat weder Tränen noch Buße. Er will die erkannte Wahrheit nicht, und weist des Geistes Erleuchte lästernd zurück. Wie sollte da der Geist zu Tränen und Buße leiten können? - Die Selbstbeschuldiger über der Lästerung wider den Heiligen Geist sind sehr oft nervenkranke, innerlich überreizte, sich selbst zerfleischende Leute. Überempfindliche Nerven führen zur Selbstquälerei. Hier muss vielfach körperlich eingegriffen werden, geistlich und innerlich ist solchen Armen einfach zu sagen; du hast diese Sünde nicht getan, und dieses Zeugnis muss mit größtmöglicher Gewissheit und Bestimmtheit geschehen.

Andere haben keine biblische Klarheit, ihnen ist die Schrift darzulegen, und in den Gehorsam der Schrift sind sie einzuleiten. Es ist ihnen sonderlich klar zu machen, dass ein Dämpfen und Betrüben des Heiligen Geistes durch Sünden, Fehler und Irrungen, oft auch durch länger fortgesetzte, keine Lästerung des Geistes ist. Ihnen ist zu bezeugen, dass Buße und neues Eingreifen der Gnade und einfältiges Folgen in der Kraft des Herrn - sie wieder zurückbringen wird. Dabei ist zu betonen, dass Weinen und Trauern über eine Sünde schon ein Werk des Heiligen Geistes ist. -

Der Hebräerbrief

Nun ist es sehr bezeichnend, und bestätigt unsere Auslegung von der Lästerung des Geistes, dass diese Sünde nirgends mehr genannt ist, als im Hebräer-Brief. Die Stelle 1Jo 1:5 gehört, wie wir noch sehen werden, nicht ohne weiteres ins Kapitel der Geisteslästerung. Der Brief an die Hebräer ist nun ganz gewiss kein Gemeinebrief, sondern ein Königreichs-Brief. Hören wir doch nur die Überschrift: „An die Hebräer“ - das sind doch Juden. Damit ist doch alles gesagt. Weil man das nicht sah und annahm, drum ist dieser Brief von Anfang an, auch von Luther und in der Mehrzahl der Theologen nicht verstanden worden. Der Brief wurde dem Apostel Paulus abgesprochen, weil er nach Form und Inhalt so gar anders sei, wie die paulinischen Briefe. Das ist ganz richtig: er ist anders, er ist genau so anders, wie die drei ersten Evangelien anders sind, als das vierte. Der Hebräerbrief gehört eben einer anderen Linie an. Er gehört nicht in die Gemeine-Linie, sondern in die Königreichs-Linie - und zwar in die Linie des i n C h r i s t o erfüllten G e s e t z e s . Er gehört in die Linie der Bekehrung, nicht in die der neuen Geburt.

Wir verstehen diesen Brief nur dann richtig, wenn wir die ganze Lage des Planes und Rates Gottes in den Tagen der Apostel richtig verstehen. Die Pfingstgemeinde in Jerusalem und alles, was dort und von dort aus geschah, gehört nicht in die Gemeine, das ist der Erstausbruch des Königreichs Gottes, das ist der Erstausbruch, welcher das jüdische Volk locken und ziehen sollte. Das ist der Erstausbruch des Königreichs, welcher dann am Weiterausbrechen gehindert wurde durch die Feindschaft der Juden. Damals mag, sonderlich von Obersten der Juden, viel Lästerung des Geistes geschehen sein. Denken wir nur an die Ratssitzung bei Stephanus. Da hielten sie sich die Ohren zu und lästerten. Und damals wurden viele zur Lästerung des Geistes bewogen. Sie hatten sich der Königreichs-Gemeine angeschlossen. Als aber dann die Königreichsgemeine in Kreuz, Jammer und Elend kam, als die Messias-Herrlichkeit nicht offenbar wurde, als die Gelehrten und Obersten das Volk lästerten, da wurden viele irre. Sie verließen die Versammlungen.

Da schreibt Paulus diesen Brief. Der Hebräerbrief ist das Testament des Paulus an seine Juden und an die Königreichs-Gemeine. Es müsste uns ja füglich wundern, wenn der Apostel, bei seiner großen Liebe zu seinem Volke, ihm nicht auch n o c h ein Wort gegeben hätte. Dass dieses Wort so verschieden ist von den Gemeine-Briefen an die Kindschaft-Gemeine, das liegt im Unterschied der Zeitalter. Kindschafts-Gemeine und erfüllte Gesetzes-Gemeine, oder auch Königreichs-Gemeine, sind zweierlei Dinge. Und nun kommt in diesem Testament an die Königreichs-Gemeie auch die Sünde wider den Heiligen Geist wieder vor. Ganz natürlich die Abfallenden, die zum Judentum Zurückfallenden, wenn sie vorher Geisteseindrücke hatten, die taten diese Sünde - so ist Hebr 6 zu fassen. Es darf und kann nicht auf die Kindschafts-Gemeine bezogen werden.

Die Leute in Hebr 6 sind zunächst E r l e u c h t e t e (Hebr 6:5). Da haben wir den Stand der von außen Angeleuchteten. Sie sind sodann solche, welche g e s c h m e c k t haben die h i m m l i s c h e Gabe. Also wieder von außen nach innen: schmecken. Sie sind Teilhaber geworden, Genossen des Heiligen Geistes - der Heilige Geist hat in sie hineingewirkt. Sie haben das g u t e Wort G o t t e s und die K r ä f t e des kommenden Äons geschmeckt. Hier tritt es ganz klar hervor, der kommende Äon, was Luther, gewiss nicht richtig, mit zukünftiger Welt übersetzt - ist eben der Königreichs-Äon, der ein kommender, ein anbrechender war in jenen jüdischen Gemeinen. - Und nun kommt das A b f a l l e n , das Zurückfallen zum Judentum. Wenn sie das tun, kommen sie in die Reihe der Kreuziger Christi, und lästern den für sie gekreuzigten Herrn. So haben wir wieder die Lästerung gegen den Geist - und diese Leute können nun nicht zur Buße gewendet werden.

Sie w o l l e n den Herrn nicht. Sie müssen durch die Gerichtsläufe. Dies alles steht auch Hebr 10:26ff. Dass diese Auslegung richtig ist, zeigt auch noch das Gleichnis des Apostels, das er anfügt. Da redet er von der Erde, die den Regen trinkt und Frucht bringt. Also wieder: der Geist, der Regen, dringt von außen ein. - Welche den Regen nicht trinkt, diese wird dürr, und wird zum Verbrennen gerichtsreif. Dabei ist es köstlich, dass wir ja hoffen, dass, wenn die Erde durch Feuer brennt - eine neue Erde herausgeläutert wird. Das lässt auf das Ziel der Gerichte über die Abgefallenen einen Blick tun. So haben wir in Hebr 6 genau, was wir in den drei ersten Evangelien haben. -

Die Kindschafts-Gemeine

Was nun die Stelle 1Jo 5:16ff. angeht, so haben wir es hier mit der Kindschafts-Gemeine zu tun. Den ersten Johannesbrief halten wir für einen Brief der Glaubensgemeine. Wir haben selbst schon diese Stelle auf die verschiedenste Weise erklärt. Nach vertieftem Nachdenken möchten wir unsere Meinung heute d a h i n geben. Der Apostel Johannes hat den ä u ß e r e n Stand der Gemeine im Auge. Jede s i c h t b a r e Gemeine ist ja gemischt. Nun hat Johannes im zweiten Kapitel unseres Briefes vom 18. Vers (1Jo 2:18ff.) an von Leuten geredet, welche von der Gemeine ausgegangen waren als antichristliche Geister, welche aber dadurch nur bewiesen haben, dass sie nicht wahre, wiedergeborene Leute waren. So trifft man nun in der Gemeine, in ihrer äußeren Darstellung, Sünde nicht zum Tode, und Sünde zum Tode. So heißt es nämlich: „Sünde nicht zum Tode“ und „Sünde zum Tode“ - es heißt nicht e i n e S ü n d e. Schon im Alten Bund 4Mo 15 und 3Mo 4 wird unterschieden zwischen v e r s e h e n t l i c h e r Sünde und b ö s w i l l i g e r Sünde. Die letztere führte zum Tode.

So gibt es nun in der Gemeine Sünde, die läuft mannigfach und vielfach auch den wahrhaftigen Gläubigen unter. Sie wollen durchaus nicht in der Sünde leben und wohnen; aber sie sündigen doch. Bei solchem Sündigen können wir einander auch durch Fürbitte helfen. Solche Sünde wird in der Reinigung des Blutes Christi Vergebung finden. Es gibt auch Sünde zum Tode. Es gibt bewusstes Sündenleben. Die solches haben, können eine Zeitlang äußerlich zur Gemeine gehören; sie werden aber dem Todeswesen verfallen, und wohl auch äußerlich sich trennen. Für solche zu beten, wenn man ihr verkehrtes Wesen sieht, hat keinen Wert, die gehen ihren Todesgang durch Gericht und Endgericht. Mag wohl sein, dass unter solchen auch die Lästerung des Geistes vorkommt. Aber sie sind eben drum nicht innerliche Gotteskinder gewesen.

Die Gemeine der Gläubigen putzt sich ständig. Viele sind schon bei ihr gewesen, haben dann Sünden-, Welt- und Todeswesen liebgewonnen, und sind wieder hinaus in die Todeswelt. Wir erleben viele solche Ausscheidungen. Sie tun weh, wenn man sie erlebt. Sie sind aber im äußeren Rahmen unausbleiblich. Was nicht innerlich aus Gott geboren ist, das sinkt, weil es im Tode blieb, auch wieder in den Tod zurück. Solches Wesen können wir nicht aufhalten, wir müssen es laufen lassen. Da hilft auch Fürbitte nicht, das geht seinen Todesgang. Es geht eben vieles nur durch Gerichte und durch ewige Gerichte.

Uns aber bewahre der Herr, wenn Er uns wahrhaftig gerettet hat, und vollende an uns Sein Werk bis auf Seinen Tag.

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12. Dreieinigkeit