Persönliches Zeugnis von Gerhard Groß

Aus Bibelwissen
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Der Same Ephraim, der Nationen Fülle
eine Betrachtung über 1Mo 48:19 (2022)

Einige Tage vor seinem Heimgang am 20. Dez. 2022
erlaubte mir Gerhard Groß, seine Arbeit zu veröffentlichen.

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Inhaltsverzeichnis

Der Same Ephraims, der Nationen Fülle

Vorwort:
Beim wiederholten Durchlesen meiner Schrift dachte ich mir, dass ich als Überschrift eigentlich auch „Fragen/Antworten Band II“ hätte wählen können, denn diese Schrift besteht tatsächlich fast nur aus Fragen und Antworten. Und wenn ich jetzt auch noch auf meine fast 60 Jahre Glaubensleben zurückblicke, muss ich feststellen, dass auch diese zu einem gewissen Teil aus Fragen bestanden, aber nicht aus zweifelnden Fragen, sondern weil ich wissbegierig war, weil ich mehr forschen wollte. Aber dieses Thema habe ich ja in der Mitte dieser Schrift angesprochen, möchte also dem nicht vorgreifen, sondern Sie, meine in Christus geliebten Leser nur auf diese vielen Fragen vorbereiten. Ich möchte nun auch ohne viele weitere Worte zu dem kommen, was mir wichtig geworden ist, und beginne mit: Mein persönliches Zeugnis.

Mein persönliches Zeugnis

Diese neue Schrift soll mit einem persönlichen Zeugnis von mir beginnen, und dies aus folgendem Grund: Die meisten meiner Geschwister haben über Jahrzehnte, genau genommen ab dem Jahr 1987, meine Schriften gelesen und sind mit dem vertraut, was mir von Gott gegeben wurde, zu schreiben. Der Kern meiner Botschaft war und ist nach wie vor das uns von Paulus gegebene Evangelium der Gnade, wie es die konkordante Schriftauslegung vorgibt. Da aber nun die mir gegebenen Gedanken einen Schritt weiter gehen, möchte ich in Kurzform darlegen, wie mein Glaubensweg verlief, um Euch, meine in Christus geliebten Geschwister, etwas mehr von mir aufzuzeigen:

Meine Kindheit und Jugend verlief problematisch, von Zuhause aus hätte ich in die höhere Gesellschaft aufsteigen sollen (ich stamme aus einem Zahnarzthaus), doch Gott wusste dies auf Seine Art zu verhindern, die für mich in vieler Art und Weise schmerzhaft war. Ich war ein verängstigtes Kind ohne jegliches Selbstvertrauen. So blieb mir ein höherer Schulabschluss verwehrt, meine privaten und beruflichen Wege waren eher nach unten, als nach oben gerichtet.

Mit ca. Mitte Zwanzig rief mich Jesus, ähnlich wie Paulus. Ich hielt mich in Stuttgart auf, als ich einen inneren Drang in mir spürte, das Gustav Sieglehaus anzusteuern, dem ich mich zu widersetzen nicht in der Lage sah. Fast wie im Trance betrat ich einen Saal, worin ein Missionar (Samuel Furrer aus Ebnat Kappel /Schweiz) eine Predigt hielt. Und es kam mir sofort so vor, als ob dieser Mann nur zu mir spricht! Nach einer Stunde wusste ich, dass Jesus in mein Leben eingetreten war ... es war der Zeitpunkt meiner Berufung, die ohne mein geringstes Zutun geschah!


Wenn ich heute, im Alter von knapp über 80 Jahren, zurückblicken darf, kann ich ganz klar erkennen, dass mein gesamter Glaubensweg „ohne eigenes Zutun“ von Ihm gesteuert wurde.

Mein Glaubensweg begann in stark charismatischen Kreisen, wo es fast ausschließlich um Zeichen und Wunder ging. Es war für mich faszinierend, mitzuerleben, wie einfache Landwirte, die ich persönlich aus der Schule kannte und die kaum ihren Namen schreiben konnten, sich in fremden Sprachen artikulierten. Da ich von meiner Schulzeit her noch Kenntnis in französischer und englischer Sprache hatte, dazu in meinem Elternhaus viel die italienische Sprache hörte (mein Vater war im Krieg Soldat an der italienischen Grenze), konnte ich einschätzen, dass dieses „Reden in Zungen“ nicht nur „bla bla“ war, sondern vielmehr sich für mich unzweifelhaft nach einer echten mir unbekannten Sprache anhörte. Diese Seite überzeugte mich also; zumindest war es kein Schwindel.

Eine andere Seite waren Heilungen; Krankheiten waren in diesem Kreis ein Mangel an Glauben. Im Lauf der Jahre wurde ich misstrauisch, weil ich hier viel Heuchelei feststellen musste. Es war eben nicht alles so echt, wie es während eines Heilungsgottesdienstes schien. Und dann geschah etwas mit mir: Gott gab mir, der ich bisher verschüchtert und ohne Selbstvertrauen war, die innere Kraft, offen in der Versammlung zu widersprechen. Dabei führte Er mich an Bibelstellen heran, die der etablierten Lehre, „Gott heilt immer“, widersprachen. Ich musste ganz einfach offen bezeugen, dass Gott Krankheiten nicht nur zulässt, sondern auch wirkt, ja dass es sogar Gnade sein kann, zu leiden (was ich aber erst Jahre später in Phil 1:29 auch innerlich erfassen durfte).

Der Hauskreis, der über hundert Mitglieder umfasste und dem etwa 10 Älteste vorstanden, hörten sich meine Einwände nur ganz kurze Zeit an, dann wurde ich ermahnt, ruhig zu sein, man wolle dies nicht (!) von mir hören! Auf meinen Einwand, „es stehe doch so, wie ich es sagte, in der Bibel drin“, wurde mir von einem leitenden Bruder entgegnet: „Wirf deine Bibel fort, du liest zuviel darin – du musst mehr mit Jesus erleben!“

Hier muss ich jetzt kurz anhalten und meine geschätzten Leser bitten, sich einmal meine Situation vorzustellen: Als junger Mann und als „Kindlein im Glauben“ stand ich einer mächtigen Überzahl an zweifellos langjährigen Gläubigen gegenüber!!! Und nun?

Selbst heute noch kann ich nur staunen, was Gott in mir bewirkte: „Er“ gab mir die Kraft und Fähigkeit, trotz aller Ermahnungen weitere Stellen aus der Bibel zu zitieren, die der charismatischen Prägung dieses Hauskreises widersprachen. Darauf gab es eine so genannte Brüderbesprechung, zu der ich einbestellt wurde, wo mir dann unmissverständlich gesagt wurde, stille zu sein, oder den Versammlungen fernzubleiben!

Und wieder erlebte ich hautnah Gottes Wirken in mir: Er gab mir die innere Kraft wie folgt zu antworten: „Wenn ich nicht mehr die Bibel lesen und daraus zitieren darf, bleibe ich der Versammlung fern!“ Ich musste dabei bitterlich weinen, denn diese Versammlung war über Jahre hinweg meine geistliche Heimat. Innerlich bedrückt fühlte ich mich leer und verlassen – und es stand für mich erneut die Frage im Raum: Was nun? Habe ich mich verrannt?

Aber Gott führte mich weiter! Nach ganz kurzer Zeit konfrontierte Er mich mit einem „Bruder Köpf“, der mir ein Heft mit dem Titel vorlegte, „Satan als Engel des Lichts“ von einem „Matthias Jaegle“ – das solle ich unbedingt lesen! Ich kann mich heute noch gut daran erinnern, wie es mir beim Lesen dieser Schrift wie Schuppen von den Augen fiel und ich in fast schon unheimlicher Schnelligkeit den Hauptinhalt des paulinischen Evangeliums erfassen konnte! Deutlich erkannte ich, warum mich Gott aus der charismatischen Versammlung buchstäblich herausgerissen hat und mir einen ganz neuen Weg aufzeigte, den ich fortan zu gehen hatte.

Es stellte sich dann heraus, dass dieser „Bruder Köpf“ als Versandleiter im Werklein von Br. Jaegle tätig war. Dieser Bruder nahm mich dann zum ersten Mal eine Woche lang auf die Konkordante Konferenz auf die LaHö mit, wo ich zugegebenermaßen fast nichts verstand, aber trotzdem fühlte: Hier bin ich richtig! Gott bewirkte es weiter, dass ich Kontakt zu Brüdern bekam, die auch andere Konferenzen der LaHö besuchten, und so kam es, dass ich erst einmal über mehrere Jahre hinweg die damals üblichen Brüderkonferenzen auf der LaHö im Herbst besuchte, wo Brüder wie Robert Schadt, Arthur Muhl, Jugel, Schumacher und mehr, aber auch Brüder wie Pasedag und F.H. Baader sprachen. Es waren äußerst segensreiche Wochen für mich (...).

Gott wusste, dass ich auf dem weiteren Weg, auf den Er mich weiter führen wollte, jemand zur Seite haben musste, der mir beistand. Und so wie Gott einst bei Adam befand, dass es nicht gut für den Menschen ist, allein zu sein, fügte Er es, dass ich meine zukünftige Frau Cläre kennen lernen durfte, und wir uns in Liebe zugetan wussten – eine Liebe, die von oben geschenkt wurde, ständig wuchs und bis heute in wunderbarer Weise anhält. Und wenn wir heute glücklich auf viele Jahrzehnte Ehe zurückblicken dürfen, dann tue ich (bzw. wir) dies in größter Dankbarkeit, denn in Liebe und Treue stand sie mir ja auch in meinem Dienst hilfreich und wertvoll zur Seite.

Als die Zeit kam, wo es Gott für richtig befand, mich weiter zu führen, trat eine gläubige Schwester an mich heran (sie war Mitarbeiterin im Versand der Schriften von Bruder M. Jaegle), sie habe ständig den inneren Drang, mich aufzusuchen und mich zu fragen, ob ich bereit wäre, den bisherigen Versandleiter, Ernst Köpf, abzulösen, weil dieser mit weit über 80 Jahren dem Amt nicht mehr gewachsen sei! Und schon wieder die Frage, was nun?

Ich musste nicht lange überlegen, denn ich verspürte eine große Freude in mir, diese Arbeit zu übernehmen, und diese Freude gab mir die Gewissheit, dass Gott mich hier für etwas gebrauchen wollte. So kam es dann auch, dass ich im Jahr 1983 als neuer Versandleiter Bruder Jaegle persönlich kennen lernen durfte, ein bewegender Augenblick in meinem Leben.

Vier Jahre lang verrichtete ich mit großer Freude meinen Dienst in diesem Werklein, wobei ich durch die Schriften von Bruder Jaegle einen kolossalen inneren Gewinn hatte und im Glauben wachsen durfte. Dazu muss ich hier einfügen, dass ich zu dieser Zeit zwei Hauskreise leitete, die beide auf den Wunsch von Geschwistern zustande kamen. In beiden Hauskreisen war mir ganz wichtig, Gottes Wort im Zusammenhang zu lesen, also nicht nur einzelne Verse herauszupicken. Diese Arbeit verlangte von mir natürlich Vorbereitung, was eine segensreiche Zeit für mich war, gerade auch im Blick auf meinen zukünftigen Dienst.

Und dann kam der nächste einschneidende Schritt in meinem Leben: Bei einer Mitarbeiterbesprechung von Bruder Jaegle in Colmar gab der weit über 90-jährige Bruder Jaegle bekannt, dass er mit Schreiben aufhören wolle und seinen langjährigen und bewährten Mitarbeiter „Hans Gut“ als Nachfolger sehen möchte. Bruder Gut war wohl genauso wie wir alle über das Rücktrittsgesuch überrascht, lehnte aber interessanterweise die Nachfolge von Bruder Jaegle sofort ab, und dies definitiv mit den Worten: „Wenn du, Matthias, nicht mehr kannst, ist das Werklein beendet“ (dabei wäre dieser Bruder Hans Gut in jeder Beziehung der ideale Nachfolger gewesen). Ich spürte, wie diese Worte den alten Bruder Jaegle schwer trafen – er sackte sichtbar in sich zusammen!

Nach etlicher Zeit kam ein Brief von Bruder Jaegle, worin er mir schrieb: „Meine inneren Augen gehen auf dich, Bruder Gerhard – du wirst mein Nachfolger!“ Diese Worte hätten mich normalerweise zutiefst erschrecken müssen, fühlte ich mich doch in keinster Weise für solch einen Dienst fähig! Doch seltsam - das Gegenteil war der Fall. Wie schon Jahre zuvor bei der Versandübernahme kam eine tiefe Freude in mir auf, die ich kaum beschreiben kann. Ich spürte innerlich, dass ich von Gott getragen wurde, dass Er es ist, der über meinem Leben bestimmt und mich gezielt dorthin führt, wo Er mich haben wollte! Und so kam es, dass ich ab dem Jahr 1987 den Dienst von Bruder Jaegle übernehmen durfte, und ich betone auch hier: Ohne mein geringstes Zutun!

Wenn ich hier so großen Wert darauf lege, dass mein gesamter Glaubensweg von Gott ohne mein Zutun gelenkt wurde, dann deshalb, weil ich auch die neuen Gedanken, die ich hier darlegen darf, nicht aus mir heraus erarbeitet oder durch irgendwelche menschliche Lehre erhalten habe, sie wurden mir einfach von oben eingegeben, so wie meine gesamte Schriftenreihe unter Seiner Führung stand.

Und noch etwas ist mir hier wichtig: Ich stand vor meinem Dienst bei Bruder Jaegle in einem engen Kontakt mit Rudolf Prolingheuer, dem damaligen Versandleiter des Konkordanten Werkes; wir telefonierten fast täglich miteinander, wobei es ausschließlich um geistliche Dinge ging. Wir hatten aber auch mancherlei persönlichen Kontakt, er diente sogar bei mir daheim in meinem Hauskreis. Als ich ihm zur gegebenen Zeit erzählte, dass ich Mitarbeiter bei Bruder Jaegle geworden sei, spürte ich buchstäblich seine große Enttäuschung – er hatte (was ich damals noch nicht wusste) gehofft, mich als Mitarbeiter im Konkordanten Verlag zu gewinnen. Heute, nach Jahrzehnte langem Abstand, erkenne ich auch hier die Führung Gottes – Er hielt mich frei von menschlichen Organisationen, die ja alle ihre menschlichen Schranken haben und die Freiheit, die wir gemäß 2Kor 3:17 in Christus haben sollen (dürfen), mehr oder weniger einschränken, ja behindern. Ein lebendiges Beispiel war ja mein Bruder Matthias Jaegle selbst, den Gott erst aus den menschlichen Bindungen des Konkordanten Werkes herausführte, bevor Er ihm dann das bekannte eigene Werklein gab!

Und nun muss ich meinem ja längst zur Ruhe gegangenen Bruder Rudolf ein feines Zeugnis ausstellen: Obwohl sein Plan, mich für sein konkordantes Werk zu gewinnen, fehl schlug, ja ich gewissermaßen zur Konkurrenz überging, blieb unser Kontakt unverändert eng. Er ging sogar soweit, dass ich bis zu seinem Tod meine Gedanken zu meiner jeweiligen Schrift mit ihm austauschen konnte - voller Dankbarkeit erinnere ich mich an diesen kostbaren Bruder und freue mich, ihn recht bald in der Herrlichkeit wieder in die Arme schließen zu können.

Über Jahrzehnte hinweg durfte ich nun die Nachfolge von meinem Bruder Matthias Jaegle fortsetzen, es entstanden nach und nach 55 Schriften, die, wie mir von lieben Geschwistern immer wieder bestätigt wurde, viel Segen bewirken durften. Ich möchte hier auch bezeugen, dass ich das Werklein nie als meines, sondern als das meines himmlischen Vaters gesehen habe.

Ihr, meine lieben Geschwister, versteht jetzt vielleicht auch, warum ich meinen Dienst in der alten Form aufgegeben habe. Ich sah es nie als meine Aufgabe an, um Spenden zu bitten (die ich von lieben Geschwistern mit Sicherheit im Übermaß überreicht bekommen hätte und auch bekommen habe), vielmehr war es für mich Sache des Herrn, Herzen zur Hilfe zu öffnen; und als der Zeitpunkt kam, wo die Mithilfe aus bekannten Gründen nicht mehr ausreichte, weil auch die Druckerkosten ins Unermessliche stiegen, wusste ich, jetzt spricht wiederum Gott zu mir! Und Er sprach derart zu mir, dass zum einen der Druck von mir genommen wurde, täglich ein bestimmtes Pensum an Schreiben zu bewältigen, welches die Andachtbüchlein ja eingefordert haben, zum anderen: Mir blieb mehr Zeit, meiner stark behinderten Gattin zur Hand zu gehen. Und noch etwas wurde oder wird mir klar: „Er“ gab mir damit die Zeit der inneren Ruhe, um mich dahin zu führen, wo ich Neues bzw. noch weitgehend Unbekanntes, oder doch nicht so Neues, sondern nur im Lauf der Zeit Verschüttetes wieder ans Licht bringen soll.

Hier möchte ich mein Zeugnis beenden und zum nächsten Punkt übergehen:

Wie kam es zu dieser Schrift?

Mein Dienst für Ihn ist für mich trotz meiner nunmehr 80 Jahre offensichtlich noch nicht ganz am Ende: In kleinerem Kreis und ohne äußerlichen Druck ging meine Arbeit am 1. Buch Mose weiter, hatte ich doch unverändert die innere Freude, mit Jakob und Joseph – die mir sehr ans Herz gewachsen waren und mit denen ich im Geist mitlebte – auf ihrem Weg bis ans Ende des ersten Buches Mose fortzufahren, was ich auch tat und dankbar abschließen konnte.

Das Interessante, ja direkt schon Spannende war, dass Gott mich, kaum war der Zeitdruck von mir genommen, an einem Vers festhielt, ja Er fesselte meine Gedanken förmlich daran: 1Mo 48:19:

„Und sein (Ephraims) Same werde der Nationen Fülle.“

Es fällt mir schwer, zu beschreiben, wie mich diese Aussage innerlich berührte. Dabei fiel mir als Erstes ins Auge, dass Ephraim der Nationen (Mehrzahl) Fülle werde ... wie habe ich das zu verstehen? Und vor allem von welchen Nationen die Fülle? Beim Nachdenken kam mir plötzlich Röm 11:25 in den Sinn, wo ja von „der Vervollständigung der Nationen“ die Rede ist, was Luther mit „Fülle der Heiden“ übersetzt. Vom Sinn her in gleicher Richtung übersetzt die DaBhaR-Übersetzung und die Elberfelder, nämlich Ephraims Same wird eine Füllung der (von) Nationen. Diese Verbindung zwischen 1. Mose und Römerbrief können wir alle einmal intensiv in uns bewegen, denn sie hat ja in unserem Fall eine weit reichende Bedeutung:

Wie soll Ephraims Same zur Fülle der Nationen (in Mehrzahl) werden? Was bedeutet diese Fülle überhaupt? Und wer sind diese Nationen? Und warum gerade „Ephraims Same“? Wir stehen hier, liebe Leser, ohne Zweifel vor einer Fülle von mehr als spannenden Fragen! Wollen wir die alle links liegen lassen?

Mit diesen Fragen, die mich nicht mehr los ließen, beginnt praktisch meine Schrift, und ich baue sie so auf, wie mich Gottes Geist Schritt für Schritt gelenkt hat. Bevor ich nun ganz praktisch in mein Thema einsteige, sei mir noch eine Frage erlaubt:

Ist unsere Erkenntnis perfekt?

Ich möchte diese Frage hier aufwerfen, habe ich sie doch schon einmal vor Jahrzehnten meinem Bruder Rudolf Prolingheuer gestellt, worauf dieser mir antwortete: Ja, unsere Erkenntnis ist heute vollkommen! Als ich ihm daraufhin leise vorhielt, dass die vom Konkordanten Verlag publizierten Schriften doch die Überschrift „Unausspürbarer Reichtum“ gemäß Eph 3:8-9 und 2Kor 3:18 tragen, stutzte er kurz, meinte dann wörtlich: „Na ja, vielleicht nicht ganz vollkommen, Nuancen können noch fehlen“, womit er meinte, dass es wohl doch noch Stoff gibt, der aufgespürt werden kann!

Ich meine hierzu: Genau so wie mein Vorgänger Matthias Jaegle seinerzeit Dinge aufspürte, die bis dahin noch nicht bekannt waren (oder untergingen) – ich könnte hier als Beispiel die Schriften „Guttäter / Übeltäter“ oder „Christi Schrei am Kreuz“ anführen – und er dafür ausgeschlossen wurde, so wurde es jetzt auch mir gegeben Neues zu erkennen, auch wenn dieses nur „Nuancen“ und dazu auch nicht einmal so neu sein könnten.

Hier wäre die generelle Frage zu stellen: Sind wir überhaupt noch offen, aufkommenden Fragen nachzugehen oder gar „Neues“ aufzuspüren und aufzunehmen? Ist unser Herz weit genug dafür? Aber vor allem: Stehen wir in der Freiheit, wo der Geist des Herrn gemäß 2Kor 3:17 ist? Kann dieser Geist in uns auch wirklich ungehindert wirken?

„Hindernisse“ sind ja interessanterweise vielfach Bindungen an Menschen oder Organisationen, die uns ihre eigenen Schranken vorsetzen. Und wie notwendig es ist, manchmal solche Schranken zu durchbrechen, hat mir Gott ja schon früh aufgezeigt, als ich mich in den pfingstlichen Kreisen behaupten musste. Dass es notwendig ist, sich von Fall zu Fall auch von einer Gemeinde zu trennen, zeigt uns die Aussage Pauli in 1Kor 11:19, wo sich die Bewährten von der Tradition abspalten müssen, oder dass Gott uns Selbst aus einer solch menschlichen Bindung heraus nimmt, wie es mein Zeugnis am Anfang dieser Schrift aufzeigt.

Wir sollten zwar treu in dem bleiben, was Paulus uns gelehrt hat, und wie er es in 2Tim 3:14 auch seinem geistigen Kind Timotheus anbefiehlt, ohne uns aber von den von Menschen aufgestellten Zäunen aufhalten bzw. in der Freiheit des Geistes, die Christus uns gab, behindern zu lassen. Und da Paulus ja selber in Eph 3:8 bezeugt, dass der ihm gegebene Reichtum des Christus „unausforschlich“ ist, sollten wir uns davor hüten, unsere Erkenntnis als „perfekt“ anzusehen - im Gegensatz zu dem von Paulus enthüllten und niedergeschriebenen Evangelium der Gnade in seinen Briefen, das in der Tat in Gottes Wort vollständig enthüllt bzw. auf sein Vollmaß gebracht ist!

Wenn wir also erkennen dürfen, dass wir mit unserem Wissen eben doch noch nicht alles auf- und ausgespürt haben, was Gott uns wissen lassen möchte, sollten wir nicht behäbig auf dem stehen bleiben, was wir bisher erhalten haben und erkennen durften – wir sollen vielmehr immer bereit sein, auch Neues aufzuspüren, und dies mit der Aussage Pauli in 2Kor 3:18: „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“

Um jedoch noch uns Unerkanntes aufzuspüren, müssen wir „fragen“ bzw. „nachfragen oder „hinterfragen“! Die Art dieser Fragen darf aber nicht einem Zweifel an Gott bzw. Seinem Handeln entspringen, sondern dem uns von Gott gegebenen Forschergeist, Neues zu erforschen, mehr von Ihm zu erfahren, ja Ihn mehr und mehr zu erkennen, wofür Paulus in Eph 1:15ff. in seinem Gebet eingetreten ist.

Liebe Geschwister: Wo nicht mehr (!) gefragt wird, wo Fragen unterdrückt oder gar verboten werden, da müssen wir sehr hellhörig werden!!! Denn man verbietet oder unterdrückt die Freiheit des Geistes des Herrn, der uns in Seiner Liebe doch unaufhörlich tiefer in den unausspürbaren Reichtum des Christus, in das uns gegebene Evangelium der Gnade hineinführen will! Hierzu noch eine Frage:

Wo ständen wir denn heute erkenntnismäßig, wenn uns bekannte Brüder wie zum Beispiel. A.E. Knoch oder Ströter (um nur einmal zwei Namen zu nennen), nicht in dem bis dorthin bekannten Glaubensgut geforscht und hinterfragt hätten? Hätten diese gesegneten Brüder gewollt, dass wir uns heute auf dem, was sie erkennen und weitergeben durften, behäbig ausruhen?

Bevor ich jetzt beginne, möchte ich noch einmal ein Zeugnis bzw. ein Bekenntnis abgeben:

Das paulinische Evangelium

Ich möchte hier als Erstes klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass mit meinen weiter führenden Erkenntnissen das paulinische Evangelium, wie ich es ja auch in all meinen Schriften erklärt und dargelegt habe, von seinem Inhalt her nicht verändert wird!!! Wäre es so, dass wir dieses herrliche Evangelium der Gnade über Bord werfen oder auch nur schmälern müssten, wären all meine jahrelangen Schriften falsch geschrieben, was für mich bedeuten würde: Gott hätte mich falsch geführt! Also unmöglich! Was aber in der Tat neu sein wird, ist unser Verständnis und Verhältnis zu dem Volk Israel, und dieses fängt bei Ephraim an.

Zuvor aber noch einmal mein Bekenntnis und Zeugnis: Ich stehe nach wie vor klar zu dem von Paulus bezeugten Evangelium der Gnade, wie es uns in all seinen Briefen aufgezeigt ist und in diesen Briefen auch vollkommen enthüllt ist. Nicht vollkommen ist aber unsere Erkenntnis – es gibt noch manches für uns aufzuspüren.

Beginnen wir also diese Schrift und lassen uns von dem Geist des Herrn in Sein Wort der Wahrheit führen, und wir beginnen, indem wir erst einmal die großen Züge in Gottes Heilsplan aufzeigen, die uns den Grund bzw. das Fundament geben, um das Folgende zu verstehen.

Lies weiter:
2. Das Geheimnis Seines Willens