Israel zum Teil verstockt

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Der Same Ephraim, der Nationen Fülle
eine Betrachtung über 1Mo 48:19 (2022)

Einige Tage vor seinem Heimgang am 20. Dez. 2022
erlaubte mir Gerhard Groß, seine Arbeit zu veröffentlichen.

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Der Same Ephraims, der Nationen Fülle

4. Israel zum Teil verstockt

Wir haben bis hierher ein gutes Fundament geschaffen, auf dem wir jetzt weiter aufbauen und gehen jetzt zu dem bereits an früherer Stelle zitierter Vers in Röm 11:25, „... Verstockung ist Israel zum Teil widerfahren, bis die Vervollständigung der Nationen eingehe,“ wobei wir unser Augenmerk hier auf den ersten Teil des Verses richten, wo Paulus aussagt, dass Verstockung Israel zum Teil widerfahren ist, was sagen diese Worte aus? Wer ist der Teil?

Wer meine Römerbriefauslegungen gelesen hat, erinnert sich, dass ich seinerzeit im Jahr 2002 in Band III schon festgestellt habe, dass hier von den zwei getrennten Reichen Israels die Rede ist, wobei der verstockte Teil im Grunde ja nur (!) aus dem getrennten Südreich „Juda“ bestehen kann, nämlich das bis heute bestehende Israel, wie wir es alle kennen.

Die Verstockung hat Gott auf dieses Volk in Apg 28:26-27 gelegt, wie wir nachlesen können. Und zu jener Zeit war nur noch das Südreich Juda sichtbar – die große Masse der 10 Stämme war unter die Nationen zerstreut. Dass nun das heutige Volk Israel (Juda) tatsächlich bis heute verstockt ist, brauchen wir hier nicht beweisen, es ist für uns alle sichtbar. Nur einer verhältnismäßig kleinen Schar öffnete Gott die inneren Augen, wer der ins Fleisch gekommene Sohn Gottes in Wahrheit ist. Zu dieser Schar gehörten an erster Stelle die Jünger Jesu, aber auch ein vorgeschatteter Anbruch des irdischen Königreiches, dargestellt in der damaligen Pfingstgemeinde. Dazu kamen einzeln Herausgerufene aus dem Südreich Juda, an erster Stelle Paulus, die von Gott zur Körpergemeinde Christi Jesu auserwählt wurden.

Wenn nun, wie wir ja im Grunde hier unzweifelhaft dargelegt haben, nur ein Teil von Israel, nämlich Juda, verstockt wurde, kommen wir schon wieder zu einer Frage, die aber grundlegende Bedeutung hat:

Was ist mit dem anderen Teil Israels?

Wir fragen noch genauer: Ist der andere Teil Israels, also die 10 Stämme, die zu „den Nationen“ wurden, auch verstockt? Auf diese Frage gibt aber Paulus in Röm 11:25 selber die klare Antwort: „nein“, indem er eindeutig sagt, dass die Verstockung das Volk Israel nur zum Teil trifft!!! Der andere Teil, den wir sehr klar nur mit den 10 abgetrennten Stämmen Israels identifizieren können, ist von der Verstockung nicht betroffen!!!

Man kann hier einwenden, dass in der Zeit nach Pfingsten ja tatsächlich viele Juden gläubig wurden, was ja auch biblisch belegt ist; doch auch wenn hier von Tausenden, die hinzugefügt wurden, die Rede ist, so ist diese Zahl gegenüber der Masse des Volkes, die nicht glauben konnte, gering anzusehen; dazu kommt, dass Pfingsten, wo tatsächlich viele Juden gläubig wurden, wie schon oben gesagt ja nur eine Vorschattung jener Ereignisse war, die eintreten, wenn der Sohn Gottes sichtbar auf den Ölberg kommen wird, um Sein irdisches tausendjähriges Königreich aufzurichten.

Auch bei dieser ungemein wichtigen Aussage bitte ich meine Leser, kurz inne zu halten, und diese Aussage im Herzen zu bewegen – 10 Stämme, die unter die Nationen zerstreut sind, sind von der Verstockung nicht betroffen, was bedeutet, dass sie durchaus alle zum Glauben kommen können!

Wir verlassen jetzt wieder jenen Teil Juda, der verstockt wurde und es immer noch ist, und wenden uns jenem Teil Israels zu, den Gott unter die Nationen zerstreut hat und die – da nicht verstockt – fähig sind, den Glauben anzunehmen! Was ist mit diesen?

Mit dieser Frage, womit ja auch dieser Abschnitt überschrieben ist, kommen wir im Grunde zu uns, der herausgerufenen Körpergemeinde Christi Jesu, wie sie uns Paulus lehrt. Und wenn wir jetzt davon ausgehen, dass die Nationen bis auf die Guttäter von Gott dahingegeben sind, dann können die in Eph 1:4 genannten Auserwählten ja nur Angehörige jener 10 Stämme sein, deren Wurzeln verdorrt sind und die dem Bürgerrecht Israels entfremdet sind ... also wir! Und jetzt eine komische Frage:

Wäre es uns unangenehm, Ephraims Same zu sein, der gemäß dem Segen Jakobs zur Fülle der Nationen werden soll (oder schon weitgehend geworden ist)?

Wenn wir unsere Überschrift noch einmal aufgreifen, „was ist mit dem anderen Teil Israels“, also jener Teil, der nicht verstockt wurde, so dürfen wir jetzt sehr klar Gottes Wegführung sehen: „Er“ trennte von Seinem einzig auserwählten Volk Israel 10 Stämme ab, um diese in eine ganz besonderen Schule inmitten der übrigen Nationen zu nehmen, wo sie auf ihre Aufgabe, „das All in Christus in den Himmeln aufzuhaupten“ vorbereitet und geschult werden. Und diese Schule haben alle, die zu den von Gott Auserwählten gehören, durchlaufen und tun es immer noch – jeder auf seine ganz persönliche individuelle Art und Weise.

Wir kommen mit oben Gesagtem zu dem Resümee, dass aus dem abgetrennten Teil des Volkes Israel, also aus den 10 Stämmen (auch als Ephraimiten überschrieben), jene Fülle der Nationen herausgerufen wurde (und wird), die Paulus in Röm 11:25 anspricht und den Jakob bereits in seinem Enkelsohn Ephraim geweissagt hat. Hier schließt sich der Kreis, aber noch nicht unsere Fragen! Wir fragen also durchaus weiter:

Wie sieht dann diese Schule unter den Nationen aus? Und warum gerade unter bzw. inmitten der Nationen?

Gnade

Wir kommen jetzt zu einem für uns längst bekannten Thema, das wir deshalb auch nur kurz streifen brauchen: Unsere große zukünftige Aufgabe in den Überhimmeln wird es sein, vor der Schar der Überhimmlischen „Schaugefäße Seiner Gnade“ zu sein, wie es Eph 2:7 mit anderen Worten zum Ausdruck bringt. Wir werden also nach unserer Entrückung den überhimmlischen Bewohnern zur Schau stellen, was überströmende Gnade aus denen, die vor der Welt nichts sind, macht! Dass Gott uns dazu mitten unter die Nationen gemischt hat, ja uns sogar selber zu Nationen hat werden lassen, entspringt dem Ratschluss Seines Willens und ist von Seiner Liebe geprägt. Denn: Inmitten von den Nationen sind wir heute schon neben den himmlischen Boten auch diesen Nationen (den Menschen) ein Schauspiel geworden. Wir stehen, wie es Röm 7:18ff. so eindrucksvoll durch Paulus aufzeigt, in dem zerstörerischen Kampf gegen unser „Ich“, wo uns Gott lernen lässt, dass uns alleine die überströmende Gnade rettet, was ja dann Eph 2:8 auch bestätigt.

Wir kommen zu einer neuen Frage:

Gehören alle Gläubigen zur Körpergemeinde?

Diese Frage mag manchen unter uns irritieren, sind wir doch nach dem konkordanten Schriftverständnis belehrt, dass alle, die in der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade zum Glauben kommen, auch (automatisch) zur Körpergemeinde Christi Jesu gehören müssen, also eine überhimmlische Berufung haben. Ist dem wirklich so?

Schon seit Jahren werde ich immer wieder gefragt, warum so viele Gläubige um uns herum von Paulus nichts wissen wollen, ja sein Evangelium bewusst als „viel zu schwer“ ablehnen? Auch von einer überhimmlischen Berufung wollen sie nichts wissen bzw. es interessiert sie nicht! Stattdessen ist ein Großteil dieser Gläubigen fest im Gesetz verankert und setzt auf „Werke“ – die uns gegebene überströmende Gnade wird definitiv, ja oft sogar als Irrlehre, abgelehnt. Nehmen wir das einfach als gegeben so hin?

Ich habe an dieser Stelle ein ganz klein wenig Verständnis, wenn „Du“, mein lieber Leser dieser Schrift, langsam meiner vielen Fragen überdrüssig wirst ... aber bedenke doch bitte einmal, dass, wer Gott nicht fragt, auch keine Antwort bekommen kann, im Volksmund damit „dumm“ bleibt (bitte bitte nicht persönlich nehmen)! Ich meine, Gott will gefragt werden! Und nur weil ich in all meinen Schriften immer wieder Fragen an meinen himmlischen Vater gerichtet habe, konnte ich zum Segen so Vieler werden.

Ich fahre also unbeirrt in meinen Fragen fort und schließe mich mit der neuen Frage am vorherigen Absatz an: Könnte es sein, dass eben doch nicht alle Gläubigen der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade eine überhimmlische Berufung haben? Könnte es sein, dass diese Gläubigen, die Paulus bewusst ablehnen, entsprechend ihrem Glaubensstand eine irdische Berufung haben, also zu jenen gehören, die Gott berufen hat, in Christus das All auf der Erde aufzurichten? In der Konsequenz würde diese Annahme zu Folgendem führen:

a) Gott beruft aus den zu Nationen gewordenen 10 Stämmen nur Einzelne heraus, die Er vor dem Niederwurf der Welt gemäß Eph 1:4 auserwählt hat, Heilige und Makellose vor Seinem Angesicht zu sein, und die in Christus Jesus eine überhimmlische Berufung haben.

b) Der Rest der zerstreuten 10 Stämme nimmt (weil nicht verstockt) den von Gott dargereichten Glauben an, hat aber eine irdische Berufung und steht damit unter dem Gesetz. Dieser Rest vereint sich beim Kommen Jesu auf dem Ölberg mit dem heute noch verstockten Israel (Juda), so dass im irdischen Königreich, wie prophezeit, wieder alle 12 Stämme gemeinsam ihren irdischen Auftrag ausführen können.

Dieser oben genannten Erwägung, dass heute doch nicht alle Gläubigen aus den Nationen (ob sie wollen oder nicht) eine überhimmlische Berufung haben, stehen wir traditionell und gefühlsmäßig aus einem gewichtigen Grund skeptisch, ja ablehnend gegenüber, weil wir belehrt wurden, die überhimmlische Berufung sei um ein vielfaches herrlicher als die irdische Berufung! Aber ... ist sie das wirklich?

Ich stellte diese Frage vor Jahrzehnten meinem Bruder Matthias Jaegle, weil ich es innerlich als Hochmut gegenüber Israel empfand, von einer höheren Berufung zu sprechen, und gab ihm dies auch zu verstehen; er schaute mich erstaunt an und meinte dann nach einigem Zögern: „Das habe ich noch nie überlegt - ja, es wäre eigentlich schon Hochmut bzw. Überheblichkeit, wenn wir solches behaupten!“

Wir gehen jetzt an ein Bild heran, welches ich schon am Anfang dieser Schrift vor unsere Augen gestellt habe: An einem Hausbau arbeiten verschiedene Handwerker, die einen unten am Gemäuer, andere oben im Dachgebälk. Was wäre nun, wenn die Zimmermannsleute, die naturgemäß oben am Dach arbeiten, stolz auf die Maurer runtersehen würden, und dies mit Sprüchen wie: „Wir haben eine wertvollere höhere Arbeit als ihr da unten!“ Menschlich gesehen (und zu Recht) gäbe es wohl gewaltig Stunk unter den Arbeitenden!

Es gibt nun in unserem obigen Fall zwei Möglichkeiten:

1.) Entweder ich möchte nicht überheblich sein (weil ich ja ein so edler und guter Mensch bin), und beruhige die Gemüter, die „unten“ arbeiten dadurch, dass ich behaupte, „ihr da unten seid jetzt auch alle Zimmerleute“, das heißt, ich mache die Maurer unten zwangsläufig zu Zimmermannsleute, oder

2.) ich sehe in den unten arbeitenden Arbeitern ebenbürtige Arbeitskräfte, die mit mir zusammen im Auftrag des gleichen Bauherrn gemeinsam den Hausbau vorantreiben! Also: Unter demselben Herrn an derselben Arbeit ... nur auf zwei Ebenen, wie es uns doch Eph 1:10 aufzeigt: „... beides, das in den Himmeln und das auf der Erde.“ Und da darf es keinen Hochmut oder Überheblichkeit geben!

Wenn wir nun diese Möglichkeit sehen, dass auch die irdisch Berufenen in Gottes Augen gleich kostbar sind, bedarf es keiner Zwangsadoption mehr nach oben jener, die den Auftrag haben, das All unten auf der Erde aufzuhaupten.

Ich möchte hier noch auf ein Wort in Eph. 3:1-2 hinweisen (bitte lesen), und das ich jetzt frei so wiedergeben möchte: „Ich, Paulus, der gebundene Christi Jesu für euch, die aus den Nationen, bin nur insofern auch euer Apostel, als ihr mein Evangelium der Gnade auch hört und begreifen könnt“! Diese Worte unseres Apostels verstehe ich heute so, dass es nicht an uns liegt, Pauli Worte zu hören und vor allem zu begreifen, sondern allein an Gott, welcher der „Allesbewirkende“ ist. „Er“ ist es, der uns den Inhalt unserer Berufung bewusst werden lässt. „Er“ lässt diejenigen hören, die „Er“ vor dem Niederwurf der Welt in Christus auserwählt hat, und „Er“ lässt sie auch begreifen, was Paulus in seinen Briefen schrieb.


Darf, liebe Geschwister, unser Herz ob solchen Aussichten nicht jubeln? Erkennen wir hier nicht die wunderbare Führung unseres Gottes und Vaters? Den wir jetzt aus tiefem Herzen segnen (= wohlsprechen), ja verherrlichen dürfen?

Macht Gott uns unsere Berufung bewusst?

Wir knüpfen an dem an, was wir oben gesagt haben, speziell unser Hinweis auf Eph 3:1-2. Kann es sein, dass ein irdischer Handwerker zwar in die Berufsschule geht, aber sich seines zukünftigen Berufs nicht bewusst ist? Wir lächeln über diese Frage – zu Recht! Doch wenn auf Erden im Kleinen diese Dinge klar sind, sind sie es dann bei Gott im Großen nicht ebenfalls? Ist es dann nicht Gott Selbst, der jedem der von Ihm Auserwählten seine Berufung auch klar macht? Wir müssen diese Frage eigentlich mit „Ja“ beantworten! „Eigentlich“ deshalb, weil wir ja auch um Aussagen Pauli wie 2Tim 2:15 wissen, wo es darum geht, das Wort der Wahrheit richtig zu schneiden, und wo es dann bei Nichtbeachtung „Beschämung“ geben könnte, worin wir dann die Preisrichterbühne Christi sehen. Bedeutet diese Aussage, dass es dann doch an uns liegt, unsere Berufung zu erkennen? Dass wir je nach dem beschämt werden, weil wir zu faul waren, das Wort der Wahrheit richtig zu schneiden?

Es ist richtig, Paulus spricht klar seinem „Glaubenskind rechter Art“, Timotheus, zu, Fleiß in der Wortteilung anzuwenden, was aber hier heißt, dass Timotheus die Wortteilung ja längst erkennen durfte, sie aber nun auch praktisch mit Fleiß anwenden sollte, ohne sich von den gesetzestreuen Juden von der Gnade abbringen zu lassen – wir erwähnen dies hier, weil diese Worte uns irritieren können, aber ein Thema für sich sind.

Unsere Antwort auf die Überschrift dieses Abschnittes ist damit ein „Ja“, auch wenn dieses „Ja“ unserer traditionellen Belehrung zuwider läuft. Wäre diese traditionelle Behauptung (dass generell alle heute Gläubigen der Körpergemeinde angehören) nicht existent, wäre es eigentlich selbstverständlich, dass Gott jedem seine Berufung bewusst werden lässt!

Mit obiger Aussage erklärt sich auch die für viele unter uns so dringende Frage, warum es so viel Gläubige um uns herum gibt, die sich freiwillig unter das Gesetz stellen und absolut nichts von dem Evangelium der Gnade wissen wollen. Sie gehören ganz einfach zu jenen, die einen irdischen Auftrag haben und für diesen von Gott auch zubereitet werden. Diese Sicht kann viel Unmut, ja Streit, aber auch Besserwisserei und Hochmut untereinander vermeiden, wenn unser Verständnis insofern wächst, als wir diese Gläubigen ganz einfach in ihrem Stand stehen lassen und sie akzeptieren – ein liebevoller Umgang wird sich damit schnell einfinden.

Lies weiter:
5. Joseph und Benjamin