Die Nationen der Welt einmal anders gesehen

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Abschrift der Sammlung: Prophetische Traktate - Band 1
von Friedrich Malessa 1895-1981

Mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann
Als Abschrift dort noch erhältlich.

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Inhaltsverzeichnis Band 1
Inhaltsverzeichnis Band 2

22. Die Nationen der Welt einmal anders gesehen

Die Nationen werden hier vom Standpunkt der Bibel gesehen. Für den Gesamtüberblick soll das prophetische Wort Weisung geben.

Der Anfang der Nationen ist am Turmbau zu Babel (1Mo 11:6-9). Das antigöttliche Bestreben der Menschen führte zu der Gegenmaßnahme Gottes: Verwirrung! Sprachunterschiede, Sippenspaltungen, Abstammungsdifferenzen, das waren die Folgen. Noahs Stammesgenossen: Semiten, Hamiten, Japhetiten verloren sich aus ihrer Dreifaltigkeit in eine niedrige und widrige Vielheit. Es erstand ein Nationengemenge.

Dass diese wirre Nationengeschichte nur die Folge der gottwidrigen Haltung der Menschen sein kann, ist klar. Achten wir auf die Tatsache: Der Anfang der Nationen besteht in der Gottauflehnung. - Die immer wieder geäußerte Meinung, „die Nationen sind gottgewollt“, dürfte nicht stimmen. Wenn schon gottgewollt, dann im Sinne des göttlichen Gerichts. Fluchwesen ist das mitfolgende Zeichen der Nationen.

Entwicklung in der Geschichte der Nationen

Sehen wir uns die Nationen in dieser Entwicklung kurz an. Gleich am Anfang versuchte „der Gott dieser Welt“ das Eingreifen Gottes auszuschalten. Welteinheit wollte er wiederherstellen. - Nebenbei gesagt, Welteinheit muss er haben. Anders kann er nicht der Gott dieser Welt sein. Nur aufgrund der Einheit erfolgt seine absolute Herrschaft. Gleich wie Gott, muss auch er die Welteinheit zu erlangen suchen. Darum ist er hierin ein echter Nachahmer.

An der Stelle, an der Gott die antigöttliche Menschheit aus ihrer Einheit jagte, fabrizierte der Antigott das neue und erste Weltreich: Babylonien! Das babylonische Weltreich war der erste Großerfolg des Abgrundfürsten. Aber es blieb nicht. Es wurde abgelöst durch das medo-persische Weltreich. Auch das wurde abgelöst durch das griechische Weltreich. Schließlich kam die letzte Ablösung: römisches Weltreich. Diese Ab-Lösungen waren nicht etwa ein spaßhaftes Spiel, sondern sie hatten existentielle Hintergründe. Lösungen, immer neue Lösungen beim ständigen Zerfall der Nationen. Das Ziel der Lösungen ist Welteinheit - selbstverständlich antigöttliche Welteinheit. Welteinheit zum Kampf gegen Gott. Darum ist dieser Kampf so verwirrend. Denn Gott sucht Einheit. Auch der Antigott will Einheit. Und wie kann er das erreichen? Durch Heuchelei, durch frommen Betrug. Der Durcheinanderwerfer betreibt in Engelsgestalt die Weltversöhnung. So wird er glaubhaft.

Bei diesen Machenschaften blieb Gott kein stiller Zuschauer. Noch ehe das erste Weltreich erstand - so handelt Gott - erwählt er eine Nation, die allen Nationen zum Heilskünder werden soll: Israel. Freilich war Israel bei der Erwählung nicht gleich ein Volk des Heils. Solches musste es erst werden durch den Heiland, der aus ihm kommen sollte. Für sein Kommen ins Fleisch war Israel zuerst erwählt. „Das Heil kommt von den Juden“ (Joh 4:22). Selbstverständlich hätte auch diese Erwählung den Israelis zum Lebensprinzip werden können. Das lag auch in der Absicht Gottes, weil er immer wieder bekundete: "Mein Volk!“ Aber, was hat der Gott dieser Welt aus dem erwählten Volk gemacht? Eine Hure! (Jes 1:21; Hes 16:35).

Der Kampf des Antigottes

Hier sehen wir den Kampf des Antigottes mit Gott in den Nationen und durch die Nationen. Sie sind ein Kampfobjekt geworden. In den Nationen - auch in Israel - tobt sich der Widersacher aus. Er bewirkt das Durcheinander und wirbt zugleich um die Einheit.

Das vierte Weltreich - das auch unsere Zeit überdauert - hat den Abgrundsfürst erstehen lassen zu der Zeit, als der Sohn Gottes auf die Erde kam. Wie merkwürdig: „Als die Zeit erfüllet war, sandte Gott seinen Sohn.“ Merken wir, was das für eine Erfüllung der Zeit war? Man überlege, was das im Blick auf die Nationen zu sagen hat.

Lassen wir uns durch den Nationenpropheten Daniel dieses Weltreich etwas erklären. Das vierte Weltreich ist gleich einer Kolossalstatue, die - wie ein menschlicher Körper - in zwei Beine ausartet, auf zwei Füßen steht, und in zehn Zehen endet (Dan 2). Das ist das Gesamtbild.

Uns ist bekannt, wann dieser Welt-Körper in die zwei marschierenden Beine (Ost - West) ausartete. Aber nicht das Wissen um das Wann ist das Wichtigste, sondern um das Wie! Welche Gründe führten zur Trennung des vierten Weltreiches? Kurz: Religion! Religionsunterschiede führten zur Zweiteilung. Nationenwirrwarr durch Religion!

Inmitten dieses Geschehens hat auch Gott sein Werk. Auch das liegt restlos unter den Nationen. Die Auferbauung der Ekklesia ist genau unter den Nationen (Eph 3:8). Jene erwählte Nation (Israel) ist für diese Zeit in der „Wüste“ (Dan 9:26) in der „Blindheit“ (Röm 11:25), und hat das Heilsgeschehen unter den anderen Nationen abzuwarten. Merken wir uns die ganz erhabene Pläroma zu seinen Heilsvollführungen (Eph 1:23), das „Wachsen in allen Stücken an dem, der das Haupt ist, Christus“ (Eph 4:15), alles das geschieht unter den Nationen. - Das ist die göttliche Seite der Nationen.

Diese Nationenseite ist allerdings sehr peinlich. Da ersteht nämlich das Skandalon! Das Endresultat des Weltskandals ist von Paulus in 2Thes 2:6-8 angezeigt. Also, diese „Aufhaltende“ muss hinweggetan werden, alsdann kann der „Welthauptmann“ in seiner eigenen Art offenbar werden.

Die weltliche Seite der Nationen ist selbstverständlich auch sehr fromm, scheinfromm. Da ist ebenfalls eine Religiösität, die nicht zu überbieten ist. Diese Frömmigkeit muss freilich ausarten und entarten. Diese schönsten Blüten sind: Materialismus, Säkularismus, Atheismus, Nihilismus. Zur Zeit der zwei Beine zeigen sich diese Auswüchse in klarster Art; aber die kann der Antigott nicht immer, vor allem nicht überall gebrauchen. Sie sind von der „Frömmigkeit“ zu weit abgewichen. Sie sind nicht für alle dienlich. Sie müssen zum Schweigen gebracht werden; mindestens aber in den Hintergrund gestellt werden. - Atheismus ist am Ende hintergründig.

Eine grundlegende Änderung

Das prophetische Wort zeigt an, dass die Weltstatue bei den zehn Zehen eine grundlegende Änderung erfährt. Die zwei Beine, die auf den zwei Füßen stehen, werden durch die zehn Zehen eine Korrektur erleben, die ihre bisherige Haltung auf den Kopf stellt: „Die haben eine Meinung, und werden ihre Kraft und Macht geben dem Tier“ (Offb 17:13). - Am Rande bemerkt: Man streitet sich über die Frage, ob Daniel und Johannes die gleichen Geschehnisse meinen. Zehn Zehen und zehn Hörer können doch nicht das gleiche sein. Bitte, streiten wir uns nicht über Bilder. Erfassen wir vielmehr die Tatsache: Das vierte (römische) Weltreich hat den Verlauf von 1 + 2 + 2 + 10 + 1. Gegenwärtig stehen wir am Übergang von 2 zu 10. Wer das nicht anerkennen will, der lasse es.

In Anbetracht dieser Geschehnisse sei noch auf einen grundlegenden Vorgang hingewiesen. Der kommende Welthauptmann, der von den Zehn die totale Kraft und Macht erhält, wird nicht so sehr politisch geprägt sein, sondern weit mehr religiös. Paulus sagt: „...welcher widersteht, und sich selbst erhöht über alles, was Gott heißt oder ein Gegenstand der Verehrung ist, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei“ (2Thes 2:4). In der prophetischen Schau ist also immer das religiöse Moment im Vordergrund. Im Ende dieses Zeitalters wird darum nicht der Atheismus tragend sein, sondern ein vielgepriesener Theismus! Die Gottverehrung (ohne Christus) wird allenthalben so groß sein, dass die gesamte Menschheit zu einer echten Anbetung hingerissen wird (Offb 13:8).

Diese Lebensform beherrscht die vereinten Nationen am Ende dieses Zeitalters. Der Gott dieser Welt bringt es fertig, die Gottverehrung auf den Menschen und seine „Sputniks“ zu lenken, und ihm die Welterlösung durch das irdische Lamm glaubhaft zu machen (Offb 13:11). Für diese „weltanschauliche“ Einheit werden nicht nur die Politiker dienlich sein, sondern in erster Linie die Religionsträger! - Wundern wir uns darum nicht, wenn in absehbarer Zeit die Welteinheitsbestrebungen eine weltanschauliche - sprich religiöse - Tendenz erhalten werden. Die echt religiösen Einheitsmittel wie: Una Sancta und Ökumene, werden noch eine große Aufgabe zu erfüllen haben.

Der Höhepunkt der vereinten Nationen

Hier ist der Höhepunkt der vereinten Nationen. Endlich ist das alte Weltübel beseitigt. Der Kampf erstand immer an der Frage: Wer ist Gott? Die beglückende Lösung ist nun da: „Ihr werdet sein wie Gott!“ Welch ein Jubel, jetzt die Gottheit unter den Menschen, richtiger im Menschen, verehren zu können. Endlich ist die Verehrung nicht ein jenseitiger, selbstloser, sondern ein diesseitiger, selbstherrlicher Begriff.

Dieser Höhepunkt der vereinten Nationen - der uns in Kürze bevorsteht - ist aber von sehr kurzer Dauer. Das prophetische Wort redet von einer Jahrwoche. Selbst diese sieben Jahre sind durch allerlei Ereignisse halbiert. Die ersten dreieinhalb Jahre sind triumphal, die nächsten katastrophal.

Die erste Hälfte der Jahrwoche wird geprägt vom Tier aus dem Völkermeer (Offb 13:1.2). Gleich am Anfang wird es mit den „Vielen“ einen Bund schließen. Eine Nation wird nämlich bei der Weltvereinigung eine Ausnahme machen: Israel! Jetzt ist der Augenblick da, in dem auch diesem merkwürdigen Völkchen der gebührende Platz eingeräumt wird. Und nun ist der triumphale Höhepunkt der vereinten Nationen angebrochen „Friede und Sicherheit!“.

Mitten in der Jahrwoche treten aber überraschende Verhältnisse durch die zwei Zeugen, die im Auftrag des himmlischen Lammes am Anfang der Jahrwoche auftreten. In kurzer Zeit haben sie gewaltige Erfolge zu verzeichnen. - Erschreckend ist die Tatsache, dass wiederum die alten Religionskonflikte aufkommen. Sie sind nunmehr derart gefährlich, dass sie auf dem schnellsten Wege beseitigt werden müssen. Wie geht das zu? „Und ich sah einen seiner Köpfe wie zum Tode geschlachtet. Und seine Todeswunde wurde geheilt und die ganze Erde verwunderte sich über das Tier“ (Offb 13:3). Der umjubelte Welthauptmann wird urplötzlich getötet. Doch tritt sogleich ein anbetungswürdiges Verhältnis ein, indem das Tier „geheilt“ wird, und die erstrangigen Abgrundsbeziehungen aufnimmt. Tier aus dem Abgrund.

Kampf gegen das himmlische Lamm

Und nun geht der Religionskampf erst richtig los. Zwar nicht, wie ehedem unter den Nationen, sondern mit den vereinten Nationen gegen die zwei Zeugen, gegen ihre Anhänger, schließlich gegen das himmlische Lamm. - Sonderbar, die Religion ist das alte Zankanliegen und gewinnt am Ende eine seltene Dynamik.

Dieser Religionskampf muss noch etwas skizziert werden. Das Tier aus dem Abgrund, das ab Mitte der Jahrwoche residiert, handelt so: „Und es ward ihm gegeben ein Mund, zu reden große Dinge und Lästerungen, und ward ihm gegeben, dass es mit ihm währte zweiundvierzig Monde lang. Und es tat seinen Mund auf zur Lästerung gegen Gott, zu lästern seinen Namen und seine Hütte und die im Himmel wohnen“ (Offb 13:5-7). Die demaskierte Handlungsweise gegen Gott bricht aus. Jetzt nicht mehr als Anti-Christ, sondern als Herr des Abgrunds! Was tut Gott? Er gießt die „Zornschalen“ aus auf die Hauptverantwortlichen. Die in der Apokalypse angezeigten „Wehen“ setzen ein, und die geheimnisvollen „Siegel“ werden eröffnet. Die Folgen sind in Offb 9:15.18 angedeutet. Gerichtet wird nicht nur das Haupt, sondern auch der ganze Körper. - Das alles durch den wiederkommenden Fülle-Christus!

Die Nationengeschichte geht weiter

Aber die Nationengeschichte geht weiter. Nach dem Gericht über das gesamte Antichristentum beginnt das Friedensreich. Das ist nicht menschenleer, im Gegenteil, eine wunderbare Heilszeit bricht an für die dann lebenden Menschen. Welche sind das? Die nicht zum Katastrophendrittel gehören. Deutlicher: Die nicht die Aktivisten im Anti-Christentum sind. Das sind die sogenannten Heiden. Sie machen die Zweidrittel aus. Die erleben nunmehr die herrlichste Heilszeit: „Wer sollte nicht dich, Herr, fürchten und deinen Namen verherrlichen? Denn du allein bist heilig; denn alle Nationen werden kommen und vor dir anbeten, denn deine gerechten Taten sind offenbar geworden“ (Offb 15:4). Hier bricht die göttliche Nationengeschichte an!

Diese Nationenheilszeit hat jetzt ihren ungehemmten Gang. Denn die satanischen Kräfte sind gebunden. Auch die in alten Zeiten erwählte Nation ist aus ihrer „Wüste“ und aus ihrer „Blindheit“ heimgekehrt. Die zwei Zeugen haben die Heimkehr eingeleitet. Aus der Hure wird eine Braut. Sie hat nach der Hoch-Zeit ihre eigentlichen Erwählungsdienste übernommen und hat einen hervorragenden Anteil an der Nationenerhebung.

Zum großen Leidwesen deutet das prophetische Wort an, dass auch diese glanzvolle Nationengeschichte unterbrochen wird. Wieder und nochmals der alte Religionskampf der Nationen. Lies Offb 20:7-10!

Aber Gott hat das letzte Wort. Die Heilsgeschichte der Nationen geht weiter auf der neuen Erde. Lies Offb 21:24-27! Die Nationen, die früher unter der Herrschaft des Durcheinanderwerfers allerlei Wirren durchlebt haben, stehen jetzt endgültig unter dem Heilsregiment Christi. „Wenn aber alles ihm untertan sein wird, alsdann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles untergetan hat, auf dass Gott sei alles in allen“ (1Kor 15:28). Das ist das beglückende Ende der Nationengeschichte.

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