Zur biblischen Beurteilung von Gegenwart und Zukunft

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Abschrift des Buches: Zeitenwende
Eine Bibelhilfe aus dem Danielbuch

Verfasser: Georg Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach)
Verlag: Wilhelm Fehrholz Baden-Baden (1947)

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Inhaltsverzeichnis
Einführung
I. Die Wende zur Zeit Daniels
II. Das Vorbildliche an der Haltung Daniels
III. Die Prophetie Daniels

2. Teil:
Daniels Wort zur christlichen Zeitwende

In Bearbeitung

IV. Zur biblischen Beurteilung von Gegenwart und Zukunft

Deren Grundzüge mit praktischen Schlussfolgerungen

Am Schriftwort wird die Frage nach der Gegenwart wach. Wie ist die letztere zu verstehen? Eine Antwort bis in die Einzelheiten hinein kann nicht gegeben werden. Der Einzelverlauf des weiteren Geschehens ist der Macht Gottes und seines Christus vorbehalten. Aber d i e Antwort wird gegeben werden dürfen: Die Gegenwart ist eine Zeit w e n d e ; noch besser gesagt: eine Zeit e n wende. Das vierte Weltreich, von dem Daniel gesprochen hat ist schon längst an der Reihe. Wahrscheinlich geht es seinem Höhepunkt und Ausgang entgegen. In der Offenbarung des Johannes ist nur n och von einem verhältnismäßig kurz währenden weiteren 7. Tierkopf die Rede. Es ist wohl möglich, dass darunter die Erweiterung der seitherigen Weltreiche zu einem zusammenhängenden Welt g a n z e n zu verstehen ist, das aber nicht mit dem Reich Gottes verwechselt werden darf, sondern unter der Wirkung des „Fürsten dieser Welt“ steht. Es wurde schon als ein Hauptmerkmal des gegenwärtigen Geschehens bezeichnet, dass es sich zu W e l t geschehen erweitert hat. W i e der Fortgang des Geschehens weiter verläuft, das hängt von der Regierung Gottes ab, die auch das Wirken des Fürsten dieser Welt umfasst und in das große Endziel aller Wege Gottes einordnet. W i e l a n g e es währen wird, bis die Reiche dieser Welt - um mit einem Wort aus der Offenbarung des Johannes zu reden - unseres Gottes und seines Christus geworden sind, das ist menschlichem Blick verborgen. Worauf es noch m e h r ankommt als auf vollständige E i n b l i c k e , das ist die richtige S t e l l u n g zu dem allem. Die besteht im Warten und Bereitsein. Das Warten befasst eine doppelte Haltung in sich: einmal die Bereitschaft auf einen r a s c h e n Übergang, auf der anderen Seite das A u s h a r r e n , wenn Gottes Stunde verzieht. „Wartet u n d eilet auf die Zukunft des Tages des Herrn!“ (2Petr 3:12). Im einzelnen gilt es: wirken, solange es Tag ist; die Zeit auskaufen; zunehmen im Glauben, Lieben und Hoffen; Gott und den Herrn Christus m e h r fürchten und lieben als alles andere; nicht aufgeben in den Dingen dieser Weltzeit, weder in den Befürchtungen noch in den Hoffnungen; bei allem tätigen in Welt stehen, und Zeit sich inwendig von beiden loslösen lassen; bereit werden, den Kreuzesweg zu gehen und zu leiden; fröhlich sein in Hoffnung, geduldig in Trübsal, anhalten im Gebet; und die ganz große Liebe sich schenken lassen für den engeren und weiteren Umkreis u n d nach oben. Zum Schluss ein Wort des Apostels Paulus, das mit dem Fortschreiten der Zeit noch mehr Gültigkeit hat als damals: „Das sage ich euch, liebe Brüder, die Zeit ist zusammengeballt. Weiter ist das die Meinung: die da Frauen haben, dass sie seien, als hätten sie keine; die da weinen, als weinten sie nicht; die sich freuen, als freuten sie sich nicht; und die kaufen, als besäßen sie es nicht; und die die Welt gebrauche, dass sie dieselbe nicht missbrauchen; denn das ganze Gefüge dieser Welt ist im Vergehen begriffen. (1Kor 7:29-31).

„Hebet eure Häupter empor, darum dass sich eure Erlösung naht!“ (Lk 21:28).

„V o n ihm, d u r c h ihn und z u ihm sind alle Dinge, Ihm sei Ehre in Ewigkeit!“ (Röm 11:36):*

Anmerkung 46:

Randbemerkungen zu Gegenwart und Zukunft
* Die vorstehenden Bemerkungen waren absichtlich kurz gehalten und mündeten in praktische Schlussfolgerungen aus. Und doch drängt die äußere und inner Not der Zeit zu weiterem Forschen. Ein solches sei versucht in den folgenden Randbemerkungen.

Die d e u t s c h e Gegenwart als Mahnmal der Endzeit

Zunächst einiges zur d e u t s c h e n Gegenwart, und zwar, wie die letztere ein Mahnmal ist für uns selber wie für die Welt. Es sei ausdrücklich gesagt, dass ein solcher Versuch eine h e r z b e w e g e n d e Sache ist, und dass es ein V e r s u c h ist. Es gibt ja auch ein n e u g i e r i g e s Forschen in den Zeiten, das k e i n e Verheißung hat. Und wie leicht kann sogar ernsthaftes Forschen daneben greifen! Aber gerade drangvolle Zeiten legen das Forschen nahe.

Psalm 77:7

So ging es dem Verfasser des 77. Psalms: „mein Geist muss forschen“. Was Asaph im Blick auf das alttestamentliche Gottesvolk gefragt hat, das dürfen wir angesichts der deutschen Not der Gegenwart in abgestuftem Maß gleichfalls fragen. Unsere Not ist ebenfalls nicht nur äußerer, sondern ebenso innerer Art und reicht bis in die letzten Tiefen. „Wird der Herr ewiglich verstoßen und seine Gnade mehr erzeigen? Ist’s denn ganz und gar aus mit seiner Güte und hat die Verheißung ein Ende? Hat Gott vergessen, gnädig zu sein und seine Barmherzigkeit vor Zorn verschlossen?“ (Ps 77:8-10). Eine Erkenntnis die sich dem Psalmisten bei seinem Forschen aufschloss und tief einprägte war die: „Gott, dein Weg ist heilig!“ (Ps 77:14).

Eine Jahrwoche in der jüngsten deutschen Vergangenheit

Ja, so ist es ! Auch der Weg, den Gott mit unserem d e u t s c h e n Volk und mit dessen Gliedern gegangen ist und geht, ist heilig. Was hat Deutschland erlebt? Einen Z u s a m m e n b r u c h ! Es ist bereits der zweite in wenigen Jahrzehnten. Aber der jetzige ist ungleich größer und greift viel tiefer als der im Jahr 1918. Im Frühjahr viel tiefer als der im Jahr 1918. Im Frühjahr 1945 kam der zweite Weltkrieg zum Abschluss, in dessen Mittelpunkt Deutschland handelnd und leidend gestanden ist. Das war nicht nur der Abschluss des Krieges selber, sondern das Ende eines Regierungssystems, wie es Deutschland vorher noch nie erlebt hatte. Ist 1945 aber nur der Schlussstrich unter das Jahr 1 9 3 3 ? Darf oder muss nicht gesagt werden: bis zu einem gewissen grad auch der Abschluss der g a n z e n seitherigen deutschen Geschichte?

Eine Beobachtung hat sich dem Verfasser aufgedrängt, die er zum Nachforschen vorlegt. In der Weissagung Daniels hat im Blick auf die Endzeit die Jahrwoche eine große Bedeutung, und zwar mit deren Teilung in zwei Hälften von je 3 1/2 Jahren. In einem solchen Zeitraum mit der gleichen Zweiteilung war der letzte Abschnitt der deutschen Geschichte eingebettet. Ob das nicht ein Wink ist, dass Gott seinen heiligen Gang auch durch die d e u t s c h e Geschichte gemacht hat? Kann vielleicht noch m e h r gesagt werden: dass nämlich das deutsche Geschehen der letzten Jahre in gewissem Maß ein Auftakt war zum E n d geschehen, ohne dass damit die zeitliche Entfernung bis zu letzteren benannt werden soll?

Aber inwiefern kann in Blick auf den letzten Abschnitt der deutschen Geschichte von einem Zeitraum von s i e b e n Jahren gesprochen werden, wo doch der Krieg eine nicht ganz s e c h s jährige Dauer gehabt hat? Um das aufzuzeigen, ist ein näheres Eingehen auf den jüngsten Abschnitt der deutschen Geschichte erforderlich, so schmerzlich auch ein solche Rückerinnerung sein mag.

W a s kam 1945 zum Abschluss? Der zweite Weltkrieg. Ja, aber noch m e h r : die neuen Entwicklung Deutschlands seit 1933, die unter dem inneren und äußeren Regiment e i n e s Mannes stand, der aus unbekannten Tiefen zu schwindelnder Höhe emporstieg. Wohl waren diese 12 Jahre Deutschlands die Fortsetzung seiner f r ü h e r e n Geschichte; aber trotzdem waren sie etwas völlig N e u e s. In die Geschichte Deutschlands bestimmend e i n g e g r i f f e n hat dieses Neue am 30. Januar 1933. Zwölf Jahre nachher erfolgte der ebenso sichtbare Zusammenbruch dieses Neuen, wieder spürbar bis ins letzte Dorf. Genau nach zwölf Jahren war das „tausendjährige Reich“ zusammengebrochen. Auch „zwölf“ ist eine heilige Zahl. Gottes Weg ist heilig!

Die Jahre nach 1933 wurden zunächst verwendet zur völligen i n n e r e n Umgestaltung Deutschlands, und zwar nicht nur in der Regierungsform, sondern bis hinein in die Empfindungsweise, in das Denkgefüge, in die Willenshaltung und in die Lebensgestaltung. Die Schrecken der Konzentrationslager gab es bereits damals; sie waren freilich wenig bekannt. Aber e i n Wort, nämlich das Wort „Kirchenkampf“, sagt gerade genug und bringt schmerzhaft in Erinnerung, w a s in Deutschland vor sich ging, trotz des Worts vom „positiven Christentum. Aber das neue Regiment griff nicht nur nach der S e e l e des d e u t s c h e n Menschen, sondern auch nach a u ß e n , ins Weite. Die Hintergründe waren damals noch nicht so sichtbar, wie sie heute offen daliegen. Aber in E r s c h e i n u n g trat der Griff nach außen schließlich doch. Im Frühjahr 1938 wurde Österreich einverleibt. Hintendrein ist offenbar geworden, dass das der e r s t e Griff ins Weite war. Wohl scheint der 1. September 1939 als der Tag des Kriegsbeginns den großen Einschnitt zu bilden. Aber der Kriegsausbruch war nur eine F o l g e erscheinung des genannten Griffs in die Weite. Die Zeit von Frühjahr 1938 an war eine Zeit unerhörten Gelingens: es seinen nur die Namen genannt: Österreich, Tschechoslowakei, Polen, Dänemark, Norwegen, Holland, Belgien, Frankreich, Jugoslavien, Griechenland, Kreta: Schlag auf Schlag! Schon schien es, als ob auch Russland in einem Blitzkrieg bezwungen wäre. Es wurde bereits in diesem Sinn davon gesprochen. Tatsächlich stand im Herbst 1941 die deutsche Heeresmacht nicht nur vor Petersburg und Moskau, sondern auch am Schwarzen Meer bis in die Nähe des unteren Dons. Und gleichzeitig war der Vormarsch in Nordafrika gelungen bis vor die Tore Ägyptens. Die Voraussetzungen schienen gegeben, um den ganzen Orient zu umfassen, und zwar von zwei Seiten her, von Russland aus und über Ägypten hinüber. Das Tor nach Asien schien sich zu öffnen.

Da hat Gott H a l t geboten,und zwar durch sein unmittelbares Eingreifen. Gedacht ist an den furchtbaren Winter 1941/42, der früher als sonst begann, bereits im Herbst, und der in mancher Hinsicht dem Winter 1812/13 zu vergleichen ist, durch den 130 Jahre vorher der Übermut eines anderen Eroberers Halt geboten war. Da trat der Spruch Gottes in Kraft, der Hi 38:11 aufgezeichnet ist. Der wurde zwar zunächst im Blick auf das W e l t meer gesprochen, dessen Wellen Gottes Schöpferwort bei der Schöpfung Halt geboten hat. Aber er gilt auch vom V ö l k e r meer und ebenso von stolzen H e r r s c h e r n, die die Welt überfluten wollen: „Bis h i e r her sollst du kommen und n i c n t weiter! Hier sollen sich l e g e n deine stolzen Wellen!“ Frühjahr 1938 bis Herbst 1941: 3 1/2 Jahre!

Nun ging das Geschehen den umgekehrten Gang. Im Süden gelang es nicht, den Riegel vor Ägypten aufzustoßen. Im Osten wurden zwar im Frühjahr 1942 einige empfindliche Rückschläge vom Winter her im großen und ganzen ausgeglichen; und im Sommer 1942 schien der Vormarsch in Russland unaufhaltsam weiterzugehen. Aber nicht erst Stalingrad kennzeichnet die Wende auch im Osten, sondern bereits die neue Taktik Russlands, das sich den Einkreisungen zu entziehen verstand und den Gegenschlag vorbereitete. Im Herbst 1941 war das System der Blitzkriege, der Überraschungen, der Einkreisungen zu Ende gegangen. Stalingrad war nicht der B e g i n n der Wende. Was seit jener Zeit geschehen ist, das ist noch zu deutlich in Erinnerung: der Rückzug aus Russland, der Rückschlag vor Ägypten samt dem Gegenangriff in Tunis, Sizilien und Italien; der Verlust des Balkans, die Luftoffensive über Deutschland, das Gelingen der langverspotteten Invasion im Westen und der Endkampf um Deutschland von Osten und Westen! Und die Dauer dieser rückläufigen Bewegung? Vom Herbst 1941 bis Frühjahr 1945: 3 1/2 Jahre! 3 1/2 Jahre von Sieg zu Sieg; 3 1/2 Jahre von Verlust zu Verlust bis zum bitteren Ende! Die vielen Toten, das ganze Heer gefangen die Verwüstungen und das Elend der Städte, das namenlose Leid! A u c h eine Jahrwoche.

Lernzeit für Deutschland und die deutsche Christenheit

Dass Deutschland aus dem allem l e r n e n muss, ist sicher. Über die p o l i t i s c h e Lektion ist in diesem Zusammenhang nicht zur sprechen, wohl aber darüber, was die C h r i s t e n h e i t Deutschlands lernen muss!

Das war ein Eingreifen G o t t e s ! Wohl hat Gott als Mittel dazu M e n s c h e n hände benutzt. Aber das schließ nicht aus, dass hinter den Menschenhänden s e i n e Hand waltet. Menschen waren s e i n e W e r k z e u g e.

Was wir erlebt haben, das war in seiner Art ein Stück E n d zeit, das im letzten Jahrzehnt unversehens über uns hereingebrochen ist, und dessen furchtbaren Ernst wir nur langsam begriffen haben.’’ Zwar wird zu erwarten sein, dass die e i g e n t l i c h e Endzeit sich nicht auf e i n z e l n e Länder beschränken, sonder das G a n z e der Menschheit umfassen werde. Aber das schließt nicht aus, dass manches Volk und Land schon im voraus die Endzeit bis zu einem gewissen Grad auskosten muss. Dass Endzeitartiges im christlichen Deutschland zu solchem Einfluss und zu solcher Macht gelangen konnte, das ist ein G e r i c h t s zeichen Gottes. Dass das Unheimliche nicht g a n z ausreifen und sich nicht in g r ö ß e r e Weiten erstrecken durfte, das ist ein Zeichen des E r b a r m e n s Gottes mitten im Gericht. Was wir erlebt haben, war wohl Deutschlands U n heilswoche. Aber sie kann zum Heil ausschlagen, w e n n unser Volk, und zuerst die C h r i s t e n h e i t in ihm, auf den unüberhörbaren Ruf Gottes eingeht.

Was wir erlebt haben, das ist das T i e r wesen in der z w e i fachen Gestalt, wie sie Offb 13 beschrieben ist, als p o l i t i s c h e Macht und als aufgedrungene G e i s t e s strömung, die der politischen Macht Hilfsdienste geleistet hat mit lockendem Zwang. Gedacht ist an den drang zur neuen „Weltanschauung“, in deren Mittelpunkt ein fast religiöser Glaube an „den“ „Führer“ stand. So entstand eine Art Messianismus dessen Ursprung aber aus der Tiefe stammte. Die neue „Weltanschauung“ wusste zu reden wie ein Lamm und holte ihre Worte sogar aus der Bibel, indem sie von „Glauben“, „Bekenntnis“, „Gemeinschaft“, „Gott“ und vom „tausendjährigen Reich“ sprach. Aber unter dem Deckmantel dieser Worte wurde das Gegenteil bezweckt und durchzusetzen versucht.

In Offb 3:10 ist die Rede von einer Stunde der Versuchung, die kommen werde über den ganzen Erdkreis, zu versuchen die da wohnen auf Erden. Was das bedeutet, das haben wir in Deutschland erlebt. Wie wurde die Probe bestanden? Viele h a b e n sie bestanden, manche mit dem Opfer ihres Lebens. Unzählige, auch solche, die nicht einmal protestierten, wurden gequält und umgebracht. Im großen ganzen haben die Kirchen den Ernst erkannt. Ein Zeichen davon war die Schwere des „Kirchenkampfes“. Trotzdem ist es gut, darin keinen Grund zum Stolz zu zu sehen. Auch die Christenheit Deutschlands muss sich an die Brust schlagen. Die Stellen, wo es unmöglich war, einzuwilligen, wurden nicht immer erkannt. Das Bekenntnis: „da kann ich nicht mehr mittun!“ wurde oft versäumt, zum Teil aus Mangel an Erkenntnis, zum Teil aus unrichtigem Schriftverständnis, zum Teil in verkehrter Anpassung, zum Teil aus Mangel an Mut. Nun hat uns Gottes Regierung noch einmal Gelegenheit zur Buße gegeben und zum klaren Gang in seinem Wort. Das ist Gericht und Gnade in e i n e m ! Werden wir es lernen? Die Versuchung in der Art des letzten Jahrzehnts ist zwar zu Ende gegangen. Aber n e u e Versuchungen werden kommen. Sie werden zwar wahrscheinlich von anderen Ansatzpunkten und von anderer Seite ausgehen Aber es ist wichtig, sie rechtzeitig als V e r s u c h u n g e n zu erkennen. „Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallet!“ (Mt 26:41).

Lektionen für die ganze Christenheit und die Gemeinde Jesu

Es wird gut sein an diesem Punkt noch länger zu verweilen. Aber zu diesem Zweck ist weiter auszuholen. Es isst ein Rückblick erforderlich noch über die Reformationszeit zurück bis in die ersten Jahrhunderte der Christenheit. Die letzteren ist schon verhältnismäßig bald in eine viel zu enge Bindung an Welt und Zeit eingegangen und hat nicht genügend die Mahnungen der Bibel beachtet: „Suchet, was d r o b e n ist!“ (Kol 3:1); „lasst uns (von allem w e g sehen und a u f sehen auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Hebr 12:2); „Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, ,wachend findet!“ (Lk 12:37), „Die Krone der Gerechtigkeit wird denen zuteil werden, die seine Erscheinung lieb gehabt haben“ (2Tim 4:8). Die Abzweigung der Christenheit von diesen Regeln der Schrift ist in E r s c h e i n u n g getreten zur Zeit des römischen Kaisers Konstantin, als der letztere nach den furchtbaren Zeiten der Verfolgung der Christenheit anerkannte als Fundament des Staatswesens und ihr im Staatsganzen nicht nur Duldung gewährte, sondern ihr eine bevorzugte Stelle einräumte. Dass Konstantin das tat, das rührte vom Erbarmen des Herrn her, der seine Gemeinde aus dem Ofen des Elends herausführte und ihr eine Atempause gewährte. Aber diese Befreiung aus ä u ß e r e r Not wurde auf i n n e r e m Gebiet zur einer großen Versuchung für die Christenheit. Ihre seitherige Bahn war durch das K r e u z bezeichnet worden. Nun wurde ihr A n e r k e n n u n g und Ehre und bevorzugte Stellung v o r der Welt und i n der Welt zuteil. Vorher war sie die Gemeinde gewesen, die auf das Reich G o t t e s g e w a r t e t hatte. Nun wurde sie die Kirche des r ö m i s c h e n Reichs und übernahm vieles von dessen Organisation und Methoden, allerdings in kirchlichen Formen. Die Christenheit war w e l t fähig geworden, das Tor zur Welt hatte sich geöffnet. Im Laufe der Zeit schickte sie sich sogar an, in der Welt eine H e r r s c h e r stellung einzunehmen. Dass ihr trotzdem auch in dieser Zeit viel Christliches geblieben ist, ,und dass die abendländische Völkerwelt durch sie gesegnet worden ist, das bleibt unbestritten. - Auch der Kirchenerneuerung vor vierhundert Jahren ist es nicht gelungen, die Bindungen an Welt und Zeit abzustreifen. Auch die damals entstandenen Kirchen blieben gebunden an menschliche Organisationen. Ud manche Gruppen und Splitter und Kreise haben in der Zugehörigkeit zu ihrer Organisation mehr oder minder eine Verbürgerung des Heils gesehen und sie als solche gepriesen und angeboten. Gerade kleinere Gruppen sind dieser Versuchung erlegen und haben ihre Glieder und die von ihnen Geworbenen an s i c h s e l b e r gekettet, statt ihnen den Weg zu bahnen zu J e s u s, als dem Herrn der Gemeinde.

Was ist überhaupt die Christenheit, wenn sie im biblischen Sinn verstanden wird? Nichts anderes als die Gemeinde Jesu, über die e r die alleinige Verfügung hat, in die auch er allein Menschen eingliedern kann durch die Wirkung und Verleihung des Heiligen Geistes. In diesem Sinn besteht die Christenheit nicht aus menschlichen Organ i s a t i o n e n , seien diese auch noch so wertvoll; vielmehr ist die Christenheit ein Organ i s m u s , der sein Leben und seine Wirkungsmöglichkeit und seinen Wirkungsauftrag und Wirkungsbereich vom Herrn selber bekommt. Gewiss darf jedes Glied der Gemeinde diejenige Kirche und Gruppe lieb haben, die ihm zur Erkenntnis und zur Aneignung des Heils behilflich war, und darf innerhalb derselben dienen.selbst wenn sie Mängel und Schatten aufweist. Es darf sogar gesagt werfen, dass bis zu einem gewissen grad hinter den Besonderheiten, ja sogar hinter den Einseitigkeiten, Entgleisungen und Verzerrungen von Kirchen und Gruppen ein Rest nicht unwichtiger Gotteswahrheiten verborgen ist, die von anderen Gruppen übersehen oder nicht genügend beachtet werden. Es ist deshalb gut, wenn die verschiedenen Kirchen und Gruppen der Christenheit nicht übereinander urteilen und einander nicht verdammen; selbst dann nicht, wenn sie ernste Einwände gegeneinander zu erheben haben. Tatsächlich hat ja auch die jüngstvergangener Zeit Deutschlands gelehrt, dass es Bekenner und Märtyrer nicht nur im eigenen Lager gegeben hat, sondern bei anderen ebenfalls. Aber die ernsten Seiten a l l e r kirchlichen Organisationen dürfen a u c h nicht übersehen werden, dass sie nämlich in Gefahr sind, sich mit der ä u ß e r e n Zugehörigkeit ihrer Glieder zu ihnen und mit ä u ß e r e n Formen zu begnügen und darüber den Herrn der Kirche und die Zuwendung zu i h m er in z w e i t e Linie setzen. Ferner: dass sie sich mehr als gut ist, an Welt und Zeit anpassen, um ihre Existenz und Wirksamkeit zu erhalten, ,zu sichern und durchzusetzen. Die Gemeinde Jesu steht ü b e r allen Organisationen; sie ist das Beste i n allen Organisationen, sie ist deren Rückgrat. Der Gemeinde Jesu gehört man nicht an kraft der Mitgliedschaft in einer Kirche und Gruppe, sondern kraft der durch den Heiligen Geist vermittelten und besiegelten Zugehörigkeit zum Herrn der Kirche. Das Verhältnis der Gemeinde Jesu zu a l l e n kirchlichen Organisationen und Gruppen kann so beschrieben werden: sie ist viel e n g e r als alle miteinander und gleichzeitig viel w e i t e r als alle.

Ob der Gemeinde Jesu nicht in zunehmendem Maß der K r e u z e s w e g verordnet ist, je mehr es dem Ausgang des Zeitlaufs entgegengeht?

Vom weiteren Gang des W e l t g e s c h e h e n s
Ausweitung und gleichzeitig Rückkehr zum Ausgangspunkt
“Babel“
Grundsätzliches zum Verständnis der Offenbarung
Auslegungmöglichkeiten
Einordnung in die G e s a m t prophetie
Verhüllung und Enthüllung
Zum Verständnis der Siegelgerichte
Das Besondere der Posaunengerichte
Offenbarung 10 - 12
Das Schlussstück des seitherigen Geschichtsgangs
Die Stufen des R e i c h e s G o t t e s
Schlusswort
Endzeitartiges in der Gegenwart
Brennpunkte des Weltgeschehens
Der Ernst des Gerichts und die Größe des Erbarmens