Die falschen Propheten

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Abschrift der Sammlung: Prophetische Traktate - Band 2
von Friedrich Malessa 1895-1981

Mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann
Als Abschrift dort noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften

Inhaltsverzeichnis Band 1
Inhaltsverzeichnis Band 2

102. Die falschen Propheten

Die falschen Propheten werden schwer gebrandmarkt. Das mit Recht. Denn ganz umfangreich ist in der heutigen Zeit das falsche Prophetentum. - Solches ist für das wahre Christentum mit seinem Wortzeugnis sehr schädlich.

Aber es muss bei der Frage nach dem falschen Prophetentum auch festgestellt werden, in welchem Lehrgebiet und in welcher Zeugenfront sich solches zeigt. Es kann nämlich sehr leicht eine harmlose Sondererkenntnis als falsche Prophetie angesehen werden, die es in Wirklichkeit nicht ist. Dann werden Menschen zu falschen Propheten gestempelt und in unwahrer Weise schwer verleugnet. - Falsche Prophetie ist von A bis Z ganz falsch. Ihre gesamte Schau ist irreführend. Kleine Schaustörungen führen weniger in die totale Verirrung. Aber eine grundsätzlich falsche Schau führt zweifellos ins Verderben.

Sehr wichtig ist es auch, den Begriff Prophetie richtig zu verstehen. Vielfach (oder sogar meistens) versteht man unter Prophetie die Zukunftsschau, d. h. die Schau in unsere Zukunft. Das ist richtig und doch nicht richtig. Denn hierbei wird die Tatsache verkannt, dass die biblische Prophetie fast zweitausend Jahre, zum Teil auch viel älter ist. Diese hinter uns liegende lange Zeit war damals im Blickfeld der Zukunft. Heute ist sie Geschichte. Die biblische Prophetie ist also für uns in der Vergangenheit, in der Gegenwart, und auch in der Zukunft begründet. Höre: Erfüllte Prophetie, in Erfüllung stehende Prophetie, und die noch zu erfüllende Prophetie ist Prophetie! Sie darf keineswegs zerstückelt werden. - Genau wie bei einem Bau. Der Auf-Bau kann nur dann erkenntlich und verständlich werden, wenn er mit dem Unter-Bau (= Grundlage) in Beziehung gebracht wird. Eins betrifft das andere. Andernfalls gibt’s Fehlkonstruktionen. So ist es bei der Gesamtprophetie. Die kommenden Geschehnisse können niemals von den zurückliegenden Geschehnissen getrennt werden. Erst bei der Gesamtschau ersteht eine klare und volle Erkenntnis.

Prophetie in der Gesamtschau

Darum auch bezeichnet man heute sonderlich die Menschen als falsche Propheten, die die kommenden Heils- und Unheilsgeschehnisse etwas verschieden sehen. Gewiss kann solche fehlerhafte Eigenschau nachteilig sein. Aber ausschlaggebend ist sie nicht. Wer nämlich echt zu Christus steht, und ganz wahr in Christus bleibt, der ist nicht auf dem Irrweg, auch wenn er z. B. die Wiederkunft Christi zeitmäßig unrichtig sieht oder sogar eigenmächtige Jahresrechnungen aufstellt. Das Vollendungsheil des wiederkommenden Christus hängt nämlich von keiner Berechnung ab, sondern von seiner gottgewollten Wiederkunft. Wenn er kommen wird, dann wird er alle an ihn glaubenden Menschen zu sich ziehen, auch wenn sie sein Kommen schon früher erwartet, oder unrichtig auskalkuliert haben. Die „Rechenfehler“ mögen Fehler sein, sie werden aber die Hinführung der wahren Glieder am Leibe Jesu Christi zu ihrem Haupt nicht behindern. - Es gibt viele Dinge der Zukunft, die verschieden gesehen, und verschieden gedeutet werden. Sonderlich hier gilt das paulinische Wort: „Unser Wissen ist Stückwerk“. Vollendungsgemäß gesehen ist das nicht ausschlaggebend. Die Hauptsache ist, das Jesus Christus, der vor Grundlegung der Welt als der Heiland bestimmt wurde, die Grundlage des Heiles bleibt. „Es ist in keinem anderen Heil, ist auch ...“ (Apg 4:12). Wahrhaftig Er wird die Seinen zu sich ziehen, auch wenn sie in manchen Erkenntnisstücken noch unvollkommen sind.

Falsche Haltung zu Christus

Damit haben wir bereits den wunden Punkt des falschen Prophetismus angedeutet. Dieser wunde Punkt heißt: Falsche Haltung zu Christus! Lassen wir uns vom Worte Gottes die diesbezügliche Aufklärung geben:

„Ihr Lieben, glaubet nicht einem jeglichen Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt. Darum sollt ihr den Geist Gottes erkennen: Ein jeglicher Geist der da bekennt, dass Jesus Christus ist in das Fleisch gekommen, der ist von Gott; und ein jeglicher Geist, der nicht bekennt, dass Jesus Christus ist ins Fleisch gekommen, der ist nicht von Gott. Und das ist der Geist des Widerchrists, von welchem ihr gehört habt, dass er kommen werde, und ist jetzt schon in der Welt“ (1Jo 4:1-3).- Lies bitte aufmerksam auch 1Jo 2:18-24.

Wer ist nach der klaren Anzeige des Johannes ein falscher Prophet? Nur der, der da leugnet und ablehnt, den Jesus Christus, der als der wahre Sohn Gottes ins Fleisch gekommen ist zur absoluten Vollführung des Heiles. - Verstehen wir recht: Die falsche Prophetie zeigt sich in der falschen Haltung zu Christus. Wer diesen Christus leugnet, wer das Heil des Christus ablehnt (auch unbewusst), der ist ein falscher Prophet! Der sieht den ganzen Heilsvorgang durch Christus, sei es in der Vorsehung, sei es in der Ausführung, sei es in der Vollendung, falsch. Dem ist die ganze biblische Heilsforderung und das ganze biblische Heilszeugnis (das zeitenumfassend ist) ein Märchen. Der liest diesbezüglich die Bibel mit Unglauben, sogar mit Lächeln und ist immer bemüht, die Bibel zu entmythologisieren. - Höre und verstehe: Hier sind die falschen Propheten. So erschreckend diese Anzeige auch sein mag, sie ist und bleibt wahr. Das falsche Prophetentum ist nicht begründet in dem ehrlichen Bekenntnis: „Unser Wissen ist Stückwerk“, sondern in dem bewussten oder unbewussten Unglauben an Christus! Wer das Heil Gottes in Christus nicht erlebensmäßig (= wiedergeburtsmäßig) hat, es lebensmäßig leugnet, oder sogar ablehnt, der ist ein falscher Prophet.

Echte oder falsche Propheten

Nachdem wir uns durch den Seher Johannes die klare Front der falschen Propheten aufzeigen ließen, wollen wir sie jetzt etwas näher ins Auge fassen. Das ist sehr wichtig, weil wir dann erst die echten und die falschen Propheten zu unterscheiden wissen.

Schon in der Urgemeinde, d. h. am Anfang des Christentums traten die falschen Propheten auf. Und das in einer beängstigenden Anzahl, weil Johannes von „vielen“ zu sagen hatte. Nicht nur Johannes musste auf die verhängnisvolle Existenz der falschen Propheten aufmerksam machen, sondern auch die anderen Apostel. Alle mahnen sehr dringend, wachsam zu bleiben, und sich bewahren zu lassen von den Abfallserscheinungen und Verführungen. Immer wieder hört man die Mahnung: „Kämpfet den guten Kampf des Glaubens.“ Um den wahren Glauben ging es schon in der Urgemeinde. Das war nur der Glaube an Jesus Christus, den Heiland und Erlöser der Welt. - Ist das nicht eigenartig, dass schon in der Urgemeinde, hinsichtlich dieses wahren Glaubens, das falsche Prophetentum so groß war? Ist es nicht noch seltsamer, dass gerade vom Volke Israel diese Not immer wieder heraufbeschworen wurde? Dieses „Glaubens-Volk“ stand im falschen Prophetentum an der Spitze!

Gründe für die Ablehnung Jesu

Hier sehen wir den wunden Punkt. Israel hat noch den Messias erwartet. Israel war sein Volk. „Er kam in sein Eigentum, und ....“! Warum hat dieses Israel, das so fromm, theologisch so hochstehend war, den Jesus von Nazareth abgelehnt? Weil der „Juden-König“ nicht den Königsweg, sondern den Kreuzesweg ging. Israel hat die gesamte „Erlösung“ durch eine absolute Machtfunktion erwartet. Darum hat es den Opfergang des Messias abgelehnt. Jede Mahnung, diesem Jesus zu folgen, wurde abgewiesen mit der handgreiflichen Begründung: „Haben wir nicht“! Jawohl, die Juden hatten das Gesetz Gottes, sie hatten des Gesetzes Verheißung, sie hatten sogar des Gesetzes Erfüllung, nur hatten sie die klare und wahre Einsicht und Erkenntnis nicht: „Das Gesetz ist ein Zuchtmeister auf Christus“! Dieser entscheidende Blick fehlte ihnen. Darum waren sie auf ihr „Haben“ so stolz und lehnten die Mahnung Jesu: „Folget mir nach!“ entschieden ab. Jesus war für sie nicht nur der „Stein des Anstoßes“, sondern sogar der falsche Prophet! Das haben sie nicht nur einmal zum Ausdruck gebracht.

Nochmals gesagt: Jesus hat das religiöse „Haben“, das in seinem Volk gewiss nicht klein war, nicht anerkannt. Die weltbestimmende Theologie, die Israel zweifellos hatte, hat er nicht gewürdigt, sondern hat gerade den „führenden Theologen“ ganz deutlich die Aufforderung gegeben: „Tut Buße!“ Damit hat er tatsächlich ihr „Haben“ restlos verneint und sie als nacktes Sünder gestempelt. Auch ihnen galt Jesu Wort: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ Mit anderen Worten: Ihr seid Nichtse und könnt vor Gott nur dann als Menschen des Heils anerkannt werden, wenn ihr mir restlos nachfolgt. - Hier sind die Gründe für die Jesusablehnung des religiös so hochstehenden Volkes Israel zu suchen.

Selbst-Erlösung

Diese erhabene Selbstfrömmigkeit des Volkes Israel, dieser wunderbare „Gesetzesreichtum“ usw. , das waren die Gründe, die nicht nur das Volk Israel zu einem grenzenlosen Übelstand führten, sondern auch die Schein-Christen in der Urgemeinde. Wie heißt dieser Übelstand? Selbst-Erlösung! Zufolge der Selbsterlösung, die dem natürlichen Menschen nur zu nahe liegt, wurde die nackte Erlösung, die nur in dem geopferten Jesus Christus erstehen kann (= Er-Lösung), abgelehnt. Das Erlösungsanliegen in Jesus Christus war also schon in der Urgemeinde der Beweggrund, der die Entscheidung forderte entweder zur wahren oder zur falschen Prophetie.

Mit dem erlösungsmäßigen Fortgang der Gemeinde Jesu Christi entwickelte sich auch das dementsprechende falsche Prophetentum. Die ganze Kirchengeschichte ist hierfür der beste Beweis. Denn es erstand ein weltumfassendes Christentum. Wie ist es aber da mit den „Vielen“ (von denen Johannes spricht) bestellt? Sie können sich auf ein ganz beruhigendes „Haben“ berufen. Das „Haben“ ist ihnen auf eine ganz fromme Weise beigebracht worden. Das ist ein christianisiertes Gesetz. Wie heißt dieses Haben? Heil durch Sakramente! Wer im Besitz der Sakramente ist, der ist im Heil gesichert. Für den kommt auch 2Tim 3:5 nicht in Frage. - Wer aber dieses eben genannte Heil und die Heilsmotive anzweifelt, der ist ein falscher Prophet!

So verlief die Entwicklung bis in die heutige Zeit. Die falschen Propheten werden meistens im Bezirk der lebendigen Christuszeugen gesehen. Und wenn diese Zeugen hie und da die Heilsvollendungsgeschehnisse etwas stark betonen, dann sind sie die falschen Propheten im verstärkten Maße. Dass aber die falschen Propheten im Raume der „Entmythologisierung der Bibel“ zu suchen sind, wie es uns die Bibel genauestens anzeigt, das erkennen die wenigsten. - Auf diesen Zustand muss man ganz offen hingewiesen werden. Denn dieser Übelstand wird im Allgemeinen verkannt, sogar unter den Gläubigen. Höre: Die falschen Propheten sind nur im Bezirk der Selbsterlösung. Und wenn die Selbsterlösung in der frömmsten Weise betrieben wird, dann ist die Falschheit umso größer!

Weltreligions-Vereinigung

Diese Entwicklung erhält im Endgeschehen einen besonderen Zug. Jesus Christus, der ins Fleisch gekommene Sohn Gottes, wird mehr und mehr abgelehnt, nicht nur zufolge des wachsenden Liberalismus, sondern auch wegen eines Weltvorganges, der gipfelmäßig erwartet wird. Dieser Vorgang heißt Weltreligionsvereinigung! - An sich ist dieses Geschehen sehr begrüßenswert. Was ist wichtiger als eine restlose Einheit in der Gottverehrung! Aber hier wächst ein Ereignis heraus von frappaner Bedeutung, sonderlich im Raume des Christentums.

Man beachte folgendes Geschehen. Wenn die sechs führenden Religionen (Christentum, Judentum, Konfuzianismus, Hinduismus, Buddhismus, Islam) zu einer Einheit kommen, dann nur unter dem allgemein gültigen Begriff: „Wir glauben alle an einen Gott.“ Alles andere, was den Zugang zu dem einen Gott stören könnte muss beseitigt, mindestens aber zurückgestellt werden. Zu den Störsubjekten gehören die Propheten, sonderlich der viel genannte und weltbekannte Jesus Christus.

Wie weit sind wir heute in diesen Einheitsbemühungen? Wir können bereits sagen, dass es von den Erwartungen und Erwartungsbemühungen langsam übergeht zu offensichtlichen Geschehnissen. Man geht gegenwärtig zur Tat über.

Die Vatikanstadt hat am 8. April 1965 Folgendes veröffentlicht: „Papst Paul VI. hat laut offizieller vatikanischer Verlautbarung vom Donnerstag ein „Sekretariat für die Nichtgläubigen“ eingerichtet. Sein Präsident ist der Bischof von Wien, Kardinal Koenig. Sekretär des neuen Sekretariats, ein Gegenstück zu dem Sekretariat für die Einheit der Christen, und zu dem für die nichtchristlichen Religionen, wurde der Selisianerpater Vincenzo Miano, Dekan der philosophischen Fakultät der päpstlichen Selesianer-Hochschule in Rom. Das neu geschaffene Sekretariat soll für alle Menschen ohne Glauben und Religion zuständig sein, sich jedoch, wie in Rom angenommen wird, vornehmlich mit dem theoretischen und praktischen Atheismus kommunistischer, ebenso wie westlicher Prägung befassen."

Wir wollen diese päpstliche Mühe, die nunmehr reale Formen angenommen hat, durchaus würdigen. Denn darin besteht die kostbare Absicht, die zerrissene Welt zur beglückenden Einheit zu führen. Welche „Rand-Forderungen“ (= Grundforderungen) diese erstrebte Welteinheit stellen wird, haben wir bereits angedeutet: Schweigen über die vielfältigen Propheten, die die totale Einheit stören.

Dieses angestrebte Ziel wird auch im Raume des Christentums große Zustimmung finden. In erster Linie bei denen, die die „Bluttheologie“ für überflüssig, oder sogar für märchenhaft halten. Hinzu kommen noch viele, die vom Christsein fleißig reden, aber mit Rücksicht auf das einmalige Welteinheitsstreben, ihren eventuell störenden Christus um etwas zurückstellen. - Das Werk des Christus ist ja nur eine „innere Angelegenheit“. Darum kann sein Zeugnis nur für den „inneren Bereich“ vorbehalten bleiben.

Nach klarer Aussage des prophetischen Wortes wird im Endgeschehen im Bewusstsein aller Weltmenschen nur „der eine Gott“ bestehen. Darum wird man dann ganz entschieden gegen den auftreten, der da wiederkommt mit der alten Behauptung: „Niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Hinweg mit ihm! .- Hier erlangt das falsche Prophetentum, das sich in der ganzen Kirchengeschichte stark entwickelt hat, den Höhepunkt. Die falschen Propheten, (Christusleugner) übernehmen hier die Endfunktion und brandmarken die echten Zeugen Christi als die falschen Propheten.

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103. Politik und Religion