Dein Wille geschehe

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Abschrift des Heftes: "Das Vaterunser“
von Friedrich Malessa, Samplatten (Ostpr.)

Philadelphia Buchhandlung August Fuhr, Reutlingen, 2. Aufl. 1952

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Inhaltsverzeichnis

Das „Vaterunser" in erbaulicher und prophetischer Deutung

4. Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden

A. In erbaulicher Deutung

Wir halten daran fest: Die Bitten sind aufwärtsführende Stufen des Heilsgeschehens. Beten wir sie nur im Namen und nach dem Willen Jesu; die Erhörung ist uns gewiss.

Die Kernwahrheit der dritten Bitte ist der absolute Vaterwille in seinem umfassenden Heilsgeschehen. Wir merken die Steigerung.

  1. Die erste Bitte zeigt den Vater-Willen als Einbruch in diese Zeit und Welt.
  2. Die zweite Bitte bekundet die Neugestaltung der Welt nach seinem Willen. Das ihm fremde Einbruchsgebiet wird sein Wohngebiet, seine Heimat, sein Reich.
  3. Die dritte Bitte stellt das absolute Geschehen seines Willens auf dieser Erde dar. Wir sehen bei der dritten Bitte den Abschluss. „Er alles in allem.“

Das ist ein einzigartiges Vater-Anliegen. Dieses Anliegen ist unser Gebets-Anliegen. - Welche Gebetsgegenstände; welches Gebet. „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er’s euch geben“ (Joh 16:23).

Mit der dritten Bitte tragen wir dem Vater im heißen Flehen vor, sein Wille möge geschehen in absoluter Weise auch auf Erden, gleich wie in den Himmeln. Diese bitte wollen wir verstehen, damit wir sie umso dringender und bestimmter vortragen können. Wir fragen darum zuerst

  1. nach seinem Willen,
  2. dann nach dem Geschehen seines Willens,
  3. schließlich nach dem Ort des Geschehens.

Zunächst einige allgemeine Bemerkungen über den Willen. Was ist Wille? „Der Anfang und Ursprung des Willens ist die Wahl, doch besteht das Wollen nicht nur im Wählen, sondern aus der getroffenen und geschlossenen Wahl tritt der Wille sodann in seine beharrliche Festigkeit ein“ (Schlatter). Diese Erklärung ermöglich eine Einsicht in den Willen des Vaters.

Mit Eph 4:4-12 gibt Paulus eine ähnliche Erklärung für den Willen des Vaters und vermittelt uns eine klare Antwort auf die gestellte dreifache Frage. (Bitte nachlesen.)

1. Sein Wille

Sein Wille ist nicht eine uralte umherirrende Idee, sondern ist begründet „in dem Vorsatz (Wahl), der alle Dinge wirket nach dem Rat seines Willens“. So wurzelt sein Wille in seinem unabänderlichen Vorsatz, den er gefasst hat vor Grundlegung der Welt. In der Verwirklichung der Dinge kommt sein Wille sodann zum Ausdruck. Sein Wille hat ein solides Fundament und einen soliden Bau. Sein Wille ist ewiger Beschluss und ewige Tat. Sein Wille ist ein lückenloses Geschehen seines Vorsatzes. Es besteht kein Wille Gottes, der nicht zur Tat wird. Sein Wesen „will“ sich verwirklichen. Darum ist die Verwirklichung seines Wesens sein Wille.

Dieses Offenbarwerden seines Willens in dem Geschehen entspricht also ganz seinem Wesen. Sein Wille ist sein Wesen. Sein Willens-Geschehen kann immer nur die Darstellung seines Wesens sein. Wenn wir bedenken, dass sein Wesen die lichtvollste Vaterschaft ist, so haben wir damit Weisung für die

2. Art seines Willens-Geschehens

„Er hat uns verordnet zur Kindschaft gegen ihm selbst durch Jesum Christ, nach dem Wohlgefallen seines Willens.“ Das Willens-Geschehen soll also nicht nur paradiesische Zustände schaffen. Der Ausdruck „paradiesische Zustände“ ist eine wahre, aber sehr schwache Bezeichnung. Nicht Paradieswesen ist das Endgültige der Vaterschaft, sondern die Kindschaft, die Sohnschaft in der lichtvollsten Weise.

Freilich geschieht das stufenmäßig. Es begann, „da die Zeit erfüllet war“. Es nahm die erste Gestalt an durch „die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade“. Es hatte nach der Wirkung der Gnade in der Wiedergeburt den Fortgang in dem Bestreben „heilig und unsträflich vor ihm in der Liebe“ zu sein. Schließlich folgt die Vollendung „zur Kindschaft gegen ihn selbst“. Sein Willens-Geschehen auf Erden wie im Himmel ist die K i n d s c h a f t gegen ihn s e l b s t, also Volllmaßkindschaft, die der ganzen Würde seiner Vollmaß-Vaterschaft entspricht. Diese Vollmaß-Kindschaft hat den Anspruch auf das „Erbe, welches durch ihn (Christus) erlangt wird.“

Der Endzweck dieser Vollmaß-Kindschaft ist nicht das „nur selig“ sein, sondern das „Lob seiner Herrlichkeit“. Verherrlicht wird die Vollmaß-Vaterschaft durch die Vollmaß-Kindschaft. Die Krönung der Vaterschaft ist die Kindschaft!

3. Der Ort dieses Willens-Geschehens

ist die Erde. Die Erde ist der Ort der Erlösung und Heilsvollführung. Auf diese Erde ist der Teufel geworfen worden. Da ist sein „Fürstentum“, sein Thron, seine Herrschaft. Da muss er überwunden werden. Darum ist der Sohn des ewigen Vaters, der um der Erlösung willen der Christus wurde, zu seinem Amtsantritt nicht anderweitig hingegangen, sondern auf diese Erde. Jedoch ist mit dieser Erde das ganze Heilsgeschehen nicht vollendet. Johannes sagt, dass die Fortsetzung dieses wunderbaren Geschehens auch auf der neuen Erde stattfindet (Offb 21:22-27).

Dann wird der Wille des Vaters geschehen auf Erden so absolut, wie in den Himmeln. Was war des Vaters erstes Willens-Geschehen in den Himmeln? Der eingeborene Sohn! Dieser erste Vater-Wille ist ewig, d. h. unabänderlich und bleibt auch bis zuletzt. Darum wird wie in den Himmeln, also auch auf Erden sein Vater-Wille geschehen in der Sohnschaft.

B. In prophetischer Deutung

Die dritte Bitte hat ihre Bedeutung auch darin, dass sie auf das Wirken des Geistes hinweist. Die Drei deutet in der Gottheit den Geist an und kennzeichnet sein Füllewirken. In der Heilsvollführung fällt ihm die ganze Aufgabe zu. „Er wird euch in alle Wahrheit leiten.“ Für die prophetische Betrachtung ist das sehr beachtenswert.

Der Daseinszweck des Geistes ist die Lebens- und Heilsvollführung. Jedoch hat er nicht eigenes Wollen zu vollführen. „Denn er wird nicht von ihm selber reden, sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen“ (Joh 16:13).

Des Geistes ganze Vollführungsaufgabe ist der Vater-Wille. „Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum hab ich gesagt: Er wird’s von dem Meinen nehmen und euch verkündigen“ (Joh 16:15). Der Vaterschafts-Wille ist die Sohnschafts-Fülle. Das ist das Haupt- und Zielwirken des Geistes.

Auf dieses Ziel hin hat der Geist von Anfang an gewirkt. „... und der Geist brütete über den Wassern“ (1Mo 1:2). Das Brüten hatte den Zweck, neues Leben, Wiedergeburtsleben zu wecken. Dieses Anfangswirken des Geistes ist auch das Fortgangs- und Endwirken.

Ehe aber der Geist das Zielgeschehen erreicht, müssen andere Geistesgeschehnisse vorausgehen. Wiedergeburt hat nämlich die große Voraussetzung: Zerbruch des Alten. Neues Leben ersteht auf den Trümmern des alten. Die Geistesarbeit am Alten ist, sowohl für das einzelne wie für das gesamte Leben, das vorausgehende Geschehen. „Und wenn er kommt, wird er der Welt darüber Klarheit geben, wie sich’s verhält mit Sünde, mit Gerechtigkeit und Gericht“ (Joh 16:8 nach Albrecht). Das sind gewaltige Geschehnisse, die Äonen umspannen.

Wieviel Wirksamkeit des Geistes (Erleuchtung und Durchleuchtung „Es werde Licht“) wird nötig sein, um alle Sünde klarzustellen. Wieviel Wirksamkeit wird nötig sein, um alle Gerechtigkeit herauszustellen. Wieviel Wirksamkeit wird nötig sein, um alle Gerichte zum Endzweck zu führen. Wie gewaltig muss die Wirksamkeit des des Geistes sein, weil alle Geschehnisse über Sünde, Gerechtigkeit und Gericht zu gleicher Zeit getätigt werden. Denn Sünde wird nur durch Gerechtigkeit offenbar. Wo aber in der Gerechtigkeitsoffenbarung auch die Sünde offenbar wurde, da ist Gericht. Offenbarung ist Gericht. Diese Geschehnisse durch den ewigen Geist sind so umfassend und erhaben, dass sie weit über unser Verstehen gehen. „Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnet’s jetzt nicht tragen“ (Joh 16:12).

Die Krönung dieses Geistgeschehens ist die Verklärung der Vaterschaft durch die Sohnschaft. „Derselbe wird mich verklären; denn von dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen, alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum hab ich gesagt: Er wird’s von dem Meinen nehmen und euch verkündigen (Joh 16:14.15). Unaussprechlich groß ist das Geisteswirken. Beglückung ohne Ende für die, die es erleben. Wer erlebt’s? „Welche der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder“ (Röm 8:14).

Wenn das Vollmaß-Erleben vorhanden sein wird, wenn der Fülle-Sohnschaft in der Fülle-Vaterschaft triumphieren wird, dann wird die dritte Bitte ihre volle Erfüllung haben. Dieses Zielgeschehen legt uns Jesus nahe und lässt uns beten: „Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden."

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