Wie liest Du deine Bibel

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Einführung

Georg Steinberger (1865 – 1904) lebte täglich mit der Bibel, in seiner kleinen Schrift „Wie liest Du deine Bibel?“ wollte er einfach und klar zeigen, wie ein Christ die Heilige Schrift lesen sollte.

„Zunächst muss betont werden, dass es nicht darum geht Vor­schriften zu geben, nach denen man die Bibel lesen soll. Nein, das ist Sache des guten Hirten, der es übernommen hat, seine Schäfchen zu weiden auf grünen Auen und führen zu frischen Wassern (Ps 23). Er allein kennt unsere Bedürfnisse, denn auch er allein kann sie stillen. Er hat den Schlüssel. Er kann aufschließen und uns geben, was not ist, und kann zuschließen und versiegeln, was er uns ans Herz gelegt hat. Von diesem Gesichtspunkt aus wäre unsere Frage bald beantwortet, und zwar in dem Sinn: „Lies deine Bibel an der Hand des Heil­andes; weide da, wo dein Hirte Dich hinführt; trinke an dem Born, an den er dich leitet. Warte still auf Ihn und vertraue Ihm; dass er seinem Schaf einen gedeckten Tisch bereitet, es leitet auf den Pfaden der Gerechtigkeit und auch in Dunkel­heiten es noch seinen Stab sehen lässt.“ Darum wollen diese Zeilen nicht mehr sein als ein Zeugnis eines solchen Schäf­leins, das in der Hut des treuen Hirten steht und sie haben ihren Zweck erreicht, wenn sie der gute Hirte braucht, hun­gernde Schäflein auf seine Weide zu rufen. Weil aber die Schrift selbst Anleitung gibt, wie sie gelesen sein will, so wollen wir dieselben aufsuchen und sie ein wenig näher ansehen.“ G. Steinberger

Nach ihrer Anweisung sollen wir sie lesen:

I. Zur Erbauung!

„Als neugeborene Kindlein seid begierig nach der ver­nünf­tigen, unver­fälschten Milch, auf dass ihr durch dieselbe wach­set“ sagt Petrus. Der neu­ge­borenen Kindlein erstes und wich­tigstes Geschäft ist: zu essen; später gehen sie dann auch zur Schule und lernen. So ist also nicht das Verstehen der Bibel mit dem Verstand das Erste, sondern das Aufnehmen mit dem Herzen. „Schmecket und Sehet“ sagt der Psalmist. Wer das gütige Wort Gottes ge­schmeckt hat, lernt es verstehen. Das erste Gebot, das dem neuge­schaffenen Menschen gegeben wurde hieß: „Du sollst essen“. Und es ist gewiss auch das erste und beste Gebot für den neugeborenen Christen. Das Wort zur Erbauung lesen heißt also, etwas für das Herz zu suchen. Und dazu ist wohl die geeignetste Stunde die frühe Morgenstunde.


Morgends frisches Brot holen gehen

Im 2Mo 16 wird uns von dem Israeliten gesagt, dass er jeden Morgen außerhalb des Lagers Manna sammeln musste, als Speise für sich und sein Haus. Kam er, wenn die Sonne auf­ge­gangen war, so war das Manna fort; denn die Sonne hatte es zerschmolzen; sammelte er mehr als für einen Tag, so wurde es stinkend. Ist dies nicht ein treffliches Beispiel für unsere tägliche Erbauung aus Gottes Wort? Bevor die Sonne aufgegangen war, musste der Israelit sammeln und bevor des Tages Last und Hitze unser Herz, unsere Sinne und unsere Zeit in Anspruch genommen haben, müssen wir das Manna göttlichen Wortes sammeln. „Morgenstund´ hat Gold im Mund“. Suchst Du Gold am Morgen bei deinem Gott? Trittst du nie vor das Angesicht eines Menschen, bevor du das Angesicht Gottes gesehen hast? Fängst Du nie dein Tagwerk an, bevor du deine Hände gestärkt hast in Gott? Trittst du nie in Verhältnisse ein, bevor du sie mit deinem Gott durch­gesprochen hast?

Die Morgenstunde ist in der Regel maßgebend für den ganzen Tag, gibt dem ganzen Tag das Gepräge. Unser Geist bewegt sich gewöhnlich in der Bahn fort, in die er am Morgen ge­bracht wird. Warum so viele Schwachheiten und Nieder­lagen im Leben der Christen? Sie sammeln nicht am Morgen. Sie springen oder kriechen aus dem Bett und laufen sogleich in die Kinderstube, in die Küche, zur Arbeit. Allerlei darf ihr Herz ein­nehmen und erfüllen. Ja, vielleicht haben sie sich schon über dieses oder jenes geär­gert oder selbst Ärgernis gegeben. Wenn sie dann kommen, so ist das Herz aufgeregt, der Geist eingenommen und das Gemüt beschwert. Man sucht dann und findet nicht mehr, das Manna ist geschmolzen; man kam zu spät. Und so muss man dann hungrig in den Tag hineingehen. Solche müssen sich nicht wundern, wenn sie schwach sind, wenn sie unterliegen, wenn ihnen der Lebensweg zu steil vorkommt; sie haben keine Kraft, weil sie nicht gegessen haben. Oh suche am Morgen dein Manna im Wort und im Gebet! Weihe das erste Viertelstündchen eines jeden Tages dem Umgang mit deinem Gott im Wort und Gebet! Lass deine erste Begegnung mit Gott sein, und du wirst allem anderen mit Sieg und Ruhe begegnen können.

Begegnung mit Gott erfrischt Geist, Leib und Seele

Suche eine Begegnung mit Gott schon am frühen Morgen! Der Herr gibt dir soviel Kraft als dein Bett. Sage nicht, du hast einen so schwachen Leib, deine Gesundheit erlaubt es dir nicht. Der Verkehr mit Gott macht nicht schwach und nicht krank. Eine Berührung mit ihm, dem Leben, macht Geist und Seele und auch den Leib überaus frisch. Und wenn du nur eine Viertelstunde Zeit hast, so kannst du in einer Viertelstunde empfangen, was du brauchst. Das Manna liegt ja da; man darf es nur nehmen. Man muss nicht darum ringen und kämpfen. Wenn du in den wenigen Augenblicken, die du hast, etwas em­pfängst, so wirst du auch am Mittag und am Abend kommen. Du lernst es, aus Jesu Fülle zu nehmen, ihn selbst, das Brot vom Himmel, zu essen. Du nimmst sein Leben auf und kannst darum auch sein Leben leben.

Verborgenes Leben durch Sein Wort

Zu dem verborgenen Leben mit Christus in Gott (Kol 3:3) gehört doch vor allen Dingen ein verborgenes Bibellesen. Jedes Pflänzlein hat ein verborgenes Leben in der Erde; nehmt ihm dies, und das Pflänzlein wird schnell aufhören zu leben. So kann auch ein Christ kein gott­ge­fälliges Leben leben, wenn er nicht in Wort und Gebet ein verbor­genes Leben führt. Der Teufel ist ein Dieb. Am meisten hat er es abgesehen auf unsere stillen Augenblicke. Kaum hast du am Morgen die Augen geöffnet, so ist er schon da mit seiner Ver­suchung und warnt dich vor zu frühem Aufstehen, erinnert dich, dass du gestern spät ins Bett gegangen bist, und rät dir: Schlafe noch ein wenig; dein Kopf hat sich noch nicht ausgeruht und deine Beine sind noch zu müde. Wenn er seinen Platz in unserem Hause haben dürfte, so würde er ihn nicht in der Werkstatt, nicht in der Küche, nicht in der Wohn­stube, sondern im Käm­merlein einnehmen. Kann er uns hier die stillen Augenblicke rauben, die Begegnungen mit Gott verhindern, kann er hier Verwirrungen anrichten, so wird Unordnung und Ver­wirr­ung im ganzen Hause sein.

Vor allen Dingen ist uns der Sonntag gegeben als ein Tag der Erbauung, freilich nicht in dem Sinn, dass man sechs Tage leben soll vom Sonntag. Die Jünger nehmen Gnade um Gnade, und die Erlösten schöpfen mit Freuden aus dem Heils­brunnen. Wir bedürfen jeden Tag etwas Neues, und wir kön­nen jeden Tag frisches Brot haben; denn jeden Morgen ist es uns vom Himmel bereitet. Jeder Tag sorgt für das Seine, auch für frisches Brot für den inneren Menschen. Aber unser Gott weiß dass wir einen stillen Tag brauchen, Stunden der Begeg­nung mit ihm; darum hat er uns den Sonntag gegeben. Der Sonntag ist eine Gnadengabe Gottes, und es ruht heute zwar weniger Segen auf der Heiligung des Sonntags als im Alten Bund, wo die Heiligung des Sabbats wichtig war, aber auch nicht weniger Unsegen auf der Ent­heil­igung desselben. Hast du den Sonntag als eine Gnaden­gabe Gottes geachtet und gebraucht? O, wieviel Entheiligung des Sonntags auch in den Hütten der Frommen! Damit machst Du dem Herzen Jesu Schmerzen und bringst Unsegen über dich und deine Familie. Andere machen gar Geschäfte am Sonntag, kaufen und verkaufen, verderben ihre Seelen und die Seelen anderer und haben noch Anspruch auf den Namen „Gläubige“. Wo ist da der Glaube?

Noch andere kommen vor lauter Arbeit für den Herrn nicht zu einer stillen Stunde. Da geht man aus der Versammlung in den Verein, aus dem Verein in die Gesangsstunde. So bekommt man dann einen vollen Kopf, aber ein leeres Herz. Das Pflänzlein, das Gott den Heiligen gegeben hat, ist zu seinen Füßen (5Mo 33:3). Es gibt ein Stillesein zu Gott und ein Stillesein in Gott; aber dies fängt an mit dem Stillesein vor Gott. Gott hat vielmehr in uns als durch uns zu tun. Wir können soviel für Ihn sein, als er in uns geworden ist. Lass darum keinen Sonntag vorübergehen, wo du nicht mit der Bibel die Stille gesucht hast! Warum mit der Bibel? Gottes Worte sind Geist und Leben. Wenn du dieses suchst, findest du es am schnellsten und am sichersten hier. Hier ist des Heiligen Geistes Mundes. Erwarte nur, dass er zu dir sprechen soll, und er wird es tun.

II. Dem Inhalt nach!

„Weil du von Kind auf die Heilige Schrift weißt“, sagt Paulus dem Timotheus. Die Bibel dem Inhalt nach lesen heißt, dieselbe so lesen, dass man ungefähr weiß was alles in der Bibel steht. Das war bei Timotheus der Fall; er kannte die heiligen Schriften. Und man sollte von jedem Kind Gottes erwarten können, dass es ungefähr weiß, wovon jedes einzelne Buch der Bibel handelt. Es sollte wissen, dass zB. das erste Buch Mose die Schöpfungsgeschichte, die Erschaffung und den Fall der ersten Menschen berichtet und die Geschichte der Erzväter Abraham, Isaak, Jakob und Joseph erzählt, dass im zweiten Buch Mose die Geschichte des Volkes Israel beginnt, dass im Buch Josua die Einnahme des Landes Kanaans erzählt wird, dass die Bücher Samuel hauptsächlich von Samuel, Saul und David handeln, usw.

Kapitelinhalte

Noch besser ist es, wenn man sich aus den bekanntesten und wichtigsten Büchern die Kapitel­inhalte der Reihenfolge nach einzuprägen sucht. So kann man in Leichtigkeit den unge­fähren Inhalt eines Evangeliums behalten, wenn man sich aus jedem Kapitel nur eine Begebenheit merkt. Im Evan­gelium Johannes ist dies zB. sehr leicht. Kapitel 1: Berufung der Jünger; Kapitel 2: Die Hochzeit zu Kana; Kapitel 3: die Unter­redung mit Niko­demus usw. Sehr wertvoll ist es weiter, wenn man ganze Kapitel auswendig lernen kann. So wird es z.B. för­derlich sein, wenn zwei Freunde zusam­menkommen sich gegen­seitig Jesaja 54 aufzusagen oder sonst ein wich­tiges Kapitel, vielleicht Gebets­psalmen. Für junge Leute ist es auf einem Spa­ziergang oder auf einem anderen weiteren Weg eine gute Unter­haltung, wenn jeder der Reihe nach immer wieder einen andern Bibelspruch aufsagen kann. Ich kannte einen teuren Mann Gottes, der die schöne Gewohnheit hatte, jeden Tag einen Spruch aus der Bibel auswendig zu lernen, auch noch als Greis.

Reihenfolge

Dann ist auch gut, wenn man sich die Reihenfolge der Bücher einprägt. Und da gibt es ein sehr einfaches Mittel. Im Alten Testament merkt man sich einfach, welche Bücher vor den Psalmen und welche nach den Psalmen stehen. Wo die Psal­men stehen weiß ja jeder, nämlich ungefähr in der Mitte. Im Neuen Testament ist ungefähr in der Mitte die Apostel­ge­schichte. Vor derselben stehen die vier Evangelien und da­hinter alle Briefe des Apostels Paulus, denen dann die Briefe der übrigen Apostel folgen und am Schluss finden wir, wie bekannt, die Offenbarung.

Du fragst: Wie liest man nun aber die Bibel dem Inhalt nach? Ganz einfach, wie man jedes andere Buch auch liest. In einem interessanten Buch liest man ganze Stunden, ja oft halbe und ganze Tage. Warum nicht auch so in der Bibel? Oder noch besser: die Bibel soll man lesen, wie der rechtmäßige Erbe ein Testament liest, denn sie ist Gottes Testament an uns! Wird einer, der ein großes Testament aus Amerika erhält, nur jeden Tag einen Satz oder einen Abschnitt lesen? Gewiss nicht! Sondern er wird vor allem einmal das ganze Testament durch­lesen und es dann auch genau Satz für Satz studieren. Wer nur sorgsam jeden Tag ein paar Zeilen liest, wird nie mit ihrem Inhalt vertraut. Es kann für einen freien Abend oder Nachmittag gewiss keine bessere Lektüre geben, als wenn man aus der Bibel ein Buch mit seinen zehn oder zwanzig Kapiteln durchliest. So lese ich mit Vorliebe in solchen Stunden das Buch Esra, Nehemia, Daniel und besonders die Offenbarung. In zwei Stunden liest man ein solches Buch und gewiss mit einem solchen Segen, wie man ihn in keinem anderen Buch gefunden hätte, Georg Müller, der Waisen­haus­vater, dem die Bibel über alles ging, soll dieselbe in seinem Leben 150 mal durchgelesen haben – das Forschen und Erbauen aus der­selben ausgenommen.

III. Zur Unterweisung!

Paulus sagt weiter zu Timotheus: „Alle Schrift ist von Gott ein­gegeben und nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zu­recht­weisung, zur Unterweisung“ (2Tim 3:16). Denjenigen, der die Schrift weiß, kann sie unterweisen. Durch sie werden wir eingeführt in alle Wahrheit; alle notwendigen Fragen sind in ihr beantwortet. Durch sie bekommen wir Aufschluss über die Geschichte der Menschheit in ihrer Ver­gangen­heit und Zu­kunft, ihren Weg hier und ihre Bestimmung dort, über ihren Fall und ihre Rettung, über Sünde und Gnade, über Recht und Unrecht, über des Teufels Vernichtungspläne und Gottes Gna­den­absichten, über unser Herz und Gottes Herz über Zeit und Ewigkeit, über Seligsein und Verlorensein.

Die Schrift dient uns vor allem zur Unterweisung über Gott, den drei-einigen Gott!

Die Schrift ist ein Denkmal des drei-einigen Gottes, vor dem wir stehenbleiben müssen, um es uns Zug für Zug einzu­prägen. Was wüssten wir von Gott, wenn wir die Bibel nicht hätten? Gleich den Heiden würden wir uns allerlei falsche Bil­der von Ihm machen. Aber auch Christen, die ihre Bibel nicht lesen mit göttlich erleuchteten Augen, können in diesen Irrtum geraten. Darum sagt Johannes den Kindlein: „Hütet euch vor den Abgöttern!“ Und damit meint er nicht etwa ge­malte Bilder oder Götzen von Stein, sondern falsche Vor­stel­lungen von Gott.

Der eine stellt sich Gott vor als einen zürnenden, unnahbaren Gott, der von lauter Racheflammen umgeben ist. Wenn er die Bibel liest, so findet er nur immer Stellen, die Gottes Zorn aus­sprechen und von Gottes Gericht und Strafe handeln. Er ist ein verzehrendes Feuer und eine ewige Glut für die Sünder, aber nicht für die Kinder; sie dürfen rufen durch den Geist: Abba Vater!

Ein anderer denkt sich Gott wie einen gutmütigen Vater, der fünf gerade sein lässt und nicht anders kann, als ein wenig durch die Finger sehen, weil er ja barm­herzig ist. Gott ist aber nicht in dem Sinn barmherzig, dass Er Sünde übersieht; nein, Gott nimmt es sehr genau mit der Sünde. Er ist in dem Sinn barm­herzig, dass Er unsere Sünde nahm und sie auf Seinen ein­geborenen Sohn legte, damit Er sie hinwegtragen und ab­schaffen sollte (Joh 1:29; Hebr 9:26). Die Gnade Gottes be­steht darin, dass sie die Sünden auf Christus gelegt hat und sie uns so vergibt und uns reinigt von aller Untugend (1Joh 1:9).

Noch andere sprechen von Gott als von einem „höheren Wesen“, das sich um die kleinen Dinge auf Erden nicht küm­mere. Obwohl Gott der Hohe und Erhabene ist, der in der Höhe und im Heiligtum wohnt, so wohnt Er doch auch bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind (Jes 57), so sieht Er doch auf das Niedrige und richtet den Ge­ringen auf aus dem Staube und den Armen aus dem Kot (Ps 113) und ist ein Vater der Waisen und ein Richter der Witwen (Ps 68). So suchte mir einmal ein gescheit sein woll­ender Mann Gott darzustellen als ein höheres Wesen. Als er aus­ge­redet hatte, fragte ich ihn: “Haben sie Kinder?“ Wie würde es sie berühren, wenn ihr Knabe von zehn Jahren, indem er sie anblickte zu den übrigen Ge­schw­istern sagen würde: ´Seht dort das höhere Wesen!` Würde Ihnen das ge­fallen? Er lachte verlegen und bekannte: „Nein, gerade nicht.“ Ich sagte: „Gott­lob kenne ich Gott nicht als höheres Wesen, sondern als einen Vater über alles, was da Kinder heißt im Himmel und der Erde“ (Eph 3:14.15).

Über Christus!

Was Kindlein zuerst von Christus erkennen, ist, dass Er für sie am Kreuz gestorben und an diesem Fluch­holz für sie Schuld und Strafe, Gericht und Verdammnis getra­gen hat. Das ist aber nur die eine Seite des Kreuzes. Auch wir sind mit Christus gekreuzigt. Das neue Testament ge­braucht fünf wichtige Ausdrücke in bezug auf Christus und uns, deren Inhalt wir klar erkennen sollten:

1. „Christus für uns“ (Röm 5:1.2.11; Röm 8:34) oder unsere Zusammen­gehörigkeit mit Ihm. 2. „Wir mit Christus“ (Röm 6) oder unsere Einheit mit Ihm- mit Ihm ge­kreuzigt, mit Ihm gestorben, mit Ihm begraben, mit Ihm aufer­weckt, mit Ihm versetzt in das himmlische Wesen. 3. „Wir in Christus“ (Röm 8) oder unser Leben in Ihm. Sein Leben ist unser Leben geworden. Seine Tugenden: Liebe, Demut, Sanftmut, Rein­heit usw. werden uns durch den Heiligen Geist angeeignet, so dass sie unser innerster Besitz werden. 4. „Christus in uns“ (Eph 3) oder wir ein Tempel des Heiligen Gottes. Wir sind ein lebendiges Haus für Gott. Die Spitze in allen Briefen des Apostel Paulus ist: „Christus in euch“ und Jesu letzte Bitte an Seinen Vater für seine Jünger war: „Ich in Ihnen“. 5. „Wir für Christus“ (Kol 1) oder leben um Seinetwillen. Er für uns ist unser Daseins Grund und der Erlösung Anfang und Fortgang; wir für ihn ist unser Daseins Zweck und der Erlösung Preis. Er für uns und wir für Ihn, welch eine Seligkeit!

Über den Heiligen Geist!

Was der Heilige Geist uns sein will, und was Er tut, ist uns ja in der Bibel und besonders im Neuen Testament sehr klar und unzweideutig gesagt. Die brennende Frage aber bei fast allen Zusammen­künften der Kinder Gottes ist in der Regel die: Wie können wir den Heiligen Geist be­kom­men? Wohl alle Kinder Gottes sind sich darin einig, dass wir ein größeres Maß des Geistes bedürfen und dass dieser größere Segen uns auch in der Schrift verheißen ist. Aber wie denselben bekommen, das scheint die Schwierigkeit zu sein. Ich glaube, man sollte, wie jemand sehr gut gesagt hat, die Fra­ge einmal umdrehen und fragen: Wie kann der Heilige Geist uns bekommen? Gewiss hätte man dann auch schnell die Ant­wort und den Segen den man sucht. Wir flehen um den Heil­igen Geist, und zu gleicher Zeit fliehen wir vor demselben (Ps 139). Lasst uns Ihm einmal vier Wochen stille halten und Ihm folgen, und wir werden Wunder erfahren.

Über uns selbst!

Besonders in den Geschichten des Alten Testa­ments finden wir oft sehr treffende und beschämende Züge unseres eigenen Wesens. Darum dürfen wir sie nicht als bloße Geschichte ansehen, sondern als Tat­sachen, die sich in uns­erem Leben und in dem Leben anderer täglich wieder­holen. Wer z.B. hätte nicht schon in dem Bild des Jakob sein eigenes Gesicht gesehen und in der Offenbarung der Herzen andrer sein eigenes Herz erkannt? Auch aus diesem Grund genügt es nicht, nur das Neue Testament zu lesen. Wer könnte z.B. in den wenigsten Fällen das Leben der Männer Gottes im Alten Bunde verstehen, wenn wir sonst nichts wüssten als den Bericht, den das Neue Testament von ihnen gibt, weil hier der Heilige Geist ihr Leben darstellt, wie Gott es zuletzt ansieht, nachdem Er ihre Fehler vergeben und ihrer Sünden nicht mehr gedenkt. Wer Abraham nur kennt aus dem Neuen Testament, kennt wohl den Abraham, aber nicht den Abram.

Über die Erlösung!

Dass der Mensch gefallen ist, und dass auch bei dem Wieder­geborenen immer wieder die Natur­eigen­heiten ihre Herrschaft gel­tend machen wollen, wissen wir nur zu gut. Aber wie wir frei werden können, das ist für uns die wichtige Frage. Und davon spricht die Bibel sehr viel. Sie spricht nicht nur von Befreiung von der Schuld der Sünde, sondern auch von Befreiung von der Macht der Sünde; nicht nur von einem Frieden des Gewissens redet sie, den man durch den Glauben an Christus erlangt, sondern auch von einem Frieden des Herzens, der uns durch Gehorsam gegen Seine Gebote zuteil wird. Sie spricht nicht nur von einer Ruhe im Himmel, sondern auch von einer Sabbatruhe auf Erden, nicht nur von einer Errettung in der Vergangenheit durch das Kreuz Christi, sondern auch von einer Errettung in der Zukunft durch die Wiederkunft Christi, für die man durch die gegenwärtige Errettung bereitet wird, nicht nur von einer Auferstehung am Endgericht, sondern auch von einer ersten Auferstehung der Heiligen usw.

Bekehrung und Vergebung der Sünde ist nur der Anfang!

Sie sagt uns, dass wir bei der Vergebung der Sünden nicht stehen bleiben dürfen, dass Bekehrung nicht das Ziel, sondern der Anfang ist, dass wir nicht durch Werke errettet werden, aber geschaffen sind zu guten Werken. Als Gott daran dachte, Menschen zu schaffen, sprach Er: Lasset Uns Menschen machen, ein Bild, das Uns gleich sei“. Ein Bild, Ihm gleich, das ist Gottes Vorsatz und Ziel mit uns. Und es ist uns nicht erlaubt, uns ein niedrigeres Ziel zu stecken. Viele Ver­sam­mlungen sind stehen­ge­blieben bei der Rechtfertigung: aber da bleibt Gott nicht stehen, sondern „welche er gerecht gemacht hat, die hat Er auch herrlich gemacht“. Und wie herrlich? Dass sie gleich sein sollen dem Ebenbild Seines Sohnes. Wir sind nicht bekehrt, um ein wenig Vergebung, ein wenig Frieden, ein wenig Hoffnung des ewigen Lebens zu haben, sondern wir sind bekehrt von Gott und für Gott, bekehrt dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und Seinem Sohn aus den Him­meln zu erwarten (1Thes 1:10).

Über Sünde!

Soviel mir bekannt ist, sagt die Schrift nur an einigen Stellen in einem Begriff, was Sünde ist; hingegen macht sie es uns an unzähligen Beispielen und Geschichten klar, wie man sich an Gott, an sich selbst, an seinen Mit­menschen, an den Geschöpfen und an der Schöpfung , ja sogar an der Finsternismacht versündigen kann. Sie zeigt uns, dass die Sünde nicht in einzelnen Vergehungen besteht, sondern dass sie ein Zustand ist, der nur durch Buße und Glauben an den Erlöser durchbrochen werden kann.

Über Versuchung!

Jakobs redet in seinem Brief von ver­schiedenen Versuch­ungen, denen Kinder Gottes ausgesetzt sind:

1. Von Versuchungen, die das tägliche Leben, unsre Ver­hältnisse und unsre Stellung unter den Menschen mit sich bringen (Jak 1:2-4)
2. Von Versuchungen, die in der eigenen Lust ihren Ur­sprung haben (Jak 1:13-15)
3. Von Versuchungen, die direkt vom Teufel kommen (Jak 4:7)

Außerdem spricht die Schrift auch von Versuchungen von Seiten Gottes – freilich nicht zum Bösen, - und auch von Ver­such­ungen von unsrer Seite Gott gegenüber. Wir sehen hier, dass nicht alle Versuchungen direkt vom Teufel sind, wie man dies oft irrtümlich meint. Die Versuchungen von seitens des Teufels sind uns in der Schrift sehr klar gezeigt. Sie spricht in Bezug auf dieselben von „Zeiten der Versuchung“, von „Tagen der Ver­suchung“, von „Stunden der Versuchung“, von „ver­schied­ensten Arten der Versuchung“ und von „verschiedenen Gestalten des Versuchers“. Natürlich sagt sie uns auch immer, wie dieselben überwunden werden können. Über alle notwendigen Fragen! Und zwar nicht nur über Fragen in Bezug auf das geistliche und ewige Leben, sondern auch in Bezug auf das äußere und irdische Leben. Freilich möchte ich mit diesen Worten nicht dem Miss­brauch, der nach dieser Seite hin mit Gottes Wort getrieben wird, das Wort reden.

IV. Betend!

„Öffne meine Augen, damit ich Wunder schaue in deinem Gesetz,“ sagt David Ps 119:18. Betend lies deine Bibel, das heißt: Mache aus jedem Vers ein Gebet. Auf diese Weise nehmen wir das Wort leichter auf. Denn es handelt sich vor allen Dingen darum, dass das Wort in uns lebendig wird, dass es unser Herz erfasst, unsern Willen bestimmt und unsere Seele sättigt. „Maria bewegte alle diese Worte in ihrem Herzen“. Und dies geschieht am besten, wenn man es betend in sich aufnimmt und betend auch vor Gott ausspricht. Eine Versuchung des Feindes besteht darin, dass er das Wort von den Herzen der Hörenden oder Lesenden fortzunehmen sucht. Und Folge eines leeren Herzens ist: ein zerstreuter Sinn, ein aufgeregtes Wesen, ein neugieriges Ohr, und eine geschwätzige Zunge. Wahres Gebet ohne regelmäßigen Gebrauch des Wortes Gottes ist ganz undenkbar. Gebet führt zum Wort Gottes und Wort Gottes wirkt Gebet. Lass dein Herz gefüllt sein mit dem Wort Gottes und deine Seele gesättigt mit dem Wohlgefallen Gottes, und du hast den Weg zur Ruhe und zum Schweigen-Können gefunden.

Die Bibel muss unser Gebet-Buch sein, wenn wir ein solches bedürfen. Ein von Menschen gemachtes sollten wir nicht nötig haben. Viele Verse, die deinem Verstand vorkommen wie harte Steine, verwandelt das betende Herz in Brot: ihm quillt aus harten Steinen ein frischer Quell und aus Felsen Honig. Wenn die Alten beteten, waren ihre Worte meist Gottes Wort. An dem Gebet Esra´s merkt man, dass sein Herz mit Gottes Wort erfüllt war. Sind nicht darum unsere Gebete so arm, weil unser Herz so arm ist an Gottes Wort?

V. Sinnend!

Das heißt ohne in besonderer Weise Licht oder Kraft oder Erbauung haben zu wollen, in ruhigem, stillen Nachdenken, mit Bewegungen und Ergötzen des Herzens, wo man mit Dankbarkeit annimmt, was einem gegeben wird. David sagt im 119. Psalm siebenmal, dass er sinne über Gottes Wort. Er sagt: „Meine Augen sind den Nachtwachen zuvor­gekommen, um zu sinnen über dein Wort“ (Ps 119:148). "Deine Zeugnisse sind mein Sinnen" (Ps 119:99) und im Ps 63 sagt er: „Wie von Mark und Fett wird gesättigt werden meine Seele, wenn mit jubelnden Lippen wird loben mein Mund, wenn ich Deiner gedenke auf meinem Lager, über Dich sinne in den Nachtwachen“, und in Psalm 1: „Tag und Nacht sinnet der Gerechte über das Gesetz Jehovas.“

Das Sinnen über Gottes Wort nährt die Seele, hält den Geist frisch wie der Wasserbach den an seinen Ufern gepflanzten Baum (Ps 1). Das Sinnen gibt uns jubelnde Lippen, einen lobenden Mund und ein anbetendes Herz (Ps 63) und Denken führt zum Danken.

Das Sinnen bewahrt vor Sinnlichkeit. Unser Geist muss beständig einen Gegenstand der Betrachtung haben. Ist es nicht Gottes Wort, so ist es etwas anderes. „Mein Geist muss forschen“, sagt David in Ps 77. Wenn ein bekehrter Mann einen Tabaksbeutel, ein Zigarettenetui oder sogar eine Schnapsflasche mit sich herum tragen kann, warum sollte er nicht ein Testament in seiner Tasche herumtragen können? Bis jener eine Zigarette angezündet hat, hat dieser einen Spruch aus seinem Testament gelesen und das wird ihm eine bessere Unterhaltung und Kurzweil sein als jenem die Zigarette.

Das Sinnen bringt Wahrheiten aus dem Kopf ins Herz, wo sie durch Betrachten, Über­legen und Wiederholen unser eigen werden. Das Nachdenken macht die Vernunft kräftig und tätig, hilft uns aus der Sinnlichkeit heraus und macht uns einen Gegenstand klar und verständlich. „Gehe siebenmal hin“ sprach Elia zu seinem Knaben, der ausge­gangen war, nach Regen zu schauen, aber keinen entdecken konnte. Erst beim siebten­mal sah er ein Wölkchen aus dem Meer aufsteigen und dann den ganzen Him­mel voll Regen. Gehe siebenmal hin zu dem gleichen Wort, das dir zuerst trocken und dürre vor kam, und du wirst überströmenden Segen darin finden

Aus der Ruhe heraus, gib weiter!

Lies die Bibel nicht wie eine Schulaufgabe, auch nicht aus Pflicht, sondern mit der tiefen Ehrfurcht, dem innigen Verlangen und der bestimmten Erwartung, dass Gott mit Dir redet.

Lies die Bibel nicht für andere, denn das ist Heuchelei. Lies sie aber, damit du auch anderen sagen kannst, was in der Bibel steht. Trage große Sorge dafür, dass Du mit Ruhe ein Wort Gottes in das Herz eines Unwissenden oder Widerspenstigen legen kannst. Niemals streite über Gottes Wort oder wegen Gottes Wort. Sobald ein Mensch anfängt zu streiten, schweige und bete.

Herr dein Wort (Lied)