Die 10 Jungfrauen

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Abschrift der Sammlung: Prophetische Traktate - Band 2
von Friedrich Malessa 1895-1981

Mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann
Als Abschrift dort noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften

Inhaltsverzeichnis Band 1
Inhaltsverzeichnis Band 2

91. Die 10 Jungfrauen

Das bekannte und viel genannte Gleichnis von den zehn Jungfrauen (Mt 25:1-13) soll hier kurz gedeutet werden. - Diese Deutung wird manchen Lesern auffällig und neuartig erscheinen. Aber es kommt hier nicht auf die neuartige Deutung an, sondern auf die eigentliche Sinndarstellung des Wortes Jesu.

Heilsmäßig gesehen dürfte die Deutung dieses Gleichnisses nicht schwierig sein. Es werden nämlich in bildhafter Weise Menschen aufgezeigt, die hinsichtlich der göttlichen Berufung gleich sein wollten, und im gewissen Sinne auch gleich sind. Sie sind eine einheitliche „Braut-Gruppe“ und haben für ihre eigenen Aufgaben die nötigen „Lampen“ in den Händen. - Allerdings besteht da ein Unterschied, weil ein Teil dieser Jungfrauen Lampen ohne Öl haben. Können sie Lampen ohne Öl haben? Ja, weil sie nur auf das Äußerliche, d. h. auf die Form bedacht sind. Der Formalismus ist ihnen nicht nur wichtig, sondern er ist ihnen alles!

Wenn aber die Entscheidungsstunde kommt, dann ist diese Form-Gruppe restlos untauglich. Denn sie ist - ohne Bild gesagt - geistlos! Der Heilige Geist, der sie in alle Wahrheit führen soll, fehlt. Sie sind nicht nur ungeistlich, sondern total fleischlich gesinnt. - Was nützt bei der Lampe die äußere Schönheit, wenn das Öl fehlt? Lampen ohne Öl sind Täuschungsinstrumente. Gewiss ist die Lampe sehr wichtig, aber sie ist nur Mittel zum Zweck. Ihr Zweck ist das Licht! Zur Lichtausstrahlung gehört aber unbedingt Öl in der Lampe. Wenn das Äußere und das Innere gemeinsam in den Diensten stehen, dann wird der Zweck erfüllt. Öl benötigt eine Lampe, in gleicher Weise benötigt die Lampe das Öl. Hier eine Absonderung erstehen lassen wollen, ist nicht nur nutzlos, sondern auch höchste Gerichtsreife. „Ach dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde“ (Offb 3:15).

So könnten wir fortfahren und ein ganze Buch schreiben über die heilsmäßige Sinndeutung des Gleichnisses. Diese Art Auslegung ist nur zu bejahen. - Allen Wortverkündigern ist nur zu empfehlen, jedes Wort (auch die Gleichnisse) ganz heilsmäßig zu deuten. Erst dann ist das ganze Wort Gottes ein Wort des Heils.

Heilszeitmäßige Auslegung

Aber, - jetzt aber das Aber - die ganze Bibel und auch die Gleichnisses dürfen nicht nur heilsmäßig, sondern auch heilszeitmäßig verstanden werden. Zu beachten ist die Tatsache, dass zu allen Zeiten das Heil Christi das gleiche ist. Aber dieses eine Heil wird in verschiedenen Zeiten ausgeführt, und hat darum auch das zeitentsprechende Gepräge. - Ein Beispiel: Wir werden doch zugeben müssen, dass das einmalige, und immer gleich bleibende Heil des Christus im tausendjährigen Reich ein anderes Gepräge haben wird. Denn zu der Zeit ist der Durcheinanderwerfer mit schweren Ketten gebunden, liegt im „Gefängnis“ und ist obendrein versiegelt. Aus mit dem Versucher! Wie so ganz anders wird da das Heilsgeschehen sein. Wohl dasselbe Heil und doch in einer völlig neuartigen Durchführung. Unvorstellbar wird da das Heilszeugnis gebracht und angenommen werden.

Wir werden gleich sehen, dass das Gleichnis von den zehn Jungfrauen nicht nur heilsmäßig, sondern auch heilzeitmäßig gesehen und gedeutet werden muss. Dann erst erkennt man die Heilsanzeige für ihre bestimmte Zeit. Dann ersteht auch Klarheit über die Unheilsvorgänge, die den Heilsvorgängen zuwider sind. So wird auch das vorliegende Gleichnis verständlich mit seinen Heils- und Unheilsträgern zu ihrer Zeit.

Wenn wir uns dieses Gleichnis ansehen, dann müssen wir die wichtigste Anzeige, die Jesus seinen Hörern zu sagen hatte, genau ins Auge fassen: „Das Königreich des Himmels ist gleich ...“ Also, es geht hier in erster Linie um die Darstellung des himmlisch gearteten Königreiches, das schon längst erwartet wurde und auch kommt. Sein Offenbarwerden, aber auch seine davor liegenden Verhältnisse müssen klar erkannt werden. - Zweifellos meint Jesus das Reich, das er bei seiner Wiederkunft aufrichten wird. Das ist das tausendjährige Friedensreich.

Wem gilt in erster Linie diese Reichs-Aufklärung? Dem Volk „seines Eigentums“ (Israel). Dieses Volk ist für die Reichsdienste (und auch für die Vorbereitung) schon längst vorgesehen. Es hat auch die volle Reichserwartung, und hat sie immer wieder auch Jesus vorgetragen: „Wann wirst du aufrichten das Reich?“ Die Jünger Jesu lebten nur in der Hoffnung der Reichsaufrichtung. Denken wir nur an den Ausspruch der Emmausjünger: „Wir aber hofften, dass ....“

Dieses Volk soll auch wissen, dass es vor der Aufrichtung des erwarteten Reiches eine spezielle Zubereitung erleben muss. Die Zubereitung ist wahrhaftig ganz speziell, weil sie den Jungfrauenstand, deutlicher gesagt, den Brautstand erlagen soll. Eine Braut muss immer echt und recht zubereitet werden, weil sie würdig dem Bräutigam entgegengehen soll, um mit ihm die Hochzeit (Hoch-Zeit) zu feiern. Diese Aufklärung steht in erster Linie Israel zu.

Das „Schlafen" Israels

Eine weitere Klärung der Weltlage vor dem Kommen des himmlischen Reiches gibt die Anzeige: „Da der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und entschliefen.“ Sonnenklar zeigt Jesus hier an, dass dieses „Schlafen“ Israel betrifft. Tatsächlich sind alle Menschen dieses Volkes „entschlafen“. Heilszeugend und heilstragend ist das ganze Volk im „Schlaf“. - Niemals kann dieses „alle entschlafen“ auf die Gemeinde bezogen werden. Die wahre Gemeinde schläft nicht!“ . Wer nicht der wahren Gemeinde angehört, mag er auch den Namen Christ tragen, der schläft nicht, sondern ist im Todesverhältnis. Dagegen sind die wahren Christen am Leben und im vollen Lebenswerk. Keineswegs passt die Anzeige: „alle entschlafen“ auf die Gemeinde Jesu Christi; aber genau passt dieser Hinweis auf das „erwählte Volk!“

Ein weiterer Vorgang: „Zur Mitternacht aber war ein Geschrei: „Siehe, der Bräutigam kommt; geht ihm entgegen!“ Da standen diese Jungfrauen alle auf, und schmückten ihre Lampen“. Wann ist die Mitternachtsstunde? Wenn der Bräutigam sein Kommen angemeldet hat. Anders gesagt: Wenn der „Tag des Herrn“ beginnt. Das ist der „Augenblick“ der letzten Jahrwoche, in der die ganze Welt die volle Gerichtsreife erlangt. Da wird Israel „erweckt“! Nochmals gesagt: Israel wird „geweckt“ in der Mitternachtsstunde. Das ist sonnenklar.

Wer „schreit“ Israel an mit den Worten: „Der Bräutigam kommt“? Die von Gott gesandten zwei Zeugen. Die treten zu ihren „Weck-Diensten“ in Israel auf, und zwar nach der Entrückung der Gemeinde. Israel steht da in erster Linie in der „Erweckung“. Benannt sind die hundertvierundvierzigtausend aus dem zwölf Stämmen Israels, das Sonnenweib aus Israel usw. Höre: Die vom Weckruf Getroffenen werden alle wach und greifen allesamt zu den „Lampen“ - Allerdings, bei den „Lampen“ liegt die Entscheidung. Sie ist in zweifacher Weise:

Die Törichten und die Klugen

„Die Törichten aber sprachen zu den Klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsere Lampen verlöschen. Da antworteten die Klugen und sprachen: Nicht also, auf dass nicht uns auch gebreche; geht aber hin zu den Krämern, und kauft für euch selbst.“ Unter den „Jungfrauen“ gibt es jetzt ein Verhandeln. Bis dahin war die Frage groß: Wer ist tüchtig, wer ist richtig? Jetzt tritt volle Klarheit auf. Obgleich sie alle am „Schmücken ihrer Lampen“ sind, ist es nunmehr offenbar geworden, wessen Lampe wahrhaftig „geschmückt“ ist. Die klugen Jungfrauen schmücken ihre Lampen mit Öl, d.h. mit dem Heiligen Geist. Die „Krämer“, die ihnen dieses Öl vermittelt haben, sind die Gottgesandten: „Mose und Elia“! Ihre Lampen haben jetzt die volle Möglichkeit zu leuchten. Die törichten Jungfrauen dagegen schmücken ihre Lampen rein äußerlich, wahrscheinlich mit fein duftenden Putzmitteln, aber das ist eine Sache der bloßen Äußerlichkeit, des Scheines. Formalismus ist das Prinzip ihres Tuns.

Ein Erwachen bricht jetzt im ganzen Volke auf. Bei der einen Hälfte in echt geistlicher Weise vom tiefsten Innern her, bei der anderen Hälfte rein äußerlich, in formalistischer und fleischlicher Weise. Diese Formalisten merken zwar etwas von ihrem Zukurzkommen, aber sie eilen nicht zur „Quelle", sondern zu ihren Volksgenossen mit der Bitte: „Helft uns.“ Antwort: „Geht zu den Krämern! Nur da kann euch geholfen werden.“ - Sie gehen dann, aber zu spät. Das letzte Ergebnis für die törichten Jungfrauen lautet: „Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, und das Tier, die werden die Hure hassen, und werden sie wüst machen und bloß, und werden ihr Fleisch essen, und werden sie mit Feuer verbrennen“ (Offb 17:16). - Das ist das Ende der törichten Jungfrauen. Sie sind nicht Jungfrauen, sondern „Huren“. Was wird von ihnen noch gesagt?

„Und als sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam, und welche bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit; und die Tür ward verschlossen. Zuletzt kamen auch die anderen Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf! Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.“ So wird es den „Herr-Herr-Sagern“ ergehen. - Wichtig ist aber das Zahlenverhältnis: je fünfzig Prozent. Wir nehmen diese Anzeige wörtlich. Darum können wir die fünfzig Prozent der „Törichten“ niemals auf die Gemeinde Jesu Christi anwenden. Das stimmt in keiner Weise. Aber für das Endisrael stimmt es genau. In der israelitischen Erweckungszeit werden die Erweckten unter den derzeitigen Israelis genau fünfzig Prozent ausmachen. Die eine Hälfte erlebt den wunderbaren Segen der göttlichen Erweckung, die andere Hälfte erlebt den Fluch der Erweckungsmissachtung, oder des Verharrens im Formalismus. Wenn dann im letzten Augenblick auch die Einsicht des Zukurzkommens aufkommt, so ist es doch schon zu spät. Die Gnadenzeit ist versäumt. Warum? Weil vor der Hochzeit (Hoch-Zeit) des Lammes das Gericht stattfinden muss. Echt gerichtlich werden alle Hindernisse beseitigt. Darum: Erst der „Polterabend“, dann die Hochzeit!

Die Hochzeit des Lammes

Aber die Jungfrauen, die die brennenden Lampen haben, dürfen nunmehr das jauchzende Verhältnis erleben: „Lasset uns freuen und fröhlich sein, und ihm die Ehre geben, denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und sein Weib hat sich bereitet“ (Offb 19:7). Sie gehen jubilierend ein durch die „geöffnete Tür“. Doch nach diesem Eingang wird die Tür geschlossen. Warum? Damit die „Hoch-Zeit“ nicht gestört wird. - Taugenichtse gehören nicht in den „Hochzeits-Raum“.

Wer feiert jetzt Hochzeit? Kurz: Der Bräutigam und die Braut. Wer ist der Bräutigam? Der davor endgültig verkörperte Christus! Das ist der Fülle-Christus, wie ihn Paulus in Eph 1:23 anzeigt. Dieser Christus kommt wieder „mit seinen Berufenen, Erwählten und Gläubigen“ (Offb 17:14 u. 2Thes 1:10). Wenn dieser Fülle-Christus wiederkommt, dann ist die „Mitternachtsstunde“ da. In dieser Mitternachtsstunde (Tag des Herrn) wird zunächst alles beseitigt, was dem aufzurichtenden Königreich zuwider ist. Und dann kann die Hochzeit stattfinden. - Zur Hochzeit gehört aber auch die Braut. Wer ist die Braut? Das Israel, das zuvor insgesamt lange geschlafen hat, aber durch den Erweckungsdienst der Spezialboten Gottes die Lampen mit „Öl“ füllen ließ. Diese „lichtstrahlenden“ Israeliten gehen dem kommenden Bräutigam entgegen und feiern im zubereiteten Raum die Hochzeit.

Das Resultat der Hochzeit

Welche Begleiterscheinungen hat die Hochzeit? Nicht allein hohe Freude und Wonne, sondern auch die Eröffnung des neuen Haushaltes. Der neue Haushalt ist das Resultat der Hochzeit. Der neue Haushalt ist „das Königreich des Himmels“ mit der weltumfassenden Heilsdarstellung. Friedensreich im wahrsten Sinne des Wortes. - Jetzt bricht der neue Haushalt an, auf den die früher schlafenden, dann aber wachgerüttelten Jungfrauen lange gewartet haben. Die früher oft gestellte Frage: „Wann wirst du aufrichten das Reich?“ erhält jetzt die endgültige Antwort. Ab jetzt ist Israel nicht mehr im Verhältnis einer wartenden „Jungfrau“, sondern eines „angetrauten Weibes“. Hier ist ein großer Aufstieg. Ab jetzt übernimmt das „Weib“, das sich soweit bereitet hat, den Auftrag, den neuen Haushalt mit der Heilsfülle zu versorgen.

Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen gibt uns einen klaren Blick für das Endgeschehen, aber auch für das Vor-Endgeschehen. Diesen klaren Blick gab Jesus in erster Linie „seinem Eigentum“. Diese seine Lieben wussten um diese Dinge, aber das Wie und Wann war ihnen so fraglich. Jetzt erhielten sie die volle Auskunft. Auch uns ist diese Auskunft sehr wichtig. Wenn wir sie wörtlich beachten, dann sehnen wir uns nicht nach dem Brautstand, der allein Israel zusteht. Dann ist uns dieser Verzicht kein Verlust, sondern ein Gewinn. Denn die Gemeinde Jesu Christi hat noch eine höhere Erwartung. Sie ist der Korpus des Christus! Dieser Christus ist der Bräutigam! Folglich ist die Gemeinde im Verhältnis des Bräutigams, des „Mannes Gottes“! Ihr Ziel ist nicht Hochzeit - die kommt für sie später - sondern: „... bis wir alle gelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollkommenen Manne, zum Manne des Vollwuchses der Vervollständigung des Christus“ (Eph 4:13). Klar darf Paulus sagen, was das Ziel der Gemeinde ist: Die Vervollständigung des Christus! Darum wartet die Gemeinde nicht auf die Hochzeit, sondern „auf die Zukunft Jesu Christi“! Die ist vor dem (Preis-)Richtstuhl Christi. Da erhält der „Bräutigam“ eine Fülle-Ausgestaltung. Und dann kommt die Erscheinung seiner Zukunft (2Thes 2:8). Dann wird er in dieser Welt sichtbar und vollzieht die notwendigen Geschehnisse der „Mitternacht“. Er macht durch die Gerichtseingriffe „freie Bahn“ und leitet die Hochzeit (Hoch-Zeit) mit der ihm entgegenkommenden Braut ein. Anschließend: Weltenumfassender Heils-Haushalt!

Beachten wir auch den sachdienlichen Unterschied zwischen Mann und Weib. Der Mann ist mehr im werbenden Verhältnis, das Weib mehr im umworbenen Verhältnis. Das ist vielsagend. Das Werden des „Mannes Gottes“ ist in der höchst satanischen Zeit. Da ist das Werbeverhältnis am Platze. Der Stand des „Weibes Christi“ ist im Friedensreich. Da ist das umworbene Prinzip am Platze. Das ist der unverkennbare Unterschied in den Heilszeiten des Leibes und des Weibes Christi.

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92. Der Tag des Herrn