Die Gemeinde in ihrer zeitlichen Bedeutung

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Abschrift des Heftes: Die Gemeinde Jesu Christi
in ihrer Bedeutung für Himmel, Erde, Zeit, Ewigkeit
Friedrich Malessa, Samplatten (Ostpr.)

Paulus Verlag Stuttgart

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Inhaltsverzeichnis

Die Gemeinde Jesu Christi

in ihrer Bedeutung für Himmel, Erde, Zeit, Ewigkeit

5. Die Gemeinde in ihrer zeitlichen Bedeutung

Der Gemeindeapostel schreibt von Christus: „Er muss aber herrschen, bis dass er alle seine Feinde unter seine Füße lege“ (1Kor 15:25). Das will sagen, Jesus Christus wird als der Erlöser nicht eher ruhen, bis dass er alles Zeitliche hineingeführt habe ins Ewige. Ewigkeit ist göttlich bedingt. Zeitlichkeit ist satanisch bedingt. Der Erlöser hat erst dann sein Werk vollführt, wenn das Satanische vom Göttlichen „verschlungen ist in den Sieg“! Zeitlichkeit wird gottgewollte Ewigkeit werden! So bricht Christus mit der Ewigkeit dauernd herein in die Zeit, bis die Zeit Ewigkeit wird.

Wie bricht er aber in das Zeitliche herein? Durch die G e m e i n d e ! Der Christuseinbruch in diese Welt ist die Gemeinde! Sie ist ja der Leib, durch den sich der Wille des Hauptes kundtut. Sie ist der Tempel, in dem sich Christus offenbart: „Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid, und der Geist Gottes in euch wohnet? So jemand den Tempel Gottes verderbet, den wird Gott verderben; denn der Tempel ist heilig; der seid ihr“ (1Kor 3:16.17). „Was hat der Tempel Gottes für eine Gleiche mit den Götzen? Ihr aber seid der Tempel des lebendigen Gottes; wie denn Gott spricht: Ich will unter ihnen wohnen und unter ihnen wandeln, und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein“ (2Kor 6:16). Gemeinde ist Christusoffenbarung in der Welt!

Es kann darum nicht nur eine unsichtbare Gemeinde geben, sondern auch eine sichtbare. Selbstverständlich sind das nicht zwei Größen, sondern es handelt sich um die eine Gemeinde, die hereinbrechen muss aus der Ewigkeit in die Zeit, um bestimmungsgemäß ihre Aufgabe zu erfüllen.

Streng zu beachten ist aber, dass die Gemeinde auch im Einbruch die Ewigkeitsnatur behält; die ewige Gemeinde kann nie Zeitlichkeitswesen tragen. Sofern der Einbruch irgendwo Zeitlichkeitswesen annimmt, hat er seine Bestimmung verloren. Solcher Einbruch ist dann nicht mehr Gemeinde. Gemeinde ist nur da, wo Ewigkeitswesen ist. „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich auch nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie von der Welt nehmest, sondern dass du sie bewahrest von dem Übel (Joh 17:14.15).

Freilich muss die Gemeinde an der Einbruchstelle zeitliche Formen annehmen. Form ist aber nicht Inhalt. Die Form ist jeweils von der Zeit und dem Ort bedingt, der Inhalt jedoch quillt aus dem ewigen Quell. Die ewige Gemeinde muss gleich wie Christus, „Fleisch“ werden. Und doch muss auch von ihr gesagt werden: „Wir sahen ihre Herrlichkeit“ (Joh 1:14). Es muss dabei bleiben: Der Inhalt erfüllt die Form; und nicht prägt die Form den Inhalt.

Das ist vielfach die Not der Gemeinde in der Zeit, dass die Form erstarrend und tötend auf den Inhalt wirkt. Es kommt dann darauf an, ob der Kräfteaustausch gottgewollt ist, d. h. ob das Innere über das Äußere nach dem Willen Gottes stets den Sieg davonträgt.

Diese Spannung zwischen dem Wesen und der Form der Gemeinde bleibt, solange sie es nötig hat, in die Zeitlichkeit einzubrechen. Das Ringen und Kämpfen bliebt nicht aus. Wohl dem, der das erkannt hat. Es muss hier bedacht werden, dass die Gemeinde die Ewigkeit in die Zeit solange hereintragen muss, bis das Ewige den endgültigen Sieg davongetragen hat.

Weiter ist zu beachten, dass, solange der Überwindungskampf dauert, die Spannung zu ertragen und die Lösung zu suchen ist. Dieses Tragen und Lösen soll uns hier vornehmlich in aller Kürze beschäftigen. Zwei Gebiete wollen wir dabei berücksichtigen: Das Geistliche und das Weltliche.

Innere Mission

Das geistliche Gebiet finden wir knapp, aber sehr deutlich dargestellt in Eph 4:11-12: „Und er hat etliche zu Aposteln gesetzt, etliche aber zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, dass die Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Amtes, dadurch der Leib Christi erbauet werde.“ Das im zwölften Vers Gesagte können wir kennzeichnen mit dem Wort: Mission, und zwar innere und äußere Mission.

Unter „innere und äußere Mission“ ist nicht zu verstehen die Mission innerhalb des eigenen Landes, d. h. die Mission unter den Christen, und die Mission außerhalb des Landes, d. h. die Mission unter den fremdländischen Heiden. So hat Paulus die Mission niemals verstanden. Er kennt nur eine Mission, und das ist die Heidenmission mit innerer und äußerer Prägung!*

* Beiläufig sei bemerkt, dass Paulus sich nur als Apostel der Nationen weiß, und die Judenmission ganz unterlässt, weil er sie nicht für zeitgemäß ansieht. „Ich will euch nicht verhalten, liebe Brüder, dieses Geheimnis, auf dass ihr nicht stolz seid. Blindheit ist Israel zum Teil widerfahren, solange bis die Fülle der Heiden eingegangen sei, und also das ganze Israel selig werde...“ (Röm 11:25.26)

Die „innere“ Mission, die nach innen führt, ist angegeben mit den Worten: „dass die Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Amts“. Das ist die Sorge des Paulus, die sollte auch die unsrige sein: Die Heiligen zurichten zum Dienst! Hier ist die fundamentale Arbeit, die zuerst verrichtet werden muss.

Die „Heiligen zurichten“ können wir auch wiedergeben mit dem Wort: Heiligung! Wie notwendig die Heiligung ist, sagt uns die bekannte Stelle: „Jaget nach der Heiligung, ohne welche wird niemand den Herrn sehen“ (Hebr 12:14). Wie ist man doch oft einer ganz anderen Meinung und Haltung. Man bemüht sich vielfach zuerst um den äußeren Zuwachs der Gemeinde und nicht um den persönlichen Wuchs der Glieder nach innen. Man will evangelisieren und bedenkt nicht, dass die Evangelisation restlos von der Heiligung abhängig ist. - Soll das Feuer um uns brennen, dann muss es in sich Glut haben.

Was versteht Paulus unter Zurichtung der Heiligen oder Heiligung? Das Hinwegräumen aller Hindernisse, die den Zugang zur Heiligkeit versperren. Heiligung ist der freie Weg zur Heiligkeit! Heiliger Dienst kann nur durch Heilige geschehen. Das größte Hindernis auf dem Wege zur Heiligkeit ist nach dem Römerbrief das „I C H“, - der alte Adam. Das Ich hindert am Zusammenkommen von Bruder zu Bruder. Das Ich verriegelt den Zugang zum „Du“. Das Ich verbietet zu opfern Gut und Blut. Das Ich untersagt Christi Herrschaft in uns. Das Ich macht unmöglich den völligen freien Gehorsam. Das Ich verleidet die gottgewollte Entsagung. Das Ich versagt die Freiheit von Selbstsucht, Selbstruhm und Selbstgefälligkeit.

Das gilt nicht nur für das einzelne Leben, sondern auch für das gemeinsame. Wieviel „Ich“ findet man in den Gemeinschaften. Wieviel Zerrissenheit, Missverstehen, Hass, Kampf, Neid, Streit demzufolge!

Heiligung heißt: Den Unheiligen in uns überwinden! Wer ist der Unheilige in uns? Der alte Mensch! „Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleische, wohnet nichts Gutes. Wollen habe ich wohl, aber vollbringen das Gute finde ich nicht“ (Röm 7:18). Es muss dahin kommen, dass man mit Paulus sagen kann: „Nicht ich lebe mehr, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2:20).

Hat Paulus recht, wenn er die „innere“ Mission voransetzt? Ja, und tausendmal ja! Vergebliche Mühe mit der „äußeren“ Mission, wenn die „innere“ versagt.

Viel Licht geben hierfür auch die Worte Jesu: „Es werden Viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann werde ich ihnen bekennen: ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Übeltäter!“ (Mt 7:22.23). „Wir haben vor dir gegessen und getrunken, und auf den Gassen hast du uns gelehret. Und er wird sagen: Ich kenne euch nicht, wo ihr her seid; weichet alle von mir, ihr Übeltäter! (Lk 13:26.27).

Was ist’s, das die „prächtigen“ Menschen verloren gehen lässt? Das Verhältnis, das mit dem „Wir“ gekennzeichnet ist. Haben wir nicht, haben wir nicht, wir, wir, wir! Wie heißt das „Wir“ in der Einzahl? „Ich!“ Das fromme Ich ist es, das diese „gottseligen“ Menschen verloren gehen lässt. Es fehlte ihnen die persönliche Hingabe. - Den Gegensatz zu diesem falschen Gottesdienst finden wir in dem uns Röm 12:1 angegebenen „vernünftigen“ Gottesdienst.

Äußere Mission

Nun ist der Weg frei zur „äußeren“ Mission, die Paulus kennzeichnet mit den Worten: „Dadurch der Leib Jesu Christi erbauet werde.“ Aber nur dadurch (= innere Mission) wird die Gemeinde auferbaut. Wenn das „dadurch“ erfüllt ist, dann kann die Gemeinde auch zahlenmäßig zunehmen. Die Quantität ist hier restlos abhängig von der Qualität. - Von der Feuersglut zum Brennen und Verzehren. Nur wo Leben ist, gibt’s Lebensoffenbarungen. Leben drängt zur Geburt.

Hier beginnt äußere Mission, wir können mit Recht sagen: Heidenmission! Hier beginnt Heidenmission nicht nur unter den Heiden mit dem wolligen, schwarzen Haar und der farbigen Haut. Solche Heidenmission ist leicht zu treiben, denn sie beansprucht von uns nur einige Missionare und ein paar Groschen. Heiden sind aber auch in unserer nächsten Umgebung. Diese Heidenmission beansprucht unser Leben! Heidenmission ist Lebensmission - einerlei in welchem Lande!

Beachten wir sehr, Paulus bleibt mit der äußeren Mission auf der Linie der inneren! Auf dieser Linie kann nicht gefragt werden, wo soll missioniert werden und wer soll missioniert werden? Sehr oft ist man besorgt um das Missionsobjekt. Diese Sorge ist sinnlos. Man sollte vielmehr besorgt sein um das Missionssubjekt! „Jeder Christ ein Missionar!“ Alle Heiligen sind zugerichtet zum Werk des Amtes dadurch dann der Leib Christi erbauet werden kann.

Bei solcher Erkenntnis und bei solchem Erlebnis schwinden dann die unsachlichen Begriffe Pastorenkirche, Laienarbeit, Missionsgesellschaft u. a. m.. Es entsteht dann nur ein Bekenntnis: „Wir können es nicht lassen, dass wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben“ (Apg 4:20). „Denn dass ich das Evangelium predige, darf ich mich nicht rühmen, denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte“ (1Kor 9:16).

Innere und äußere Mission in diesem Sinne ist die zeitliche Bedeutung der Gemeinde auf dem geistlichen Gebiet. Wo Lebensmission, die erst in die Tiefe und dann in die Weite führt, vorhanden ist, da ist auch Gemeindegeschehen.

Von hier aus wird es uns nicht schwer fallen, die Bedeutung der Gemeinde Jesu Christi auf dem weltlichen Gebiet festzustellen. Wir sind mit der „äußeren“ Mission schon auf dem weltlichen Gebiet gewesen, sodass es sich erübrigen könnte, noch darüber zu reden. Um aber alle Missverständnisse zu beseitigen, sollen noch einige Richtlinien aufgezeigt werden.

Von innen quillt der Missionswille zur Missionstat. Welche Kräfte sind's die das bewirken? Geist und Wort! Das sind die Missionsfaktoren, die sich in Ewigkeit bewähren, ja die Ewigkeit in sich tragen. „So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Gottes“ (Röm 10:17).

Nur diese Missionsfaktoren haben für die Lebenserneuerung und Lebensgestaltung eine Bedeutung. Mission ist Lebenserneuerung! Lebenserneuerung kann nicht mit toten Mitteln erstrebt werden, sondern nur mit Mitteln, die Leben zeugen! „Der Geist ist’s der lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich rede, die sind Geist und sind Leben“ (Joh 6:63).

Verfehlt ist aber, wo man sich anderer Mittel bedient, wie: Politik, Kunst, soziale Werke, sittliche Erziehung u. a. m.. Was kann mit solchen Mitteln erreicht werden? Im besten Falle „Betrieb“! Viel Betrieb ist nicht gleichbedeutend mit viel Leben. Zweifellos haben auch weltliche Mittel eine Bedeutung, vorzüglich Kunst, soziale Werke und sittliche Erziehung, sofern der Geist sich ihrer bedienen kann. Wehe aber, wenn die weltlichen Mittel sich des Geistes bedienen! Weltliche Mittel können im Dienste des Geistes stehen, aber nie der Geist im Dienste der weltlichen Mittel.

„Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth (Sach 4:6). Wo solches in der letzten Konsequenz beachtet wird, da ist Gemeindegeschehen in der Zeitlichkeit, das ewigen Wert schafft“. Es sind dann eben nicht die weltlichen Mittel, die das leisten, sondern "Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn ein zweischneidiges Schwert, und dringet durch, bis dass es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens“ (Hebr 4:12). Paulus meint dasselbe, wenn er sagt „Dadurch der Leib Jesu Christi erbauet werde“. Wodurch? Durch den Zeugendienst der in der Heiligung stehenden Heiligen! Die Quelle, aus der sie schöpfen, heißt: Evangelium! Ihr Werk ist darum: Evangelisation!

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6. Die Gemeinde in ihrer ewigen Bedeutung