Die Vielfalt des Sündopfers: Unterschied zwischen den Versionen

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Wie genau diese Eigentümlichkit in dem Vorbild die Art und Weise, in welcher etliche das Opfer betrachten, bezeichnet, wird am besten von denjenigen verstanden, welche sich von Kraft zu Kraft entwickelt haben. Sie wissen, wie vielfach Christus Selbst von denen, die Ihn lieb haben, doch nur stückweise erkannt wird. Etliche sehen den Schmerz und die Pein, die Christus litt, sie sehen das Zermahlenwerden, Zerquetsch- und Ausgepresstwerden des Speiseopfers und denken darin habe das Tragen der Sünde bestanden. Sie können nicht zwischen den Pruüfungen und dem Fluch unterscheiden. Sie sehen freilich ein Leben des Leidens, aber sie sehen nicht den für sie Verfluchten. Doch erkennen sie, dass ein Dulder sich aufopfert, und obgleich ihnen viele Punkte in Seinem Opfer verloren gehen, so verstehen sie doch, dass es um der Sünde willen dargebracht worden ist. Wie viel geht bei so einseitiger Anschauung des Opfers Christi von dessen Zweck und Wesen verloren!  
 
Wie genau diese Eigentümlichkit in dem Vorbild die Art und Weise, in welcher etliche das Opfer betrachten, bezeichnet, wird am besten von denjenigen verstanden, welche sich von Kraft zu Kraft entwickelt haben. Sie wissen, wie vielfach Christus Selbst von denen, die Ihn lieb haben, doch nur stückweise erkannt wird. Etliche sehen den Schmerz und die Pein, die Christus litt, sie sehen das Zermahlenwerden, Zerquetsch- und Ausgepresstwerden des Speiseopfers und denken darin habe das Tragen der Sünde bestanden. Sie können nicht zwischen den Pruüfungen und dem Fluch unterscheiden. Sie sehen freilich ein Leben des Leidens, aber sie sehen nicht den für sie Verfluchten. Doch erkennen sie, dass ein Dulder sich aufopfert, und obgleich ihnen viele Punkte in Seinem Opfer verloren gehen, so verstehen sie doch, dass es um der Sünde willen dargebracht worden ist. Wie viel geht bei so einseitiger Anschauung des Opfers Christi von dessen Zweck und Wesen verloren!  
  
==== b) Die Person des Opfernden ====
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==== 2. Die Person des Opfernden ====
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Eine weitere Verschiedenheit, die wir bemerken, betrifft die P e r s o n des O p f e r n d e n. Wir sehen hier den Priester, die Gemeinde, den Fürsten, den gemeinen Israeliten. Der Reihenfolge nach tritt uns zuerst das Sündopfer für den P r i e s t e r entgegen ([[3Mo 4:3]]-12), sodann das Sündopfer für eine S e e l e aus dem gemeinen V o l k ([[3Mo 4:27]]-35) und endlich das Sündopfer für besondere Sünden ([[3Mo 5:1]]-13), bei welchem die Person des Opfernden außer acht bleibt, wogegen aber die bestimmte T a t , um deren willen er opfert, deutlicher gesehen wird. Hier fällt der Unterschied zwischen dem Sünd- und Schuldopfer beinahe weg.
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Was hat aber die Verschiedenheit in der P e r s o n die das O p f e r bringt, zu bedeuten? Wir dürfen uns nur daran erinnern, was diese Verschiedenheiten darstellen. Sie bedeuten nur, wie wir dies genügend gesehen haben, verschiedene Erkenntnisgrade. Bei dem Brand-, Speise- und Dankopfer sind uns die Mannigfaltigkeiten in dem Opfer schon bekannt geworden, und wir sahen, dass sie das verschiedene Maß der Erkenntnis bedeuten, welche man über den Wert und das Wesen des Opfers gewinnen kann. Auf dieselbe Weise stellen die Verschiedenheiten, welche bei dem Sündopfer über die P e r s o n des O p f e r n d e n bemerkt werden, verschiedene Anschauungen über den dar, der das Opfer bringt. Natürlich ist hier, wie anderswo, Christus der Opfernde, der Mensch unter dem Gesetz, unserer Stellvertreter, der mit dem Bekenntnis seiner Sünde vor Gott tritt. Als solcher kann Er jedoch in sehr verschiedener Weise gesehen werden. Im ersten Fall wird der Opfernde z.b. als Priester gesehen, d.h. als die Person, welche als Vertreter einer F a m i l i e oder G e m e i n d e dasteht. In anderen Fällen sieht man den Opfernden als "eine Seele vom gemeinen Volk" als einen, der einfach nur als Vertreter einer e i n z e l n e n Person dasteht. In den allerniedrigsten Graden wird die Person des Opfernden ganz aus den Augen verloren; es wird weder eine einzelne Person noch eine Gemeinde gesehen, und die Sünde, für die er opfert, ist beinahe das einzige, was erkannt wird. 
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Doch lasst uns hier etwas eingehender den genauen Unterschied beachten, der mit diesen einzelnen Anschauungen von dem Opfernden bezweckt wird; und damit wir den Gegensatz noch deutlicher sehen, stellen wir einen Augenblick die höheren und niederen Grade des Sündopfers nebeneinander.
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Zu der ersten Klasse ist der Opfernde der "Priester, der gesalbt ist"; in der folgenden  "die ganze Gemeinde"; und in einer niederen Klasse (wie groß ist hier der Gegensatz) ist der Opfernde "eine Seele vom gemeinen Volk". Der "Priester, der gesalbt ist," und "die ganze Gemeinde" sind Bilder, die jedem Christen bekannt sind. "Der gesalbte Priester", das Haupt der priesterlichen Familie und der Mittler zwischen Gott und Menschen, ist das Vorbild Jesu als Haupt einer priesterlichen Familie und auch als Mittler der auserwählten Gemeinde Gottes. In diesem Fall steht Christus, welcher das Sündopfer darbringt, als Haupt der Gemeinde oder als deren von Gott bestimmter Mittler. Sein Opfer wird nicht nur als Sühne  für diese oder jene einzelne Persönlichkeit, sondern in Verbindung mit einer ganzen Familie oder einem Volk erblickt.
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In der folgenden Stufe opfert "die Gemeinde". Diese Gemeinde stellt die Kirche Christi dar. Hier verlieren wir den Priester, als mit unter der Schuld der Sünder Israels stehend, aus den Augen; dies ausgenommen, aber ist das Opfer der Gemeinde beinahe gleichbedeutend mit dem vorigen. Der Punkt, der in diesen beiden Fällen besonders hervortritt, ist, dass die Sünde und die Versöhnung, welche geschieht, nicht nur eine Person betrifft, sondern ganz Israel.  Beachten wir nun den Gegensatz. In den niederen Stufen ist der Opfernde eine Privatperson, "eine Seele vom gemeinen Volk", und seine Sünde und die Versöhnung, die für dieselbe geschieht, geht ihn allein an. Die Gläubigen, welche das Sündopfer am tiefsten erfassen, erkennen, dass es nicht sie allein angeht, sondern auch den Priester und ganz Israel. Die, welche eine geringere Erkenntnis davon haben, sehen es nur als für sie selbst geschehen an. Das Interesse das der Hohepriester oder  Israel daran haben, wird von ihnen ganz übersehen.
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Die Erkenntnis, welche also etliche von Christo als dem Sündopfer haben, ist die, dass sie einen sehen, der in seiner Person die ganze Gemeinde darstellt, wobei die Gemeinde entweder als Familie des Priesters oder als das ganze Israel gedacht wird. Andere wiederum sehen Ihn als das Haupt eines Stammes, "den Fürsten"; ín diesem Fall wird die Einheit der Gemeinde aus den Augen verloren. Eine viel größere Anzahl Christen aber erkennt von alle dem nichts, denn sie sehen in Christo, dem Sündopfer, nur den, der sie persönlich vertritt. Noch andere, deren Erkenntnis noch schwächer ist, sehen überhaupt nur, dass Er für die Sünde eingetreten ist. Diese Abstufung in der Erkenntnis und Erfahrung wird reiferen Christen schon aufgefallen sein.
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So viel von der Verschiedenheit in der Person bei Opfernden und von ihrer Bedeutung - wenn ich sie recht verstehe. Wir haben nur die Umrisse berührt, die Einzelheiten aber sind ebenfalls sehr lehrreich. Wenn genug geistliches Verständnis vorhanden ist, tiefer einzudringen wird dies unserer Seele reichen Gewinn bringen. Gerade wie jede Verschiedenheit bei dem O p f e r - ich meine den Unterschied zwischen einem Farren einem Lamm oder einer Turteltaube - uns einen Zug des Werkes Christi vor Augen stellt, so finden wir  auch hier in jeder der Verschiedenheiten bei dem, der das Opfer bringt, einen neuen Gedanken über die Person Christi. Ich will jedoch nicht näher darauf eingehen, dieselben zu betrachten, nicht weil ich an ihrem Wert zweifle, sondern weil ich fürchte, zu weitläufig werden zu müssen.
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==== 3. Unterschiede beim Blut ====
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Ein dritter Punkt, den wir nun berühren wollen, bezieht sich auf " das B l u t". Bei den höheren Stufen wurde das Blut auf den Räucheraltar gesprengt ([[3Mo 4:25]].30.34). Ich fürchte, es wird unmöglich sein, dies für solche verständlich zu machen, welche niemals die vorbildliche Bedeutung der Bestandteile der Stiftshütte studiert haben. Zweierlei muss wenigstens erkannt werden: erstens die Bedeutung dieser Altäre, sodann ihre Besprengung.
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Was die Altäre betrifft, so war der eine golden, der andere ehern. Der eherne stand in dem äußeren Vorhof der Gemeinde, der andere, der goldene, stand im Heiligen, das bekanntlich von niemandem außer dem Priester betreten werden durfte. Der äußere Vorhof mit seinem ehernen Altar und Handfass stellt die Erde dar und die Arbeit, welche für Gott verrichtet wird. Das Heilige mit dem goldenen Räucheraltar bildet uns die himmlischen Stätten ab mit dem Dienst, der dort geschehen soll. Auf dem ehernen Altar wurden die Opfer Israels dargebracht. jeder Israelit durfte, wenn er rein war, sich nähern und selbst opfern ([[2Mo 29:36]]-43). Aber zu dem goldenen Altar durften allein die Priester nahen, und es wurde nichts darauf gebracht, als nur der wohlriechende Weihrauch ([[2Mo 30:1]]-10). Die  Stellung und der Gebrauch dieser Altäre und die Hinweisungen auf dieselben im Neuen Testament ([[Hebr 13:10]]-16 - [[Offb 8:3]].4) dienen sämtlich dazu, deren vorbildliche Bedeutung klarzumachen. Der eine Altar zeigt uns etwas von dem Dienst der Gemeinde auf Erden und der andere von ihrem Dienst als Priester in den himmlischen Stätten.
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So viel über die Altäre Was nun das Blutsprengen anbelangt, so brauche ich kaum zu sagen, dass es immer auf die Versöhnung durch das Opfer hinweist. Es bedeutet, dass die besprengte Sache oder Person durch das Blut aus einem Zustand der Entfernung von Gott in einen Zustand des Naheseins gebracht wird. Das Blutsprengen auf den Räucheraltar bedeutete also, das man demselben nicht nahen durfte, ohne Blut zu sprengen; ferner, dass folglich ohne diese Besprengung aller priesterliche Dienst und daher aller Dienst jeglicher Art zwischen Gott und Israel gehemmt war. Dasselbe galt auch von dem ehernen Altar. In beiden Fällen sieht man, dass durch die Sünde die Gemeinschaft mit Gott unterbrochen ist; in dem einen Fall die Gemeinschaft der Priester, in dem andern die Gemeinschaft Israels. Das Blutsprengen aber beweist, dass die Gemeinschaft durch das Sündopfer wieder hergestellt ist und zwar auf dem goldenen Räucheraltar für die Priester und auf dem ehernen für Israel.
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Die Bedeutung des Unterschiedes, den wir betrachten, wird jetzt deutlich genug sein, denke ich. An den höheren Stufen, wo bemerkt wird, dass der Räucheraltar der Besprengung bedarf, sieht man, dass die Folgen der Sünde sehr weit gehen, denn es wird die Unterbrechung der Gemeinschaft nicht nur von Menschen auf Erden empfunden, sondern auch von Priestern bei ihrem Zutritt zu Gott. An den niederen Stufen dagegen, zum Beispiel bei der Seele "vom gemeinen Volk", sieht man nicht, dass die Sünde die Gemeinschaft der ganzen Gemeinde mit Gott unterbrochen hat, denn es wird nicht bemerkt, wie der Priester und Israel mit darin verflochten sind, es dreht sich vielmehr alles um das eigene Ich. Mit einem Wort, es werden auf den unteren Stufen sowohl die Folgen der Sünden, als auch das genugsame Gegenmittel nur teilweise erkannt. Es wird freilich die Notwendigkeit der persönlichen Annahme und Versöhnung zugegeben und diese Annahme und Versöhnung auch angeeignet, dass aber die Gemeinde als Ganzes der Versöhnung bedarf, ja dieselbe schon besitzt, bleibt unerkannt und doch wenigstens unbeachtet. Demgemäß richtet sich das Urteil über die Ausdehnung des Bösen, das durch die Sünde verursacht wird, genau nach der Tiefe der Anschauung, die man über die Tragweite der Versöhnung hat. Nur derjenige, welcher erkannte, dass der Altar der Priester durch das Blut des Sündopfers erst zum Gottesdienst geweiht wurde, erkannte auch, dass überhaupt die Gemeinschaft des Altars durch die Sünde unterbrochen war. So ist alles allenthalben. Je tiefer die Erkenntnis von der Wirksamkeit des Blutes ist, desto tiefer wird auch das Verständnis für das sein, wovon es uns erlöst.
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Doch können wir noch eingehender über diesen Punkt sprechen. In dem fünften Kapitel, welches uns die geringsten Grade des Sündopfers zeigt, wird weder der eine, noch der andere Altar genannt<sup>3</sup>. Alles, was bemerkt wird, ist, dass der Priester eine Versöhnung vollbracht hat; die Altäre und ihre Wiederherstellung zum Dienst werden vergessen. Dies ist leider bei vielen heutzutage der Fall. Dass eine Versöhnung für die Sünde geschehen ist, das wissen sie, und sie sind auch dankbar dafür, was aber die richtige Erkenntnis der verschiedenen Altäre anbelangt, oder in wie fern ihr Gebrauch durch die Sünde behindert und durch das Sündopfer wieder hergestellt ist, davon wissen sie nicht nur nichts, sondern verurteilen auch solche Dinge als unwichtig und unnötig. Derselbe Geist, der den Toren sprechen lehrt: "Es ist kein Gott", verleitet sogar Christen zu sagen: "Vieles, was Er getan, hat keinen Wert für uns."
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:<sup>3</sup>  ''[[3Mo 5:6]] "Er soll für seine Schuld dieser seiner Sünde, die er getan hat, dem HErrn bringen von der Herde eine Schaf- oder Ziegenmutter zum Sündopfer; so soll ihm der Priester seine Sünde versöhnen. Hier ist von keinem Altar die Rede.''
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==== 4. Das Fett im Sündopfer ====

Version vom 7. März 2016, 00:38 Uhr

aus dem Buch von Andrew Jukes - Die Opfergesetze nach 3Mo 1-7

in Bearbeitung

1. Teil: a) Das Sündopfer - 3Mo 4
2. Teil: b) Die Vielfalt des Sündopfers


Das Sündopfer - 3Mo 4

II. Die Vielfalt des Sündopfers

Die Mannigfaltigkeit in diesem Opfer, durch welche der verschiedene Grade der Erkenntnis dargestellt wird, in welchem jeweils eine Seite des Opfers Christis erfasst werden kann. Hier finden wir noch eine viel größere Mannigfaltigkeit als bei den vorhergehenden Opfern. Bei dem Sündopfer sehen wir nicht nur Mannigfaltigkeiten in dem g e o p f e r t e n Tier und in den Einzelheiten, welche über die Art und Weise der Darbringung berichtet werden, sondern es werden auch verschiedene Personen genannt, die das Opfer bringen, eine Eigentümlichkeit, die sich bei keinem der anderen Opfer findet. Außerdem gibt es Unterschiede in Bezug auf das B l u t, das F e t t, den L e i b und endlich betreffs des N a m e n s des Opfers. Jede dieser Verschiedenheiten ist, da sie vom HErrn berichtet sind, unseres aufmerksamen Nachdenkens wert. Ich werde nur einige der Hauptumrisse andeuten, und der HErr Selbst lehre Sein Volk, daraus Nutzen zu ziehen.

a) Verschiedenheit beim Opfertier

Die erste Eigentümlichkeit, welche bei dem Sünopfer hervortritt, nehmen wir in Bezug auf das O p f e r t i e r wahr. Beim Brandopfer haben wir dies auch gefunden, doch sind beim Sünopfer noch viel mehr Abstufungen genannt. Daraus ersehen wir, dass die Bedeutung des Opfers Christi unter sehr vielen Gesichtspunkten erfasst werden kann. Bei dem Brandopfer beschränkte sich das Opfer auf einen F a r r e n , ein L a m m, eine Z i e g e oder eine T u r t e l t a u b e (3Mo 1.) Hier bei dem Sündopfer aber durfte man als geringste Gabe sogar Semmelmehl darbringen (3Mo 4:23.28.32 und 3Mo 5:11). So lesen wir: "Vermag er aber nicht zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben, so brnge er für seine Sünde sein Opfer, einen zehnten Teil Epha Semmelmehl zum Sündopfer. Er soll aber kein Öl darauf legen, noch Weihrauch darauf tun; denn es ist ein Sündopfer."

Wir haben bereits die Bedeutung dieser verschiedenen Sinnbilder betrachtet; ich brauche daher nur auf sie hinzuweisen. Bei dem Sündopfer wie bei dem Brandopfer finden wir verschiedene Auffassungen in Bezug auf das Wesen des Opfers. Der eine erblickt die willige Arbeit, ein anderer die Ergebung, ein dritter die Unschuld des Opfers, welches Jehovah dargebracht wird. Bei dem Sündopfer aber finden wir noch niedere Anschauungen, von denen die geringste, wie wir schon gesehen haben, einem Speiseopfer ähnlich ist. Die Lösung ist leicht. Wie wir es bei den vorhergehenden Opern sahen, dass ohne Ausnahme in den niederen Anschauungen eine Unklarheit, beinahe Verwirrung stattfand, so ist es auch hier: auf der niedrdigsten Stufe gleicht das Sündopfer dem Speiseopfer. Der Gedanke ist beinahe der, welcher dem Speiseopfer zugrunde liegt, doch wird es als für die Sünde dargebracht angesehen. Dies wird ausdrücklich erwähnt; obgleich nur aus Mehl bestehend, ist es ein S ü n d o p f e r (3Mo 5:11).

Wie genau diese Eigentümlichkit in dem Vorbild die Art und Weise, in welcher etliche das Opfer betrachten, bezeichnet, wird am besten von denjenigen verstanden, welche sich von Kraft zu Kraft entwickelt haben. Sie wissen, wie vielfach Christus Selbst von denen, die Ihn lieb haben, doch nur stückweise erkannt wird. Etliche sehen den Schmerz und die Pein, die Christus litt, sie sehen das Zermahlenwerden, Zerquetsch- und Ausgepresstwerden des Speiseopfers und denken darin habe das Tragen der Sünde bestanden. Sie können nicht zwischen den Pruüfungen und dem Fluch unterscheiden. Sie sehen freilich ein Leben des Leidens, aber sie sehen nicht den für sie Verfluchten. Doch erkennen sie, dass ein Dulder sich aufopfert, und obgleich ihnen viele Punkte in Seinem Opfer verloren gehen, so verstehen sie doch, dass es um der Sünde willen dargebracht worden ist. Wie viel geht bei so einseitiger Anschauung des Opfers Christi von dessen Zweck und Wesen verloren!

2. Die Person des Opfernden

Eine weitere Verschiedenheit, die wir bemerken, betrifft die P e r s o n des O p f e r n d e n. Wir sehen hier den Priester, die Gemeinde, den Fürsten, den gemeinen Israeliten. Der Reihenfolge nach tritt uns zuerst das Sündopfer für den P r i e s t e r entgegen (3Mo 4:3-12), sodann das Sündopfer für eine S e e l e aus dem gemeinen V o l k (3Mo 4:27-35) und endlich das Sündopfer für besondere Sünden (3Mo 5:1-13), bei welchem die Person des Opfernden außer acht bleibt, wogegen aber die bestimmte T a t , um deren willen er opfert, deutlicher gesehen wird. Hier fällt der Unterschied zwischen dem Sünd- und Schuldopfer beinahe weg.

Was hat aber die Verschiedenheit in der P e r s o n die das O p f e r bringt, zu bedeuten? Wir dürfen uns nur daran erinnern, was diese Verschiedenheiten darstellen. Sie bedeuten nur, wie wir dies genügend gesehen haben, verschiedene Erkenntnisgrade. Bei dem Brand-, Speise- und Dankopfer sind uns die Mannigfaltigkeiten in dem Opfer schon bekannt geworden, und wir sahen, dass sie das verschiedene Maß der Erkenntnis bedeuten, welche man über den Wert und das Wesen des Opfers gewinnen kann. Auf dieselbe Weise stellen die Verschiedenheiten, welche bei dem Sündopfer über die P e r s o n des O p f e r n d e n bemerkt werden, verschiedene Anschauungen über den dar, der das Opfer bringt. Natürlich ist hier, wie anderswo, Christus der Opfernde, der Mensch unter dem Gesetz, unserer Stellvertreter, der mit dem Bekenntnis seiner Sünde vor Gott tritt. Als solcher kann Er jedoch in sehr verschiedener Weise gesehen werden. Im ersten Fall wird der Opfernde z.b. als Priester gesehen, d.h. als die Person, welche als Vertreter einer F a m i l i e oder G e m e i n d e dasteht. In anderen Fällen sieht man den Opfernden als "eine Seele vom gemeinen Volk" als einen, der einfach nur als Vertreter einer e i n z e l n e n Person dasteht. In den allerniedrigsten Graden wird die Person des Opfernden ganz aus den Augen verloren; es wird weder eine einzelne Person noch eine Gemeinde gesehen, und die Sünde, für die er opfert, ist beinahe das einzige, was erkannt wird.

Doch lasst uns hier etwas eingehender den genauen Unterschied beachten, der mit diesen einzelnen Anschauungen von dem Opfernden bezweckt wird; und damit wir den Gegensatz noch deutlicher sehen, stellen wir einen Augenblick die höheren und niederen Grade des Sündopfers nebeneinander.

Zu der ersten Klasse ist der Opfernde der "Priester, der gesalbt ist"; in der folgenden "die ganze Gemeinde"; und in einer niederen Klasse (wie groß ist hier der Gegensatz) ist der Opfernde "eine Seele vom gemeinen Volk". Der "Priester, der gesalbt ist," und "die ganze Gemeinde" sind Bilder, die jedem Christen bekannt sind. "Der gesalbte Priester", das Haupt der priesterlichen Familie und der Mittler zwischen Gott und Menschen, ist das Vorbild Jesu als Haupt einer priesterlichen Familie und auch als Mittler der auserwählten Gemeinde Gottes. In diesem Fall steht Christus, welcher das Sündopfer darbringt, als Haupt der Gemeinde oder als deren von Gott bestimmter Mittler. Sein Opfer wird nicht nur als Sühne für diese oder jene einzelne Persönlichkeit, sondern in Verbindung mit einer ganzen Familie oder einem Volk erblickt.

In der folgenden Stufe opfert "die Gemeinde". Diese Gemeinde stellt die Kirche Christi dar. Hier verlieren wir den Priester, als mit unter der Schuld der Sünder Israels stehend, aus den Augen; dies ausgenommen, aber ist das Opfer der Gemeinde beinahe gleichbedeutend mit dem vorigen. Der Punkt, der in diesen beiden Fällen besonders hervortritt, ist, dass die Sünde und die Versöhnung, welche geschieht, nicht nur eine Person betrifft, sondern ganz Israel. Beachten wir nun den Gegensatz. In den niederen Stufen ist der Opfernde eine Privatperson, "eine Seele vom gemeinen Volk", und seine Sünde und die Versöhnung, die für dieselbe geschieht, geht ihn allein an. Die Gläubigen, welche das Sündopfer am tiefsten erfassen, erkennen, dass es nicht sie allein angeht, sondern auch den Priester und ganz Israel. Die, welche eine geringere Erkenntnis davon haben, sehen es nur als für sie selbst geschehen an. Das Interesse das der Hohepriester oder Israel daran haben, wird von ihnen ganz übersehen.

Die Erkenntnis, welche also etliche von Christo als dem Sündopfer haben, ist die, dass sie einen sehen, der in seiner Person die ganze Gemeinde darstellt, wobei die Gemeinde entweder als Familie des Priesters oder als das ganze Israel gedacht wird. Andere wiederum sehen Ihn als das Haupt eines Stammes, "den Fürsten"; ín diesem Fall wird die Einheit der Gemeinde aus den Augen verloren. Eine viel größere Anzahl Christen aber erkennt von alle dem nichts, denn sie sehen in Christo, dem Sündopfer, nur den, der sie persönlich vertritt. Noch andere, deren Erkenntnis noch schwächer ist, sehen überhaupt nur, dass Er für die Sünde eingetreten ist. Diese Abstufung in der Erkenntnis und Erfahrung wird reiferen Christen schon aufgefallen sein.

So viel von der Verschiedenheit in der Person bei Opfernden und von ihrer Bedeutung - wenn ich sie recht verstehe. Wir haben nur die Umrisse berührt, die Einzelheiten aber sind ebenfalls sehr lehrreich. Wenn genug geistliches Verständnis vorhanden ist, tiefer einzudringen wird dies unserer Seele reichen Gewinn bringen. Gerade wie jede Verschiedenheit bei dem O p f e r - ich meine den Unterschied zwischen einem Farren einem Lamm oder einer Turteltaube - uns einen Zug des Werkes Christi vor Augen stellt, so finden wir auch hier in jeder der Verschiedenheiten bei dem, der das Opfer bringt, einen neuen Gedanken über die Person Christi. Ich will jedoch nicht näher darauf eingehen, dieselben zu betrachten, nicht weil ich an ihrem Wert zweifle, sondern weil ich fürchte, zu weitläufig werden zu müssen.

3. Unterschiede beim Blut

Ein dritter Punkt, den wir nun berühren wollen, bezieht sich auf " das B l u t". Bei den höheren Stufen wurde das Blut auf den Räucheraltar gesprengt (3Mo 4:25.30.34). Ich fürchte, es wird unmöglich sein, dies für solche verständlich zu machen, welche niemals die vorbildliche Bedeutung der Bestandteile der Stiftshütte studiert haben. Zweierlei muss wenigstens erkannt werden: erstens die Bedeutung dieser Altäre, sodann ihre Besprengung.

Was die Altäre betrifft, so war der eine golden, der andere ehern. Der eherne stand in dem äußeren Vorhof der Gemeinde, der andere, der goldene, stand im Heiligen, das bekanntlich von niemandem außer dem Priester betreten werden durfte. Der äußere Vorhof mit seinem ehernen Altar und Handfass stellt die Erde dar und die Arbeit, welche für Gott verrichtet wird. Das Heilige mit dem goldenen Räucheraltar bildet uns die himmlischen Stätten ab mit dem Dienst, der dort geschehen soll. Auf dem ehernen Altar wurden die Opfer Israels dargebracht. jeder Israelit durfte, wenn er rein war, sich nähern und selbst opfern (2Mo 29:36-43). Aber zu dem goldenen Altar durften allein die Priester nahen, und es wurde nichts darauf gebracht, als nur der wohlriechende Weihrauch (2Mo 30:1-10). Die Stellung und der Gebrauch dieser Altäre und die Hinweisungen auf dieselben im Neuen Testament (Hebr 13:10-16 - Offb 8:3.4) dienen sämtlich dazu, deren vorbildliche Bedeutung klarzumachen. Der eine Altar zeigt uns etwas von dem Dienst der Gemeinde auf Erden und der andere von ihrem Dienst als Priester in den himmlischen Stätten.

So viel über die Altäre Was nun das Blutsprengen anbelangt, so brauche ich kaum zu sagen, dass es immer auf die Versöhnung durch das Opfer hinweist. Es bedeutet, dass die besprengte Sache oder Person durch das Blut aus einem Zustand der Entfernung von Gott in einen Zustand des Naheseins gebracht wird. Das Blutsprengen auf den Räucheraltar bedeutete also, das man demselben nicht nahen durfte, ohne Blut zu sprengen; ferner, dass folglich ohne diese Besprengung aller priesterliche Dienst und daher aller Dienst jeglicher Art zwischen Gott und Israel gehemmt war. Dasselbe galt auch von dem ehernen Altar. In beiden Fällen sieht man, dass durch die Sünde die Gemeinschaft mit Gott unterbrochen ist; in dem einen Fall die Gemeinschaft der Priester, in dem andern die Gemeinschaft Israels. Das Blutsprengen aber beweist, dass die Gemeinschaft durch das Sündopfer wieder hergestellt ist und zwar auf dem goldenen Räucheraltar für die Priester und auf dem ehernen für Israel.

Die Bedeutung des Unterschiedes, den wir betrachten, wird jetzt deutlich genug sein, denke ich. An den höheren Stufen, wo bemerkt wird, dass der Räucheraltar der Besprengung bedarf, sieht man, dass die Folgen der Sünde sehr weit gehen, denn es wird die Unterbrechung der Gemeinschaft nicht nur von Menschen auf Erden empfunden, sondern auch von Priestern bei ihrem Zutritt zu Gott. An den niederen Stufen dagegen, zum Beispiel bei der Seele "vom gemeinen Volk", sieht man nicht, dass die Sünde die Gemeinschaft der ganzen Gemeinde mit Gott unterbrochen hat, denn es wird nicht bemerkt, wie der Priester und Israel mit darin verflochten sind, es dreht sich vielmehr alles um das eigene Ich. Mit einem Wort, es werden auf den unteren Stufen sowohl die Folgen der Sünden, als auch das genugsame Gegenmittel nur teilweise erkannt. Es wird freilich die Notwendigkeit der persönlichen Annahme und Versöhnung zugegeben und diese Annahme und Versöhnung auch angeeignet, dass aber die Gemeinde als Ganzes der Versöhnung bedarf, ja dieselbe schon besitzt, bleibt unerkannt und doch wenigstens unbeachtet. Demgemäß richtet sich das Urteil über die Ausdehnung des Bösen, das durch die Sünde verursacht wird, genau nach der Tiefe der Anschauung, die man über die Tragweite der Versöhnung hat. Nur derjenige, welcher erkannte, dass der Altar der Priester durch das Blut des Sündopfers erst zum Gottesdienst geweiht wurde, erkannte auch, dass überhaupt die Gemeinschaft des Altars durch die Sünde unterbrochen war. So ist alles allenthalben. Je tiefer die Erkenntnis von der Wirksamkeit des Blutes ist, desto tiefer wird auch das Verständnis für das sein, wovon es uns erlöst.

Doch können wir noch eingehender über diesen Punkt sprechen. In dem fünften Kapitel, welches uns die geringsten Grade des Sündopfers zeigt, wird weder der eine, noch der andere Altar genannt3. Alles, was bemerkt wird, ist, dass der Priester eine Versöhnung vollbracht hat; die Altäre und ihre Wiederherstellung zum Dienst werden vergessen. Dies ist leider bei vielen heutzutage der Fall. Dass eine Versöhnung für die Sünde geschehen ist, das wissen sie, und sie sind auch dankbar dafür, was aber die richtige Erkenntnis der verschiedenen Altäre anbelangt, oder in wie fern ihr Gebrauch durch die Sünde behindert und durch das Sündopfer wieder hergestellt ist, davon wissen sie nicht nur nichts, sondern verurteilen auch solche Dinge als unwichtig und unnötig. Derselbe Geist, der den Toren sprechen lehrt: "Es ist kein Gott", verleitet sogar Christen zu sagen: "Vieles, was Er getan, hat keinen Wert für uns."

3 3Mo 5:6 "Er soll für seine Schuld dieser seiner Sünde, die er getan hat, dem HErrn bringen von der Herde eine Schaf- oder Ziegenmutter zum Sündopfer; so soll ihm der Priester seine Sünde versöhnen. Hier ist von keinem Altar die Rede.

4. Das Fett im Sündopfer