Das Gedenken, Flehen, Ersehnen und Erinnern des Paulus

Aus Bibelwissen
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Von Daniel Muhl

Das Profil des Timotheus

Der zweite Timotheusbrief ist der letzte Brief des Apostels Paulus, den wir in der Bibel finden. Es ist ein Brief an seinen wohl treuesten Mitarbeiter. Dieser Brief kann auch als Vermächtnis des Apostels Paulus gesehen werden. Er enthält nicht nur die letzten Anweisungen für seinen engsten Mitarbeiter, sondern er beinhaltet auch sehr wichtige Hinweise für jeden Sklaven Jesu Christi, der treu das sucht, was des Christus ist.
Ohne Zweifel war Timotheus ein solcher Mann! Das Zeugnis des Apostels Paulus über Timotheus, das wir im Philipperbrief finden, beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue:

  • Phil 2:19-22 - Ich hoffe aber im Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, damit auch ich guten Mutes sei, wenn ich um euer Ergehen weiß. 20 Denn ich habe keinen [ihm] Gleichgesinnten, der aufrichtig für das Eure besorgt sein wird; 21 denn alle suchen das Ihre, nicht das, was Jesu Christi ist. 22 Ihr kennt aber seine Bewährung, dass er, wie ein Kind dem Vater, mit mir für das Evangelium gedient hat.

Die Eigenschaften des Timotheus waren: Aufrichtigkeit, Fürsorglichkeit, Gottergebenheit, Selbstlosigkeit, Dienstbereitschaft, die Ehre Jesu suchend und infolge dessen auch Bewährtheit. Die Aufrichtigkeit, das Authentisch-Sein und die Gottergebenheit machten aus Timotheus einen fürsorglichen und tauglichen Diener Jesu Christi. Solche Diener scheinen dünn gesät zu sein; vor allem deshalb, weil die meisten das Eigene suchen. Das war bereits damals so, wie das aus Phil 2:21 deutlich hervorgeht.
Diener Jesu Christi, die sich mit Hingabe ihrem Herrn zur Verfügung stellen wollen, finden gerade auch im 2. Timotheusbrief ganz wertvolle Hinweise für ihr Leben mit dem Herrn. Es geht in diesem Brief um nichts Geringeres als um ein Leben aus der Kraft des Geistes!

Die Verbundenheit des Paulus

In den Versen 3 bis 5 dürfen wir die große Verbundenheit zwischen Paulus und Timotheus erkennen. Ebenso wird die innige Liebe des Geistes von Paulus zu seinem „Kind“ Timotheus sichtbar. Es beeindruckt mich immer wieder aufs Neue, was für ein leidenschaftliches Feuer der Liebe in Paulus brannte. Wie z. B. auch in Röm 1, so wird auch hier deutlich, wie Paulus sich mit seinen Brüdern solidarisierte und wie ihr Schicksal auch "sein Schicksal" war. Er hat sich mit den Freuenden gefreut und mit den Weinenden geweint, er hat mitgefühlt und mitgelitten! Das macht einen wahren Nachfolger und Nachahmer Jesu Christi aus. So lesen wir:

  • 2Tim 1:3 - Ich danke Gott (w. Gnade habe ich in dem Gott), dem ich von meinen Voreltern her mit reinem Gewissen gottesdienste, wie ich unablässig dich betreffend Gedenken habe in meinem Flehen Nacht und Tag,
  • 2Tim 1:4 - ersehnend, dich zu sehen - weil ich erinnert worden bin an deine Tränen - auf dass ich betreffs der Freude vervollständigt werde;
  • 2Tim 1:5 - und weil ich Erinnerung erhielt bezüglich des ungeheuchelten Glaubens in dir, der vorher in deiner Großmutter Lois und deiner Mutter Eunike innewohnte; ich bin aber überzeugt worden, dass er auch in dir ist.

Doch diese ergreifenden Worte kann man auch aus einer anderen Perspektive sehen. Machen wir die Augen zu und stellen uns vor, der Herr Jesus stehe im Geiste vor uns und sagt zu uns:

  • Gnade habe ich durch meinen Vater, dem ich von Anfang her mit reinem Gewissen diene, wie ich ohne Unterbruch an dich denke sowie Nacht und Tag für dich flehe, und große Sehnsucht danach habe, dich zu sehen, damit ich vollständig mit Freude erfüllt werde, denn ich wurde an deine Tränen erinnert!

Unser Herr Jesus denkt ohne Unterbruch an uns und er fleht inständig für uns (Hebr 7:25). Er sehnt sich mit großer Sehnsucht nach uns. Er sieht alle unsere Tränen, hat Mitleid (Hebr 4:15) und seine Freude wird erst dann vollständig, wenn wir ihn von Angesicht zu Angesicht sehen.
Das Wissen um die Empfindungen unseres Herrn Jesus Christus uns gegenüber, sollte die Grundlage bilden, um mit Hingabe für den Herrn Jesus zu leben. Nur wenn ich um diese Empfindungen des Herrn weiß, kann ich auch in richtiger Weise dem Herrn dienen. Ich muss die Liebe Jesu zu mir erkennen, damit ich ihn und meine Nächsten auch richtig lieben kann!

Zweierlei Glauben

Die Aufrichtigkeit und die Gottergebenheit des Timotheus beinhalteten auch einen ungeheuchelten Glauben. Nur mit diesem Glauben kann man ein wahrer Sklave Jesu Christi sein. Ohne diesen Glauben kann ich mich Gott nicht auf Dauer hingeben. Was aber beinhaltet dieser ungeheuchelte Glaube und was sind die Kennzeichen des unechten Glaubens? Damit wir uns selbst prüfen können, ob unser Glaube echt oder unecht ist, müssen wir sowohl die Merkmale des ungeheuchelten, als auch des unechten Glaubens kennen.

Der ungeheuchelte Glaube

Der ungeheuchelte Glaube ist ein persönliches Vertrauen auf Gott. Man glaubt nicht deshalb, weil die anderen Menschen an Gott glauben, sondern weil eine innere Gewissheit entstanden ist, dass es den Gott der Bibel gibt und dass dieser Gott allmächtig ist. Diese Gewissheit entsteht letztlich nur durch das Einwirken des Geistes Gottes! Die Sehnsucht eines Menschen nach Gnade und Erbarmen, nach einem Gott der Liebe, war möglicherweise – wenn auch nicht in allen Fällen – der Auslöser für das Einwirken des Heiligen Geistes. Wie es sich bei jedem einzelnen verhält, ist letztlich ein Geheimnis Gottes. Sobald der Glaube Jesu Christi in einem Menschen Raum gewonnen hat, wächst dieser Glaube kontinuierlich. Am Anfang steht die innere Gewissheit, dass es diesen Gott der Bibel gibt und dass er durch die Bibel zu uns spricht. Man ist davon überzeugt, dass die Bibel Gottes Wort ist. Im Laufe der Zeit wächst dieser Glaube stetig. Der ungeheuchelte Glaube lernt an den Zusagen Gottes festzuhalten, auch wenn diese nicht den persönlichen Erfahrungen entsprechen. Es gibt wohl kaum Gläubige, die aus eigener Erfahrung sagen können, eine Totenauferstehung erlebt zu haben und trotzdem ist der Gläubige davon überzeugt, dass der Allmächtige seinen Sohn aus den Toten auferweckt hat. Die Aussagen der Bibel sind für den Gläubigen wahr, auch wenn er etliche nicht bestätigen kann. Das Glaubenswachstum könnte z. B. wie folgt aussehen:

Zuerst glaube ich an die Aussagen der Bibel, als das Wort Gottes (Apg 24:14), dann glaube ich, dass Gott mich von meiner Schuld befreite (Mt 6:12 / Eph 1:7), dass er mich aus der Macht des Todes errettet hat und mir das wahre, unverwesliche Leben schenken wird. Dies geschieht deshalb, weil er mich mit der Gerechtigkeit und Vollkommenheit seines Sohnes Jesus Christus ausgestattet hat. Dann lerne ich immer mehr, mich ihm in allen Teilen meines Lebens anzuvertrauen. Ich vertraue darauf, dass er mich führt, dass er mich durchträgt, dass mir alle Dinge zum Guten zusammenwirken müssen (Röm 8:28); auch dann, wenn ich mit Not und Schmerzen konfrontiert werde. Der gereifte Glaube ist auch davon überzeugt, dass Gott das angefangene Werk in mir vollendet, auch wenn meine Erfahrung mir den Eindruck vermittelt, dass ich das Ziel nicht erreichen kann. Der tiefe und ausgereifte Glaube lässt sich dadurch erkennen, dass er bis ans Ende ausharrt und bis zum Schluss sagen kann: »Auch wenn ich gar nichts fühle von Deiner Macht, Du führst mich doch zum Ziele, auch durch die Nacht«!

Der unechte und geheuchelte Glaube

Der falsche Glaube, wie er auch in Jak 2 beschrieben wird, hat eine „Form der Gottseligkeit“, aber er verleugnet gleichzeitig deren Kraft (2Tim 3:5). Der Mensch der die Form der Gottseligkeit (w. des Wohlehrens) praktiziert, sieht einen aktuellen Nutzen darin, dies zu tun. Er wird von Menschen geachtet, er hat dadurch vielleicht einen Job oder er hat festgestellt, dass er dadurch in gewissen Situationen mehr Ehre oder Macht erhält. Aber dass das „gute Ehren Gottes“ aus ganzem Herzen, auch eine göttliche Kraft beinhaltet, glaubt er nicht wirklich. Sobald die scheinbare Gottseligkeit nichts mehr »bringt«, wird sie auch über Bord geworfen. Wenn ein Mensch, der die Form der Gottseligkeit praktiziert, mit einem ähnlichen Schicksal wie Hiob konfrontiert würde, dann dürfte er „seine Gottseligkeit“ sehr schnell verlieren, weil er ja gar nicht an die Kraft dieser Gottseligkeit glaubt.
Ein weiteres Merkmal des unechten Glaubens könnte man wie folgt beschreiben:

"Ich glaube zwar, dass es einen Gott gibt, aber ich kann nicht glauben, dass Gott es auch dann gut mit mir meint, wenn er mich schwere und schmerzvolle Wege führt. Solange mir Gott Fröhlichkeit und Genuss schenkt, solange kann ich diesen Gott gut „gebrauchen“. Wenn er mir aber Dinge zumutet, wie sie ein Hiob, ein Jeremia oder ein Paulus erleben musste, dann „bringt“ dieser Glaube nichts und dann kann ich ihn auch verwerfen!"

Innerlich komme ich dann zum Schluss:

„Einen solchen Gott brauche und will ich nicht!“

Die Großmutter und die Mutter

Der ungeheuchelte Glaube lebte zuvor auch in der Großmutter und Mutter von Timotheus. Er bekam als Kind und Jugendlicher ein authentisches Glaubensleben vorgeführt. Er sah, wie seine weiblichen Vorfahren in einer treuen Weise Gott vertraut haben und dies auch im Alltag gelebt haben. Das hat ihn geprägt, motiviert und angespornt! Vielleicht entstand dadurch auch die Sehnsucht, ebenfalls Gott so zu vertrauen, wie das Lois und Eunike taten.
Die Namen der weiblichen Vorfahren von Timotheus sind auch ein geistliches Programm:

  1. Lois (+3090) bedeutet soviel wie „besser“, „wohlgefällig“ oder „gunsthabend“.
  2. Eunike (+2131) könnte man mit „die Siegreiche“ oder mit „Wohlsiegende“ übersetzen.

Wer bei Gott Gunst (und somit auch Gnade) hat, sowie wohlgefällig vor ihm lebt, indem er ihm vertraut, wird zum „Siegreichen“, zu Jesus Christus gehören und durch ihn zum Sieger werden.

  • 1Jo 5:4 - Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.