Die Geschichte Israels - Einführung

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von Roman Nies

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Nach langer Beschäftigung mit der Geschichte Israels und dem Studium der Heilsgeschichte Gottes mit seinem Volk Israel entstand der Gedanke an eine Gesamtdarstellung wie es sie bisher noch nicht gegeben hat. Viele Gelehrte haben vieles über einzelne Zeitabschnitte und bestimmte Themen zusammengetragen, jedoch fehlte auffälligerweise noch ein in sich geschlossenes Werk, in dem die Daten der Weltgeschichte mit den wesentlichen heilsgeschichtlichen Ereignissen unter Voranstellung der Bibel als zuverlässige Erkenntnisquelle in einen sinnvollen Kontext gebracht worden waren. Und so kam es zunächst zu einer Vortragsreihe mit reichlichem Bildmaterial, wovon hier in diesem Buch nur ein kleiner Teil den Text ergänzen soll. Dass daneben auch die Kirchengeschichte insoweit mit abgehandelt wird als sie Israel direkt oder indirekt betrifft, ist schon deshalb klar, weil die Geschichte Israels und der Christenheit ein wesentlicher Strang in der Menschheitsgeschichte ist. Das Christentum und auch der Islam wären ohne Gottes Handeln mit Israel nicht entstanden.

In Israel liegen mehr oder weniger die Wurzeln der beiden größten Weltreligionen. Bisher wurde Israel in seinen heilsgeschichtlichen Dimensionen im Verhältnis zur Christenheit meist von Gelehrten beschrieben, die dem christlichen Kulturkreis angebunden waren und in den seltensten Fällen die traditionelle Überlieferung weitgehend ausklammern konnten. Im hier vorgelegten Werk wurde der Versuch unternommen, von einer objektiveren Warte auszugehen, die zwangsläufig der Wahrheit verpflichtet ist und deshalb kritisch ausfallen muss. Wer immer über die Heilsgeschichte Israels Gedanken fasst, muss sich der biblischen Sichtweise möglichst weit annähern lassen.

Wer über Israel im Bilde sein will, kann ohne biblische Theologie nicht auskommen. Gefragt ist nicht die Theologie der Theologen, sondern die Theologie Gottes. Theologie Gottes ist das Sprechen und das Verkünden Gottes. Die Lehre der Bibel ist hierin klar: Wer sich auf Israels Wegen nicht auskennt, kann weder das Handeln des Gottes Israels, noch Seines Sohnes Jesus Christus richtig verstehen. Dann ist man aber auch nicht fähig, die Antwort darauf zu finden, was Gott bezweckt und worauf Er abzielt. Die Frage nach dem Heil muss dann auch offenbleiben. Es müsste daher ein elementares Bedürfnis nicht nur jedes Juden oder Christen, sondern jedes Menschen gleich welcher Nation sein, sich zu einer vertieften Erkenntnis über Gottes Wege mit Israel bringen zu lassen. Die Geschichte Israels ist eingebunden in den ersten Akt der Geschichte Gottes mit den Menschen. Gott offenbart sich zuerst Israel, bevor Er sich den anderen Völkern zuwendet. Die Weltuhr hat erst angefangen zu laufen.

Es liegt nahe, Gottes Geschichte mit Israels mit Abraham beginnen zu lassen. Abraham wird ja auch von den orthodoxen Juden als ihr Ur-Stammvater angesehen. Die gleichen Juden würden aber auch keine Einwände erheben, mit Adam zu beginnen. Für manche soll Adam genau an dem Ort begraben liegen, wo Abraham seinen Sohn Isaak opfern wollte: Auf dem Berg Morija, genau an der Stelle, wo heute der Felsendom in Jerusalem steht. So besagt es die Tradition. → 1*

Wichtiger als ungenaue Traditionen und beliebige Wünsche sind aber die heilsgeschichtlichen Zusammenhänge, welche über Ursachen und Folgen tatsächlich die Wege der Menschen nachhaltig mitbestimmen. Die Bibel lässt keinen Zweifel, Gott ist der Herr der Geschichte, weil Er der Herr über die Schöpfung ist. Das ist nicht nur eine Metapher. Es ist eine Ur-Wahrheit und eine Ur-Sache, auf der alle Menschheitsgeschichte folgt, ohne je über diese hinausgehen zu können. Gott ist nicht Teil der Schöpfung, obwohl Er sie durchdringt. Er hat alle Fäden in der Hand. Nichts entgleitet Ihm.

Dass Gott über und außerhalb der Schöpfung steht, obwohl Er auf sie einwirkt und in sie hineinregiert, scheint auch der unbekannte Künstler verstanden zu haben, der vor 700 Jahren die Glasfenster in der Dominikanerkirche von Bad Wimpfen geschaffen hat. Gott spricht aus dem Dornbusch zu Mose.

Moses sieht Gott im brennenden Dornbusch, Glasfenster in der Dominikanerkirche Bad Wimpfen, um 1300.
Für manche hat die Geschichte Israels am Berg Sinai mit der Aushändigung der Zehn Gebote angefangen und damit mit der Torahgesetzgebung. Diese reichten aus, um die Weltgeschichte grundlegend zu verändern. Das war die Ursache unter anderem dafür, dass sich seit der Staatsgründung Israels die meisten UN-Resolutionen mit dem Staat Israel beschäftigen. Gott wird auf dem Glasfenster, ganz anders wie sonst üblich, als bartloser Jüngling dargestellt. Der Künstler hat verstanden, Gott ist uralt und zugleich urjung-ewigjung. Das kann Er nur, weil Er auch Herr über die Zeit ist. Nach der Bibel bilden Erdenzeit und die materielle Schöpfung eine schöpferische Einheit. Die Mär von der Unwissenschaftlichkeit der Bibel ist eine Erfindung der Skeptiker. Einer gewissenhaften Überprüfung hält sie nicht Stand. Es war nicht erst Einstein, der den engen Zusammenhang zwischen Materie, Raum und Zeit verstanden hat.

Die Geschichte Israels ist entscheidend für die Welt- und Menschheitsgeschichte. Sie ist der erste Akt der Geschichte Gottes mit den Menschen. Und deshalb wirkt sich umgekehrt die Welt- und Menschheitsgeschichte auf Israel aus und die Kirchengeschichte kann zur Geschichte Israels in einer Segens- oder Fluchbeziehung stehen. Vor allem ist die Geschichte Israels aber auch eine Geschichte der Hinwendung Jesu Christi an Sein Volk Israel.

Für Weltmenschen ist dies alles nicht erkennbar, aber, wer ein sorgfältiger Beobachter und Analytiker ist, mag zu Einsichten kommen, die wie einzelne Markierungen zu Vorgängen sind, die von großer Bedeutung sind, aber nicht ganz überblickt werden können.

Ein solcher säkularer Jude, David Harris, schrieb in seinem Buch „In the Trenches“ → 2* „Die Geschichte Israels ist die wundersame Verwirklichung einer geistigen Verbindung, die seit dreieinhalb Tausend Jahren zwischen einem Land, einer Sprache, einem Volk und einer Vision besteht.“ Er sagt das aus einer starken Position heraus. Es ist zu offensichtlich, dass Israel einen Sonderstatus unter den Völkern und Ländern der Weltgeschichte hat.
Harris nennt es „wundersam“, ohne den biblischen Bezug herstellen zu wollen. Aber wenn es eine geistige Verbindung der beschriebenen Art geben soll, wird hier ja doch ein metaphysischer Zusammenhang bemüht, als ob es eine unbekannte Kraft gäbe, die solch eine Verbindung beabsichtigen und unterhalten könnte. Auf das Naheliegende, dass der Gott Israels diese Kraft sein könnte, zumal Er das bereits vor über dreitausend Jahren Seinen Propheten genauso dargelegt hat, will man nicht kommen!
Das ist eine kaum glaubliche Vorstellung, dass Gott eine Sammlung von Botschaften zusammenstellen ließ, die dann doch nicht genutzt wird. Oder anders gesagt, wenn es so eine Zusammenstellung gibt, dann wäre es sträflicher Leichtsinn, nicht darauf zurückzugreifen.
Weiter schreibt Harris: „Es ist eine bewegende Geschichte von Beharrlichkeit und Entschiedenheit, von Mut und Erneuerung - und vom Sieg der Hoffnung über die Verzweiflung.“ → 3* Doch auch hier muss man sich fragen, was hat ein Jude, der im 18. Jahrhundert in Polen um den Unterhalt seiner Familie kämpft, mit der Staatsgründung Israels durch die Zionisten zweihundert Jahre später zu tun? Harris bezieht sich hier auf die Staatsgründung, mit der vor dem Zweiten Weltkrieg niemand außer den jüdischen Zionisten ernsthaft rechnen konnte.
Die Zionisten hatten zweifellos diese Eigenschaften, Beharrlichkeit, Entschiedenheit, Mut, Hoffnung und man weiß nicht, ob die Hoffnung je die Verzweiflung überwog. Verzweiflung und Leid kamen über das Judentum in den letzten zweitausend Jahren reichlich. Die Juden sind das am meisten geplagte Volk überhaupt. Wer kann eine solche lange Geschichte der Unterdrückung vorweisen? Welches andere Volk hat einen Holocaust dieses Ausmaßes durchgemacht? Welches andere Volk wurde annähernd 1.900 Jahre von seinem Heimatland ferngehalten, um dann, der Vernichtung nahegebracht eine solche Auferstehung zu erleben? Doch dann fragt sich noch, ist die Staatsgründung wirklich der endgültige Sieg? Wohl kaum! Seit 1948 muss sich der Staat Israel ebenso gegen die Kräfte, die das Volk der Juden vernichten wollen, erwehren wie schon immer. Die islamischen Völker in der unmittelbaren Nachbarschaft zeigen eine ihnen eigentümliche Spielart des weltweiten Phänomens des Antisemitismuswahns, hinter dem nichts anderes steckt als ein perfider Hass gegenüber Juden und letztlich gegen den Gott, der dieses Volk auserwählt hat, das Volk der Leibdienerschaft Gottes zu sein, die erste unter allen Nationen. Derjenige, der den jüdischen Messias Christus nicht als Herrn akzeptieren kann, verweigert sich auch dem Sonderstatus Israels. Die Tragweite dieses Sachverhalts wird sogar noch von denen unterschätzt, die der Botschaft des Neuen Testaments, wonach Jesus Christus der Messias Israels ist, Glauben schenken.
Und nun bleibt für Israel noch immer etwas zu hoffen, denn es lebt nicht in sicheren Grenzen und unter dem als bloße Israelkritik getarnten Banner der Juden- und Israelfeindschaft vereinen sich viele Nationen. Der Messias ist, aus Sicht der orthodoxen Juden, noch immer nicht gekommen, das messianische Reich ist immer noch nicht angebrochen. Es gibt also noch viel für Israel zu hoffen und zu wünschen.
Und irgendwie hängt es zusammen mit der Keramikwand vor dem Rathaus in Jerusalem. Auch sie scheint von einem Geist der Zeitlosigkeit angehaucht zu sein. Der jüdische Künstler Arman Darian hat dabei eine Weltkarte von Heinrich Buntig aus dem 16. Jahrhundert nachgebildet. Darauf ist Jerusalem in der Mitte der Welt und von den Kontinenten umgeben.

Karte von Heinrich Bunting (1545-1606), der das Wappen von Hannover (dreiblättriges Kleeblatt) als Vorlage für seine Weltkarte nahm. In der Mitte der Welt ist Jerusalem. Arman Darian hat es als Keramik vor dem Rathaus von Jerusalem nachgemacht.
Das ist durchaus eine messianische Sichtweise, denn die Propheten des Alten Testaments, der hebräischen Bibel, beschrieben das kommende Reich Gottes genauso. Israel ist das Werkzeug Gottes, der Thron Gottes steht auf Zion und alle Völker werden nach Jerusalem pilgern. Jerusalem ist die Mitte der Welt, nicht Delphi, wie die alten Griechen glaubten, oder das Rom der Römer. Die einen setzten dafür den Omphalos, zu Deutsch „Nabel der Welt“, als Markstein in den Tempel Apollons, des Gottes des Lichts und des Heils. Der Omphalos war als Meteor vom Himmel gefallen und wurde im Heiligtum wie der schwarze Meteor in der Kaaba Mekkas verehrt. Die Römer hatten dem entsprechenden „Umbilicus urbis“ einen kleinen Tempel auf dem Forum Romanum errichtet. Für deren christliche Nachfahren wanderte der Omphalos nach Jerusalem in die Grabeskirche, wo er im Katholikon als Vase dargestellt wird. Für die Christen war Golgatha, ebenfalls in der Grabeskirche lokalisiert, zum Mittelpunkt der Welt geworden, denn der Christus ist der wahre Gott des Lichts und der Heiland der Welt, nicht Apollon. → 4* Nun also ist der Heiland selbst zur Mitte der Menschheit geworden und nur Er vermag alles Hoffen und Wünschen zu erfüllen.

Das deutsch-jüdische Kunstwerk am Rathaus von Jerusalem zeigt noch eine Mitte der Welt, in welcher der Welterlöser nicht zu erkennen ist. Aber Er wird von Jerusalem ausgehen. Israel selbst ist das Zentrum des unerfüllten Hoffens und Wünschens. Wer sollte sich dann noch darüber wundern, dass die Nationen gegen die politische Erklärung Sturm laufen, dass Jerusalem die ungeteilte Stadt Israels sei! Die Nationen wissen nichts vom Erlöser Israels, der von hier aus die Nationen regieren wird, aber derjenige, der sie in die Gegnerschaft schickt und sie dabei zum Lehrstück macht, der weiß es. Und jeder Jude, ob religiös oder nicht, so scheint es, hat eine Ahnung davon, dass von Jerusalem eine heilsame Wirkung ausgehen wird, denn sonst wäre es nicht jüdischer Brauch, sich am Schluss zweier jüdischer Festtage, am Sederabend und am Versöhnungstag „Nächstes Jahr in Jerusalem“, hebräisch „L'Shana Haba‘ah B'Yerushalayim“ zu wünschen.
Es gibt dazu eine Merkwürdigkeit. Dieser Wunsch wird oft verbunden mit dem Wunsch dort in Jerusalem den Tempel wiederaufzubauen. Sogar säkulare Juden schließen sich diesem Wunsch an, auch wenn sie das aus Traditionsverbundenheit tun, denn Gott möge doch andererseits bewahren, dass es Juden tatsächlich fertigbringen, den Tempel zu bauen, womöglich da, wo der letzte Tempel gestanden hatte. Verhindert Er dieses kühne Unternehmen, das viele Juden ernsthaft verfolgen, nicht, hat das Judentum und der Staat Israel die gesamte islamische Welt gegen sich. Und sie wird ganz gewiss nicht stillhalten. Sie unterliegt auch dem Weltgeist der Gegnerschaft, der inzwischen dabei ist, sich mit atomarer Sprengkraft auszurüsten. Aber was vermag die Materie, sei sie auch noch so spaltbar, gegen den Geist, der sich nur eins und einig gemacht haben muss!
Und so würden viele Christen den Juden Einhalt gebieten, einen dritten Tempel bauen zu wollen, haben doch gerade sie ihnen ihre Hauptstadt und ihren Tempel ausreden wollen, weil sie doch der neue Tempel Gottes seien. Kirchenchristen können gönnerhaft sein, halten sie doch selber Jahrtausende alte Traditionen und Gebräuche. Aber Jesus hatte von Seinem eigenen Leib als Tempel gesprochen und Seine Verkündiger bezeichneten die Leiber Seiner Nachfolger als Tempel des heiligen Geistes. Daraus meinen die Kirchen, schließen zu können, dass der jüdische Tempel getreu zur Ersatztheologie, also jener Meinung, nach der die christliche Kirche Israel als Verheißungsorgan Gottes abgelöst habe, nicht mehr benötigt werde. Doch was ist davon zu halten, wenn vieles dafür spricht, dass der Geist aus dem dieser kirchliche Einfall stammt, der historisch bereits im zweiten Jahrhundert von sich reden machte, in der gleichen Gedankenschmiede zu Hause ist wie jener Geist, der einen Araber im 6. Jahrhundert zur Gegnerschaft gegen das Judentum anstachelte?
Dass die traditionelle christliche Kirche, oder vielleicht auch nur die Kirche, die die Ersatztheologie bekannt gemacht hat, sich gründlich dabei geirrt haben muss, wenn sie annimmt, dass sie nun der wahre Leib Christi und damit der neue Tempel Gottes sei, ersieht man daran, dass diese Theologie über beinahe 1.900 Jahren Judenverfolgung kultiviert und bis nach Auschwitz geführt hat. Was wäre das für ein Gottvater, der zuerst seine großen Verheißungen seinem erstgeborenen Sohn Israel erklärt, Israel als Braut der ersten Liebe bezeichnet und sie dann verlässt und verstößt? Als ob die Fehleistungen von Menschen den Charakter des vollkommen guten Gottes ins Gegenteil verkehren könnten!
Die „christliche“ Kirche mit ihrer fragunwürdigen Vatervorstellung hat, wie zu zeigen sein wird, über die Jahrhunderte eine Masse an Beweisen ihrer substantiellen antijüdischen → 5* und damit letztlich auch antichristlichen Grundhaltung geliefert. „Christus“ entspricht ja sprachinhaltlich dem „Messias“. Der Messias ist aber genau der, auf den die religiösen Juden als ihren Retter erwarten. Daher bedeutet „anti-christlich“ auch „anti-messianisch“. Die Juden sollen kein messianisches Reich erleben, also streicht man diese Lehre aus dem biblischen Gedächtnis. Im messianischen Reich spielt Israel die erste Geige und wird von einem jüdischen Weltherrscher geleitet. Noch dazu, so besagt es die Bibel, ist der große Erzfeind Israels inhaftiert: der Satan.
Diese Gegnerschaft zu Israel wird also allen Verbündeten des Widersachers des Messias systemimmanent zu sein. Die Kirche lieferte durch die Jahrhunderte alle Anzeichen dafür, auf der Seite dieses Israel-Widersachers zu sein, der auch der Widersacher des Messias Israels ist. Ob daran der Nachweis „guter Werke“ viel zu ändern vermag? Man kann sich fragen, wie die Menora je mit dem Kreuz deckungsgleich sein kann. Im Dom zu Würzburg stehen beide in einer Linie, doch die Menora steht nahe am Ausgang. Man kann sie auch schnell wieder entfernen.
Das Hoffen und Wünschen der Juden geht also weiter, denn auch die Geschichte Gottes mit Israel geht noch weiter! Das ergibt sich auch aus der Tatsache, dass es im Judentum Brauch ist, das sogenannte Achtzehnbittengebet, hebräisch „Schmone esre“ zu beten. Männer sollen es drei Mal am Tag, Frauen einmal am Tag beten. Dieses Gebet ist ein messianisches Gebet, ebenso wie das „Vater unser“ des Neuen Testaments. Es ist das Hauptgebet im jüdischen Gottesdienst, was zeigt, dass die messianische Erwartung vom noch nicht gekommenen, aber noch kommenden Reich Gottes auf Erden für Juden sehr lebendig ist und noch immer auf der persönlichen Agenda steht. → 6*

Die Menora im Dom zu Würzburg steht für die Aussöhnung mit dem Judentum. 3 m hoch, 450 kg schwer. Man hat sie noch nicht lange im Dom stehen. Vielleicht muss sie von da wieder verschwinden.

Bei diesem Gebet, dessen Vorläufer bis in die Zeit Jesu zurückgehen und dessen Form seit 1.600 Jahren kaum nennenswerte Abänderungen erfahren hat, wird ein Teil von Gottes Heilsplan mit Israel in Erinnerung gehalten. Es lohnt sich, dies näher in Augenschein zu nehmen.

In der Bitte Nr. 1 heißt es:
„Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Väter, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs…, der du der Frömmigkeit der Väter gedenkst und einen Erlöser bringst.“ Die biblische Herkunft dieser Bitte ist eindeutig! → 7* Der Messias kommt! Das ist gesicherte Erkenntnis!

Bitte Nr. 10:
„… sammle uns insgesamt von den vier Enden der Erde. Gelobt seist du, Ewiger, der du die Verstoßenen deines Volkes sammelst.“
Das entspricht der wiederholten Verheißung der Propheten, die sich seit dem 19. Jahrhundert in mehreren Alijas, Zuwanderungsströmen, erfüllen und bis heute anhalten. Dazwischen liegt die Staatsgründung Israels. Da diese noch ohne das jüdische Kernland Judäa und Samarien stattgefunden hat, steht die Vereinigung des Landes als Wunsch und Hoffnung noch aus. Vorher kann aber das messianische Reich nicht zum Durchbruch kommen. → 8* Ob die UN oder die palästinensischen Araber damit einverstanden sind, oder nicht, ändert nichts an den Zusagen Gottes. Gottes Beschluss steht unverrückbar fest. Beide Parteien müssen das verstehen und anerkennen, diejenigen, die den Beschluss ausführen und diejenigen, die ihm nachgeben müssen und direkt davon betroffen sind.

Bitte Nr. 14:
„Nach deiner Stadt Jerusalem kehre in Erbarmen zurück, wohne in ihr, wie du gesprochen, erbaue sie bald in unseren Tagen als ewigen Bau, und Davids Thron gründe schnell in ihr.
Ein starker Grund, Jerusalem vorzubereiten, den Beherrscher des gesamten Universums willkommen zu heißen und auch vorher nichts zu tun, was Ihn verärgern könnte! Die Forderungen der palästinensischen Araber und ihrer Freunde von der UN und von der EU tragen dem bisher noch nicht Rechnung. Man hat hier einen der Gründe zu vermuten, warum die Völker Israel hassen. Es wirkt auf andere anmaßend, dass dieses Volk denkt, Gott würde ausgerechnet inmitten seiner Mauern wohnen. Allerdings war es in der Antike bei allen Völkern üblich, einem „eigenen“ Gott eine Behausung zu geben. Das traditionelle Israel ist bei dieser Vorstellung bis zum heutigen Tag geblieben. Nur das Christentum hält es für noch zu steigern: Ihr Gott „war“ der Gott Israels und wohnt nun nicht mehr in Jerusalem, sondern in den Herzen der Gläubigen. Das Neue Testament lehrt, dass Gott durch den Geist des Sohnes in den Gläubigen präsent ist. Nicht alle haben jedoch erkannt, dass das eine nicht das andere ausschließt. Aus biblischer Sicht ist es klar, es gehört zu den Verheißungen Gottes, dass es zu dem einstigen „Wohnen“ im Stiftszelt in der Wüste Arabiens und dem „Wohnen“ im Tempel zu Jerusalem, eine Fortsetzung geben wird. Dass der Geist Gottes omnipräsent sein kann, ist auch den Juden von alters her bekannt. Die Verheißung lautet aber, Gott wird da sein, wo der Thron Davids steht. Der Messias wird darauf sitzen. Gott und der Messias in Jerusalem, nicht Allah und Mohammed und auch nicht der Papst! Auch diese Bitte nach der Realpräsenz Gottes in Jerusalem ist auf sicherem, biblischen Grund und ist durch und durch messianisch! (Hes 34:23-24 / Hes 37:24)

Bitte Nr. 17:
„Bringe den Dienst wieder in das Heiligtum deines Hauses!
Das bedeutet, der dritte Tempel wird gebaut. Dabei darf man sich auf die Propheten Hesekiel und Micha berufen. → 9* Tatsächlich gibt es in Israel einige Organisationen, die auf diesen Bau hinarbeiten. Das Geld für den Bau ist vorhanden. Ebenso die Gerätschaften für den Tempeldienst. Die Propheten haben keinen imaginären Gedankentempel oder eine geistige Gemeinschaft gemeint, als sie dem Volk die Aussicht auf den Tempel kündeten. Man darf nicht die Tatsachen verwechseln. Wenn das Neue Testament von einem geistigen Tempel spricht, handelt es sich um eine Redefigur, die für eine geistige Gemeinschaft steht. Auf einer anderen Ebene befindet sich der Tempel als sichtbares Haus Gottes in Israel, in dem für reale, physische Menschen Dienste zu verrichten sind. Wie dort Gott präsent ist, ist Seine Sache. Weiter heißt es im Text der Bitte Nr. 17:
„Und unsere Augen mögen schauen, wenn du nach Zion zurückkehrst in Erbarmen.“ Das bedeutet, dass der Gott Israels bei Seinem Volk sein wird. → 10*


Anmerkungen

1* Die Tradition der Samaritaner besagt etwas anderes. Demnach liegt der Berg Morija bei Sichem und wird heute Gerizim genannt.
2* David Harris, „In the Trenches“, 2000.
3* Dto.
4* Der Omphalos ist seit dem 6. Jhdt. nachweisbar („Jérusalem; recherches de topographie, d'archéologie et d'histoire », Vincent/Abel 1914, I, 188, 255).
5* Allgemein hat sich der Begriff „antisemitisch“ durchgesetzt. Er ist jedoch irreführend, da Semiten des orientalen Raums zu den nachhaltigsten Judenfeinden gehören. So impliziert der Begriff, dass die Feinde Israels Opfer der antisemitischen Haltung seien, obwohl sie Täter sind und die Tatsache, dass es nur um Juden geht, wird verschleiert. Die Begriffe Antisemitismus und antisemitisch werden hier deshalb sparsam verwendet.
6* Das Gebet wird auch Amida (stehend) oder Tefilla (Gebet) genannt (Sidur Sefar Emet (Jüdisches Gebetsbuch), Basel 1964, S.40ff. Übersetzung von Bamberger).
7* Jes 11:10 - Jer 23:5 - Mi 5:1.
8* Jes 11:12 - Jer 16:14-16 - Sach 8:8.
9* Hes 37:26 - Mi 4:1.
10* Jes 27:12 - Jer 7:3 - Hes 37:27.


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