Der Widder und der Ziegenbock, Dan 8: Unterschied zwischen den Versionen

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(Weissagung über Assyrien)
(Der letzte Antichrist)
 
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Noch eine dritte Bemerkung fesselt hier unsere Aufmerksamkeit. Nicht nur wird der tückische König gegen das Judenvolk schrecklich wüten, sondern sich auch gegen den Fürsten aller Fürsten auflehnen. Auch das ist ein deutlicher Hinweis auf die Endzeit. So steht von dem letzten Antichristen geschrieben:
 
Noch eine dritte Bemerkung fesselt hier unsere Aufmerksamkeit. Nicht nur wird der tückische König gegen das Judenvolk schrecklich wüten, sondern sich auch gegen den Fürsten aller Fürsten auflehnen. Auch das ist ein deutlicher Hinweis auf die Endzeit. So steht von dem letzten Antichristen geschrieben:
*'''''[[2Thes 2:3]].4: „Der da ist der Widersacher und sich überhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, also dass er sich setzt in den Tempel Gottes als ein Gott. und gibt sich aus, er sei Gott."'''''
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*'''''[[2Thes 2:3]].4: „Der da ist der Widersacher und sich überhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, also dass er sich setzt in den Tempel Gottes als ein Gott und gibt sich aus, er sei Gott."'''''
  
 
Daniel ist überwältigt von dem, das er geschaut hat. Er ist schwach und krank geworden. Noch mehr hätte er gern gewusst, aber niemand war da, der ihm noch mehr hätte sagen können. Zu dem, was Daniel offenbart wurde, ist uns noch die Prophetie des Neuen Testamentes gegeben, so dass wir hier schon manches im Lichte der ganzen Schrift erkennen dürfen. Dafür wollen wir dankbar sein. Gott der Herr lässt uns hier ein wenig hineinschauen in seinen Weltenplan.<br/><br/>
 
Daniel ist überwältigt von dem, das er geschaut hat. Er ist schwach und krank geworden. Noch mehr hätte er gern gewusst, aber niemand war da, der ihm noch mehr hätte sagen können. Zu dem, was Daniel offenbart wurde, ist uns noch die Prophetie des Neuen Testamentes gegeben, so dass wir hier schon manches im Lichte der ganzen Schrift erkennen dürfen. Dafür wollen wir dankbar sein. Gott der Herr lässt uns hier ein wenig hineinschauen in seinen Weltenplan.<br/><br/>

Aktuelle Version vom 29. Februar 2024, 16:40 Uhr

Aus dem Zweimonatsheft für gläubige Schriftforscher:
"Das prophetische Wort"
Begründet von Professor E. F. Ströter

Herausgegeben von Heinrich Schaedel
Maranatha-Verlag, Klosterlausnitz i. Thür.
XIX. Jahrgang 1925

siehe weitere Abschriften

Die Visionen im Buche Daniel:

Von Heinrich Schaedel

1. Das Monarchienbild, Dan 2
2. Die vier großen Tiere, Dan 7
3. Der Widder und der Ziegenbock, Dan 8
4. Die siebzig Jahrwochen, Dan 9
5. Der große Krieg, Dan 10-12


3. Der Widder und der Ziegenbock, Dan 8

Der Inhalt der beiden ersten Visionen war der Grundriss der Entwicklung und des Charakters der Weltmächte Jetzt wird aber dem Daniel gezeigt, was für ein Verhältnis diese Weltmächte dem Volke Israel gegenüber einnehmen werden. Das ist wohl der Hauptgrund, weshalb von jetzt an das Buch Daniel wieder in der Sprache des Volkes Israels, dem Hebräischen redet, wie im ersten Kapitel, während Dan 2-7 in der chaldäischen oder aramäischen Sprache, die damals Weltsprache des Orients war, geschrieben sind, weil es sich eben hier um die Weltreiche im allgemeinen handelt. Zwei Jahre sind seit der letzten Vision, die Daniel gegeben worden war, dahingegangen. Allerlei Ereignisse haben sich in der Welt zugetragen, und nun soll Daniel vom Herrn Aufschluss bekommen, wie es weiter gehen werde. Das babylonische Reich ist an seinem Ende angekommen, ein neues Weltreich wird aufstehen, und damit sollen sich auch bestimmte Weissagungen über das Volk Israel erfüllen.

  • Dan 8:1-8 „Im dritten Jahr des Königreichs des Königs Belsazar erschien mir Daniel ein Gesicht nach dem, so mir zuerst erschienen war. Ich war aber in solchem Gesicht zu Schloss Susan im Land Elam, am Wasser Ulai. Und ich hob meine Augen auf und sah, und siehe, ein Widder stand vor dem Wasser, der hatte zwei hohe Hörner, doch eins höher denn das andere, und das höchste wuchs am letzten. Ich sah, dass der Widder mit den Hörnern stieß gegen Abend, gegen Mitternacht und gegen Mittag; und kein Tier konnte vor ihm bestehen, noch von seiner Hand errettet werden, sondern er tat, was er wollte, und ward groß. Und indem ich darauf merkte, siehe, so kommt ein Ziegenbock vom Abend her über die ganze Erde, dass er die Erde nicht berührte; und der Bock hatte ein ansehnliches Horn zwischen seinen Augen. Und er kam bis zu dem Widder, der zwei Hörner hatte, den ich stehen sah vor dem Wasser, und lief in seinem Zorn gewaltig auf ihn zu. Und ich sah ihm zu, dass er hart an den Widder kam, und er ergrimmte über ihn und stieß den Widder und zerbrach ihm seine zwei Hörner. Und der Widder hatte keine Kraft, dass er vor ihm hätte können bestehen, sondern er warf ihn zu Boden und zertrat ihn, und niemand konnte den Widder von seiner Hand erretten. Und der Ziegenbock ward sehr groß. Und da er am stärksten geworden war, zerbrach das große Horn und wuchsen an seiner Statt ansehnliche vier gegen die vier Winde des Himmels“

Der Widder

Daniel fühlt sich im Geiste in das Schloss Susan im Land Elam am Fluss Ulai versetzt. Es scheint das Lieblingsschloss der persischen Könige gewesen zu sein, und diente ihnen als Sommerresidenz. Man nimmt an, dass das dritte Jahr des Königs Belsazar das Jahr 559 vor Chr. gewesen ist, und das wäre dann das Jahr, in dem Cyrus, der spätere Begründer des zweiten Weltreiches, den persischen Thron bestieg. Von dieser persischen Hofburg aus soll nun Daniel besondere Dinge sehen im Gesicht. Zuerst sieht er einen Widder mit zwei ungleichen Hörnern, das eine Horn ist höher als wie das andere, obwohl es später wuchs, also jünger war. Nach Dan 8:20 stellt der Widder die Könige von Medien und Persien dar. Damit haben wir dann auch gleich die Bedeutung der beiden ungleichen Hörner. Medien war das älteste Reich, Persien das jüngere, dagegen aber viel bedeutender und kraftvoller. Der Widder stößt nach Westen, nach Norden und nach Süden. Nichts konnte ihm widerstehen. Das ist eine vortreffliche Charakterisierung der Eroberungen des zweiten, sogenannten medisch-persischen Weltreiches, das an Stelle des babylonischen trat, und alle Länder eroberete, so dass sein Gebiet noch größer wurde als das des Nebukadnezar. Die großen und gewaltigen Eroberungskriege, die das medisch-persische Reich geführt hat, bilden ja ein interessantes und bedeutendes Kapitel der Weltgeschichte.

Der Ziegenbock

Plötzlich nun sieht der Prophet von Westen her einen Ziegenbock angestürmt kommen. So rasch ist sein Lauf, dass seine Füße kaum die Erde berühren. Nach Dan 8:21 ist der Ziegenbock eine Darstellung des Königs von Griechenland. Wir haben früher schon gesehen, wie der erste König des dritten Weltreichs, Alexander der Große, in ungeheurerer Schnelligkeit die ganze damals bekannte Welt eroberte, und das große Horn zwischen den Augen des Ziegenbockes weist ja hin auf diesen König. Wütend stürzt sich der Ziegenbock auf den Widder, zerbrach seine beiden Hörner, warf ihn zu Boden und zertrat ihn. Der Widder war kraftlos geworden und konnte dem Ziegenbock nicht widerstehen. Aber als der Ziegenbock eben vollkommen gesiegt hat, da zerbricht sein stolzes Horn, und an seiner Statt wachsen vier ansehnliche Hörner hervor. Die vier Hörner bedeuten hier offenbar dasselbe, wie die vier Köpfe auf dem dritten Tier in Dan 7. Die Weltgeschichte erzählt uns ja, wie nach Alexanders Tod seine vier Feldherren sich in sein Reich teilten.

Widder und Ziegenbock sind eigentlich Haustiere, die also zahm sind und nicht wilde und reißende Tiere, wie Daniel sie in Dan 7 gesehen hatte. Damit ist doch wohl schon die Tatsache angedeutet, dass das Verhältnis des zweiten und dritten Weltreiches Israel gegenüber ein erträgliches sein werde, wie es uns ja in der Schrift auch geschildert wird. Die Könige des medisch-persischen Reiches haben den Juden gegenüber eine durchaus freundliche Stellung eingenommen, was ja schon aus dem Buche Daniel und den Büchern Esra, Nehemias und Ester hervorgeht. Die Königin Ester ist sogar Königin geworden in hoher Stellung am medisch-persischen Hof befunden. Die Gefahr für Israel kam erst von dem kleinen Horn, das aus einem der sogenannten Diadochenreiche herauswuchs. Das wird Daniel im Gesicht gezeigt.

Das kleine Horn

  • Dan 8:9-14 „Und aus einem wuchs ein kleines Horn; das war sehr groß gegen Mittag, gegen Morgen und gegen das werte Land. Und es wuchs bis an des Himmels Heer und zertrat sie. Ja, es wuchs bis an den Fürsten des Heeres, und nahm von ihm weg das tägliche Opfer und verwüstete die Wohnung seines Heiligtums. Es ward ihm aber solche Macht gegeben wider das tägliche Opfer um der Sünde willen, dass es die Wahrheit zu Boden schlüge, und was es tat, ihm gelingen musste. Ich hörte aber einen Heiligen reden, und ein Heiliger sprach zu dem, der da redete: Wie lange soll noch währen solch Gericht vom täglichen Opfer und von der Sünde, um welcher willen diese Verwüstung geschieht, dass beide, das Heiligtum und das Heer, zertreten werden? Und er antwortete mir: Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen um sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden."

In Dan 7 war die Rede davon, dass aus dem vierten oder römischen Weltreich, nachdem es seine Ausgestaltung in 10 Teilreiche erfahren haben wird, ein kleines Horn hervorgehen werde. Wir haben in diesem den neutestamentlichen Antichristen erkannt. Eine ähnliche Persönlichkeit wird uns hier in Dan 8 gezeigt, die aber aus dem dritten Weltreich hervorgeht. Aus den Büchern der Makkabäer erfahren wir näheres über diese unheimliche Persönlichkeit. Es ist der syrische König Antiochus Epiphanes, der achte in der Reihe der seleukidischen Könige. Er wurde 221 v. Chr. geboren, bemächtigte sich im Jahr 175 v. Chr. des Königsthrones, und führte ein schreckliches Gewaltregiment elf Jahre lang. Es wird von ihm berichtet, dass er bei einem Überfall in Jerusalem 80 000 Juden habe hinschlachten lassen. Unsere Vision hier schildert uns diesen alttestamentlichen Antichristen in kurzen, aber vielsagenden Worten. Seine Kriegsmacht werde er besonders gegen den Süden, gegen den Osten und gegen das heilige Land wenden.

  • Dan 8:10: „Es wuchs bis an des Himmels Heer und war etliche davon und von den Sternen zur Erde und zertrat sie“.'

Wenn man unter „des Himmels Heer“ nicht an ganz Israel denken will, so wird man doch annehmen dürfen, dass es sich hier um die Priester und Lehrer handelt, von denen Antiochus Epiphanes ja viele töten ließ. Sogar bis an den „Fürsten des Heeres“, also gegen Jehova selbst, wendet sich der Hass dieses Königs. Die Opfer nahm er fort und verwüstete die heilige Stätte, den Tempel. 1Makk 1 wird uns darüber mehr gesagt. Er richtete in Jerusalem heidnischen Götzendienst ein und ließ auf dem Brandopferaltar Schweinefleisch opfern. Nach 1Makk 6 hat dieser König auf seinem Sterbebett schwere Gewissensqualen durchzumachen gehabt und nach 2Makk 9 ist er eines entsetzlichen Todes gestorben, ja bei lebendigem Leibe verfault, bis der Tod seinen Qualen ein Ende machte.

Bezeichnend ist es hier, dass Daniel schreibt, diesem kleinen Horn sei solche Macht gegeben worden um der Sünde willen. Darum konnte es dieser König die Wahrheit zu Boden schlagen, und was er tat, das musste ihm gelingen. Hier wird uns ein Einblick in die göttliche Weltregierung gewährt, für den wir dankbar sein sollten, und das gibt uns auch eine Erklärung für so manche Gerichte in der Weltgeschichte, die man nicht recht verstehen kann. So oft stellen wir da die Frage: warum kann der gerechte Gott so eine Ungerechtigkeit zulassen? Um der Sünde willen dürfen die antigöttlichen Mächte solche entsetzlichen Taten ausrichten. Verstehen können wir das ja nicht, aber es sollen diese Gerichte die gottesfürchtigen Menschen in die Buße vor dem Allmächtigen treiben. Doch wird uns gewiss einmal in der Vollendung auch hierüber Aufschluss gegeben werden.

Ziel des kleinen Hornes

Doch dem Treiben dieses kleinen Hornes ist ein Ziel gesetzt. Auf die Frage, wie lange dieser schreckliche Zustand dauern soll, wird die Antwort gegeben:

  • Dan 8:14: „Bis 2300 Abende und Morgen um sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden."

Morgens und abends wurden die vorgeschriebenen Opfer im Tempel argebracht, wie wir 2Mo 29:38.39 die gesetzliche Anweisung finden:

  • 2Mo 29:38.39: „Und das sollst du mit dem Altar tun; zwei jährige Lämmer sollst du allewege des Tages darauf opfern, ein Lamm des Morgens, das andere gegen Abend."

Diese Opferzeiten waren von wichtiger Bedeutung für jeden Israeliten, und wir können uns lebhaft vorstellen, wie man da empfunden hat, als diese Opfer verboten wurden. Wir haben also in dem Ausdruck Abende und Morgen an die beiden Opferzeiten zu denken, und wir hätten dann in diesen 2300 Abenden und Morgen 1150 Tage zu sehen. Das ist die Zeit, die dem alttestamentlichen Antichristen bestimmt wurde in Gottes Vorsehung, und es ist doch ein Trost zu wissen, dass auch die Gerichte eine von Gott bestimmte Grenze haben. Sie werden keinen Tag länger dauern, als wie es der Herr in seinem Plan festgesetzt hat. Wir lesen in 1Makk 1:57: „Im 145. Jahr (der jüdischen Zeitrechnung) am 15. Tag des Monats Chislev, ließ der König Antiochus den Gräuel der Verwüstung auf Gottes Altar setzen und ließ in allen Städten Judas Altäre aufrichten. Sodann heißt es in 1Makk 4:52.53: „Und am 25. Tag des 9. Monats, der da heißt Chislev, im 148. Jahr standen sie früh auf und opferten wiederum nach dem Gesetz auf dem Altar des Brandopfers.“ Nach der damaligen Zeitrechnung würde das ergeben 1090 Tage. Es würden hiernach noch 60 Tage an den 1150 fehlen. Wenn man aber die 1Makk 1:57 vorausgehenden Verse liest, dann ist die Auffassung durchaus berechtigt anzunehmen, dass dem Gräuel der Verwüstung in Vers 57 ohne Zweifel das Verbot des Opfers vorangingen, und hier werden diese 60 Tage liegen. Wie sich beim alttestamentlichen Antichristen die göttliche Zeitangabe genau erfüllte, so wird es auch sein beim neutestamentlichen Antichristen, dessen Zeit seines Wütens gegen Israel auf 1260 Tage bestimmt ist im göttlichen Plan. Im nächsten Kapitel kommen wir nochmals auf diese Zeitrechnung zu sprechen.

Gesicht auf die Zeit des Endes

Das Gesicht war Daniel noch nicht klar; die volle Bedeutung konnte er noch nicht begreifen. Wir lesen dann weiter:

  • Dan 8:15-19: „Und da ich Daniel solches Gesicht sah und hätte es gern verstanden, siehe, das stand’s vor mir wie ein Mann. Und ich hörte mitten vom Ulai her einen mit Menschenstimme rufen und sprechen: Gabriel, lege diesem das Gesicht aus, dass er’s verstehe. Und er trat nahe zu mir. Ich erschrak aber da er kam, und fiel auf mein Angesicht. Er aber sprach zu mir: Merke auf, du Menschenkind; denn dies Gesicht gehört in die Zeit des Endes. Und da er mit mir redete, sank ich in eine Ohnmacht zur Erde auf mein Angesicht. Er aber rührte mich an und richtete mich auf, dass ich stand. Und er sprach: „Siehe, ich will dir zeigen, wie es gehen wird zur Zeit des letzten Zorns; denn das Ende hat eine bestimmte Zeit."

Diese Erscheinung war für den Propheten überwältigend. Er fällt vor Erschöpfung zur Erde, aber der Engel richtet ihn auf. Daniel soll seine Sinne jetzt zusammennehmen und aufmerken, denn eine sehr wichtige Mitteilung wird ihm gemacht werden. Jedenfalls ist das eine direkte Gebetserhörung Gottes auf das Seufzen Daniels nach klarerem Verständnis dessen, was er hier geschaut hat. Da sind es drei Aussagen des Engels, die von großer Tragweite sind.

  • a) Dies Gesicht gehört in die Zeit des Endes;
  • b) Siehe, ich will dir zeigen, wie es gehen wird zur Zeit des letzten Zorns;
  • c) Das Ende hat seine bestimmte Zeit.

Daraus geht deutlich hervor, dass das, was hier dem Daniel offenbart wird, sich nicht erschöpft, und völlig erfüllt sein wird, mit dem Auftreten des alttestamentichen Antichristus, sondern hinweist auf die Endzeit. Das ist ja das Eigenartige der Prophetie, dass sie sich nicht immer in nur einer Erfüllung erschöpft. Wir sehen das deutlich in den Verheißungen, die Gott David gegeben hat. Ohne Zweifel haben diese Verheißungen eine Vorerfüllung in Salomo gefunden, aber schon der einfache Wortlaut deutet darauf hin, dass es hier auf Größeres zielt. Die volle Erfüllung finden darum diese Verheißungen in dem großen Davidssohn, der mehr ist als Salomo, nämlich in dem Herrn Jesus, dem Messias Gottes.

Dasselbe sehen wir beim Propheten Joel. Er weissagt von der Ausgießung des Heiligen Geistes auf alles Fleisch. Am Pfingstfest in Jerusalem hat diese göttliche Verheißung eine Vorerfüllung gefunden, wie ja Petrus darauf hinweist (Apg 2:16). Aber die völlige Erfüllung wird das Wort erst in der Zukunft finden bei der Bekehrung ganz Israels. Dann wird Gottes Geist über alles Fleisch ausgegossen werden, während an Pfingsten das nur bei den Erstlingen der Fall war. Dasselbe haben wir nun auch hier beim Propheten Daniel. Vor allem scheint das, was wir in der Schilderung des vorliegenden 8. Kapitels haben, eine Ergänzung dessen zu sein, was und im 7. Kapitel gesagt wurde. Dort wurde uns der Kampf zwischen Israel und den weltlichen Nationen unter Leitung des Antichristen gezeigt, und zwar unter dem politischen oder staatlichen Gesichtspunkt. Im 8. Kapitel haben wir den religiösen Gesichtspunkt. Es handelt sich hier um den Tempel und um das Opfer. In Kapitel 7 wird uns die Beseitigung einer falschen, und die Aufrichtung einer rechten Regierung gezeigt, aber in Kapitel 8 sehen wir deutlich die Beseitigung einer falschen Religion und der Einführung der wahren Gottesverehrung. Das steht alles in Beziehung zu der Endzeit, denn erst dann werden alle diese Gedanken Gottes restlos durchgeführt werden.

Weissagung über Assyrien

Wir dürfen hier noch auf etwas aufmerksam machen. Das kleine Horn in unserem vorliegenden Kapitel wird uns gezeigt als König des Nordens; denn er ward sehr groß gegen Süden, gegen Osten und gegen das werte Land, nämlich Palästina. Von diesem König reden ja auch andere Propheten. So lesen wir

  • Jes 10:12: „Wenn aber der Herr all sein Werk ausgerichtet hat auf dem Berge Zion und zu Jerusalem, will ich heimsuchen die Frucht des Hochmuts des Königs von Assyrien und die Pracht seiner hoffärtigen Augen."

Dieser Ausspruch ist sicher nicht ganz erfüllt worden in Antiochus Epiphanes, dem alttestamentlichen Antichristen, sondern weist hin auf die Vollendung des Werkes Gottes. Desgleichen lesen wir in

  • Jes 14:24.25: „Der Herr Zebaoth hat geschworen und gesagt: Was gilt’s? Es soll gehen, wie ich denke, und soll bleiben, wie ich es im Sinn habe, dass Assur zerschlagen werde in meinem Lande und ich ihn zertrete auf meinen Bergen, auf dass sein Joch von ihnen genommen werde und seine Bürde von ihrem Halse komme."

Noch an anderen Orten redet Jesajas von diesem unheimlichen Herrscher:

  • Jes 30:31: „Denn Assur wird erschrecken vor der Stimme des Herrn, der ihn mit der Rute schlägt.“
  • Jes 31:8: „und Assur soll fallen, nicht durch Mannes-Schwert, und soll verzehrt werden, nicht durch Menschenschwert.“

Doch reden auch andere Propheten von derselben Persönlichkeit. So z. B.

  • Mi 5:4.5: „Und er wird unser Friede sein. Wenn Assur in unser Land fällt und in unsere Häuser bricht, so werden wir sieben Hirten und acht Fürsten wider ihn bestellen, die das Land Assur verderben mit dem Schwert, und das Land Nimrods mit ihren bloßen Waffen. Also wird er uns von Assur erretten, wenn er in unser Land fallen und in unsere Grenzen brechen wird.“

Die Zeit der Nationen beginnt mit dem Aufkommen Babylons als der ersten Weltmacht und endigt mit der Vernichtung dieser Weltmacht Babylon, wie es in Offb 7 beschrieben wird. So wird in der prophetischen Sprache der große Unterdrücker Israels, der Antichrist, der in verschiedenen Typen gezeigt wird, öfters als „König von Babel“ oder auch als „König von Assyrien“ bezeichnet. Es ist immer derselbe Gedanke an die antigöttliche Macht, die sich auf mancherlei Weise offenbart. Besonders war das der Fall bei dem alttestamentlichen Antichristen Antiochus Epiphanes, aber die letzte Ausgestaltung wird sie finden in dem neutestamentlichen Antichristen.

Der letzte Antichrist

Daniel empfängt von dem Engel Gabriel noch eine besondere Erklärung über das geschaute Gesicht.

  • Dan 8:20-27: „Der Widder mit den zwei Hörnern, den du gesehen hast, sind die Könige in Medien und Persien. Der Ziegenbock aber ist der König von Griechenland. Das große Horn zwischen seinen Augen ist der erste König. Dass aber vier an seiner Statt standen, da es gebrochen war, bedeutet, dass vier Königreiche aus dem Volk entstehen werden, aber nicht so mächtig wie er war. In der letzten Zeit ihres Königreichs, wenn die Übertreter überhand nehmen, wird aufkommen ein frecher und tückischer König. Der wird mächtig sein, doch nicht durch seine Kraft; er wird gräulich verwüsten, und es wird ihm gelingen, dass er’s ausrichte. Er wird die Starken samt dem heiligen Volk zerstören. Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten; und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben, und wird sich auflehnen wider den Fürsten aller Fürsten; aber er wird ohne Hand zerbrochen werden. Dies Gericht vom Abend und Morgen, das dir gesagt ist, das ist wahr; aber du sollst das Gesicht heimlich halten, denn es ist noch eine lange Zeit dahin. Und ich Daniel ward schwach und lag etliche Tage krank. Danach stand ich auf und richtete aus des Königs Geschäft und verwunderte mich des Gesichts; und niemand war, der mir’s auslegte."

Drei Bemerkungen in diesem Abschnitt wollen wir noch beachten. Da heißt es zuerst, dass in der letzten Zeit ihres Königreiches dieser freche und tückische König aufkommen werde. Die vier Teilreiche, die aus dem großen griechischen Weltreich entstanden waren, gehen ihrem Ende und Untergang entgegen, das wird hier klar vorausgesagt. Das deutet aber die Parallele für die Endzeit wieder an. Der letzte Antichrist wird auch erst dann seine Macht gegen Israel voll entfalten, sobald die Reiche dieser Welt abgewirtschaftet haben werden und am Zusammenbruch und Untergang angekommen sind. Dass unsere Zeit diesem Zustand rasch entgegeneilt, dürfte kaum angezweifelt werden. Es werden heute bereits von Gelehrten dicke Bücher geschrieben über den „Untergang des Abendlandes“. So ganz unrecht haben diese Herren nicht, wenn wir die Weltlage im Lichte des prophetischen Wortes betrachten.

Eine zweite Bemerkung hier ist ein noch deutlicherer Hinweis auf die Endzeit. Der freche und tückische König wird auftreten wenn die Übertreter überhand genommen haben, oder wie man es auch ausdrücken kann, wenn die Übertreter das Maß voll gemacht haben. Das weist offenbar auf einen großen Abfall hin in Israel. Nun lesen wir von der Zeit des Antiochus Epiphanes in 1Makk 1:12-16: „Zu dieser Zeit waren in Israel böse Leute; die hielten an bei dem Volk und sprachen: Lasst uns einen Bund machen mit den Heiden umher, und ihre Gottesdienste annehmen; denn wir haben viel leiden müssen seit der Zeit, da wir uns von den Heiden abgesondert haben. Diese Meinung gefiel ihnen wohl. Und wurden etliche vom Volk zum König gesandt, der erlaubte ihnen, heidnische Weise anzufangen. Da richteten sie zu Jerusalem ein heidnisches Spielhaus her und hielten die Beschneidung nicht mehr, und fielen ab vom heiligen Bund, und hielten sich als Heiden und wurden ganz verstockt, alle Schande und Laster zu treiben.“

Dasselbe Merkmal ist auch vor dem Auftreten des Antichristen in der Schrift angegeben. Es steht geschrieben:

  • 2Thes 2:3: „Lasset euch von niemand verführen in keinerlei Weise; denn er kommt nicht, es sei denn, dass zuvor der Abfall komme."

Wenn man auch hier wieder auf Grund von 1Tim 4:1 an einen Abfall der gläubigen Christen in der Endzeit denken darf, so ist doch auch in Israel ein großer Abfall von Jehova zu erwarten, wie es ja auch die Offenbarung in Aussicht stellt.

Noch eine dritte Bemerkung fesselt hier unsere Aufmerksamkeit. Nicht nur wird der tückische König gegen das Judenvolk schrecklich wüten, sondern sich auch gegen den Fürsten aller Fürsten auflehnen. Auch das ist ein deutlicher Hinweis auf die Endzeit. So steht von dem letzten Antichristen geschrieben:

  • 2Thes 2:3.4: „Der da ist der Widersacher und sich überhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, also dass er sich setzt in den Tempel Gottes als ein Gott und gibt sich aus, er sei Gott."

Daniel ist überwältigt von dem, das er geschaut hat. Er ist schwach und krank geworden. Noch mehr hätte er gern gewusst, aber niemand war da, der ihm noch mehr hätte sagen können. Zu dem, was Daniel offenbart wurde, ist uns noch die Prophetie des Neuen Testamentes gegeben, so dass wir hier schon manches im Lichte der ganzen Schrift erkennen dürfen. Dafür wollen wir dankbar sein. Gott der Herr lässt uns hier ein wenig hineinschauen in seinen Weltenplan.

Lies weiter:
4. Die siebzig Jahrwochen, Dan 9