Einheit in der Praxis

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Von Daniel Muhl

Bibeltext

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ELB Phim 1:17 Wenn du mich nun für [deinen] Gefährten hältst, so nimm ihn auf wie mich!

ELB Phim 1:18 Wenn er dir aber irgend ein Unrecht getan hat oder dir etwas schuldig ist, so rechne dies mir an!
ELB Phim 1:19 Ich, Paulus, habe es mit [meiner] Hand geschrieben, ich will bezahlen; ich brauche dir nicht zu sagen, dass du auch dich selbst mir schuldig bist.

Die totale Identifikation

Wir Christen reden immer von Einheit in der Gemeinde, von einem Leib und von Verbundenheit. Aber in der Praxis sind wir oft zerstritten und gespalten. Das war schon bei der Urgemeinde so! Bei den Korinthern gab es Parteiungen, Streitigkeiten und "Grabenkämpfe". In eine solche Situation stellte Paulus die berechtigte Frage:

  • 1Kor 1:12-13 - Ich meine aber dies, dass jeder von euch sagt: Ich bin des Paulus, ich aber des Apollos, ich aber des Kephas, ich aber Christi. 13 Ist der Christus zerteilt? Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt, oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft worden?

Im zwölften Kapitel präzisiert Paulus die Einheit noch, wenn er schreibt:

  • 1Kor 12:24b-27 - Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dabei dem Mangelhafteren größere Ehre gegeben, 25 damit keine Spaltung im Leib sei, sondern die Glieder dieselbe Sorge füreinander hätten. 26 Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; oder wenn ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit. 27 Ihr aber seid Christi Leib und, einzeln genommen, Glieder.

Das, was Paulus im 1. Korintherbrief lehrmäßig darlegen durfte, setzte er im Philemonbrief praktisch um! Er identifizierte sich total mit seinem Bruder Onesimus. Das Schicksal des Onesimus war auch an sein Schicksal gebunden. Hätte Philemon seinen Sklaven Onesimus bei seiner Ankunft geschlagen - was bestimmt nicht der Fall war - wäre das, wie wenn Philemon den Apostel Paulus geschlagen hätte! Paulus hat sich ganz praktisch mit seinem Kind Onesimus eins gemacht!
Mit dem Satz "so nimm ihn auf wie mich" hat der Apostel dem Sklaven seine Identität geschenkt. Mit dieser Identität hatte er bei Philemon plötzlich höchstes Ansehen! So ist unser Gott! Er schenkt uns Seine Identität! Wer uns aufnimmt, nimmt den Herrn auf, wer uns wohl tut, der tut dem Herrn wohl, wer uns schlägt, schlägt den Herrn! Wer den "Felsen" zum zweiten Mal schlägt, kommt nicht lebend ins verheißene Land (ins Paradies)! Dass sich unser Herr ganz mit den Seinen identifiziert, ist in der Bibel mehrfach bezeugt, denken wir nur an das große Weltengericht aus Mt 25:31ff.

Die Schuldübernahme

Der arme und gefangene Paulus ist sogar bereit, für den Schaden aufzukommen, den Onesimus allenfalls angerichtet hat. Paulus wurde, wie unser Herr, zu einem "Schulden- und Lastenträger". Der „Worst Case“ wäre für Paulus in dieser Situation Folgendes gewesen:

  1. Er verliert den Onesimus zu Lebzeiten für immer (wobei das für ihn durchaus in Ordnung gewesen wäre).
  2. Philemon besteht darauf, dass Paulus den ganzen Verlust, den Onesimus verursacht hat, bezahlen muss (unter Umständen hätte das Paulus in eine schwierige Situation gebracht).
  3. Philemon bestraft seinen Sklaven nach römischem Recht. (Das wäre für Paulus das Allerschlimmste gewesen. Er hätte wie ein Vater gelitten, der zuschauen muss, wie sein Sohn ausgepeitscht und anschließend in den Kerker geworfen wird oder noch Schlimmeres)

Doch ein solches Szenario war geradezu undenkbar! Philemon war ein gereifter und liebender Bruder! So ist anzunehmen, dass Philemon keine Forderungen an Paulus stellte, da er auch selbst dem Paulus schuldig war. Es ist anzunehmen, dass Philemon seinen ehemaligen Sklaven wie Paulus aufgenommen hat; als einen geliebten Bruder im Herrn. Dieser Brief war so liebevoll und weise abgefasst worden, dass Philemon gar nicht anders konnte - und ich glaube auch nicht anders wollte - als auf die Bitten des Apostels einzugehen.
Dieser Brief zeigt uns, wie geschwisterliche Liebe und Einheit in der Praxis aussehen! Er gibt uns einen ganz praktischen Unterricht und deshalb ist dieser kürzeste Brief des Apostels Paulus so überaus wertvoll!

Einer (hat) bezahlt und er hat es schriftlich bestätigt

Paulus war also bereit zu bezahlen und diese Bereitschaft hat er schriftlich bestätigt! Zusagen sind vor allem dann bindend, wenn sie schriftlich gemacht werden. Schriftliche Verträge sind viel besser als mündliche. Ein schriftlicher Vertrag ist für jeden Richter bindend, sofern er dem übrigen Gesetz nicht widerspricht. Wäre es zu einem Streitfall zwischen Philemon und Paulus gekommen, hätte jeder Richter ganz klar entschieden, dass Paulus die ganze Schuld, die Onesimus dem Philemon schuldete, bezahlen muss, weil Paulus dies schriftlich zugesagt hatte.
Auch wir haben eine schriftliche Zusage bekommen! Aber nicht von irgendjemandem, sondern vom allmächtigen Gott höchstpersönlich! Er hat mehrfach schriftlich zugesagt, dass Er alle Schuld bezahlt hat! Das wird aus verschiedenen Stellen deutlich. Zuerst heißt es, dass Jesus als das Lamm Gottes, die Sünde des gesamten Kosmos hinweggetragen hat (Joh 1:29), dann erklärt Paulus, dass Gott der Welt, die Übertretungen nicht zurechnet (2Kor 5:19). Gott hat sogar für die Bösen die Schuld bezahlt! Allerdings machen die Bösen und Unbarmherzigen den Schuldenerlass durch ihr eigenes unbarmherziges Verhalten rückgängig (Mt 18:23-35). Niemand kann es sich leisten, gegenüber seinem Mitsklaven unbarmherzig zu sein.


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