Auf Züchtigung verzichten? - Spr 13:24

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135. Auf Züchtigung verzichten? - Spr 13:24

Wer seine Rute spart, hasst seinen Sohn; aber wer ihn liebt, sucht ihn frühe heim mit Züchtigung.

Wieder einmal spricht die Gottesweisheit das Thema Zucht, die Rolle der Züchtigung in der väterlichen Erziehung an (vgl. Spr 3:12 - Spr 23:13). Der Stecken, die Rute ist ein Bild der strengen väterlichen Autorität. "Die pädagogische Regel Gottes gilt auch für die Menschen" sagt Delitzsch. Väter, die in modernen antiautoritären Geist die Züchtigung als überholt ansehen, vernachlässigen in Wirklichkeit ihr Kind an entscheidender Stelle. In scheinbarer Liebe und Zurückhaltung (BA) huldigen sie einem passiven Egoismus und schonen das eigene, verwundbare Gefühl. Dies aber führt wissentlich oder unwissentlich zum Hassen des eigenen Sohnes, der eigenen Tochter, zu deren Vernachlässigung und Zurücksetzung (vgl. den biblischen Sprachgebrauch von "Hassen" "Esau habe ich gehasst" - d.h. im Sinne der Auserwählung verworfen und zurückgesetzt - "Jakob habe ich geliebt" - d.h. im Sinne der Auserwählung vorgezogen).

Während im engen Körperkontakt zur mütterlichen Wärme das "Urvertrauen" im Kinde wächst, und damit die spätere Liebes- und Bindungsfähigkeit, führt die strenge Erziehung durch die väterliche Autorität zur Erkenntnis, Einprägung und Anerkennung der "Grenze"; diese Erkenntnis ist außerordentlich wichtig für das Kind, das im Willenstest erproben will, ob denn die umgebende Welt grenzenlos, beherrschbar und willkürlich benutzbar sei. Zwar gilt es, die Freiheitsgrenze für das Kind weit zu setzen, aber in konsequenter Erziehung auf deren unbedingte Anerkennung zu achten. Die Frucht wird die spätere Fähigkeit sein sich in die Gesellschaft einzuordnen, im Team zu arbeiten, Autorität des Wissens und Könnens anderer anzuerkennen und die eigene persönliche Freiheit in ein übergeordnetes Ganzes einzubringen; letztlich wird hierdurch sogar der Grundstein für das künftige Vater- und Gottesbild gelegt, freilich in aller Schwachheit, da ja irdische Väter "nach Gutdünken züchtigen" (Hebr 12:10). Die frühe Heimsuchung bezieht sich nicht auf die Morgenzeit (etwa im Sinne von "Prügeln auf Vorrat"), sondern auf die Frühe der Lebenszeit; solange der Charakter biegsam und formbar ist, sollen prägende Normen gesetzt werden. Darum sagt Spr 29:15: "Rute und Zucht geben Weisheit, aber ein sich selbst überlassener Knabe macht seiner Mutter Schande." Das bestätigt uns auch die Kinderpsychologie, wenn sie lehrt, dass in einer "Trotzphase" des dritten Lebensjahres die Willenserprobung und Grenzfindung des Kindes, in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt, geschieht.

Doch ist die Heimsuchung, auch in der göttlichen Züchtigung, nicht nur Strafgericht, sondern gnädiges und liebendes Heim-suchen (vgl. Jes 24:21-22 - 2Mo 34:7). Wenn der Vater Zucht übt, darf er dieses Liebesziel nicht aus dem Auge verlieren. Die Strafe sollte der Sachlage angemessen sein; sie darf nicht zum Liebesentzug führen oder gar von Verachtung und Verhöhnung des gezüchtigten Kindes begleitet sein; sie sollte die Kinder "nicht zum Zorn reizen" (Eph 6:4). Kinder, die ein Unrecht begangen haben, warten oft auf die Regelung der Gerechtigkeitsfrage, um die "offene Situation" gefühlsmäßig beenden zu können. Nicht die maßvolle und gerechte Züchtigung, sondern die eisige schweigende Kälte richtet einen kaum wieder gutzumachenden Schaden an! Doch ist die Rute, die Strafe, nicht an und für sich positiv, sondern die im Geiste der Liebe angestrebte Konfliktlösung. So ist es bei unserem Gott und Vater, wie es Hebr 12. klar lehrt, so sollte es auch bei glaubenden Vätern sein, die den "Vater aller Vaterschaften" ehren und lieben.

In diesem Lichte erschließt sich uns auch der Doppelsinn des seelsorgerlichen Wortes "paraklleoo": einmal bedeutet es, aus der Menge herausrufen, an die Seite stellen, Auge in Auge warnen, strafen, ermahnen; aber dann eben auch: trösten, ermuntern, ermutigen. Dass der Heilige Geist dieses väterliche Amt an uns wahrnimmt, zeigt uns die Bezeichnung, die das NT für ihn verwendet: Er ist der "paraklätos", der zur Hilfe "herbeigerufene" Ermahner, Warner und Tröster. Was Spr 12:1 ausspricht, vermögen Kinder kaum zu leisten. Gotteskinder aber sollten es von Herzen bejahen: "Wer Zurechtweisung liebt, liebt Erkenntnis, doch wer Zucht hasst, ist dumm!"

Lies weiter hier:

136. Wandel in Geradheit - Spr 14:2