In das Herz des Vaters sehen

Aus Bibelwissen
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und

der Trost Gottes in Leid und Anfechtung


Von Daniel Muhl

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Skulptur "In Jesu Armen" von Judith Stucki


Von der Bedeutung des Sehens

Das Sehen empfinden wir Menschen als etwas sehr Wichtiges. Wir sehen sehr gerne schöne, ansprechende, aber auch interessante und spannende Dinge. Das Sehen regt uns an und es macht das Leben vielseitig. In Bezug auf das Sehen, leben wir heute in einer unvergleichlichen Zeitepoche. Wir Menschen werden mit so vielen Bildern überflutet, dass wir heute mit Recht von einem Bilder-Tsunami sprechen können. Durch die Medien können wir heute fast alle Gebiete dieser Erde anschauen. Wir werden heute mit einem nie dagewesenen Ausmaß von unterschiedlichen Geschichten, Schicksalsschlägen, Kulturen und Denkweisen konfrontiert. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie sich dieser Umstand auf unseren Geist und auf unsere Seele auswirkt? Einige sehen dies als relativ unproblematisch an und weisen darauf hin, dass der moderne Mensch auch damit umzugehen lernt und andere sehen darin eine Überforderung für die Seele.
Starke und belastungsfähige Menschen können mit diesen vielen Bildern vielleicht relativ gut umgehen (wobei auch hier fraglich ist, ob sie dieser Umstand zum Guten verändert); aber wie sieht es mit den besonders empfindsamen Seelen aus? Können sensible Menschen, die durch die vielen Tagesschauberichte und Filme, in denen sie mit einer großen Menge von Schicksalen konfrontiert werden, solches auch seelisch gut genug verarbeiten oder trägt die Bilderflut auch dazu bei, dass immer mehr Menschen psychisch krank werden? Es gibt viele Ursachen für seelische Krankheiten: Erbanlagen, hormonelle Ursachen, Schicksalsschläge, körperliche Erkrankungen, mangelnde Liebe, falsche Lehren, ein verzerrtes Gottesbild, ungesunde Ernährung, Drogen- Medikamenten- und Alkoholkonsum, okkulte Belastungen usw. usf. Die Bilderflut wird aber meines Erachtens sehr oft unterschätzt. Das liegt u. a. ganz einfach daran, dass ein Fernsehsender wohl kaum auf die seelischen Nebenwirkungen hinweisen wird, die das Anschauen von Filmen erzeugen kann, die er ja selbst zur Unterhaltung anbietet. Das Blutvergießen in Krimis und Actionfilmen sowie die Untreue im seelischen sowie körperlichen Bereich ist so normal geworden, dass man das Anschauen dieser Dinge kaum mehr infrage stellt. Es ist ganz selbstverständlich geworden! Aber ich bin überzeugt, dass daraus auch psychische Erkrankungen entstehen. Doch wo wird Solches noch thematisiert? Die Gesellschaft hat sich an den Umstand gewöhnt, dass wir unsere Augen und somit auch unsere Seelen mit Gewalttat und Untreue zupflastern. Dadurch werden wir psychisch vergiftet und dieses Gift fließt auch in die christlichen Gemeinschaften hinein. In Bezug auf das Sehen bemerkt unsere alte Bibel Folgendes:

  • Spr 27:20 - Scheol und Abgrund werden nicht satt, und die Augen des Menschen werden nicht satt.

Das Wort Gottes hat schon lange festgestellt, dass sich die Augen nicht satt sehen können. Meistens verhält es sich so: „Je mehr wir Menschen gesehen haben, desto mehr wollen wir sehen! Je mehr uns die Bilder dieser Welt erregt haben, desto mehr wollen wir unsere Seelen durch neue Bilder befriedigen!“
Denkende Menschen haben aber auch erkannt, dass es auch ein inneres Schauen gibt, wo man unsichtbare und abstrakte Eigenschaften erkennen kann. Allerdings steht das innere Schauen oft in Konkurrenz zum äußeren Sehen. Paulus schreibt dazu:

  • 2Kor 4:18 - da wir nicht das Sichtbare anschauen, sondern das Unsichtbare; denn das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ewig.

Von Natur aus, sind wir gewohnt, zuerst alles Sichtbare anzuschauen und denken dabei gleichzeitig, dass dies die einzige Realität sei. Es bedarf einiger Erkenntnisse und Lernprozesse, bis wir erkennen, dass die unsichtbaren Dinge das Sichtbare bestimmen und dass hinter allen unsichtbaren Kräften Gott steht!
Wer auf Gott schauen kann, darf Denjenigen sehen, der alles andere in den Schatten stellt.

Der ultimative Blick

Wer in das Herz des himmlischen Vaters sehen darf, hat den ultimativen und nicht zu überbietenden Blick bekommen. Wer in das Herz des Vaters schauen darf, vermag alles! Er kann Überfluss haben oder Mangel leiden, er kann verspottet oder geehrt werden! Ein solcher Mensch ist nicht mehr vom Materiellen oder Sichtbaren abhängig; ebenso ist er unabhängig von den Meinungen der Menschen. Wenn wir in das Herz des himmlischen Vaters schauen dürfen, kann die ganze Welt zusammenbrechen und wir dürfen uns trotzdem geborgen wissen.
Der Blick in das Herz des Vaters kann man sich nur schenken lassen. Diese Schau kann man nicht selbst produzieren. Selbst höchste Intelligenz ist dazu nicht in der Lage. Auch ein theologisch umfassendes Wissen kann uns diesen Einblick nicht ermöglichen. Ebenso wenig ein perfektes frommes Leben! Doch wie kann solches geschehen?

Wie können wir in das Herz des Vaters schauen?

Noch einmal will ich betonen: „Nur Gott selbst kann uns diesen Einblick schenken!“ Wenn uns der Vater in Sein Herz schauen lässt, dann erfüllt uns ein Friede und eine Glückseligkeit, die absolut überwältigend sind. Diesen Einblick kann man aber mit Beschreibungen nicht so an andere weiter vermitteln, dass sie das Gleiche empfinden würden. Ein solcher Einblick kann nur der Geist Gottes jedem Einzelnen vermitteln.

Durch die richtige Herzenshaltung

Auch wenn dieses Schauen in das Herz Gottes ein hundertprozentiges Geschenk ist, so gibt es doch Dinge, die diesen Einblick fördern oder aber auch verhindern können:

  1. Schauen wir von den Bildern, die uns diese Welt bietet, ganz bewusst weg und schauen wir immer mehr bewusst auf Jesus, der uns das Bild des Vaters vermittelt (Hebr 12:2 / Joh 14:9)! Die Bibel lässt uns das Wesen unseres Gottes erkennen. Allerdings muss uns der Heilige Geist die Worte Gottes in unseren Herzen aufschließen, damit wir den Vater erkennen können.
  2. Je mehr wir die Liebe Gottes sehen dürfen, desto mehr fangen wir an, Gott in allen Teilen zu vertrauen und Ihn zu lieben. Die innige Liebe zu Gott ist die Grundlage für eine geschenkte Gotteserkenntnis. Darum zitiert Paulus auch: „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Uns aber hat Gott es offenbart durch den Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes. Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist? So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes. Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind (2Kor 2:9-12)."
  3. Die Liebe zu Gott beinhaltet auch den tiefen Wunsch, zur Ehre Gottes zu leben. Er soll in allem groß gemacht und verherrlicht werden. Menschen, die ihre eigene Ehre im Fokus haben, bleibt der Blick in das Herz des Vaters verwehrt. Ein Hochmütiger - mag er noch so fromm sein - hat keine Chance, in das Herz des Vaters zu blicken. Nur dem demütigen und liebenden Herzen gewährt Gott diese Gnade!
  4. Die tiefe Sehnsucht, den himmlischen Vater dem Herzen nach kennenlernen zu dürfen, ist sicherlich auch ein Aspekt, der eine Rolle spielen dürfte.

Auch wenn die genannten Punkte nicht unbedingt einen Anspruch auf Vollständigkeit haben, so beinhalten sie doch sehr wesentliche Aspekte für eine Gotteserkenntnis.
Der Einblick in das Herz des Vaters stellt eine Verbindung zwischen uns und dem Innersten des Allerhöchsten her. Dadurch sehen wir nicht mehr nur die äußeren Eigenschaften Gottes, sondern wir dürfen auch Sein inneres Wesen der Liebe und Barmherzigkeit erfassen. Wer die Fluchbestimmungen der Bibel liest (5Mo 29:11ff), sieht zuerst einmal einen Gott, der das Böse nicht ungestraft lässt (sofern der Mensch davon nicht umkehrt). Ein Mensch, der sich vom Egoismus nicht befreien lässt, wird die verderblichen Konsequenzen der Selbstsucht erfahren müssen. Der Liebende hingegen, wird mit Gott ringen und anschließend in das Herz des Vaters sehen dürfen.
Christen, die ihre „Geistlichkeit“ nur über ihr Bibelwissen definieren, hätten vielleicht der geäußerten Absicht Gottes zugestimmt, wonach Er sein Volk vernichten wollte (2Mo 32:10). Doch Menschen, die wie Mose freundschaftlich mit Gott verbunden sind (2Mo 33:11), ringen mit Gott um eine Errettung der Verlorenen (2Mo 32:11ff). Menschen, die vordringlich einen rächenden Gott sehen, hätten es vielleicht einfach akzeptiert, als Gott sagte, dass es Ihn gereue, Saul als König erwählt zu haben (1Sam 15:11). Samuel hatte aber nach dieser Aussage ein Problem und er konnte nicht anders, als in seinem Zorn die ganze Nacht zum Herrn zu schreien. Dieses Mit-Gott-ringen bewirkte in Samuel dann doch die Gewissheit, dass Gott in Seinem Innersten nichts wirklich gereuen kann. Darum kann er im gleichen Kapitel noch bezeugen:

  • 1Sam 15:29 - Auch lügt der nicht, der Israels Ruhm ist, und es gereut ihn nicht. Denn nicht ein Mensch ist er, dass ihn etwas gereuen könnte.

Doch wie lässt sich dieser scheinbare Widerspruch erklären? Die erste Aussage macht vermutlich deutlich, wie Gott sich gefühlt haben musste, nachdem Saul nicht mehr aus einer Vertrauensbeziehung zu Ihm lebte und nur noch seine eigene Ehre suchte (1Sam 15:30). Vielleicht spürte die Seele des Herrn "Trauer" und "Reue" über diese Berufung. Nachdem Samuel eine ganze Nacht zum Herrn schrie, bekam er die Gewissheit, dass alle Berufungen Gottes gut sind und sich über die gesamte Heilsgeschichte Gottes ideal auswirken werden. Vom Ziel her gesehen sind alle Berufungen unbereubar, aber in dem Moment fühlte Gott vmtl. so etwas ähnliches, wie menschliche Reue. Eine vergleichbare Reue, wie ein Arbeitgeber, der einen unnützen Arbeiter eingestellt hat. Aus der heilsgeschichtlichen Gesamtschau reut es Gott aber nicht, dass Er den Saul zum König erwählt hat, weil Er auch aus diesem Umstand das Gute erzeugen wird (1Mo 50:20). Das ist natürlich nur eine menschliche Interpretation, aber wir finden immer wieder Beispiele dafür, dass Gott mit so genannt „menschlichen Gefühlen“ den Menschen begegnet.
Der liebende und mit Gott ringende Mensch, darf plötzlich in das Herz des Vaters sehen und erkennen, dass Er aus allem das Gute machen wird und dass Er jeden Fluch in Segen verwandeln wird.

Durch Leid und Anfechtung

Die Tatsache, dass man dem Vater gerade auch durch Leid und Anfechtung ins Herz schauen kann, scheint auf den ersten Blick unlogisch zu sein. In den oben genannten Beispielen wird aus dem Kontext auch deutlich, wie Mose und Samuel innerlich litten, als sie mit Gott gerungen hatten. Gerade auch in diesem Kampf und Leid, durften diese beiden Männer als Folge davon, ein stückweit in das Herz Gottes sehen.
Bei Paulus wird diese Tatsache aus dem zweiten Korintherbrief erkennbar, wenn er schreibt:

  • 2Kor 1:3-11 - Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes, 4 der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden. 5 Denn wie die Leiden des Christus überreich auf uns kommen, so ist auch durch den Christus unser Trost überreich. 6 Sei es aber, dass wir bedrängt werden, so ist es zu eurem Trost und Heil; sei es, dass wir getröstet werden, so ist es zu eurem Trost, der wirksam wird im [geduldigen] Ertragen derselben Leiden, die auch wir leiden. 7 Und unsere Hoffnung für euch steht fest, da wir wissen, dass, wie ihr der Leiden teilhaftig seid, so auch des Trostes. 8 Denn wir wollen euch nicht in Unkenntnis lassen, Brüder, über unsere Bedrängnis, die uns in Asien widerfahren ist, dass wir übermäßig beschwert wurden, über Vermögen, so dass wir sogar am Leben verzweifelten. 9 Wir selbst aber hatten in uns selbst [schon] das Urteil des Todes erhalten, damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt. 10 Und der hat uns aus so großer Todesgefahr errettet und wird uns erretten; auf ihn hoffen wir, dass er uns auch ferner erretten werde; 11wobei auch ihr durch das Gebet für uns mitwirkt, damit von vielen Personen für das uns [verliehene] Gnadengeschenk gedankt werde, durch viele für uns.

Die Leiden des Apostels Paulus waren enorm. In 2Kor 11:23-28 und 2Kor 12:7-10 wird ein kaum fassbarer Leidenskatalog erkennbar. Jeder normale Mensch, der ein so großes Ausmaß an Leiden hätte durchstehen müssen, würde mit Gott hadern und Ihm sagen, dass solches einfach unzumutbar sei. Wenn selbst ein Apostel Paulus „am Leben verzweifelte“, dann zeigt dies eine ungeheure Tiefe des Leidens an. Keinem meiner Mitmenschen würde ich so etwas wünschen. Aber unser Gott mutet dies einem Seiner Lieblinge zu! Warum machte Paulus nicht die Aussage, dass ein Gott der Liebe so etwas unmöglich zulassen kann? Stattdessen preist er seinen Gott und Vater und verleiht Ihm die Ehrentitel ein „Vater der Erbarmungen“ und ein „Gott allen Trostes“ zu sein. Wie passt solches zusammen? Wie kann ein Mensch Gott preisen, obwohl der Allmächtige so viel Schweres in seinem Leben zuließ? Wie konnte Paulus Gott rühmen, obwohl er selbst am Leben verzweifelte?
In allen diesen unsagbaren Leiden schenkte Gott dem Paulus ein Gegengewicht und dieses Gegengewicht hieß „Trost“. Gleichzeitig erlebte Paulus das Erbarmen Gottes auf eine ganz außergewöhnliche Art und Weise. Wenn wir an einen menschlichen Trost denken, dann werden wir vielleicht zuerst einmal an einen billigen Trost erinnert. Wer beispielsweise zu einem Krebspatient auf dem Sterbebett sagen würde, „Kopf hoch, es wird schon wieder“, spendet einen billigen Trost. Wer an einen solchen oder ähnlichen Trost denkt, kann sich nicht vorstellen, dass der Trost Gottes ein Gegengewicht zu diesen unsagbaren Leiden sein kann. Das liegt dann aber einzig und allein daran, dass man noch absolut keine Ahnung von der Kostbarkeit des Trostes Gottes hat.
Wenn Paulus, der mit so vielen Leiden konfrontiert wurde, den himmlischen Vater über Seinen Trost preist, dann muss dieser Trost eine ungeahnte und unfassbare Kostbarkeit sein! Die Einmaligkeit und Kostbarkeit dieses Trostes muss so gewaltig sein, dass Paulus seine Leiden um dieses Trostes Willen nicht hätte missen wollen. Der Trost Gottes war so überwältigend, dass sich diese Leiden gelohnt haben! Jeder normal denkende Mensch kann diese Aussage nicht nachvollziehen. Begreifen kann man solches erst dann, wenn man es selbst erlebt hat. Vorher kann man es entweder glauben, weil Gott in Seinem Wort die Wahrheit sagt oder man tut es als Unsinn ab, weil es nicht den üblichen Erfahrungen entspricht. Gleichzeitig müsste man Paulus als einen Lügner oder Fantast hinstellen, der hier irgendwelche Illusionen verbreitet. Nehmen wir einmal an, dass Paulus hier eine Illusion weitergegeben hätte, die gar nicht seinen persönlichen Erfahrungen entsprachen, dann stellt sich natürlich die Frage, was er damit bezwecken wollte? Anhänger kann man damit auf jeden Fall nicht gewinnen! Wenn man Menschen für eine Sekte gewinnen will, dann sollte man sicher nicht Sätze schreiben, wie z. B. dieser hier:

  • 2Kor 12:10 - Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Misshandlungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

Die Aussagen des Apostels Paulus im 2. Korintherbrief widersprechen unseren Erfahrungen und sie sind für Menschen, die das Leben genießen wollen überhaupt nicht attraktiv! Aufgrund dieser Überlegungen liegt der Schluss nahe, dass hier Paulus tatsächlich verborgene und göttliche Geheimnisse entdeckt hat, die der natürliche Mensch nicht fassen kann.
Inmitten von Leid und Anfechtung erfährt Paulus einen so tiefen Trost, dass er seinen Gott nur noch preisen kann. Da ist kein Hadern mit Gott und auch nicht die Frage: „Mein Gott, warum lässt Du solches zu?“
Wie unfassbar tief muss doch dieser Trost gewesen sein, wenn er sogar diejenigen loben und preisen lässt, die zuvor am Leben verzweifelten. Dieser Trost Gottes hatte mit Bestimmtheit auch zur Folge, dass man Gott dem Herzen nach, noch mehr erfahren und erkennen durfte. Dieser Trost muss so unbeschreiblich schön sein, dass jeder von Gott Getröstete bezeugen kann, dass sich die Leiden nur schon um dieses Trostes Willen gelohnt haben. So etwas können nur die bezeugen, die das selbst erfahren haben und solche, die einfach daran glauben, weil es vom wahrhaftigen Wort Gottes bezeugt wird. Außerhalb des Glaubens kann man wohl kaum verstehen, dass sich so schwere Leiden, wie die eines Apostels Paulus, nur wegen des Trostes Gottes lohnen würden. Auch hier darf der Glaubende einmal mehr erkennen, dass Gott die größten Kostbarkeiten dort verbirgt, wo wir Menschen sie am allerwenigsten vermuten.

In diesem unbeschreiblichen Trost hat Paulus, Gott auch als einen „Vater der Erbarmungen“ erlebt. Die Barmherzigkeit ist eine der herausragensten Eigenschaften unseres Gottes, weil die Barmherzigkeit Gottes uns die Liebe Gottes von einer ganz einmaligen Seite her beleuchtet. Die ganz persönliche Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes war unserem himmlischen Vater so wichtig, dass Er in Seiner Weisheit beschloss, alle in den Ungehorsam einzuschließen, auf dass Er sich aller erbarme (Röm 11:32). Nur durch die Tatsache, dass wir zuerst in den Ungehorsam eingeschlossen wurden, kam es zu der Voraussetzung, das Erbarmen Gottes ganz persönlich zu erfahren. Die persönliche Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes ist viel wertvoller, als ein fehlerloses Leben, indem wir die Barmherzigkeit Gottes nie erfahren würden! Nur durch diese Erfahrung erkennen wir die Tiefe der Liebe Gottes und werden dadurch auch zu Wesen, die ganz freiwillig lieben wollen.
Bei seiner Bekehrung vor Damaskus hat Paulus die Barmherzigkeit Gottes das erste mal so richtig erfahren dürfen. Damals musste er ins Staunen geraten sein, als ihm bewusst wurde, dass Gott ihn liebt und ihn auserwählt hat, obwohl er den Messias Israels verfolgt hatte! Eigentlich hätte er Tod, Verderben und Verdammnis verdient, aber Gott macht ihn zu einem einmaligen Werkzeug Seiner wunderbaren Gnade! Paulus ist so überwältigt, dass er gar nicht mehr anders kann und will, als aus dieser Gnade und Liebe heraus zu leben.

Durch die erwähnten Schicksalsschläge im 2. Korintherbrief und durch den Trost Gottes, erfährt Paulus das Erbarmen Gottes noch einmal von einer ganz neuen Seite. Hier ging es weniger um das Erbarmen über einen verlorenen Sünder, sondern viel mehr um die Barmherzigkeit gegenüber eines leidenden und verzweifelten Mannes!
Gottes große Kraft und Seine Liebe wirken in eine - für uns Menschen - unzumutbare Situation hinein! Dies hatte dann zur Folge, dass sich sowohl der Geist, als auch die Seele des Apostels, in den Händen Gottes getragen wusste. Paulus stand unter dem direkten Zufluss der Liebe Gottes. Plötzlich spielt der körperliche und seelische Zustand eine untergeordnete Rolle. Raum, Zeit und Materie werden auf ihre tatsächlichen Plätze verwiesen und verlieren an Bedeutung. Das unsichtbare Einwirken des Geistes Gottes in diese – menschlich gesehen – unhaltbare Situation, vermittelt Paulus eine neue Sichtweise, so dass er schreiben konnte:

  • 2Kor 4:17-18 - Denn das schnell vorübergehende Leichte unserer Bedrängnis bewirkt uns ein über die Maßen überreiches, ewiges Gewicht von Herrlichkeit, 18 da wir nicht das Sichtbare anschauen, sondern das Unsichtbare; denn das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ewig.

Mitten in den Leiden darf der Apostel auf das Unsichtbare schauen und dadurch letztlich auf den Unsichtbaren. Durch den Trost Gottes, der ihm ganz persönlich zuteil wurde, konnte Paulus auch in das Herz des himmlischen Vaters schauen. Dieser Blick überwiegt alles andere, es relativiert sämtliches Leiden dieser Welt. Die außerordentlichen Bedrängnisse des Apostels Paulus bezeichnet er dann selbst, als „das schnell vorübergehende Leichte“, das ein über die Maßen überreiches, ewiges Gewicht von Herrlichkeit bewirkt!
Entweder ist hier Paulus total übergeschnappt oder er hat ein ganz gewaltiges Geheimnis entdeckt, das nur solche erfahren können, die ihr Leben diesem Gott ganz anvertrauen. Das aber, ist ein Abenteuer, das uns nicht vor Leiden verschont und sich trotzdem lohnen wird, weil es uns letztlich in das Herz des Vaters schauen lässt.
Ich bin überzeugt; gerade weil Jesus in das Herz Seines Vaters schauen durfte und Seine absolute Liebe erkannte, konnte Er das Liebesgebet von Joh 17 sprechen. Dieses Gebet sprach Jesus im vollem Bewusstsein, der vor Ihm liegenden Leiden. Obwohl Ihm damals die schrecklichste Zeit Seines Daseins bevorstand, konnte dieses einmalige Gebet sprechen.
Wer in das Herz des Vaters schauen darf, weiß sich vollständig in Ihm geborgen und das trotz aller Leiden! Möge uns der himmlische Vater immer mehr die Gnade schenken, in Sein Herz schauen zu dürfen, damit wir in diese beruhigende Glückseligkeit hineinkommen können; in den Frieden, der nicht mehr von Raum, Zeit und Materie abhängig ist!