Von der Unmündigkeit zur Reife

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Aus der Reihe: Christi unausspürbarer Reichtum:
"Die Gerichte Gottes" (1980)
von Mathias Jaegle (siehe Lebensbild)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften:
Inhaltsverzeichnis


Die Gerichte Gottes

Einleitung:

Von der Unmündigkeit zur Reife

Während seiner ganzen Dienstzeit bemühte sich der Apostel Paulus, aus der elementaren Heilserkenntnis in die tiefere Gotteswahrheit, und damit aus dem Stande der Unmündigkeit in den der Reife zu führen.

Wie sehr ihm dies am Herzen lag, wird aus seinen Gebeten ersichtlich, die er uns in seinen Briefen hinterlassen hat. Darin bringt er dieses Anliegen vor den Herrn. Eph 1:17 bittet er für die Gemeinde um einen Geist der Weisheit und Enthüllung in Seiner Erkenntnis. Weiter erfleht er für die Gläubigen ihre innere Erstarkung, um die alles übersteigende Liebe des Christus zu erfassen (Eph 1:18). Und in seinem Kolossergebet (Kol 1:9-11) finden wir die Bitte: „... dass ihr erfüllt werdet mit der Erkenntnis Seines Willens, in aller Weisheit und geistlichem Verständnis....“

Paulus verlangte danach, dass die Gläubigen nicht mehr Unmündige sein mögen, die hin- und herbranden und von jedem Winde der Lehre umhergetragen werden (Eph 4:14), sondern dass sie vollgewiss seien in allem Willen Gottes. Fragen wir uns nun, wie weit Gott diese Bitten des Apostels erhört habe, so erkennen wir durch einen prüfenden Rückblick, dass dies vor allem in unserer Zeit geschah. In den letzten Jahrzehnten wurde durch von Gott berufene Lehrer so manche Wahrheit wieder neu entdeckt, verkündigt und auf den Leuchter gestellt, und von einer stets zunehmenden Anzahl von Gläubigen dankbar angenommen.

Das Wiedererstehen solcher Erkenntnisse geschah aber nicht ohne Gegnerkampf und Kampf. Die Wegbereiter und Pioniere dieser Wahrheiten konnten sie oft nur angesichts heftigsten Widerspruchs in der Gemeinde verbreiten. Wie hat man sich doch anfangs der Lehre von der endlichen Errettung Israels entgegengestellt! Doch ist es ein Zeichen erfreulichen Fortschritts, dass man heute durchwegs eine solche Ablehnung als rückständig ansieht.

Aber noch ist diese Erkenntnis lange verschüttet gewesener Wahrheiten nicht allgemein vorhanden. Besonders in einer Frage konnte noch keine Einigkeit erreicht werden. Es ist dies die Lehre von den Gerichten Gottes und deren Dauer, in der sich zwei Auffassungen gegenüberstehen. Nach der einen entscheidet das letzte aller Gerichte endgültig über das Geschick der Ungläubigen, und dies führt folgerichtig zu der Lehre von der endlosen Qual. Nach der anderen lehrt die Schrift einen Abschluss dieses Gerichts und damit die Rettung der Gerichteten.

Erforschung der Gerichte Gottes

Aber wie soll angesichts einer solchen Zwiespältigkeit in der Lehre der einfache und der Ursprachen nicht kundige Gläubige eine einfache und klare Stellung zu diesen Fragen einnehmen? Deshalb sind schon Urteile gefallen wie: „Da weiß man ja überhaupt nicht mehr, was man glauben soll!“ Oder: „Die Schrift lehrt also beides, das ewige, endlose Gericht und auch, dass noch alle gerettet werden. Deshalb lässt sich gar nichts Bestimmtes darüber aussagen.

Dies sind gewiss keine schönen Zeugnisse für Gottes Wort als Offenbarung Seines Willens, sowie für des Herrn Verheißung, dass der Geist in alle Wahrheit leiten werde (Joh 16:13). Weil aber die Schrift niemals solche Widersprüche enthält, noch Anlass zu so gegensätzlichen Lehren gibt, ist eine der beiden genannten unschriftgemäß, irrig und falsch.

Wem das Ausreifen der Gemeinde wirklich am Herzen liegt, dem bereitet diese, in der Lehre herrschende Zwiespältigkeit größten Schmerz; ist man doch meist auf die Lehrenden angewiesen und stellt deshalb mit Recht die Frage, ob es ihnen denn nicht möglich sei, aufgrund der Schrift auch in dieser Lehre zur Einheit des Glaubens zu kommen.

Jeder, dem es um die Einheit und um die Wahrheit zu tun ist, muss sich doch sagen, dass dieser Zustand unter den Gläubigen auf die Dauer unhaltbar wird. Die Vertreter beider Lehren sind es daher Ihm und Seiner Gemeinde schuldig, um der Wahrheit und ihrer Klarstellung willen, eine besondere Anstrengung zu machen.

Die dabei zu erfüllende Aufgabe besteht darin, dass beide Gruppen ihre Auffassung über die Gerichte Gottes nochmals gründlich an der Schrift prüfen, die Ergebnisse niederschreiben und der Gemeinde vorlegen. So wird jedem Gläubigen Gelegenheit gegeben, beide Lehren unvoreingenommen zu prüfen und miteinander zu vergleichen. Das ist ein offenes und ehrliches Vorgehen im Kampf um die Wahrheit.

Eine solche Schrift legen wir hiermit als Vertreter der konkordanten Schriftauslegung der Gemeinde vor. Wir zeigen darin ganz offen die Schwierigkeiten, die sich bei der Auslegung der Gerichte Gottes ergeben. Doch führen wir auch aus, wie diese behoben werden können, so dass die Dauer des Endgerichts restlos und mit der ganzen Schrift übereinstimmend gut verständlich beantwortet wird. Drei Skizzen machen das Ganze noch übersichtlicher und zeigen jedes Gericht an dem ihm zugehörigen Platz.

Außer als Beitrag zur Klärung der Lehren von den Gerichten geben wir diese Schrift auch als Entgegnung auf gegen uns erhobene, schwerwiegende Anklagen heraus, da man uns beschuldigte, dass wir in unserer Lehre der Allaussöhnung die Gerichte übergingen, bzw. unterschlügen, und dadurch die in der Gemeinde vielfach herrschende Lauheit verursachten.

Unseren Freunden geben wir mit dieser Abhandlung ein Dokument in die Hand, welches ihnen sowohl in der Verteidigung unserer Lehre als auch bei der Entgegnung auf falsche Anklagen beste Dienste leisten will. Möge es jeder unvoreingenommen studieren und an dem Worte Gottes prüfen, um so die Erhörung der eingangs erwähnten Bitten unseres Apostels Paulus am eigenen Herzen zu erfahren, und auch in diesen Glaubensfragen zur vollen Klarheit zu gelangen.

Gerechtigkeit und Gericht

Die Gerichte Gottes bilden einen unentbehrlichen Teil Seiner Offenbarung. Sie sind bedingt durch Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit angesichts der Sünde in jeder Form. Durch Gerichte macht Gott dem Sünder das Empfinden Seines Herzens über seine Ihn kränkenden Taten kund. So erhält dieser einen drastischen Beweis davon, dass Sünde nicht nur Gottes Zorn erregt, sondern dass Er auch die angedrohten Strafen in ihrer ganzen Strenge anführt.

Sähe Er dem ruchlosen Treiben Seiner Geschöpfe tatenlos zu, so würde in Seiner Offenbarung nicht nur eine große Lücke klaffen, sondern Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit wären überdies in Frage gestellt. Die Folge davon wäre ein solches Übermaß von Gesetzlosigkeit, dass das ganze Universum dem Ruin verfallen müsste. Doch beugt Gott einer solchen Katastrophe durch die Aufrichtung eines Gesetzes des Rechts und der Gerechtigkeit vor, welches Er schützt und aufrecht zu erhalten versteht. Wer es verletzt, zieht sich schwere, göttliche Strafe zu.

Diese Wahrheit spricht der Psalmist aus, wenn er sagt: „Gerechtigkeit und Gericht sind Deines Thrones Grundfeste“ (Ps 89:14; Ps 97:2). Damit erklärt Gott, dass zu Seinem Regieren auch der Gerechtigkeit entsprechende Gerichte gehören, und dies Seinem Thron Festigkeit und Halt verleihen. Diese Gerichtsfunktion hat Er eingeführt, seit die Sünde in die Welt eindrang. Es ist Seine weisheitsvolle Machtentfaltung, durch die Er den Gang des Alls bewirkt; und Seine Gerichte nehmen daran einen wesentlichen Anteil. Weil sie in Gottes Plan eine so große Aufgabe erfüllen, müssen sie in der Wortbetrachtung auch mit entsprechender Aufmerksamkeit behandelt werden.

Dass Gott Sünde richtet und straft, ist eine der gemeinverständlichsten Wahrheiten. Sogar Ungläubige werden davon beeindruckt. Doch kann der Zweck der Gerichte Gottes nicht allein in der Offenbarung Seines Zornes über den Sünder bestehen. Wenn schon das weltliche Gerichtswesen ein so weit verzweigtes Gebiet ist, dass seine Beherrschung ein langes Hochschulstudium erfordert, wieviel gründlichere Forschung braucht es dann, um die göttlichen Gerichte, die doch himmelhoch über den menschlichen stehen, durch und durch zu erkennen!

Natürlich kann man dies nicht mit menschlicher Weisheit erreichen, auch nicht durch Anwendung eigener Maßstäbe und Begriffe. Nur wenn die Erforschung der Gerichte Gottes unter der Leitung und Erleuchtung Seines Geistes geschieht, erhalten wir Klarheit über die Prinzipien, die Er anwendet.

Lies weiter:
1. Die vergangenen Gerichte