Zur biblischen Beurteilung von Gegenwart und Zukunft: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche
(Verhüllung und Enthüllung)
(Verhüllung und Enthüllung)
Zeile 120: Zeile 120:
 
Nicht j e d e  Prophetie it in Bildersprache geschrieben. So ist beispielsweise die Ausführung des Paulus über die letzten großen Ziele Gottes 1Kor 15:21-28 in ganz  k l a r e n  Sätzen ohne Bild gegeben. Was ist nun wohl der Grund, weshalb das letzte Buch der Bibel in solchem Ausmaß  B i l d e r sprache verwendet?  E i n  Grund mag der gewesen sein, dass manches am wiessagenden Wort absichtlich bis zu einer gewissen Zeit hat verhüllt bleiben sollen, und zwar für Freund und Feind. Noch nach dreijähriger Unterweisung an seine Jünger hat der Herr am Vorabend seiner Passion gesagt: „Ich  hätte euch noch viel  zu sagen, aber ihr könnet es jetzt noch nicht tragen.“ Es ist wohl möglich, dass auch Johannes selber, wie früher Daniel, vieles von dem, was er in Bildern zu sehen bekam, in seiner eigentlichen Bedeutung noch nicht verstand. Ebenso ist es wohl möglich, dass auch die  e r s t e n Leser der Offenbarung nicht imstande gewesen wären, den g a n z e n Inhalt dieses Buches, so wir  w i r ihn jetzt schon begreifen, zu ertragen. In diesem Sinn ist die teilweise V e r h  ü l l u n g der Prophetie durch die Bildersprache unter dem Zeichen der Freundlichkeit Gottes gestanden, ähnlich wie der Herr am Tag seiner Himmelfahrt auf eine Frage der Jünger nur eine  z u r ü c k h a l t e n d e  Antwort gegeben hat. Aber nicht nur die erste C h r i s t e n h e i t , sondern noch weniger die M a c h t h a b e r  der damaligen Welt haben dieses Buch schon verstehen sollen.. Hätten sie es verstanden, so wären sie wohl gegen die Christenheit noch mehr eingeschritten, als sie es in den Verfolgungszeiten sowieso taten. So hat die Verhüllung durch die Bildersprache auch zum S c h u t z  der Gemeinde dienen müssen. In dieser Hinsicht ist beispielsweise ein Gedanke, den namentlich die zeitgeschichtliche Auffassung der Offenbarung vertritt, ,nicht ohne weiteres zu verwerfen, dass nämlich das Wort „Babel“  sinnbildlich  zu verstehen sei oder wenigstens sinnbildlich verstanden werden d ü r f e. Wahrscheinlich haben die ersten Leser des Buches unter „Babel“ das kaiserliche Rom verstanden, von dem sie seit Neros Zeit schwer bedrängt waren; auch zur Zeit, das die Offenbarung des Johannes entstand.  Wahrscheinlich wird ihre Abfassungszeit etwa in das Jahr 95 nach Christi Geburt fallen, in die Zeit des Kaisers Domitian, der ebenfalls ein Verfolger der Christenheit war, nur in milderem Maße. Dass Johannes sein Buch auf der Insel Patmos geschrieben hat, rührt vielleicht davon her, dass er wegen seines Christenstands und als Führer der Gemeinden dorthin verbannt worden war. Tatsächlich ist ja auch das kaiserliche Rom durch die von ihm in das römische Reich hinausströmenden Verderbensmächte zu einer „Hure“ geworden, die einen unheimlichen verführerischen Einfluss auf die im römischen Reich  zusammengefasste Völkerwelt ausgeübt hat. Ebenso trifft auf Rom auch die Bemerkung in Offb 17:9 wortwörtlich zu, dass es auf sieben „Bergen“ sitze. Wäre nun alles, was in den Kapiteln [[Offb 14]], [[Offb 17]] und [[Offb 18]] von B a b e l  ausgesagt wird, mit dem jedermann verständlichen Wort „Rom“ bezeichnet worden, dann hätte ein Bekanntwerden dieses Buchs in den Regierungskreisen Roms für die Christenheit schlimme Folgen  haben können. -
 
Nicht j e d e  Prophetie it in Bildersprache geschrieben. So ist beispielsweise die Ausführung des Paulus über die letzten großen Ziele Gottes 1Kor 15:21-28 in ganz  k l a r e n  Sätzen ohne Bild gegeben. Was ist nun wohl der Grund, weshalb das letzte Buch der Bibel in solchem Ausmaß  B i l d e r sprache verwendet?  E i n  Grund mag der gewesen sein, dass manches am wiessagenden Wort absichtlich bis zu einer gewissen Zeit hat verhüllt bleiben sollen, und zwar für Freund und Feind. Noch nach dreijähriger Unterweisung an seine Jünger hat der Herr am Vorabend seiner Passion gesagt: „Ich  hätte euch noch viel  zu sagen, aber ihr könnet es jetzt noch nicht tragen.“ Es ist wohl möglich, dass auch Johannes selber, wie früher Daniel, vieles von dem, was er in Bildern zu sehen bekam, in seiner eigentlichen Bedeutung noch nicht verstand. Ebenso ist es wohl möglich, dass auch die  e r s t e n Leser der Offenbarung nicht imstande gewesen wären, den g a n z e n Inhalt dieses Buches, so wir  w i r ihn jetzt schon begreifen, zu ertragen. In diesem Sinn ist die teilweise V e r h  ü l l u n g der Prophetie durch die Bildersprache unter dem Zeichen der Freundlichkeit Gottes gestanden, ähnlich wie der Herr am Tag seiner Himmelfahrt auf eine Frage der Jünger nur eine  z u r ü c k h a l t e n d e  Antwort gegeben hat. Aber nicht nur die erste C h r i s t e n h e i t , sondern noch weniger die M a c h t h a b e r  der damaligen Welt haben dieses Buch schon verstehen sollen.. Hätten sie es verstanden, so wären sie wohl gegen die Christenheit noch mehr eingeschritten, als sie es in den Verfolgungszeiten sowieso taten. So hat die Verhüllung durch die Bildersprache auch zum S c h u t z  der Gemeinde dienen müssen. In dieser Hinsicht ist beispielsweise ein Gedanke, den namentlich die zeitgeschichtliche Auffassung der Offenbarung vertritt, ,nicht ohne weiteres zu verwerfen, dass nämlich das Wort „Babel“  sinnbildlich  zu verstehen sei oder wenigstens sinnbildlich verstanden werden d ü r f e. Wahrscheinlich haben die ersten Leser des Buches unter „Babel“ das kaiserliche Rom verstanden, von dem sie seit Neros Zeit schwer bedrängt waren; auch zur Zeit, das die Offenbarung des Johannes entstand.  Wahrscheinlich wird ihre Abfassungszeit etwa in das Jahr 95 nach Christi Geburt fallen, in die Zeit des Kaisers Domitian, der ebenfalls ein Verfolger der Christenheit war, nur in milderem Maße. Dass Johannes sein Buch auf der Insel Patmos geschrieben hat, rührt vielleicht davon her, dass er wegen seines Christenstands und als Führer der Gemeinden dorthin verbannt worden war. Tatsächlich ist ja auch das kaiserliche Rom durch die von ihm in das römische Reich hinausströmenden Verderbensmächte zu einer „Hure“ geworden, die einen unheimlichen verführerischen Einfluss auf die im römischen Reich  zusammengefasste Völkerwelt ausgeübt hat. Ebenso trifft auf Rom auch die Bemerkung in Offb 17:9 wortwörtlich zu, dass es auf sieben „Bergen“ sitze. Wäre nun alles, was in den Kapiteln [[Offb 14]], [[Offb 17]] und [[Offb 18]] von B a b e l  ausgesagt wird, mit dem jedermann verständlichen Wort „Rom“ bezeichnet worden, dann hätte ein Bekanntwerden dieses Buchs in den Regierungskreisen Roms für die Christenheit schlimme Folgen  haben können. -
  
Der e i g e n t l i c h e Grund aber für die Bildersprache der Offenbarung wird wahrscheinlich ein anderer sein. Worüber die Offenbarung Kunde zu geben  hatte, das war die o b e r e , jetzt schon vorhandene Welt Gottes und das k o m m e n d e  Reich und die n e u e  Welt; und ebenso die dem Reich Gottes v o r a n gehenden, jetzt noch kaum vorstellbaren schweren Ereignisse und Zustände. Um das darzustellen, dazu reicht unser jetziges Begriffs- und Sprachvermögen  n i c h t  aus.  V o l l s t ä n d i g kann es also mit den Mitteln unserer jetzigen irdischen Sprache gar nicht wiedergegeben werden. Und doch hat es ausgesprochen werden s o l l e n. Da gab es e i n e n  Ausweg, nämlich das schwer B e s c h r e i b bare wenigstens a n zudeuten. Das Mittel hierfür ist die gleichnisweise und bildhafte Rede. Die letztere ist nicht erst in der Offenbarung des Johannes verwendet worden, sondern schon in den alttestamentlichen, prophetischen Schriften. Mit jenen Propheten hat Gott nicht nur g e r e d e t, er hat sie auch vieles s e h e n  lassen. Das erstere wird meistens so eingeleitet: „So s p r i c h t  der Herr!“ Was sie  s e h e n  durften, nennt man ein „Gesicht“. Sowohl unser Auge wie auch unser Wort kann nur mit dem Sichtbaren und zeitlichen Auge arbeiten.  Darum bleibt auch das prophetische Wort in unserem irdisch-zeitlichen Stand immer noch ein S t ü c k werk (s. [[1Kor 13:9]]). Deshalb heißt es in jenem Kapitel auch im Blick auf die Prophetie: „wenn aber kommen wird das V o l l k o m m e n e , dann wird das Stückwerk aufhören“ ([[1Kor 13:10]]). Es sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass der Herr in seinen irdischen Tagen genötigt war, die Geheimnisse des Himmelreichs in G l e i c h n i s s e n  darzustellen. Und sogar wenn er sich in klaren Worten aussprach, hatte er noch die Empfindung von etwas Gleichnishaftem in seiner Rede. Darum hat er noch am letzten Abend zu den Jüngern gesagt (Joh 16:25): „Solches habe ich in S p r i c h w ö r t e  n  zu euch geredet; es kommt aber die Zeit, da ich euch f r e i  heraus verkündigen werde von meinem Vater.“
+
Der e i g e n t l i c h e Grund aber für die Bildersprache der Offenbarung wird wahrscheinlich ein anderer sein. Worüber die Offenbarung Kunde zu geben  hatte, das war die o b e r e , jetzt schon vorhandene Welt Gottes und das k o m m e n d e  Reich und die n e u e  Welt; und ebenso die dem Reich Gottes v o r a n gehenden, jetzt noch kaum vorstellbaren schweren Ereignisse und Zustände. Um das darzustellen, dazu reicht unser jetziges Begriffs- und Sprachvermögen  n i c h t  aus.  V o l l s t ä n d i g kann es also mit den Mitteln unserer jetzigen irdischen Sprache gar nicht wiedergegeben werden. Und doch hat es ausgesprochen werden s o l l e n. Da gab es e i n e n  Ausweg, nämlich das schwer B e s c h r e i b bare wenigstens a n zudeuten. Das Mittel hierfür ist die gleichnisweise und bildhafte Rede. Die letztere ist nicht erst in der Offenbarung des Johannes verwendet worden, sondern schon in den alttestamentlichen, prophetischen Schriften. Mit jenen Propheten hat Gott nicht nur g e r e d e t, er hat sie auch vieles s e h e n  lassen. Das erstere wird meistens so eingeleitet: „So s p r i c h t  der Herr!“ Was sie  s e h e n  durften, nennt man ein „Gesicht“. Sowohl unser Auge wie auch unser Wort kann nur mit dem Sichtbaren und zeitlichen Auge arbeiten.  Darum bleibt auch das prophetische Wort in unserem irdisch-zeitlichen Stand immer noch ein S t ü c k werk (s. [[1Kor 13:9]]). Deshalb heißt es in jenem Kapitel auch im Blick auf die Prophetie: „wenn aber kommen wird das V o l l k o m m e n e , dann wird das Stückwerk aufhören“ ([[1Kor 13:10]]). Es sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass der Herr in seinen irdischen Tagen genötigt war, die Geheimnisse des Himmelreichs in G l e i c h n i s s e n  darzustellen. Und sogar wenn er sich in klaren Worten aussprach, hatte er noch die Empfindung von etwas Gleichnishaftem in seiner Rede. Darum hat er noch am letzten Abend zu den Jüngern gesagt ([[Joh 16:25]]): „Solches habe ich in S p r i c h w ö r t e  n  zu euch geredet; es kommt aber die Zeit, da ich euch f r e i  heraus verkündigen werde von meinem Vater.“
 +
 
 +
Was seither gesagt worden ist, das ist nun auf zwei Ausdrücke anzuwenden, die einen großen Teil des ganzen Buches bestimmen, nämlich auf die Ausdrücke „Siegel“ und „Posaunen“.  Was ist damit gemeint? Was die „Siegel“ besagen sollen, das ist aus [[Offb 5]] zu entnehmen. Dort berichtet Johannes, wie dem erhöhten Herrn eine mit Siegeln verschlossene Schriftrolle in die Hand gegeben wurde, die nur Er selber öffnen konnte.  Die Öffnung erfolgte durch Ablösung der Siegel.
 +
 
 +
Es ist nun die Frage, was der I n h a l t  der Schriftrolle war. Die meisten Ausleger der Offenbarung nehmen als deren Inhalt die Ereignisse b i s  zur Wiederkunft Christi an und denken sich den Verlauf so, dass bei der Ö f f n u n g  der Siegel der Inhalt der Schriftrolle v e r w i r k l i c h t  werde.  Ob aber die Schriftrolle nicht das Reich Gottes s e l b e r  und das n e u e  Werk Gottes zum Inhalt hatte? D a rauf geht doch das ganze Sehnen der Christenheit! Was  v o r der Wiederkunft  Christi geschehen  muss, das ist nur die V o r a u s s e t z u m g für das Offenbarwerden des Königs und für die Aufrichtung des Reiches Gottes. Das muss freilich a u c h geschehen.  Aber es ist noch nicht das E n d e  und  das Z i e l  der Wege Gottes. Das war auch in der Weissagung Daniels das Wichtigste, nämlich die Aufrichtung des Reiches G o t t e s.
 +
 
  
Was seither gesagt worden ist,
 
 
<br/><br/>
 
<br/><br/>
  

Version vom 29. Dezember 2020, 18:23 Uhr

Abschrift des Buches: Zeitenwende
Eine Bibelhilfe aus dem Danielbuch

Verfasser: Georg Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach)
Verlag: Wilhelm Fehrholz Baden-Baden (1947)

Siehe weitere interessante Bücher unter: Abschriften

Inhaltsverzeichnis
Einführung
I. Die Wende zur Zeit Daniels
II. Das Vorbildliche an der Haltung Daniels
III. Die Prophetie Daniels

2. Teil:
Daniels Wort zur christlichen Zeitwende

In Bearbeitung

IV. Zur biblischen Beurteilung von Gegenwart und Zukunft

Deren Grundzüge mit praktischen Schlussfolgerungen

Am Schriftwort wird die Frage nach der Gegenwart wach. Wie ist die letztere zu verstehen? Eine Antwort bis in die Einzelheiten hinein kann nicht gegeben werden. Der Einzelverlauf des weiteren Geschehens ist der Macht Gottes und seines Christus vorbehalten. Aber d i e Antwort wird gegeben werden dürfen: Die Gegenwart ist eine Zeit w e n d e ; noch besser gesagt: eine Zeit e n wende. Das vierte Weltreich, von dem Daniel gesprochen hat ist schon längst an der Reihe. Wahrscheinlich geht es seinem Höhepunkt und Ausgang entgegen. In der Offenbarung des Johannes ist nur n och von einem verhältnismäßig kurz währenden weiteren 7. Tierkopf die Rede. Es ist wohl möglich, dass darunter die Erweiterung der seitherigen Weltreiche zu einem zusammenhängenden Welt g a n z e n zu verstehen ist, das aber nicht mit dem Reich Gottes verwechselt werden darf, sondern unter der Wirkung des „Fürsten dieser Welt“ steht. Es wurde schon als ein Hauptmerkmal des gegenwärtigen Geschehens bezeichnet, dass es sich zu W e l t geschehen erweitert hat. W i e der Fortgang des Geschehens weiter verläuft, das hängt von der Regierung Gottes ab, die auch das Wirken des Fürsten dieser Welt umfasst und in das große Endziel aller Wege Gottes einordnet. W i e l a n g e es währen wird, bis die Reiche dieser Welt - um mit einem Wort aus der Offenbarung des Johannes zu reden - unseres Gottes und seines Christus geworden sind, das ist menschlichem Blick verborgen. Worauf es noch m e h r ankommt als auf vollständige E i n b l i c k e , das ist die richtige S t e l l u n g zu dem allem. Die besteht im Warten und Bereitsein. Das Warten befasst eine doppelte Haltung in sich: einmal die Bereitschaft auf einen r a s c h e n Übergang, auf der anderen Seite das A u s h a r r e n , wenn Gottes Stunde verzieht. „Wartet u n d eilet auf die Zukunft des Tages des Herrn!“ (2Petr 3:12). Im einzelnen gilt es: wirken, solange es Tag ist; die Zeit auskaufen; zunehmen im Glauben, Lieben und Hoffen; Gott und den Herrn Christus m e h r fürchten und lieben als alles andere; nicht aufgeben in den Dingen dieser Weltzeit, weder in den Befürchtungen noch in den Hoffnungen; bei allem tätigen in Welt stehen, und Zeit sich inwendig von beiden loslösen lassen; bereit werden, den Kreuzesweg zu gehen und zu leiden; fröhlich sein in Hoffnung, geduldig in Trübsal, anhalten im Gebet; und die ganz große Liebe sich schenken lassen für den engeren und weiteren Umkreis u n d nach oben. Zum Schluss ein Wort des Apostels Paulus, das mit dem Fortschreiten der Zeit noch mehr Gültigkeit hat als damals: „Das sage ich euch, liebe Brüder, die Zeit ist zusammengeballt. Weiter ist das die Meinung: die da Frauen haben, dass sie seien, als hätten sie keine; die da weinen, als weinten sie nicht; die sich freuen, als freuten sie sich nicht; und die kaufen, als besäßen sie es nicht; und die die Welt gebrauche, dass sie dieselbe nicht missbrauchen; denn das ganze Gefüge dieser Welt ist im Vergehen begriffen. (1Kor 7:29-31).

„Hebet eure Häupter empor, darum dass sich eure Erlösung naht!“ (Lk 21:28).

„V o n ihm, d u r c h ihn und z u ihm sind alle Dinge, Ihm sei Ehre in Ewigkeit!“ (Röm 11:36):*

Anmerkung 46:

Randbemerkungen zu Gegenwart und Zukunft
* Die vorstehenden Bemerkungen waren absichtlich kurz gehalten und mündeten in praktische Schlussfolgerungen aus. Und doch drängt die äußere und inner Not der Zeit zu weiterem Forschen. Ein solches sei versucht in den folgenden Randbemerkungen.

Die d e u t s c h e Gegenwart als Mahnmal der Endzeit

Zunächst einiges zur d e u t s c h e n Gegenwart, und zwar, wie die letztere ein Mahnmal ist für uns selber wie für die Welt. Es sei ausdrücklich gesagt, dass ein solcher Versuch eine h e r z b e w e g e n d e Sache ist, und dass es ein V e r s u c h ist. Es gibt ja auch ein n e u g i e r i g e s Forschen in den Zeiten, das k e i n e Verheißung hat. Und wie leicht kann sogar ernsthaftes Forschen daneben greifen! Aber gerade drangvolle Zeiten legen das Forschen nahe.

Psalm 77:7

So ging es dem Verfasser des 77. Psalms: „mein Geist muss forschen“. Was Asaph im Blick auf das alttestamentliche Gottesvolk gefragt hat, das dürfen wir angesichts der deutschen Not der Gegenwart in abgestuftem Maß gleichfalls fragen. Unsere Not ist ebenfalls nicht nur äußerer, sondern ebenso innerer Art und reicht bis in die letzten Tiefen. „Wird der Herr ewiglich verstoßen und seine Gnade mehr erzeigen? Ist’s denn ganz und gar aus mit seiner Güte und hat die Verheißung ein Ende? Hat Gott vergessen, gnädig zu sein und seine Barmherzigkeit vor Zorn verschlossen?“ (Ps 77:8-10). Eine Erkenntnis die sich dem Psalmisten bei seinem Forschen aufschloss und tief einprägte war die: „Gott, dein Weg ist heilig!“ (Ps 77:14).

Eine Jahrwoche in der jüngsten deutschen Vergangenheit

Ja, so ist es ! Auch der Weg, den Gott mit unserem d e u t s c h e n Volk und mit dessen Gliedern gegangen ist und geht, ist heilig. Was hat Deutschland erlebt? Einen Z u s a m m e n b r u c h ! Es ist bereits der zweite in wenigen Jahrzehnten. Aber der jetzige ist ungleich größer und greift viel tiefer als der im Jahr 1918. Im Frühjahr viel tiefer als der im Jahr 1918. Im Frühjahr 1945 kam der zweite Weltkrieg zum Abschluss, in dessen Mittelpunkt Deutschland handelnd und leidend gestanden ist. Das war nicht nur der Abschluss des Krieges selber, sondern das Ende eines Regierungssystems, wie es Deutschland vorher noch nie erlebt hatte. Ist 1945 aber nur der Schlussstrich unter das Jahr 1 9 3 3 ? Darf oder muss nicht gesagt werden: bis zu einem gewissen grad auch der Abschluss der g a n z e n seitherigen deutschen Geschichte?

Eine Beobachtung hat sich dem Verfasser aufgedrängt, die er zum Nachforschen vorlegt. In der Weissagung Daniels hat im Blick auf die Endzeit die Jahrwoche eine große Bedeutung, und zwar mit deren Teilung in zwei Hälften von je 3 1/2 Jahren. In einem solchen Zeitraum mit der gleichen Zweiteilung war der letzte Abschnitt der deutschen Geschichte eingebettet. Ob das nicht ein Wink ist, dass Gott seinen heiligen Gang auch durch die d e u t s c h e Geschichte gemacht hat? Kann vielleicht noch m e h r gesagt werden: dass nämlich das deutsche Geschehen der letzten Jahre in gewissem Maß ein Auftakt war zum E n d geschehen, ohne dass damit die zeitliche Entfernung bis zu letzteren benannt werden soll?

Aber inwiefern kann in Blick auf den letzten Abschnitt der deutschen Geschichte von einem Zeitraum von s i e b e n Jahren gesprochen werden, wo doch der Krieg eine nicht ganz s e c h s jährige Dauer gehabt hat? Um das aufzuzeigen, ist ein näheres Eingehen auf den jüngsten Abschnitt der deutschen Geschichte erforderlich, so schmerzlich auch ein solche Rückerinnerung sein mag.

W a s kam 1945 zum Abschluss? Der zweite Weltkrieg. Ja, aber noch m e h r : die neuen Entwicklung Deutschlands seit 1933, die unter dem inneren und äußeren Regiment e i n e s Mannes stand, der aus unbekannten Tiefen zu schwindelnder Höhe emporstieg. Wohl waren diese 12 Jahre Deutschlands die Fortsetzung seiner f r ü h e r e n Geschichte; aber trotzdem waren sie etwas völlig N e u e s. In die Geschichte Deutschlands bestimmend e i n g e g r i f f e n hat dieses Neue am 30. Januar 1933. Zwölf Jahre nachher erfolgte der ebenso sichtbare Zusammenbruch dieses Neuen, wieder spürbar bis ins letzte Dorf. Genau nach zwölf Jahren war das „tausendjährige Reich“ zusammengebrochen. Auch „zwölf“ ist eine heilige Zahl. Gottes Weg ist heilig!

Die Jahre nach 1933 wurden zunächst verwendet zur völligen i n n e r e n Umgestaltung Deutschlands, und zwar nicht nur in der Regierungsform, sondern bis hinein in die Empfindungsweise, in das Denkgefüge, in die Willenshaltung und in die Lebensgestaltung. Die Schrecken der Konzentrationslager gab es bereits damals; sie waren freilich wenig bekannt. Aber e i n Wort, nämlich das Wort „Kirchenkampf“, sagt gerade genug und bringt schmerzhaft in Erinnerung, w a s in Deutschland vor sich ging, trotz des Worts vom „positiven Christentum. Aber das neue Regiment griff nicht nur nach der S e e l e des d e u t s c h e n Menschen, sondern auch nach a u ß e n , ins Weite. Die Hintergründe waren damals noch nicht so sichtbar, wie sie heute offen daliegen. Aber in E r s c h e i n u n g trat der Griff nach außen schließlich doch. Im Frühjahr 1938 wurde Österreich einverleibt. Hintendrein ist offenbar geworden, dass das der e r s t e Griff ins Weite war. Wohl scheint der 1. September 1939 als der Tag des Kriegsbeginns den großen Einschnitt zu bilden. Aber der Kriegsausbruch war nur eine F o l g e erscheinung des genannten Griffs in die Weite. Die Zeit von Frühjahr 1938 an war eine Zeit unerhörten Gelingens: es seinen nur die Namen genannt: Österreich, Tschechoslowakei, Polen, Dänemark, Norwegen, Holland, Belgien, Frankreich, Jugoslavien, Griechenland, Kreta: Schlag auf Schlag! Schon schien es, als ob auch Russland in einem Blitzkrieg bezwungen wäre. Es wurde bereits in diesem Sinn davon gesprochen. Tatsächlich stand im Herbst 1941 die deutsche Heeresmacht nicht nur vor Petersburg und Moskau, sondern auch am Schwarzen Meer bis in die Nähe des unteren Dons. Und gleichzeitig war der Vormarsch in Nordafrika gelungen bis vor die Tore Ägyptens. Die Voraussetzungen schienen gegeben, um den ganzen Orient zu umfassen, und zwar von zwei Seiten her, von Russland aus und über Ägypten hinüber. Das Tor nach Asien schien sich zu öffnen.

Da hat Gott H a l t geboten,und zwar durch sein unmittelbares Eingreifen. Gedacht ist an den furchtbaren Winter 1941/42, der früher als sonst begann, bereits im Herbst, und der in mancher Hinsicht dem Winter 1812/13 zu vergleichen ist, durch den 130 Jahre vorher der Übermut eines anderen Eroberers Halt geboten war. Da trat der Spruch Gottes in Kraft, der Hi 38:11 aufgezeichnet ist. Der wurde zwar zunächst im Blick auf das W e l t meer gesprochen, dessen Wellen Gottes Schöpferwort bei der Schöpfung Halt geboten hat. Aber er gilt auch vom V ö l k e r meer und ebenso von stolzen H e r r s c h e r n, die die Welt überfluten wollen: „Bis h i e r her sollst du kommen und n i c n t weiter! Hier sollen sich l e g e n deine stolzen Wellen!“ Frühjahr 1938 bis Herbst 1941: 3 1/2 Jahre!

Nun ging das Geschehen den umgekehrten Gang. Im Süden gelang es nicht, den Riegel vor Ägypten aufzustoßen. Im Osten wurden zwar im Frühjahr 1942 einige empfindliche Rückschläge vom Winter her im großen und ganzen ausgeglichen; und im Sommer 1942 schien der Vormarsch in Russland unaufhaltsam weiterzugehen. Aber nicht erst Stalingrad kennzeichnet die Wende auch im Osten, sondern bereits die neue Taktik Russlands, das sich den Einkreisungen zu entziehen verstand und den Gegenschlag vorbereitete. Im Herbst 1941 war das System der Blitzkriege, der Überraschungen, der Einkreisungen zu Ende gegangen. Stalingrad war nicht der B e g i n n der Wende. Was seit jener Zeit geschehen ist, das ist noch zu deutlich in Erinnerung: der Rückzug aus Russland, der Rückschlag vor Ägypten samt dem Gegenangriff in Tunis, Sizilien und Italien; der Verlust des Balkans, die Luftoffensive über Deutschland, das Gelingen der langverspotteten Invasion im Westen und der Endkampf um Deutschland von Osten und Westen! Und die Dauer dieser rückläufigen Bewegung? Vom Herbst 1941 bis Frühjahr 1945: 3 1/2 Jahre! 3 1/2 Jahre von Sieg zu Sieg; 3 1/2 Jahre von Verlust zu Verlust bis zum bitteren Ende! Die vielen Toten, das ganze Heer gefangen die Verwüstungen und das Elend der Städte, das namenlose Leid! A u c h eine Jahrwoche.

Lernzeit für Deutschland und die deutsche Christenheit

Dass Deutschland aus dem allem l e r n e n muss, ist sicher. Über die p o l i t i s c h e Lektion ist in diesem Zusammenhang nicht zur sprechen, wohl aber darüber, was die C h r i s t e n h e i t Deutschlands lernen muss!

Das war ein Eingreifen G o t t e s ! Wohl hat Gott als Mittel dazu M e n s c h e n hände benutzt. Aber das schließ nicht aus, dass hinter den Menschenhänden s e i n e Hand waltet. Menschen waren s e i n e W e r k z e u g e.

Was wir erlebt haben, das war in seiner Art ein Stück E n d zeit, das im letzten Jahrzehnt unversehens über uns hereingebrochen ist, und dessen furchtbaren Ernst wir nur langsam begriffen haben.’’ Zwar wird zu erwarten sein, dass die e i g e n t l i c h e Endzeit sich nicht auf e i n z e l n e Länder beschränken, sonder das G a n z e der Menschheit umfassen werde. Aber das schließt nicht aus, dass manches Volk und Land schon im voraus die Endzeit bis zu einem gewissen Grad auskosten muss. Dass Endzeitartiges im christlichen Deutschland zu solchem Einfluss und zu solcher Macht gelangen konnte, das ist ein G e r i c h t s zeichen Gottes. Dass das Unheimliche nicht g a n z ausreifen und sich nicht in g r ö ß e r e Weiten erstrecken durfte, das ist ein Zeichen des E r b a r m e n s Gottes mitten im Gericht. Was wir erlebt haben, war wohl Deutschlands U n heilswoche. Aber sie kann zum Heil ausschlagen, w e n n unser Volk, und zuerst die C h r i s t e n h e i t in ihm, auf den unüberhörbaren Ruf Gottes eingeht.

Was wir erlebt haben, das ist das T i e r wesen in der z w e i fachen Gestalt, wie sie Offb 13 beschrieben ist, als p o l i t i s c h e Macht und als aufgedrungene G e i s t e s strömung, die der politischen Macht Hilfsdienste geleistet hat mit lockendem Zwang. Gedacht ist an den drang zur neuen „Weltanschauung“, in deren Mittelpunkt ein fast religiöser Glaube an „den“ „Führer“ stand. So entstand eine Art Messianismus dessen Ursprung aber aus der Tiefe stammte. Die neue „Weltanschauung“ wusste zu reden wie ein Lamm und holte ihre Worte sogar aus der Bibel, indem sie von „Glauben“, „Bekenntnis“, „Gemeinschaft“, „Gott“ und vom „tausendjährigen Reich“ sprach. Aber unter dem Deckmantel dieser Worte wurde das Gegenteil bezweckt und durchzusetzen versucht.

In Offb 3:10 ist die Rede von einer Stunde der Versuchung, die kommen werde über den ganzen Erdkreis, zu versuchen die da wohnen auf Erden. Was das bedeutet, das haben wir in Deutschland erlebt. Wie wurde die Probe bestanden? Viele h a b e n sie bestanden, manche mit dem Opfer ihres Lebens. Unzählige, auch solche, die nicht einmal protestierten, wurden gequält und umgebracht. Im großen ganzen haben die Kirchen den Ernst erkannt. Ein Zeichen davon war die Schwere des „Kirchenkampfes“. Trotzdem ist es gut, darin keinen Grund zum Stolz zu zu sehen. Auch die Christenheit Deutschlands muss sich an die Brust schlagen. Die Stellen, wo es unmöglich war, einzuwilligen, wurden nicht immer erkannt. Das Bekenntnis: „da kann ich nicht mehr mittun!“ wurde oft versäumt, zum Teil aus Mangel an Erkenntnis, zum Teil aus unrichtigem Schriftverständnis, zum Teil in verkehrter Anpassung, zum Teil aus Mangel an Mut. Nun hat uns Gottes Regierung noch einmal Gelegenheit zur Buße gegeben und zum klaren Gang in seinem Wort. Das ist Gericht und Gnade in e i n e m ! Werden wir es lernen? Die Versuchung in der Art des letzten Jahrzehnts ist zwar zu Ende gegangen. Aber n e u e Versuchungen werden kommen. Sie werden zwar wahrscheinlich von anderen Ansatzpunkten und von anderer Seite ausgehen Aber es ist wichtig, sie rechtzeitig als V e r s u c h u n g e n zu erkennen. „Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallet!“ (Mt 26:41).

Lektionen für die ganze Christenheit und die Gemeinde Jesu

Es wird gut sein an diesem Punkt noch länger zu verweilen. Aber zu diesem Zweck ist weiter auszuholen. Es isst ein Rückblick erforderlich noch über die Reformationszeit zurück bis in die ersten Jahrhunderte der Christenheit. Die letzteren ist schon verhältnismäßig bald in eine viel zu enge Bindung an Welt und Zeit eingegangen und hat nicht genügend die Mahnungen der Bibel beachtet: „Suchet, was d r o b e n ist!“ (Kol 3:1); „lasst uns (von allem w e g sehen und a u f sehen auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Hebr 12:2); „Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, ,wachend findet!“ (Lk 12:37), „Die Krone der Gerechtigkeit wird denen zuteil werden, die seine Erscheinung lieb gehabt haben“ (2Tim 4:8). Die Abzweigung der Christenheit von diesen Regeln der Schrift ist in E r s c h e i n u n g getreten zur Zeit des römischen Kaisers Konstantin, als der letztere nach den furchtbaren Zeiten der Verfolgung der Christenheit anerkannte als Fundament des Staatswesens und ihr im Staatsganzen nicht nur Duldung gewährte, sondern ihr eine bevorzugte Stelle einräumte. Dass Konstantin das tat, das rührte vom Erbarmen des Herrn her, der seine Gemeinde aus dem Ofen des Elends herausführte und ihr eine Atempause gewährte. Aber diese Befreiung aus ä u ß e r e r Not wurde auf i n n e r e m Gebiet zur einer großen Versuchung für die Christenheit. Ihre seitherige Bahn war durch das K r e u z bezeichnet worden. Nun wurde ihr A n e r k e n n u n g und Ehre und bevorzugte Stellung v o r der Welt und i n der Welt zuteil. Vorher war sie die Gemeinde gewesen, die auf das Reich G o t t e s g e w a r t e t hatte. Nun wurde sie die Kirche des r ö m i s c h e n Reichs und übernahm vieles von dessen Organisation und Methoden, allerdings in kirchlichen Formen. Die Christenheit war w e l t fähig geworden, das Tor zur Welt hatte sich geöffnet. Im Laufe der Zeit schickte sie sich sogar an, in der Welt eine H e r r s c h e r stellung einzunehmen. Dass ihr trotzdem auch in dieser Zeit viel Christliches geblieben ist, ,und dass die abendländische Völkerwelt durch sie gesegnet worden ist, das bleibt unbestritten. - Auch der Kirchenerneuerung vor vierhundert Jahren ist es nicht gelungen, die Bindungen an Welt und Zeit abzustreifen. Auch die damals entstandenen Kirchen blieben gebunden an menschliche Organisationen. Ud manche Gruppen und Splitter und Kreise haben in der Zugehörigkeit zu ihrer Organisation mehr oder minder eine Verbürgerung des Heils gesehen und sie als solche gepriesen und angeboten. Gerade kleinere Gruppen sind dieser Versuchung erlegen und haben ihre Glieder und die von ihnen Geworbenen an s i c h s e l b e r gekettet, statt ihnen den Weg zu bahnen zu J e s u s, als dem Herrn der Gemeinde.

Was ist überhaupt die Christenheit, wenn sie im biblischen Sinn verstanden wird? Nichts anderes als die Gemeinde Jesu, über die e r die alleinige Verfügung hat, in die auch er allein Menschen eingliedern kann durch die Wirkung und Verleihung des Heiligen Geistes. In diesem Sinn besteht die Christenheit nicht aus menschlichen Organ i s a t i o n e n , seien diese auch noch so wertvoll; vielmehr ist die Christenheit ein Organ i s m u s , der sein Leben und seine Wirkungsmöglichkeit und seinen Wirkungsauftrag und Wirkungsbereich vom Herrn selber bekommt. Gewiss darf jedes Glied der Gemeinde diejenige Kirche und Gruppe lieb haben, die ihm zur Erkenntnis und zur Aneignung des Heils behilflich war, und darf innerhalb derselben dienen.selbst wenn sie Mängel und Schatten aufweist. Es darf sogar gesagt werfen, dass bis zu einem gewissen grad hinter den Besonderheiten, ja sogar hinter den Einseitigkeiten, Entgleisungen und Verzerrungen von Kirchen und Gruppen ein Rest nicht unwichtiger Gotteswahrheiten verborgen ist, die von anderen Gruppen übersehen oder nicht genügend beachtet werden. Es ist deshalb gut, wenn die verschiedenen Kirchen und Gruppen der Christenheit nicht übereinander urteilen und einander nicht verdammen; selbst dann nicht, wenn sie ernste Einwände gegeneinander zu erheben haben. Tatsächlich hat ja auch die jüngstvergangener Zeit Deutschlands gelehrt, dass es Bekenner und Märtyrer nicht nur im eigenen Lager gegeben hat, sondern bei anderen ebenfalls. Aber die ernsten Seiten a l l e r kirchlichen Organisationen dürfen a u c h nicht übersehen werden, dass sie nämlich in Gefahr sind, sich mit der ä u ß e r e n Zugehörigkeit ihrer Glieder zu ihnen und mit ä u ß e r e n Formen zu begnügen und darüber den Herrn der Kirche und die Zuwendung zu i h m er in z w e i t e Linie setzen. Ferner: dass sie sich mehr als gut ist, an Welt und Zeit anpassen, um ihre Existenz und Wirksamkeit zu erhalten, ,zu sichern und durchzusetzen. Die Gemeinde Jesu steht ü b e r allen Organisationen; sie ist das Beste i n allen Organisationen, sie ist deren Rückgrat. Der Gemeinde Jesu gehört man nicht an kraft der Mitgliedschaft in einer Kirche und Gruppe, sondern kraft der durch den Heiligen Geist vermittelten und besiegelten Zugehörigkeit zum Herrn der Kirche. Das Verhältnis der Gemeinde Jesu zu a l l e n kirchlichen Organisationen und Gruppen kann so beschrieben werden: sie ist viel e n g e r als alle miteinander und gleichzeitig viel w e i t e r als alle.

Ob der Gemeinde Jesu nicht in zunehmendem Maß der K r e u z e s w e g verordnet ist, je mehr es dem Ausgang des Zeitlaufs entgegengeht? Darum werden auch die christlichen Kirchen und Gruppen, wenn sie auf der Bahn der Gemeinde Jesu bleiben wollen, sich dem Keuzesweg nicht entziehen können. Der Kreuzesweg schließt nicht nur die Bereitschaft in sich, äußeren und inneren Druck auf sich zu nehmen, sondern auch die andere, in mancher Hinsicht noch schwerere Bereitschaft zum Verzicht auf Kraftentfaltung, Größe, Zahl, Ehre, Geltung und Einfluss. Dass die letztgenannten Werte auch den Kirchen als etwas Wichtiges, ja Notwendiges erschienen, das ist menschlich wohl verständlich. Aber gerade wenn die Befriedigung solcher Bedürfnisse mit Eifer gesucht wird, dann ist das Tor offen für das Eindringen des Geistes der W e l t. Denn gerade d i e s e Werte werden von der W e l t geschätzt. Auf solche Weise können sogar Kirchen und Gruppen a l l m ä h l i c h sich a n t i christlichem Geist aufschließen, mit der langsam eintretenden Folge, dass sie diesem Geist schließlich erliegen oder sogar ihm dienstbar werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Kirchen schweren Proben entgegengehen, die von verschiedenen Ausgangspunkten her, in verschiedenen Formen, in mancherlei Weise, mit Lockungen oder Drohungen, versteckt oder offen an sie herantreten werden. Das gilt nicht nur den Kirchenleitungen, sondern auch den gliedern der Kirchen selber Es wurde schon darauf hingewiesen, dass in der Offenbarung des Johannes wohl von einer unzählbar großen S c h a r die Rede ist, die am Thron Gottes Heimatrecht hat, dass aber kirchliche O r g a n i s a t i o n e n nicht sichtbar werden, jedenfalls nicht solche, die sich mit der Gemeinde Jesu gleichsetzen könnten Freude an Erfolg und Macht, an Größe und Zahl, an Ehre und Geltung, auch der Ersatz des persönlichen Glaubens durch die Unterordnung unter Lehrnormen und der Ersatz des Gehorsams gegen den Herrn durch Befolgung von noch so wertvollen kirchlichen Regeln, Normen und Gesetzen ist für die Gemeinde Jesu, und damit auch für die Kirchen, die auf der Bahn der Gemeinde Jesu bleiben wollen, eine ganz gefährliche Sache.

Es kann manchem Glied einer Kirche oder christlichen Gruppe zum Bewusstsein kommen, dass in seinem Kreis etwas nicht stimmt. Soll mann nun einem solchen den Rat geben, die Zugehörigkeit zu seiner Kirche oder Gruppe aufzugeben und sich an eine andere christliche Organisation anzuschließen? Wenn von einem solchen Wechsel das H e i l erwartet wird, s o ist mit demselben in k einer Weise geholfen. Das Richtig wird vielmehr sein, i n n e r h a l b der bisherige Zugehörigkeit die Eingliederung in die Gemeinde Jesu durch den Herrn und seinen Geist zu begehren und festzuhalten und aus dieser u n m i t t e l b a r e n Verbundenheit mit der oberen Welt dar aus innerhalb des b i s h e r i g e n Kreises zu dienen mit der Gabe, die jedem Glied der Gemeinde Jesu anvertraut wird, und dies solange, wie man dazu Möglichkeit und Raum bekommt. Aber das ist gut, wenn je des Glied einer Kirche,welche sie auch sein mag, lerne über den eigenen Kirchturm hinüberzuschauen und über die kirchlichen Zäune hinwegzublicken, in der Gewissheit, dass die Gemeinde Jesu w e l t weit ist und dass das Reich Gottes sich n o c h weiter erstreckt; ferner in der Hoffnung, dass der Herr der Kirche Mittel und Wege wisse, um a l l e zu sich zu ziehen (Joh 12:32), auf allerlei Weise, zu seiner zu zu ihrer Zeit.

Vom weiteren Gang des W e l t g e s c h e h e n s

Die vorstehenden Erwägungen gingen von der jetzigen Lage Deutschlands aus. Das ganze schwere Geschehen der Jahre 1933- 194 trat vor die Seele, mit der daran sich anschließenden Frage, was daraus zu lernen sei, besonders für die christlichen Kirchen und Gruppen in Deutschland. Abe d i e Frage wurde noch nicht besprochen: wie kam der ganze unheilvolle Weg Deutschlands zustande? D a mit ist die Frage nach nicht beantwortet, dass auf e i n e n Mann und auf seinen unheilvollen Einfluss auf die von ihm Beauftragen und auf das Volksganze einschließlich seiner Jugend hingewiesen wird. Auch dieser eine Mann und seine Beauftragten handelten nicht nur aus e i g e n e m Ermessen heraus. Sie standen unter einem ü b e r i r d i s c h e n Einfluss, den wir letzten Endes als dämonisch bezeichnen müssen. Ob ihnen das zu B e w u s s t s e i n gekommen ist und in welchem Maß, wer will das sagen? Ihre Schuld wird damit nicht bestritten. Wer sich dämonischen Einflüssen unterstellt und ihnen dienstbar wird, hat damit eine Schuld auf sich geladen. Aber die, die ihren Willen von solchen Männern beeinflussen l a s s e n , sind ebenfalls nicht ohne Schuld. Es ist damit ein Gebiet berührt, angesichts dessen man sich vor Gottes Angesicht beugen muss. Das Normale ist, dass jeder Mensch offen ist für G o t t und sein Wort und seinen Geist. Aber für die Einflüsse aus der u n h e i m l i c h e n Welt ist der Mensch ebenfalls zugänglich. Sogar der f r o m m e Mensch ist von solcher Beeinflussung nicht ausgeschlossen. Ein Blick in die Passionsgeschichte möge das zeigen. In der Nacht des Verrats griff eine unheimliche Hand aus der Tiefe sogar nach Jesus, nur dass sie keine Handhabe fand. Aber das Grauen, das der Herr im Garten Gethsemane auszukosten hatte, ist wohl nicht nur aus der Vorausempfindung seiner Passion zu erklären, sondern aus dem Unheimlichen, dem er sich nach des Vaters Willen nicht entziehen durfte. Nach seinen Jüngern hat diese Hand ebenfalls gegriffen. Bei denen waren Handhaben vorhanden. Am ernstesten war der Griff nach Judas. Dem hatte der Satan vorher ins H e r z gegeben, ihn zu verraten. Als Judas auch gegen die letzte Warnung des Meisters sich verschloss, da „fuhr der Satan in ihn“, d. h. er hat sich seiner bemächtigt und seinen Willen vollständig in Beschlag genommen. Solche Einflüsse waren auch in Deutschland am Werk. Ob und inwieweit die verantwortlichen Männer wussten, w e r ihren Willen beeinflusste, das können Menschen nicht entscheiden. Das weiß allein d er Herzenskenner. Was ein m e n s c h l i c h e s G e r i c h t tun kann, das ist nur die Verurteilung und Bestrafung der T a t. Wir in Deutschland haben allen Grund, uns vor den Einflüssen aus der Tiefe zu fürchten und mit allem Ernst die sechste Bitte zu bitten: „Führe und nicht in Versuchung!"

Zwar isst durch das Kreuz Christi a l l e r menschliche Ruhm zunichte geworden. Wer einmal erfasst hat, was am Tag von Golgatha geschehen ist, der kann sich s e l b e r nicht mehr rühmen. Aber wir in D e u t s c h l a n d wollen uns das vor Gottes Angesicht noch in b e s o n d e r e m Maß sagen lassen. Wir glaubten, ,auf manches stolz sein zu dürfen. Zwar war uns in den letzten Jahrhunderten politische Größe fast ganz versagt. Aber auf unsere Wissenschaft und Kunst und auf unsere Technik waren wir doch ein wenig stolz. Sogar da rauf, wenigstens wir Evangelischen, dass wir das Volk der Reformation waren. Gott hat uns klein gemacht. Damit ist mehr gemeint als nur der Verlust von politischer Größe. Auf e i n e n Punkt ist schon mehrfach hingewiesen worden: dass nämlich inmitten unseres Volkes, durch deutsche Hände, wenn auch zum allergrößten Teil ohne unser Wissen und Wollen, ein großer Teil des jüdischen Volkes qualvoll das Leben hat lassen müssen. Das nimmt uns vor Gott jeden Ruhm. Gewiss: Gottes Hand hat sich auf das alte Gottesvolk in den letzten zwei Jahrtausenden schwer gelegt; nicht in erster Linie, weil es seinen Sohn verstieß, sondern weil es nachher als Ganzes auch das Evangelium zurückwies und bekämpfte. Aber M e n s c h e n haben nicht zu richten. Und wer sich zum Vollstrecker des Gerichts G o t t e s macht, der maßt sich ein Amt an, unter dem er selber zugrunde gehen muss.

Noch etwas Weiteres haben wir in Deutschland als Christen gelernt und müssen es noch mehr lernen, dass nämlich alles seine Z e i t hat - und dann v e r g e h t. Wie sind am Ende des ersten Weltkriegs die Kronen gerollt, auch von ehrwürdigen gekörnten Häuptern! Wie ist Leid und Sterben in ungezähltem Maß über unser Volk und seine Familien hereingebrochen! Wie sind unsere Städte mit ihrer alten Kultur zusammengesunken und verwüstet, so dass man die früheren Zeiten oft nur mühsam sich ins Gedächtnis zurückrufen kann! „Die Welt v e r g e h t mit all ihrer Lust!“ (1Jo 2:17) „Es ist nur E i n e r ewig und an allen Enden!“

Mögen die Christen a n d e r e r Völker und Länder dieses Empfinden ihrer deutschen Mitchristen auch ein wenig nachfühlen? Gewiss: der Krieg hat auch bei ihnen große Verheerungen herbeigeführt. Aber aufs Ganze gesehen haben sie solche eingreifende Erlebnisse wie ihre deutschen Mitchristen n i c h t machen müssen. Aber es ist gut, wenn j e d e r Christ es zu Herzen nimmt, dass a l l e s Irdische der Vergänglichkeit unterworfen ist und dem Gericht Gottes entgegengeht.

Ausweitung und gleichzeitig Rückkehr zum Ausgangspunkt

Aber von der Gegenwart ist nun auch auf die Z u k u n f t hinauszuschauen und hinüber zu dem in der ganzen Schrift angekündigten A u s g a n g des jetzigen Zeitlaufs. Es ist ja nur mit Grauen und Weh auszudenken, was in Deutschland und in der Welt vorgegangen wäre, wenn Gottes Regierung einen Sieg Deutschlands in dem von seinen Führern erhofften Ausmaß zugelassen hätte. Gott hat nun der Welt noch eine Atempause geschenkt. Aber auch in dieser Pause geht das Bangen der Völker vor dem, was noch kommen mag, weiter. Wie lange es noch währen wird bis unser Zeitlauf zu Ende gegangen ist, das kann niemand sagen. Auch b e g r ü n d e t e Vermutungen sind noch keine G e w i s s h e i t. Insofern bleibt das Wort des Herrn in Kraft: „ Den Tag und die Stunde weiß niemand!“ (Mt 24:36). Bis jetzt ist etwas da, w a s aufhält, und einer d e r aufhält! (2Thes 2:6.7). Was würden wir darum geben, wenn wir wüssten, was Paulus damals der jungen Gemeinde in Thessalonich über das alles in den wenigen Wochen gesagt hat, da er bei ihnen weilte“ Wir können nur Vermutungen darüber anstellen,was er mit dem „Aufhaltenden“ gemeint hat. Aber seien wir dankbar, dass es etwas Aufhaltendes und einen Aufhaltenden g i b t , und kaufen wir die Zeit aus! Auch d a s Aufhaltenden oder d e r Aufhaltende wird, wie Paulus gesagt hat, zu seiner Zeit aus der Mitte getan werden. D a n n wird das Weltgeschehen r a s c h seinem Ausgang entgegeneilen. Dann wird k e i n Verzug mehr sein ( s. diesen Ausdruck Offb 10:6).

Aus der a k t i v e n Beteiligung am Weltgeschehen ist D e u t s c h l a n d nun ausgeschaltet. Ob und wie die in der W e l t vorhandenen Spannungen sich lösen oder entladen werden, das ist dem Blick verborgen. Was im Blick auf die Zukunft gesagt werden kann, das ist wohl et was Doppeltes, das auf den ersten Anblick sich zu widersprechen scheint. Das Geschehen wird wohl w e l t w e i t werden, in noch größerem Maße als seither. Aber gleichzeitig wird es wieder zu seinem Ausgangspunkt z u r ü c k kehren, nämlich nach dem O r i e n t. Dort hat die Menschheitsgeschichte begonnen.

Dort begann zur Zeit des ältesten Babels der erste große Versuch, eine Menschheitszusammenfassung ohne Gott zustande zu bringen. Dort ist das Heilige Land. Dort ist Jerusalem, „die Stadt des großen Königs“. Dort begannen die neuen Weltreichsversuche, die zur Zeit Daniels im Reiche Nebukadnezars einen Höhepunkt erreichten. Dann ist die Vorherrschaft der Welt hinüber gewandert in den Mittelmeerraum und hat von dort nach Europa gegriffen, und die europäischen Völker haben ihre Hand auf alle Erdteile und Länder gelegt. Seit geraumer Zeit ist auch Europa nicht mehr der einzige Schwerpunkt des Weltgeschehens. Es gibt noch einen zweiten Schwerpunkt, nämlich Amerika.

Babel

Aber ob der Schwerpunkt des Weltgeschehens nicht w a n d e r n wird, ja nach Gottes Rat wandern m u s s, wieder dem Orient zu? Der letztere ist der Mittelpunkt des großen Kontinentalblocks. Jerusalem ist der Mittelpunkt des G o t t e s reiches. Ob aber der Orient nicht noch einen z w e i t e n Weltmittelpunkt erhalten wird als Hauptstadt des letzten großen antichristlichen Weltreichs? Im prophetischen Wort des Alten Testaments und in der Offenbarung des Johannes spielt „Babel“ eine große Rolle. Dass es bereits in zwei Formen geschichtliche Wirklichkeit bekommen hat, das ist schon mehrfach ausgesprochen worden, nämlich in 1Mo 11 und zur Zeit Nebukadnezars. Die Propheten Israels haben über Babel das Gericht angekündigt, wonach es zur „ewigen“ Wüste werden müsse. Versteht man das Wort „ewig“ im Sinn von endloser Dauer, dann wäre der Gedanke unvermeidlich, dass es ein d r i t t e s Babel n i c h t mehr geben könne Es wird aber nicht unbekannt sein, dass das Wort „ewig“ in der Sprache der Schrift nicht immer die Bedeutung von endloser Dauer hat. Man vergleiche hierzu die zur Zeit der alten Könige übliche Grußformel: „der König lebe e w i g l i c h !“ Der Sinn dieses Satzes bedeutet nicht, dass der König nicht s t e r b e n möge, sondern nur, dass ihm eine s e h r l a n g e Lebenszeit gewünscht werde. Deshalb ist das prophetische Wort von der „e w i g e n“ Verwüstung Babels nicht so zu v erstehen, dass diese Verwüstung n i e m a l s ein Ende haben werde. Tatsächlich hat es jaa, wie in einer früheren Anmerkung schon ausgeführt wurde, zum Zeit der Apostel in Babylonien eine sehr große Judenschaft gegeben. Und jene Gegend ist in den Zeiten der arabischen Herrschaft die Residenz der Kalifen gewesen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass das „Babel“ der Endzeit von Johannes selber als die große W e l t hauptstadt bezeichnet wird (Offb 17:18).

Nun soll keineswegs bestritten werden, dass das Wort „Babel“ auch eine s i n n b i l d l i c h e Bedeutung haben kann. Unsere württembergischen Väter haben es vielfach auf die entartete Christenheit der Endzeit gedeutet. Andere haben im Wort „Babel“ einen Decknamen gesehen für Rom. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch d i e s e Deutungen zu Recht bestehen. Die Frage ist nur die, ob sie die e i n z i g möglichen sind, ob nicht n e b e n ihnen im Anschluss an die Erklärung des Johannes (Offb 17:18) die Deutung auf eine Wiedererstehung des früheren Babels das Natürliche ist. Wäre es so, dann hätte Babel d r e i Formen: neben dem ältesten und mittleren Babel müsste man von einem noch ausstehenden Babel reden. Wenn die Weissagung sich in dieser Welse verwirklichen w ü r d e , dann hätte der Orient am Schluss des jetzigen Zeitlaufs z w e i Mittelpunkte: Jerusalem und Babel, jenes der Mittelpunkt des Gottesreichs, dieses der Mittelpunkt des letzten großen widergöttlichen Weltreichs. Seit Nebukadnezars Zeit war Babel verkörpert in a l l e n großen Weltstädten, in a l t e r Zeit beispielsweise in Rom und Konstantinopel- Die m o d e r n e n Welthauptstädte können ebenfalls mit „Babel“ zusammen gesehen werden. Eine jede solche hat einen geschichtlichen Beitrag zu dem „Babel“ von Offb 17 und Offb 18 geliefert. Verwunderlich wäre es aber nicht, wenn bei einer weiteren Zusammenfassung des Weltgeschehens der Ruf nach einem neuen W e l t mittelpunkt wach würde. Babel war seinerzeit am Euphrat gelegen. Es ist merkwürdig, dass gerade der Euphrat in der Offenbarung des Johannes im Blick auf die letzten großen Weltbewegungen mehrfach genannt wird. Manche der heutigen Großstädte heben eine verhältnismäßig k u r z e Geschichte. Es sei beispielsweise darauf hingewiesen, dass nach dem ersten Weltkrieg in kurzer Zeit die jüdische Großstadt Tel Aviv in der Nähe von Jaffa entstanden ist. Die heutige Technik verfügt über genügend Mittel, um in kurzer Zeit eine Welthauptstadt herzustellen. Ein solches Babel und Jerusalem wären vollendete Gegensätze. Wäre dieses Babel die Residenz des Antichristen, dann wäre sein Kriegszug gegen Jerusalem voll verständlich. Ebenso verständlich wäre aber auch die überragende Bedeutung, die dem Fall Babels in der Offenbarung des Johannes zugeschrieben wird. Es ist freilich schon manchmal als verwunderlich angesehen worden, dass die Offenbarung diesen Fall Babels auf die Völker und auf den Antichristen selber zurückführt. Aber so sehr die Völker auf ihre Großstädte stolz sind, so haben sie doch auch die Empfindung, dass die Überentwicklung des in den Städten zusammengefassten Kulturlebens für sie keinen Segen, sondern einen Fluch bedeutet. Darum wäre es nicht zu verwundern, wenn die Menschheit schließlich an ihrer Überkultur in ihrer letzten Welthauptstadt und an den von dort ausgehenden Verderbensströmen einen Ekel bekäme und auf diese Weise selber ihre Vernichtung herbeiführen würde, zumal dann, wenn Gott sie damit beauftragt, ohne dass sie selber es weiß.

Ob das Wort der Offenbarung von „Babel“ t a t s ä c h l i c h in der vorstehend beschriebenen Weise verwirklicht werden wird, das wagt der Verfasser nicht zu sagen. Was seither ausgeführt wurde, das isst ein Deutungs v e r s u c h ; und dieser Versuch ist unabhängig von dem schon vorher ausgesprochenen Gedanken, dass das seitherige geschehen sich noch weiter zum W e l t geschehen ausweiten werde. Vielleicht darf der Schluss gewagt werden: die Gegenwart fällt noch in den Ausgang des sechsten Tierkopfes, der durch den Sammelnamen „Rom“ mit seiner langen Geschichte bezeichnet werden kann. Der kurzdauernde siebte Kopf des Tiers würde dann auf eine Organisation der g e s a m t e n Menschheit hindeuten mit der Richtung auf das Antichristentum zu. Der achte Tierkopf dagegen würde die Zeit in sich fassen, die durch den Namen „Babel“ ihr sichtbares und spürbares Gepräge erhält, ob nun unter „Babel“ eine Stadt oder ein widergöttliches Gebilde oder beides zusammen zu verstehen ist. In diesem achten Kopf ersteht wieder eine frühere G e s t a l t des „Tiers“ , und gleichzeitig gelangt in demselben das „Tier“ s e l b e r zu seiner Vollreife. Zur Zeit Nebukadnezars hat das mittlere Babel über Jerusalem gesiegt. Das neue Babel sucht Jerusalem endgültig zu stürzen. Aber was fällt, das ist nicht Jerusalem, sondern Babel, und zwar, wie die Offenbarung sagt, nicht unmittelbar durch G o t t e s Hand, sondern durch die Völkerwelt s e l b e r , d er ihr eigener Gang zum Überdruss und Ekel geworden ist. Das einzige, woran die Welt genesen kann, das ist „Jerusalem“, des großen Königs Stadt, die Verkörperung des Gottesreichs unter dem wiedergekommenen Herrn, noch auf dieser j e t z i g e n armen Erde; in vollendeter Gestalt freilich in der n e u e n Welt, in welcher das schon jetzt bestehende obere oder himmlische Jerusalem verpflanzt werden soll, wenn das Reich Gottes von seiner irdischen Gestalt übergehen wird in die Zeit der Vollendung.

Grundsätzliches zum Verständnis der Offenbarung

Im vorstehenden war viel vom l e t z t e n B u c h d e r B i b e l die Rede. Es seinen nun zum Schluss noch einige Gedanken dazu ausgesprochen. Nicht in dem Sin, als ob damit die vielen Auslegungen dieses Buchs um eine neue vermehrt werden sollten, sondern um g r u n d s ä t z l i c h e Erwägungen zum Verständnis dieses Buches darzubieten. Wer sich mit den vielen Auslegungen der Offenbarung des Johannes beschäftigt hat, könnte durch die Verschiedenartigkeit derselben geradezu verwirrt werden und in Zweifel geraten, ob eine einigermaßen einheitliche Auslegung überhaupt möglich sei. Denen, die unter einem solchen Eindruck leiden,dar gesagt werden: das Licht, das aus dem letzten Buch der Bibel ausstrahlt, isst so vielseitig, dass es von einem einzelnen Ausleger gar nicht ganz aufgenommen werden k a n n. Es ist der Gemeinde Jesu a l l e r Zeiten zum Forschen und zur Hilfe gegeben, nicht nur einigen wenigen. W e r auch darin forscht aus glaubendem und fragendem Herzen heraus, darf darin frohe und ernste Wahrnehmungen machen. Darum hat j e d e r , der nicht neugierig, sondern brennenden Herzens sich mit diesem Buch beschäftigt, einen Gewinn davon, selbst dann, wenn er manche Partien und Stellen nicht oder nicht richtig v ersteht. Das Verständnis dieses Buchs ist im Laufe der Jahrhunderte gewachsen. Das tiefernste Geschehen der letzten Jahrzehnte hat zu diesem wachsenden Verständnis viel beigetragen. Mit dem Fortschreiten der Zeit dem Ausgang entgegen wird vieles noch klarer werden, was jetzt noch dunkel ist oder nur geahnt werden kann.

Auslegungmöglichkeiten=

Die seither aufgekommenen Auslegungen oder Deutungsversuche lassen sich in vier Hauptgruppen einteilen. Viel hat für sich die sogenannte r e i c h s geschichtliche Deutung, die in der Offenbarung des Johannes den großen Kampf zwischen dem Gottesreich und der Macht der Finsternis beschrieben sieht, bis zu seinem schließlichen Austrag. Bei dieser Deutung hat dieses Buch im Grunde genommen nur ein e i n z i g e s Thema und beleuchtet dasselbe von verschiedenen Ansatzpunkten aus. Eine andere Deutung ist die sogenannte z e i t geschichtliche. Diese gehet von dem Gedanken aus, dass dieses Buch seinen damaligen e r s t e n Lesern etwas Besonderes zu sagen gehabt habe. Sie sucht es also aus den Verhältnissen zur Zeit des J o h a n n e s zu verstehen, gibt aber gern zu, dass sein Zielpunkt das k o m m e n d e Reich Gottes war. Beispielsweise hat ein Ausleger der Offenbarung, der sie zeitgeschichtlich verstand, die Tierköpfe von Offb 17 in den römischen Kaisern bis zur Zeit des Johannes gesehen und hat das Wort „Babel“ als einen Decknamen für „Rom“ verstanden. Eine dritte Gruppe von Auslegern sieht im letzten Buch der Bibel eine prophetische Vorausdarstellung der Kirchengeschichte bis zum Anbruch des Reiches Gottes (k i r c h e n geschichtliche Auffassung). Bei dieser Auffassung werden die letzten zwei Jahrtausende Stück für Stück in den einzelnen Partien des Buches wiedergefunden, vom ersten Siegelgesicht an bis zum letzten Zornschalengericht. Sogar die sieben Sendschreiben werden machmal von Auslegern dieser Gruppe nicht als Brief an Gemeinden zur Zeit des Johannes aufgefasst, sondern als Vorausdarstellungen von kirchengeschichtlichen Zeiträumen. Es ist bei diesen Deutungen viel Ansprechendes und Wertvolles ausgesprochen worden. Aber ohne Künsteleien ging es auch nicht ab, und noch weniger wurde eine Einheitlichkeit der Auslegung erzielt. Die vierte Auslegungsmöglichkeit nennt man die e n d geschichtliche. Das will so viel besagen, dass der Blick des Johannes von Offb 6 an dem Ausgang des jetzigen Zeitlaufs zugewandt gewesen sei. So hat beispielsweise eine sehr wertvolle Auslegung innerhalb dieser Gruppe das erste Siegelgesicht vom Reiter auf dem weißen Roß in der Missionsgeschichte der letzten zwei Jahrhunderte verwirklich gesehen.

Muss nun zwischen den Auslegungsmöglichkeiten im g r o ß e n und ebenso zwischen den vielen E i n z e l auslegungen eine W a h l getroffen werden, aus der Erwägung heraus, dass doch nur e i n e Auslegung die richtige sein könne? Nein! Bis zu einem gewissen Grad hat j e d e Auffassung Berechtigung, wenngleich wohl gesagt werden kann, das die endgeschichtliche Deutung dem Sinn des Buches am meisten entsprechen wird. Nur d i e Bitte wird ausgesprochen werden dürfen, es möge niemand s e i n e Einzelauslegung als die a l l e i n mögliche ansehen und anpreisen; und es möge jeder, der sich mit diesem Buch beschäftigt, bereit sein, seine Auffassung korrigieren zu lassen. Denn dieses buch hat einen viel ernsteren Zweck, nämlich die Befestigung seiner Leser im ausharrenden G l a u b e n.

Einordnung in die G e s a m t prophetie

Im folgenden sei auf einige Punkte hingewiesen, deren Beachtung für das Verständnis wichtig ist. Die Offenbarung des Johannes ist der Abschluss der g a n z e n biblischen Prophetie.Darum muss sie auch im Rahmen der G e s a m t prophetie verstanden werden. Das bedeutet, dass das weissagende Wort der Apostel in den B r i e f e n , das prophetische Wort des H e r r n selber, aber ebenso das Wort der a l t t e s t a m e n t l i c h e n Propheten dabei nicht außer acht gelassen werden darf. Besonders stark sind die Beziehungen zum D a n i e l buch. Das geht namentlich aus Offb 13 und Offb 17 hervor. Die Prophetie der Schrift beleuchtet sich g e g e n s e i t i g. Praktisch bedeutet das so viel, dass beispielsweise von Daniel zu Johannes und dann wieder von Johannes zu Daniel hinübergeschaut werden muss; ferner das Mt 24 mit der Offenbarung und die Offenbarung mit Mt 24 verglichen werden muss. - Was weiter nicht außer acht gelassen werden darf, das ist die Sonderstellung I s r a e l s , dessen Berufung durch seinen langdauernden Unglauben nicht aufgehoben worden ist. Das hat Paulus in Röm 11 ausdrücklich bezeugt. Gerade dieses letztgenannte Kapitel muss in die Offenbarung des Johannes eingebaut werden. Eine Auslegung der letzteren, die daran v o r ü b e r gehen würde, würde fehlgehen. - Noch ein dritter, sehr wichtiger Gesichtspunkt sei genannt. Seit Johannes die Offenbarung erhalten hat, ist die Regierung Gottes nicht stillgestanden, sondern durch fast zwei Jahrtausende weitergegangen. Die letzteren standen im Zeichen einer G o t t e s geschichte, der freilich eine U n h e i l s geschichte zur Seite ging. Darum muss die Offenbarung des Johannes im Licht der G e s c h i c h t e gelesen und verstanden werden, wie umgekehrt der Sinn des Geschehens erst aus dem p r o p h e t i s c h e n Wort sich erschließt. So gibt der seitherige Geschichtsgang Licht zum Verständnis der Offenbarung, wie wiederum die letztere den Geschichtslauf beleuchtet. Die Beachtung der genannten drei Gesichtspunkte erleichtert das Verständnis des letzten Buchs der Bibel und scheidet manche Fehlerquellen aus.

Verhüllung und Enthüllung

In diesem Zusammenhang möge die Rede kommen auf eine Besonderheit der Offenbarung des Johannes, die sie übrigens mit den prophetischen Schriften des Alten Testaments und besonders mit dem Daniel gemeinsam hat: sie ist großenteils nicht in der normalen Redeweise geschrieben, wo die einzelnen Worte eine bestimmte, klar erkennbare Bedeutung haben, sondern in B i l d e r n , die erst der D e u t u n g bedürfen, wenn der Sinn der Prophetie erkannt werden soll Gerade diese Besonderheit ist der Hauptgrund, weshalb das letzte Buch der Bibel so verschieden verstanden worden ist und wird.

Nicht j e d e Prophetie it in Bildersprache geschrieben. So ist beispielsweise die Ausführung des Paulus über die letzten großen Ziele Gottes 1Kor 15:21-28 in ganz k l a r e n Sätzen ohne Bild gegeben. Was ist nun wohl der Grund, weshalb das letzte Buch der Bibel in solchem Ausmaß B i l d e r sprache verwendet? E i n Grund mag der gewesen sein, dass manches am wiessagenden Wort absichtlich bis zu einer gewissen Zeit hat verhüllt bleiben sollen, und zwar für Freund und Feind. Noch nach dreijähriger Unterweisung an seine Jünger hat der Herr am Vorabend seiner Passion gesagt: „Ich hätte euch noch viel zu sagen, aber ihr könnet es jetzt noch nicht tragen.“ Es ist wohl möglich, dass auch Johannes selber, wie früher Daniel, vieles von dem, was er in Bildern zu sehen bekam, in seiner eigentlichen Bedeutung noch nicht verstand. Ebenso ist es wohl möglich, dass auch die e r s t e n Leser der Offenbarung nicht imstande gewesen wären, den g a n z e n Inhalt dieses Buches, so wir w i r ihn jetzt schon begreifen, zu ertragen. In diesem Sinn ist die teilweise V e r h ü l l u n g der Prophetie durch die Bildersprache unter dem Zeichen der Freundlichkeit Gottes gestanden, ähnlich wie der Herr am Tag seiner Himmelfahrt auf eine Frage der Jünger nur eine z u r ü c k h a l t e n d e Antwort gegeben hat. Aber nicht nur die erste C h r i s t e n h e i t , sondern noch weniger die M a c h t h a b e r der damaligen Welt haben dieses Buch schon verstehen sollen.. Hätten sie es verstanden, so wären sie wohl gegen die Christenheit noch mehr eingeschritten, als sie es in den Verfolgungszeiten sowieso taten. So hat die Verhüllung durch die Bildersprache auch zum S c h u t z der Gemeinde dienen müssen. In dieser Hinsicht ist beispielsweise ein Gedanke, den namentlich die zeitgeschichtliche Auffassung der Offenbarung vertritt, ,nicht ohne weiteres zu verwerfen, dass nämlich das Wort „Babel“ sinnbildlich zu verstehen sei oder wenigstens sinnbildlich verstanden werden d ü r f e. Wahrscheinlich haben die ersten Leser des Buches unter „Babel“ das kaiserliche Rom verstanden, von dem sie seit Neros Zeit schwer bedrängt waren; auch zur Zeit, das die Offenbarung des Johannes entstand. Wahrscheinlich wird ihre Abfassungszeit etwa in das Jahr 95 nach Christi Geburt fallen, in die Zeit des Kaisers Domitian, der ebenfalls ein Verfolger der Christenheit war, nur in milderem Maße. Dass Johannes sein Buch auf der Insel Patmos geschrieben hat, rührt vielleicht davon her, dass er wegen seines Christenstands und als Führer der Gemeinden dorthin verbannt worden war. Tatsächlich ist ja auch das kaiserliche Rom durch die von ihm in das römische Reich hinausströmenden Verderbensmächte zu einer „Hure“ geworden, die einen unheimlichen verführerischen Einfluss auf die im römischen Reich zusammengefasste Völkerwelt ausgeübt hat. Ebenso trifft auf Rom auch die Bemerkung in Offb 17:9 wortwörtlich zu, dass es auf sieben „Bergen“ sitze. Wäre nun alles, was in den Kapiteln Offb 14, Offb 17 und Offb 18 von B a b e l ausgesagt wird, mit dem jedermann verständlichen Wort „Rom“ bezeichnet worden, dann hätte ein Bekanntwerden dieses Buchs in den Regierungskreisen Roms für die Christenheit schlimme Folgen haben können. -

Der e i g e n t l i c h e Grund aber für die Bildersprache der Offenbarung wird wahrscheinlich ein anderer sein. Worüber die Offenbarung Kunde zu geben hatte, das war die o b e r e , jetzt schon vorhandene Welt Gottes und das k o m m e n d e Reich und die n e u e Welt; und ebenso die dem Reich Gottes v o r a n gehenden, jetzt noch kaum vorstellbaren schweren Ereignisse und Zustände. Um das darzustellen, dazu reicht unser jetziges Begriffs- und Sprachvermögen n i c h t aus. V o l l s t ä n d i g kann es also mit den Mitteln unserer jetzigen irdischen Sprache gar nicht wiedergegeben werden. Und doch hat es ausgesprochen werden s o l l e n. Da gab es e i n e n Ausweg, nämlich das schwer B e s c h r e i b bare wenigstens a n zudeuten. Das Mittel hierfür ist die gleichnisweise und bildhafte Rede. Die letztere ist nicht erst in der Offenbarung des Johannes verwendet worden, sondern schon in den alttestamentlichen, prophetischen Schriften. Mit jenen Propheten hat Gott nicht nur g e r e d e t, er hat sie auch vieles s e h e n lassen. Das erstere wird meistens so eingeleitet: „So s p r i c h t der Herr!“ Was sie s e h e n durften, nennt man ein „Gesicht“. Sowohl unser Auge wie auch unser Wort kann nur mit dem Sichtbaren und zeitlichen Auge arbeiten. Darum bleibt auch das prophetische Wort in unserem irdisch-zeitlichen Stand immer noch ein S t ü c k werk (s. 1Kor 13:9). Deshalb heißt es in jenem Kapitel auch im Blick auf die Prophetie: „wenn aber kommen wird das V o l l k o m m e n e , dann wird das Stückwerk aufhören“ (1Kor 13:10). Es sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass der Herr in seinen irdischen Tagen genötigt war, die Geheimnisse des Himmelreichs in G l e i c h n i s s e n darzustellen. Und sogar wenn er sich in klaren Worten aussprach, hatte er noch die Empfindung von etwas Gleichnishaftem in seiner Rede. Darum hat er noch am letzten Abend zu den Jüngern gesagt (Joh 16:25): „Solches habe ich in S p r i c h w ö r t e n zu euch geredet; es kommt aber die Zeit, da ich euch f r e i heraus verkündigen werde von meinem Vater.“

Was seither gesagt worden ist, das ist nun auf zwei Ausdrücke anzuwenden, die einen großen Teil des ganzen Buches bestimmen, nämlich auf die Ausdrücke „Siegel“ und „Posaunen“. Was ist damit gemeint? Was die „Siegel“ besagen sollen, das ist aus Offb 5 zu entnehmen. Dort berichtet Johannes, wie dem erhöhten Herrn eine mit Siegeln verschlossene Schriftrolle in die Hand gegeben wurde, die nur Er selber öffnen konnte. Die Öffnung erfolgte durch Ablösung der Siegel.

Es ist nun die Frage, was der I n h a l t der Schriftrolle war. Die meisten Ausleger der Offenbarung nehmen als deren Inhalt die Ereignisse b i s zur Wiederkunft Christi an und denken sich den Verlauf so, dass bei der Ö f f n u n g der Siegel der Inhalt der Schriftrolle v e r w i r k l i c h t werde. Ob aber die Schriftrolle nicht das Reich Gottes s e l b e r und das n e u e Werk Gottes zum Inhalt hatte? D a rauf geht doch das ganze Sehnen der Christenheit! Was v o r der Wiederkunft Christi geschehen muss, das ist nur die V o r a u s s e t z u m g für das Offenbarwerden des Königs und für die Aufrichtung des Reiches Gottes. Das muss freilich a u c h geschehen. Aber es ist noch nicht das E n d e und das Z i e l der Wege Gottes. Das war auch in der Weissagung Daniels das Wichtigste, nämlich die Aufrichtung des Reiches G o t t e s.




Zum Verständnis der Siegelgerichte
Das Besondere der Posaunengerichte
Offenbarung 10 - 12
Das Schlussstück des seitherigen Geschichtsgangs
Die Stufen des R e i c h e s G o t t e s
Schlusswort
Endzeitartiges in der Gegenwart
Brennpunkte des Weltgeschehens
Der Ernst des Gerichts und die Größe des Erbarmens