Gesetz und Gnade

Aus Bibelwissen
Version vom 16. April 2024, 11:34 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (Frei vom Gesetz)

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"Sein Erscheinen lieb haben"
aus der Reihe „Christi unausspürbarer Reichtum“
von G. Groß 1997

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Als Schrift noch erhältlich

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

In Bearbeitung

Gesetz und Gnade

Brautgemeinde und Körpergemeinde

Gläubigen, die ihren Herrn von Herzen lieben und in dieser Liebe auch Sein Erscheinen einschließen, müsste es auffallen, dass Paulus, der Apostel der Nationen, sie weder zum Gebet noch zur Bitte um Sein Kommen auffordert. Dieses Fehlen bei Paulus ist umso erstaunlicher, weil die Schriften an die Beschneidung eine Menge solcher Aufforderungen enthalten. Aber die Brautgemeinde (und darunter verstehen wir jenen Teil des Volkes Israels, der nicht entrückt, sondern in das irdische Königreich eingehen wird) wird nicht nur zum Gebet und. zur Bitte um Sein Kommen ermahnte, es werden sogar schon ganz detaillierte Angaben gemacht, wie es sein wird, wenn Er auf den Ölberg zu Seinem Israel kommt.

Da werden sogar Zurufe erwähnt, die dem Herrn bei Seinem Kommen aus dem Volk entgegenschallen werden. So lesen wir im Gleichnis von den zehn Jungfrauen, dass in der Mitte der Nacht ein Geschrei ward: "Siehe, der Bräutigam! Geht hinaus, ihm entgegen!" (Mt 25:6).

Weiter vernehmen wir aus der Offenbarung, dass auf des Herrn Ankündigung : "Und siehe, Ich komme schnell!" (Offb 22:7), der Geist und die Braut die Bitte aussprechen: "Komm!" (Offb 22:17). Und am Schluss dieser Schriftrolle, als der Herr nochmals bezeugt: "Ja, Ich komme schnell!" (Offb 22:20), entsteigt spontan dem Herzen des Johannes das Flehen: "Amen! Komm, Herr Jesus!"

Doch nicht alle aus der Brautgemeinde sind dann innerlich so weit, in diese B itten und Zurufe mit einzustimmen. Si emüssen erst dazu aufgefordert werden mit den Worten: "Und wer es hört, der sage: Komm!" (Offb 22:17).

So hat der Herr Seiner Brautgemeinde im voraus schon eine Anleitung im Wort niedergeschrieben, wie sie Ihn als (einst verworfenen) König um Seine Rückkehr anflehen und würdig empfangen sollen.

Wir sehen an diesen Beispielen, wie die Brautgemeinde - im Gegensatz zu uns, der Körpergemeinde - zu Gebet und Bitten um Sein Kommen ermahnt wird.

König David, ein ähnlicher Fall

Von einem ähnlichen Fall wie oben berichtet die Schrift aus dem Leben des Königs David. David musste vor seinem Sohn Absalom fliehen, doch dessen Rebellion war bald niedergekämpft und David konnte wieder an seine Rückkehr zu seinem Volk denken.

Doch seinem Einzug stand das Volk anfangs teilnahmslos und gleichgültig gegenüber. Aber dann kamen die Stämme Israels doch schnell zur Einsicht und wir sehen, wie sie sogar miteinander haderten, weil sie gezögert hatten, den König David zurückzuführen (2Sam 19:9-10).

Nur Juda, Davids eigener Stamm, kam leider nicht von selbst auf den guten Gedanken, Vorbereitungen für die Wiederkunft seines Königs zu treffen. Das betrübte den König David, und er bemühte sich, die ihm doch besonders Nahestehenden dazu zu bringen, nicht die letzten bei seiner Rückführung zu sein!

Es gelang ihm dann auch, sich die Herzen der Männer von Juda gewogen zu machen, so dass sie ihm folgenden Willkommensgruß entboten: "Kehre zurück, du und all deine Knechte!" Erst darauf trat David auch tatsächlich die Heimkehr an und Juda trat ihm entgegen, um ihn zurückzuführen (2Sam 9:11-15).

Diese beachtenswerte und weise Tat Davids ist nur ein schwaches Abbild von Gottes viel größerem Werk zur Erziehung Seines Volkes, wie es den Sohn nach langer Abwesenheit als König würdig empfangen soll.

Durch den Propheten Sacharja fordert Gott Sein Volk Israel auf: "Frohlocke laut, Tochter Zion; jauchze, Tochter Jerusalems! Siehe, dein König wird zu dir kommen..." (Sach 9:9).

Ein Vorspiel zur Einsetzung des Königs in Seine irdischen Würden erkennen wir in jenem denkwürdigen Einzug Jesu in Jerusalem (Joh 12:15). Wenn das Volk Ihm damals schon in seiner Niedrigkeit einen solch königlichen Empfang bereitete, wie werden Ihn seine Treuen erst empfangen, wenn Er als der Verherrlichte zu ihnen kommt!

Der Unterschied wird klar

Wir sehen jetzt deutlich, wie bei der Brautgemeinde der Empfang des Herrn sehr exakt vorbereitet ist. Im Gegensatz hierzu lesen wir bei Paulus nichts darüber, wie das Kommen des Herrn zu uns vorbereitet werden sollte. Das bringt uns zu dem Schluss, dass es der Herr jedem einzelnen Seiner Körperglieder selbst überlässt, wie er Ihn zu erwarten und zu empfangen gedenkt.

Unser Leittext: "Die Sein Erscheinen geliebt haben", ist frei von jeder Nötigung und Anweisung; Paulus redet schlicht und einfach vom "Liebhaben Seiner Erscheinung".

Versuchen wir nun, die beiden unterschiedlichen Formen, einmal bei der Brautgemeinde, dann bei uns, der Körpergemeinde, tiefer zu betrachten, so erkennen wir darin die Widerspiegelung von Gesetz und Gnade!

Grundsätzlich geht es darum: Die Liebe zu Gott zu erkennen, soweit sie unter dem Gesetz möglich ist - und dann die Liebe, wie sie unter der Gnade, frei von allem Zwang und jeder Vorschrift, zu Ihm emporsteigen kann.

Die Liebe unter dem Gesetz

Das Gesetz fordert den Israeliten auf: "Lieben sollst du Ieue, deinen Alueim, mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Denkart"(5Mo 6:5)

In Mt 22:37-38 bezeichnet Jesus die obige Aussage als das "große und erste Gebot".

Auch in der heutigen Verwaltung der Gnade ist die "Liebe zu Gott" das Größte, was es gibt. Doch besteht ein tiefgreifender Unterschied gegenüber früher: Sie wird nicht mehr geboten!

Das große Ziel, Gott zu lieben, kannte das Gesetz auch, aber - es vermochte nicht, die unter dem Gesetz Stehenden auch wirklich dazu zu bringen!

Kann man überhaupt Liebe durch Gebot erzeugen?
Die Antwort auf die obige Frage muss klar lauten: Die Liebe, nach der Gottes Herz verlangt, die konnte und kann das Gesetz niemals bewirken!

Und jetzt kommt eine grundlegende Aussage: Man kann Gott und Seinen Sohn nur so weit und so viel lieben, als man von Gottes Liebe selbst bewusst empfangen hat! Weil aber Seine ganze Liebe ja erst am Schandpfahl voll geoffenbart wurde, war sie folglich denen unter dem Gesetz noch unbekannt.

Die geoffenbarte Liebe Gottes

Am Kreuz hat Gott dem gesamten All Seine Liebe sichtbar vor Augen geführt. Er hat Seinen "einzig gezeugten Sohn" (alles übrige ist erschaffen - und dies ist ein gewaltiger Unterschied) als Opferlamm dahin gegeben und damit in den Himmeln und auf Erden Frieden gemacht.

Jedes Geschöpf wird früher oder später in diesem Opferlamm nicht nur seinen Frieden finden, sondern darin auch die Liebe Gottes erkennen und überwältigt seine Knie beugen und Ihm aus ganzem Herzen huldigen, wie es ja Paulus in Phil 2:9-11 schon prophetisch vorausgesagt hat.

Wenn wir an dieser stelle die Liebe Gottes, die sich am Kreuz geoffenbart hat, vor unser inneres Auge stellen und uns von dieser Liebe auch jetzt wieder aufs neue überwältigen lassen wollen, so möchten wir uns hier auch zu der Erkenntnis unseres verstorbenen Bruders Jaegle bekennen, dass Gott, der Vater, Seinen sterbenden Sohn am Kreuz nie verlassen hat! 2Kor 5:18-19 lesen:

"Das alles aber ist aus Gott, der uns durch Christus mit Sich Selbst versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat. Denn Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend".

Wir dürfen doch durchaus dem Gedanken nachgehen, dass es die Liebe Gottes ist, die der Sohn am Kreuz zur Schau stellte. Aber gerade an diesem wichtigsten und entscheidendsten Zeitpunkt in der gesamten Schöpfungsperiode des Alls soll Sich der Vater zurückgezogen haben?

Bruder Mathias Jaegle (der Gründer unseres Werkleins), hat diesen ganzen Komplex ja ausführlich in unserer Schrift "Christi Schrei am Kreuz" dargelegt - dieses Büchlein ist bei uns kostenlos abrufbar.

Wir möchten hier noch ein brüderliches Wort anmerken, weil wir wohl wissen, dass diese Sicht nicht der Tradition entspricht. Doch haben uns ja namhafte Brüder in unserem Jahrhundert gezeigt, dass wir nicht in dem bisher erkannten Stand der traditionellen Erkenntnis erstarren sollen! Hat nicht auch unser allseits geschätzter Lehrer und Bruder A.E. Knoch seine Erkenntnis immer wieder erweitern dürfen - trotz heftiger Anfeindung seiner Zeitgenossen! Und wie dankbar sind wir ihm heute immer noch, dass er sich nicht dem Druck der Tradition, die ihn schwer angefeindet hat, beugte! Sein hinterlassenes Lebenswerk spricht für ihn!

Es entspricht der Liebe Gottes, wenn wir auch andere Erkenntnis - wenn wir sie schon nicht annehmen wollen - doch stehenlassen sollten! Es besteht ansonsten die Gefahr, dass wir durch eine zu starre Haltung dem Wirken des Geistes Gottes eine Schranke setzen und dabei wirklich erstarren! Oder haben wir den unausforschlichen Reichtum Christi wirklich schon ausgeforscht?

"...dass ihrem Herzen zugesprochen werde und sie in Liebe und zu allem Reichtum der Vollgewissheit des Verständnisses vereint seien, zur. Erkenntnis des Geheimnisses Gottes und des Vaters Christi, in welchem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind" (Kol 2:2-3).

Christus ist also der Schlüsse zur Weisheit und Erkenntnis - und fügen wir hier noch hinzu - "der Liebe Gottes"! Und hier ist gerade Sein Sterben am Kreuz ein zutiefst ergreifendes und erschütterndes Zeichen der Liebe, ein unausforschlicher Reichtum im Wachstum der Erkenntnis Seiner Liebe!

"Die Liebe ist in unsere Herzen ausgegossen, und. zwar durch den heiligen Geist", diese Schriftrolle haben wir schon öfters zitiert. Da sich diese Liebe aber sehr unterschiedlich in den Herzen der Gläubigen zeigt - bei den einen mehr, bei den anderen weniger, und oft vermeinen wir, überhaupt nichts zu verspüren - sollten wir auch dem Grund nachgehen, warum oft so wenig davon sichtbar bzw. spürbar ist:

Einer der Gründe könnte sein, dass wir die Liebe Gottes mehr mit dem Verstand ergründen wollen als mit dem Herzen. Aber die gewonnene Erkenntnis, die nur im Kopf hängen bleibt, macht sichtbar aufgeblasen und kalt! die Liebe Gottes ist aber nicht in unseren Kopf, sondern in unser Herz ausgegossen und muss letztendlich auch dort empfangen werden.

Geliebte Geschwister, lassen wir doch bildlich das Blut, das am Kreuz für uns vergossen wurde, direkt in unser Herz fließen, es floss ja als Zeichen der unausforschlichen Liebe Gottes für uns! Hier liegt unsere Kraftquelle, Gott als den Vater, und Christus als unser Haupt, beide inniglich zu lieben.

Frei vom Gesetz

Wenn wir us nochmals die Worte vergegenwärtigen, die der Beschneidung gegeben sind und die in gesetzlicher Form fordern: "Du sollst...", und dann vergleichsweise Paulus hören:

"Wir aber wissen, dass Gott denen, die Gott lieben ..." (Röm 8:28),
"... all das hat Gott denen bereitet, die Ihn lieben." (1Kor 2:9),
"Doch wenn jemand Gott liebt..." (1Kor 8:3)
"...die unseren Herrn Jesus Christus in Unvergänglichkeit lieben!" (Eph 6:24),
"... die Sein Erscheinen geliebt haben." (2Tim 4:8),

dann merken wir leicht den großen Unterschied zwischen Gesetz und Gnade heraus.

Durch das Gnadengeschenk "die Liebe ist in. unsere Herzen ausgegossen" sind wir befähigt, ohne gesetzliche Forderung Gott und Seinen Sohn von ganzem Herzen zu lieben. Jegliches "du sollst" fehlt bei Paulus, dafür ist es jedem überlassen, selbst die Gestaltung dieser Liebe auszuüben.

Das Belassen dieser Freiheit entspricht aber nicht nur der überschwänglichen Gnade, in deren Wirkungskreis wir uns heute noch befinden, diese Freiheit ist auch ein Grundprinzip, auf dem Liebe beruht! Das Gesetz hat so lange seine Berechtigung, wie des erzieherisch zu Gott führt - und dies immer über den Sohn. Doch dereinst wird auch dieses Gesetz, das heute n och in der Beschneidung Gültigkeit hat, seine segensreiche Aufgabe erfüllt haben, und dann wird das Herz des Vaters jubeln, weil Ihm von all Seinen Geschöpfen echte und wahre Liebe entgegen strömt.

Ein scheinbarer Gegensatz