Gegenseitige Annahme trotz Andersartigkeit (Röm 15)

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IN BEARBEITUNG !

Von Daniel Muhl

Die meisten Briefe der Apostel sind wie folgt aufgebaut:

  1. Der erste Teil beinhaltet oft die Vorstellung des Absenders, die Benennung der Empfänger und einen Segensgruß (Gnade und Frieden).
  2. Den zweiten Teil kann man meistens als „Lehrabschnitt“ bezeichnen, wobei dieser Abschnitt mehrheitlich das Wirken Gottes und die daraus neu entstandene geistliche Realität aufzeigt. Diese göttliche Realität vermittelt auch ein neues Bewusstsein über die von Gott geschenkte Identität! Dieses neue Bewusstsein ist die absolute Grundlage für ein praktisches Glaubensleben. Ohne diese Grundlage handeln wir nicht aus tiefster Überzeugung, sondern lediglich aus Pflicht. Solche Menschen leben vielleicht religiös oder moralisch vorbildlich, aber nicht aus dem Bewusstsein, geliebte Kinder Gottes zu sein.
  3. Im dritten Teil verdeutlichen die Briefschreiber meistens die praktischen Auswirkungen des neuen Bewusstseins und der neuen Identität. Sie zeigen uns ein Verhalten, das sich aus der Position eines Geliebten und eines Liebenden fast automatisch ergibt. Der Geliebte und der Liebende lässt sich von den göttlichen Tugenden inspirieren, so wie Paulus das auch in Phil 4:8 beschreibt:

„Übrigens, Brüder, alles, was wahr, alles, was ehrbar, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was liebenswert, alles, was wohllautend ist, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt, das erwägt!“
Für den Geliebten und den Liebenden ist es eine Freude, über diese Dinge nachzudenken, währenddem der moralische oder religiöse Mensch diese Dinge ständig als Pflichtprogramm abzuarbeiten versucht, um Gott oder sich selbst zufriedenzustellen.

  1. Im Schlussteil befinden sich oft noch letzte Anweisungen, Grüße sowie einen Schusssegen!

Beim Römerbrief verhält es sich nicht anders! Obwohl er vor allem ein Lehrbrief ist, so finden wir doch in den Kapiteln 13-15 viele praktische Auswirkungen des Glaubenslebens. Diese Auswirkungen kommen von Innen her, aus tiefer Überzeugung und aus Liebe zu Gott und den Mitmenschen. Die praktische Umsetzung des Glaubens ergibt aber trotzdem immer wieder Fragen, die nicht einfach zu beantworten sind.
Gerade deshalb sind auch die praktischen Anweisungen der Apostel so wichtig. Ab Kap. 14 im Römerbrief widmet sich der Apostel Paulus der Frage, wie ganz unterschiedliche Christen miteinander umgehen sollen. In Röm 15:7 schliesst er seine Anweisungen mit folgender Aussage ab:

  • Röm 15:7 - Darum nehmt einander an, wie auch der Christus euch angenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit!

Anschliessend zeigt er auf, wie jüdische und nichtjüdische Gläubige einander annehmen dürfen.

Das Problem der Andersartigkeit

Die Unterschiedlichkeit von uns Menschen, ist sehr oft die Ursache von Spannungen. Auf der einen Seite ist die Verschiedenartigkeit von uns Menschen eine absolute Bereicherung, aber auf der anderen Seite verursacht die Andersartigkeit auch Ängste und Stress! Zum Glück sind nicht alle so wie ich, sonst gäbe es nämlich niemand, der einem anderen den Blinddarm herausoperieren würde oder es gäbe kaum jemand, der für das Mittagessen ein Huhn schlachten würde. Es gäbe auch keine begabten Politiker, weil ich für politische Ämter viel zu langsam denken würde usw. usf. Die Gründe für die Spannungen, die sich aus der Unterschiedlichkeit von uns Menschen ergeben, sind vielschichtig:

  1. Der Andere hat eine Lebensweise, die meinen eigenen Lebensbereich stört. Beispiel: „Wenn ein Raucher in meinem Auto eine Zigarette rauchen würde, dann würde mich das ziemlich ärgern!“ Glücklicherweise sind die meisten Raucher so anständig, dass sie das nicht machen würden.
  2. Mein Mitmensch hat eine Lebenseinstellung, die ich als gefährlich beurteile und deshalb kommuniziere ich ihm das (was natürlich zu Spannungen führen kann) oder ich schweige aus unterschiedlichen Gründen dazu und gehe auf Distanz. Beispiel: „Der eigene Erfolg und der Genuss steht an oberster Stelle!“ Viellfach kann man das dem Betroffenen nur schlecht beweisen, weil seine Selbstwahrnehmung unter Umständen eine ganz andere ist.
  3. Eine andere Lebensführung – die wir vielleicht auch als vorbildlich einstufen – stellt unsere eigene Identität manchmal bewusst oder unbewusst infrage und solches bedeutet für unsere Seele meistens auch Stress! Beispiel: „Da begegnen wir jemandem, der mit einer eisernen Disziplin seine anstehenden Aufgaben bewältigt. Da gab es z. B. ein Bruder, der trotz Chemotherapie, mit üblen Nebenwirkungen, noch ganz viele Aufgaben bewältigt hat. Er nahm auf sein körperliches Wohlbefinden kaum Rücksicht, währenddem es mich schon bei einem „Männerschnupfen“, manchmal ziemlich viel Überwindung kostet, die anstehenden Aufgaben in Angriff zu nehmen!
  4. Unsere Mitchristen haben manchmal Schwächen, für die wir kaum Verständnis haben, weil wir diese Schwächen bis dato in gar keiner Weise verspüren. Dabei denkt man sehr schnell: „Warum kann sich der nicht ein bisschen besser zusammenreißen; das ist doch wirklich kein Problem!“ Natürlich, wir haben vielleicht kein Problem damit, aber wir vergessen dabei, dass wir Probleme haben, die der andere nicht hat. Er könnte auch denken: „Warum kämpft der sich jeden Tag so schwer aus dem Bett? Für mich ist es überhaupt kein Problem jeden Tag um 4.30 Uhr aufzustehen!
  5. Einige Christen haben in etlichen Dingen eine große Freiheit und andere nicht. Die einen können ohne Probleme einen Tanzkurs besuchen, andere nicht! Einige gönnen sich jeden Tag ein Glas Wein und für andere wäre das schon sehr bedenklich. Einige nehmen ohne Bedenken homöopathische Mittel ein, andere nicht! Es gibt Christen, die kein Problem haben, einen Weihnachtsbaum zu schmücken oder einen Osterhasen zu essen und für andere ist das Götzendienst pur! Manche können ohne schlechtes Gewissen Fleisch essen, das als Götzenopferfleisch angeboten wurde und andere können das unter gar keinen Umständen! Viele können Autofahren und einige sind davon überzeugt, dass es gegenüber der Schöpfung verantwortungslos ist! Die meisten Christen haben wahrscheinlich kein Problem damit, einen Deko-Stern mit 5 Zacken um Wohnzimmer aufzustellen; aber für einen ehemaligen Satanisten, der Christ geworden ist, ist dieses Symbol schwer okkult und so ein Stern würde seine Beziehung zum Herrn empfindlich stören usw.

Bei allen diesen unterschiedlichen Sichtweisen haben wir das Problem, dass es Gebiete gibt, wo man unterschiedliche Auffassungen haben kann, ohne dabei theologisch, bzw. aus der Sicht der Bibel einen Fehler zu begehen, währenddem es Bereiche gibt, wo man sich ernsthaft fragen kann, ob es nur ein „Richtig“ oder „Falsch“ gibt.
Die Frage, ob wir Wein trinken dürfen, können wir biblisch ganz klar bejahen und trotzdem ist es für einen gerade eben „trocken gewordenen“ Alkoholiker eindeutig falsch, Wein zu trinken. Wahrscheinlich ist sogar eine lebenslange „Alkohol-Sperre“ sinnvoll.
Wir sehen also, dass in gewissen Fällen die Frage, ob etwas richtig oder falsch ist, nicht nur von der biblischen Lehre her beantwortet werden kann, sondern wo das Subjekt, bzw. die Person, auch eine Rolle spielt.
Natürlich gibt es ganz viele Fragen, wo es ganz eindeutig nur ein „Ja“ oder „Nein“ gibt. Keiner kann sagen, dass es für richtig ist, sowohl den Gott der Bibel, als auch andere Götter anzubeten! Die Anbetung gebührt nur dem Gott der Bibel. Die Tatsache, dass viele Menschen aus einer Unwissenheit heraus, andere Götter anbeten, ist wieder eine andere Sache! Wer Röm 14-15 und 1Kor 8 sorgfältig durchliest, merkt sofort, dass Christen absolut berechtigt einen unterschiedlichen Lebenswandel führen können und manchmal sogar müssen!
In der Diskussion über die verschiedenen Bereiche, kommt man natürlich in „Graubereiche“ hinein, wo die einen sagen; „das geht für alle Christen nicht“ und andere meinen, dass auch hier ein unterschiedliches Verhalten möglich ist. Die Einnahme von homöopathischen Mitteln verbinden etliche so stark mit der Esoterik, dass sie sagen, dass sollte überhaupt kein Christ einnehmen. Andere betonen, dass bei manchen Mitteln die Verdünnung so massiv ist, dass der Wirkstoff gar nicht mehr vorhanden sein kann und es deshalb entweder ein okkult belastetes Medikament sein muss oder einfach als reines Placebo wirkt. Wieder andere nehmen homöopathische Mittel ohne Bedenken und „im Glauben“ ein.
In der Diskussion, was richtig und was falsch ist, findet man oft keinen gemeinsamen Nenner, weil man seine eigene Sichtweise als allgemeingültig anschaut und man davon überzeugt ist, dass es in dieser oder jener Frage keinen theologischen Spielraum gibt, so wie er in Röm 14 aufgezeigt wird! Wo sich in diesen Fragen die Fronten verhärten, kommt es dann oft zu Spaltungen.

Wie gehen wir mit der Andersartigkeit um?

Der richtige Umgang mit unterschiedlichen Ansichten, stelle ich mir wie folgt vor:

  1. Eine sachliche Darlegung der Argumente, ohne sich gegenseitig zu anzugreifen.
  2. Jeder Teilnehmer sollte hörwillig sein und auch eine innere Korrekturbereitschaft haben; auch wenn er von seiner Ansicht überzeugt ist.
  3. Wer nach Prüfung der Argumente zu einer Meinung tendiert, sollte sich der wichtigsten Frage stellen: „Kann ich dies oder jenes aus Glauben tun (Röm 14:23)?“ Dabei spielen auch folgende Fragen eine nicht unerhebliche Rolle:
    1. Habe ich inneren Frieden dabei?
    2. Wird dadurch meine Beziehung zum Herrn gefördert oder gehemmt?
    3. Verspüre ich eine innere Freude und Dankbarkeit gegenüber dem Herrn?
    4. Nimmt jemand daran Anstoß (1Kor 8:9)?

Aus der Beantwortung dieser Fragen entsteht dann die ganz persönliche Überzeugung, von der Paulus auch in Röm 14:5 schreibt:

  • Jeder aber sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt!

Wenn man nach einer solchen Prüfung zu einer festen Überzeugung gelangt ist, dann fällt es uns vielleicht schwer, den Nächsten, mit seiner anderen Ansicht, anzunehmen.
Natürlich ist es so, dass man sich bei fundamentalen Lehrfragen einig sein muss. Wir können nicht mit Leuten geistliche Gemeinschaft haben, die steif und fest behaupten, dass wir für unsere Errettung auch noch unseren persönlichen Beitrag leisten müssen.
Aber unterschiedliche Ansichten zu ähnlichen Fragen, wie sie Paulus in Röm 14-15 aufzeigt, sollten nicht der Grund für eine Trennung sein.
Trotz der gegenseitigen Akzeptanz fällt eine gegenseitige Annahme oft schwer und darum dürfen wir uns die Frage stellen:

„Wie kommen wir zu eine gegenseitigen Annahme?“

Eine liebevolle An- und Aufnahme trotz Unterschiedlichkeit

Noch einmal darf ich den Vers aus Röm 15:7 zitieren: Darum nehmt einander an, wie auch der Christus euch angenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit! Aus diesem Vers können wir eine ganz wichtige Grundlage für jede Gemeinschaft erkennen. Gegenseitige Annahme ist eine Folge der Liebe. Nur eine echte, und von Gott geprägte Liebe, ist in der Lage, seinen Nächsten auch wirklich bleibend anzunehmen. Für ein verliebtes junger Paar, das noch alles durch eine „rosarote Brille“ sieht, ist die Annahme des Partners relativ einfach. Aber wenn man mit Menschen in einer Gemeinschaft zusammen ist, wird die liebevolle Annahme manchmal dadurch erschwert, dass der Starke, den Schwachen geringschätzt und umgekehrt! Der Starke kann ohne Probleme Fleisch essen, weil er es dankbar aus Gottes Hand nimmt und es seine Beziehung zu Gott in keiner Weise trübt! Vielleicht empfindet er den Bruder, der kein Fleisch essen kann, als „gesetzlich“ und darum verachtet ihn. Doch der Bruder, der auf Fleisch verzichtet, hat die Erfahrung gemacht, dass das Essen von Fleisch, sein Gewissen befleckt und seiner Beziehung zu Gott schadet. Er ist durch seine Erfahrung zu dem Schluss gekommen, dass ein Fleischverzicht seinem geistlichen Wachstum zuträglich ist. Er tut es aus Glauben und will im Frieden mit Gott seinen Weg gehen. Das sollte der „Starke“ respektieren! Aber er sollte es nicht nur respektieren, sondern den „schwachen Bruder“ in Liebe annehmen und ihn höher als sich selbst achten!
Aber auch der „Schwache“ ist gefährdet, den „Starken“ zu verachten! Manchmal denkt er vielleicht: „Der ‚Fleischesser‘ macht sich überhaupt keine Gedanken! Er lebt so leichtfertig und oberflächlich, er genießt nur das Leben und kann nicht verzichten!“ Ohne es vielleicht zu merken, hat auch der „Schwache“ den „Starken“ verachtet. Dabei hat der „Starke“ das Fleisch mit Dankbarkeit gegenüber Gott und mit Frieden im Herzen genossen. Diese Gegensätzlichkeit erinnert vielleicht auch an die Aussage Jesu:

  • Mt 11:18-19 - Denn Johannes ist gekommen, der weder aß noch trank, und sie sagen: Er hat einen Dämon. 19 Der Sohn des Menschen ist gekommen, der isst und trinkt, und sie sagen: Siehe, ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder - und die Weisheit ist gerechtfertigt worden aus ihren Werken.

Gläubige mit unterschiedlichen Lebensweisen haben manchmal zu wenig Verständnis füreinander. Sie vergleichen sich gegenseitig und können zu wenig verstehen, dass andere vom Herrn auch in ihrer Lebensweise anders geführt werden. Manchmal fällt es uns schwer zu glauben, dass Gott uns ganz klar eine Lebensweise aufgezeigt hat, die für uns gut ist, währenddem andere Geschwister Dinge tun können, die uns selbst Probleme bereiten würden.
Natürlich kann man auch immer darüber diskutieren, welche Dinge für alle Christen als generell richtig oder falsch einzustufen sind. Einige sind davon überzeugt, dass es für alle Christen richtig wäre, keinen Christbaum aufzustellen oder Osterhasen zu kaufen, weil diese Dinge heidnischen Ursprungs sind.
Man darf ganz klar die Meinung vertreten, dass wir Christen diese Dinge nicht mehr tun sollten. Aber es ist aus meiner Sicht sehr problematisch, diejenigen, die es trotzdem tun, als „ungeistliche oder seelische Christen“ zu bezeichnen. In dem Augenblick, wo man solches tut, verurteilt man seinen Bruder. Dabei sagt Paulus ganz klar:

  • 1Kor 4:5 - So verurteilt nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt,

Bei dieser Verurteilung spielt meistens auch die Verachtung und Geringschätzung des Bruders eine Rolle und wenn das der Fall ist, dann ist man noch tiefer gefallen, als der vermeintlich „seelische Christ“, der immer noch einen Christbaum aufstellt.

Die gegenseitige Annahme, zu der uns der Apostel Paulus ermutigt, darf und soll jeden Tag von neuem praktiziert werden! Gerade auch dann, wenn man im Alltag die Schwächen und Macken des Bruders immer besser kennengelernt hat! In solchen Situationen merken wir plötzlich, dass eine völlige Annahme, eine ganz neue Herausforderung darstellt.
Ich bin der Überzeugung, dass viele „strenggläubige Christen“ von heute, eine längere Mitgliedschaft in einer Gemeinde, in der die Zustände, mit der Korinthergemeinde von damals, identisch sind, kaum aushalten würden. Paulus hat es ausgehalten und diese Gemeinde mit viel Liebe und Wertschätzung ermahnt und ermuntert!
Gerade in solchen Situationen, wo gegensätzliche Lebensweisen zu Spannungen führen, ist es wichtig, immer wieder eine Entscheidung zur Liebe und Treue zu fällen!

Der Apostel Paulus stellt diese Aufforderung, der gegenseitigen Annahme, in einen sehr aufschlussreichen Kontext. Ich möchte dazu einige Textpassagen aus dem vorangehenden Text vorlesen:

  • Röm 15:1-7 - Wir aber, die Starken, sind verpflichtet, die Schwachheiten der Kraftlosen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen. 2 Jeder von uns gefalle dem Nächsten zum Guten, zur Erbauung! 3 Denn auch der Christus hat nicht sich selbst gefallen, sondern wie geschrieben steht: "Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen." 4 Denn alles, was früher geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben. 5 Der Gott des Ausharrens und der Ermunterung aber gebe euch, gleichgesinnt zu sein untereinander, Christus Jesus gemäß, 6 damit ihr einmütig mit einem Munde den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht. 7 Deshalb nehmt einander an, wie auch der Christus euch angenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit!

Die Aufforderung zur gegenseitigen Annahme macht Paulus in Bezug auf Schwache und Starke! Wir haben gesehen, dass der ‚Starke’ oft Mühe hat, den ‚Schwachen’ anzunehmen, weil er nicht verstehen kann, warum sich der Schwache mit dieser oder jener Sache so schwertut.
Für den Starken sind diese Dinge ganz einfach zu bewerkstelligen, währenddem der Schwache große Probleme damit hat. Der Starke realisiert oft nicht, dass er Schwächen hat, die der Schwache nicht hat. Dafür hat der Schwache Stärken, die der Starke nicht hat.
Ein Beispiel: „Die Männer sind in der Regel etwas sachlicher und pragmatischer, wenn wir mal von Angela Merkel absehen!“ Das hat den Vorteil, dass man in gewisse Aussagen nicht schon Dinge hineininterpretiert, die gar nicht gesagt sein wollten.
Wenn ich z. B. sage, „jetzt habe ich einen großen Hunger!“, dann kann man das ganz sachlich, als eine Zustandsbeschreibung meines leeren Magens ansehen und meine Frau könnte mich z. B. fragen, ob sie jetzt etwas Leckeres kochen soll? Sie könnte es aber auch als Vorwurf interpretieren und denken: „Mein Mann ist unzufrieden, weil ich noch nichts gekocht habe!“
Die sachliche und nüchterne Verhaltensweise hat den Vorteil, dass man Aussagen und Verhaltensweisen nicht überinterpretiert, sie hat aber manchmal auch den Nachteil, dass man gewisse Dinge gar nicht bemerkt.
In etlichen Situationen ist es ein Vorteil, wenn man gelernt hat, ‚zwischen den Zeilen zu lesen’! Meine Frau hat manchmal Dinge überinterpretiert, die ich dann relativieren konnte, aber manchmal hat sie auch Dinge bemerkt, die sehr wichtig waren, und die ich glatt übersehen hätte!
Wir Menschen dürfen und sollen lernen, die Schwachen anzunehmen und auch erkennen, dass wir gerade die ‚scheinbar Schwachen’ brauchen, weil sie uns bereichern! Ebenso wichtig ist, dass wir uns bewusstmachen: Der vermeintlich ‚Schwächere’ ist genauso wertvoll, wie der scheinbar ‚Stärkere’!
Paulus hat in diesem Text sehr wohl erkannt, dass die Starken dazu neigen, sich selbst zu gefallen. Die Selbstgefälligkeit kommt nicht aus der Liebe und sie entwertet das Gegenüber. Die Selbstgefälligkeit zerstört langfristig auch gute Beziehungen.
Vor etlichen Jahren sah ich einen Spielfilm über eine Alkoholikerin und ihren Mann. Der Alkoholismus führte naturgemäß zu ganz großen Problemen in der Ehe! Der Ehemann verhielt sich aber sehr ‚vorbildlich’, indem er seine Frau, mit ihrer Schwäche, liebevoll ertrug und ihr immer wieder aufhalf. Verwandte, Freunde und Bekannte staunten immer mehr über die Vorbildlichkeit dieses Mannes!
Mit der Zeit fing er an, sich in dieser Rolle zu gefallen! Er war der Super-Ehemann und sie die abgestürzte Frau. In dieser Selbstgefälligkeit des Mannes fühlte sich die Frau nicht mehr wirklich geliebt.
Anfangs hat sie das kaum bemerkt und lange Zeit konnte sie ihren Eindruck auch nicht in Worte fassen, weil die sichtbaren Handlungen ihres Mannes, für eine große Liebe seinerseits sprachen. Aber irgendwie hatte sie das diffuse Gefühl, dass an seiner Liebe etwas faul ist, aber sie konnte es nicht mit Worten beschreiben.
Erst nach längerer Zeit erkannte sie, dass er sich in seinem Helfersyndrom sehr gefiel! Als sie ihm das dann mitteilte, reagierte er – wie zu erwarten war – wütend und fand es eine Ungeheuerlichkeit, dass sie als Alkoholikerin, ihm einen solchen Vorwurf machte! „Er hat sie nicht verlassen, er hat sich um sie gekümmert, er hat alles gemacht, um ihr zu helfen und jetzt steht er plötzlich auf der Anklagebank! Das ist doch einfach völlig ungerecht!“
Er war tief in seinem Stolz verletzt und plötzlich wurde sichtbar, dass es ihm an der Demut fehlte! Dieser Mangel an Demut offenbarte auch eine mangelnde Liebe, obwohl er von außen betrachtet, der absolut vorbildliche Ehemann war!
Erst als er sein eigenes Versagen in der Ehe erkannte, wurde seine eheliche Beziehung und dann auch seine Frau wieder heil!

Da ich diesen Film vor weit mehr als 10 Jahren angeschaut hatte und jetzt alles aus dem Gedächtnis erzählen musste, können sich in meiner Erzählung auch ein paar Fehler eingeschlichen haben. Aber so ähnliche Geschichten gibt es überall!

Paulus erklärt uns in diesem Text, dass Jesus Christus sich (als Retter) nicht selbst gefallen hat. Jesus Christus war als Gottessohn absolut sündlos und Er war der vollkommenste Mensch, der je über diese Erde ging; aber Er kannte keine Selbstgefälligkeit!
Das ist einer der Gründe, warum Seine Liebe so unvergleichlich schön ist! Trotz seiner Vollkommenheit war er absolut demütig (Mt 11:29)!
Für uns Menschen ist so etwas kaum vorstellbar! Aber wer göttlich und vollkommen liebt, der ist zu 100 Prozent demütig und dadurch gibt er seinem Gegenüber maximalen Wert und somit auch Würde! Der ‚Stärkere’, der göttlich liebt, kann den ‚Schwächeren’ unmöglich geringachten; auch kann er ihn nie und nimmer entwerten und ihm seine Würde rauben!
Selbstgefälligkeit – und das ist eine Sache des Herzens – ist nicht aus der Liebe und entwertet das Gegenüber! Es beraubt ihn in seiner Würde, die er von Gott bekommen hat! Darum sollten wir bei uns selbst jegliche Selbstgefälligkeit verabscheuen. Leider genießen wir die Selbstgefälligkeit, weil sie uns scheinbar einen größeren Wert gibt!
Gerade dann, wenn wir bei unseren Mitmenschen ganz klare Schwächen erkennen, begeben wir uns in die Selbstgefälligkeit und die ist vom Bösen!
Lasst uns von ganzem Herzen lieben und gegenseitige wertschätzen!


Stichworte: §Annahme, §Aufnahme, §Andersartigkeit, §Selbstgefälligkeit


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