Zwei Frömmigkeiten

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Abschrift der Sammlung: Prophetische Traktate - Band 2
von Friedrich Malessa 1895-1981

Mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann
Als Abschrift dort noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften

Inhaltsverzeichnis Band 1
Inhaltsverzeichnis Band 2

86. Zwei Frömmigkeiten

Weithin ist man der Meinung, dass die Frömmigkeit in verschiedenen Formen dem gesamten Christentum eigen ist. Das dürfte nicht stimmen. So unterteilt und so weltumfassend ist der biblische Begriff „fromm“ nicht. Auch das Frommsein steht, wie alle anderen biblischen Tugenden, unter dem Motto: Entweder - Oder. Entweder ist es die gottgewollte echte Frömmigkeit, oder es ist eine Scheinfrömmigkeit. Was ist die Scheinfrömmigkeit? Gelinde gesagt: keine Frömmigkeit. Diese unwahre Frömmigkeit wird in einer ganz menschlichen Weise weithin als die Frömmigkeit bezeichnet und als die Besiegelung des Christentums angesehen. - Darum soviel Fehldeutungen der menschlichen Frömmigkeit.

Eigen-Frömmigkeit und Jesus-Frömmigkeit

Die ganze Religionsgeschichte gibt uns für die Frömmigkeitsentartung einen erschreckenden Beweis. Man denke nur an das von Gott erwählte Volk Israel. Wie „fromm“ war dieses ganze Volk, sonderlich zur Zeit Jesu. Erstaunlicherweise haben gerade die Frömmsten der Frommen (= Pharisäer) über den gottgesandten Gestalter der Frömmigkeit gelacht und gespottet, und immer wieder dafür die Begründung angeführt: „Haben wir nicht Mose und die Propheten? ... Was will dieser Lotterbube?“ Aber nicht nur Hohn und Spott waren die Trennungsmomente der Eigen-Frömmigkeit von der Jesus-Frömmigkeit, sondern auch die kategorische Forderung: „Kreuzige ihn“, d. h. beseitige ihn. - Jawohl, Jesus kam in sein Eigentum, er kam zu dem Volk der Wahl, um es für die wahre Frömmigkeit würdig zu machen. Ergebnis: „Und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Ganz klar erkennen wir schon am ersten Gottes-Volk, dass die beiden Frömmigkeiten Eigen-Frömmigkeit und Jesus-Frömmigkeit miteinander nichts zu tun haben. Zwischen beiden Frömmigkeiten gibt es keine Anpassungs- oder Ausgleichsmöglichkeit, sondern nur ein Entweder-Oder. „Wer nicht für mich ist, der ist wider mich“, sagte Jesus. Da nützen alle Frömmigkeitsmaskierungen nichts!

Ist in unserer Kirchengeschichte der Frömmigkeitsbefund ein anderer? Kurz zwei Antworten:

  1. Die ganze Christenheit ist von einem sehr schmerzlichen Vorgang gekennzeichnet: Zersplitterung. Die unzähligen Gruppen und Grüppchen, die an allen Ecken und Enden sichtbar werden, sind wahrhaftig kein Beweis der ausgeglichenen Frömmigkeit. Das Gegenteil muss gesagt werden: Mit der allgemeinen Frömmigkeitsauffassung stimmt’s nicht! Darum die Absplitterung der wirklich Gläubigen. Der weltbekannte Ausspruch: „Wir sind auch fromm“, ist den Gläubigen zu unglaubwürdig. Es bleibt ihnen nur die Absonderung übrig.
  2. Die sehr fragwürdige Frömmigkeitsgeschichte wird noch trüber im Lichte des prophetischen Wortes erkannt. Da ist die Frömmigkeitsmaskierung auf dem Höhepunkt und überbietet sogar die damalige israelitische Haltung. Im Endgeschehen wird nämlich die vereinte christliche (religiöse) Welt kriegsmäßig gegen das Lamm marschieren. Lies Offb 17:12-14! Auf diese Vorgänge kommen wir noch zu sprechen.

Diese beiden Frömmigkeitstypen sind gekennzeichnet von den ihnen eigenen Prinzipien: Geistliche Frömmigkeit und menschlich-gesetzliche Frömmigkeit, - Gesetz im Sinne des menschlichen Wollens. Diese menschlich-gesetzliche Frömmigkeit artet aus in eine bewusste Eigen-Frömmigkeit. Hier wird uns verständlich, dass es eine himmlische und eine irdische Frömmigkeit gibt. Welche Frömmigkeit gilt vor Gott? Die Antwort soll uns gleich gegeben werden.

Wandeln in Gottes Gerechtigkeit

Nur zwei alttestamentliche Stellen wollen wir zitieren, die uns das Prinzip der einmaligen und immerwährenden Frömmigkeit aufzeigen sollen. „Als nun Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien ihm der Herr, und sprach zu ihm: Ich bin der allmächtige Gott, wandle vor mir und sei fromm ... Darum sollst du nicht mehr Abram heißen, sondern Abraham ....“ (1Mo 17:1-5). „Der nach meinen Rechten wandelt und meine Gebote hält, dass er ernstlich danach tue: das ist ein frommer Mann, der soll das Leben haben, spricht der Herr“ (Hes 18:9). - Wie heißt das höchste Merkmal der geistlichen Frömmigkeit? Vor Gott wandeln in seiner Gerechtigkeit! In diesem Wandel der göttlichen Gerechtigkeit offenbart sich die wahre Frömmigkeit. Diese Frömmigkeit kann wahrhaftig kein Eigenwerk sein, sondern ein absolutes Gotteswerk. Das ist die geistliche Frömmigkeit, die die neutestamentliche Aussage zur Grundlage hat: „Gott hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“. (2Kor 5:21). Verstehen wir recht: Gerecht vor Gott ist nur der Menschen, der durch das Blut Jesu Christi gereinigt ist von aller Untugend. Aber nicht nur gereinigt, sondern auch durch den Geist vom Vater und vom Sohn wiedergeboren zu einem neuen Leben! „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder ... Derselbe Geist gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind“ (Röm 8:13). Also: Nur wiedergeborene Menschen sind vor Gott gerecht und wandeln im Geist. Das sind die geistlich Frommen. Sie haben nichts von der Eigenfrömmigkeit an sich, sondern verdanken ihre allseits beglückende Frömmigkeit dem Geiste Gottes. Sie sind darum hundertprozentig nur für den Herrn da. Selbstlos für den Herrn; das ist der Standpunkt der Frommen.

Menschlich-gesetzliche Frömmigkeit

Wie ist es mit der menschlich-gesetzlichen Frömmigkeit bestellt? Die Antwort ist hier durchaus nicht leicht, weil in dieser Richtung eine unübersehbare Vielfältigkeit, d. h. Verschwommenheit besteht, die sehr problematisch ist. Aus der Fülle der Argumente, die diese Frömmigkeit begründen sollen, wollen wir nur das sogenannte echt Positive andeuten. Dieses vermeintlich Positive soll alles positiv machen. Wie sieht es aus? Antwort: Du sollst ein williger Empfänger der Sakramente (= Gnadenmittel) sein. Du sollt der Kirche und ihren Verordnungen ganz unterstellt sein. Du sollst die Priesterweihe haben, sonderlich bei der Trauung und bei der Beerdigung. Du sollst, du sollst, du sollst. Und wenn du alles hast und tust, dann bist du fromm, oder du gehört zu dem Kreis der Frommen. - Das ist Gesetzesfrömmigkeit, denn sie ist nicht durch Christi Geist, sondern durch das fromme Eigenwert begründet.

Hier ersteht aber eine ernste Gegenfrage: Haben die eben erwähnten sakramentalen Geschehnisse nicht eine hochwichtige göttliche Bedeutung? Antwort: Ja, aber nur als Zeugnis des wahren Lebens in Christus. Das Christuserleben ist die große Voraussetzung. Er und nur Er ist der „Gnaden-Mittler“. Wenn er als der einzige Gnadenoffenbarer im Leben und „Er-Leben“ fehlt, dann ist alles vermeintlich fromme Ausleben leer, d. h. ohne Inhalt. Dann sind die sogenannten Gnadenmittel ein Zeugnis der Eigenfrömmigkeit. Dann ist hier bestimmend die menschliche Gesetzesfrömmigkeit. Dann ist die menschlich hergestellte Frömmigkeit eine große Täuschung. Nochmals gesagt: Alle Gnadenmittel haben nur dann einen Wert, wenn sie in dem Gnaden-Mittler begründet sind. Alle Gnadenmittel bezeugen das vorausgehende Werk des Gnadenvermittlers: Christus!

Dieser Hinweis mag sehr hart erscheinen. Soll aber die Wahrheit nicht in aller Eindeutigkeit bezeugt werden? Tun wir das nicht, dann sind wir sehr bald auf dem so verhängnisvollen Abweg des damaligen Israel. Dann versuchen wir die Halbheiten des Glaubenslebens nicht nur zu beschönigen, sondern erstreben mit allem Eifer in der Gesetzesfrömmigkeit („du sollst“ und „haben wir nicht?“) die von Gott in Christus bereiteten Frömmigkeitshöhen zu erreichen, ja sogar sie zu übertrumpfen. - Wehe dem, der uns dann noch einen Mangel aufzeigen will. Dann: „Kreuzige ihn!"

Jesu Stellung zur Schein-Frömmigkeit

Wir wollen aber nicht nur an solche Möglichkeiten denken, die uns bei der Scheinfrömmigkeit treffen könnten, sondern wir sollen uns auch die so tragische Wirklichkeit sagen lassen, die das prophetische Wort anzeigt. Jesus gibt uns über die Endvorgänge folgende Auskunft: „Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr! Haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Übeltäter“ (Mt 7:22.23). - Erschrecken müssten alle Christen, wenn sie aus Jesu Mund vernehmen, dass gerade die „ausgezeichneten Christen“, die von dem „haben“ so viel zu sagen haben, als Nie-Erkannte, sogar als „Übeltäter“ abgewiesen werden. Obgleich sie unendlich viele christliche Taten aufzuweisen haben, werden sie doch abgelehnt. Sie werden mit ihrer „Schein-Frömmigkeit“ den wiederkommenden Jesus sogar zur Rechenschaft ziehen, und ihn ernstlich fragen: Warum willst du uns nicht anerkennen, wiewohl wir so viel in deinem Namen getan haben? - Auffällig ist auch die Anzeige Jesu: „Viele an jenem Tage“... Jawohl, „viele“ d. h. die gesamte antichristliche Endwelt wird bei der Wiederkunft Christi in frommer Weise sich gegen ihn empören. Warum?

Das eigene Haben ist hier ausschlaggebend. „Haben wir nicht?“ Das „in deinem Namen“ ist ihnen ein brauchbares Mittel zum Zweck geworden. Ihr Zweck heißt: Wir! Persönlich bezeichnet: Ich! Ich-Christentum oder Eigen-Frömmigkeit! Zum Ruhm dieser Frömmigkeit ist das „in deinem Namen“ sehr brauchbar. Darum wird sein Name so gebraucht, richtiger gesagt, so missbraucht. - Verstehen wir jetzt, warum Jesus diese „Höhen-Christen“ mit Übeltäter bezeichnen wird?

Der Gipfelpunkt der Verwirrung und Verirrung der „End-Frommen“ ist uns (wie bereits angedeutet) vom Seher Johannes angezeigt: Kampf dem Lamm! (Offb 17:14). Zwei sehr wichtige Hinweise des Sehers Johannes müssen wir uns noch deutlich machen: „Diese“ und „das Lamm“.

“Diese" und das Lamm

Mit dem Ausdruck „Diese“ sind nicht nur einige antichristlich ausgerichtete Menschen gemeint. Vielfach tröstet man sich mit der Bezeichnung Jesu: „Viele“. Also, es sind nur viele, aber lange nicht alle dabei. Nein, Jesus hat nur auf die Tatsache hingewiesen: „Viele werden zu mir sagen.“ Das ist noch eine Sache für sich. Aber Johannes zeigt das geschlossene Verhalten der Gesamt-Menschheit auf. Man lese in Offb 17:12.12. Da wird mit aller Deutlichkeit die total vereinte Welt angezeigt. „Diese werden streiten mit dem Lamm!“ Zu bedenken ist noch, dass das eine ganz religiöse Welt sein wird, denn sie nimmt Stellung zum „Lamm“. Paulus nimmt auch Bezug auf diese Vorgänge und sagt: „... und geoffenbart worden sei der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, welcher widersteht und (jetzt höre) sich selbst erhöht über alles, was Gott heißt, oder ein Gegenstand der Gottesverehrung ist, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei“ (2Thes 2:3.4) - Ganz eindeutig zeigt Paulus den antichristlichen Weltspitzenmann auf. Ist er etwa ein Atheist? Nein, denn er steht an der Spitze aller Gottesdienste und aller Gottesverehrung! Und das alles im Tempel, d. h. an der höchsten Stätte der Gottesverehrung. Hier ist die gesamte Menschheit geprägt von einer tiefen Frömmigkeit, Welt-Frömmigkeit! Hier sind alle dabei. Alle sagen: „Wir glauben alle an einen Gott!“ Darum sind sie alle „auch fromm“.

Dieses eigenartige Verhalten der Endmenschen wird uns noch deutlicher bei der weiteren prophetischen Anzeige: Kampf dem Lamm. Wer ist das Lamm? Der wiederkommende Christus. - Nun stehen wir vor einem Rätsel. Die „fromme Welt“ zieht kriegsmäßig gegen Christus? Ist das möglich? Zumal Christus nicht als Auch-Herrscher erscheint, sondern als das Lamm! Kann und muss man gegen ein „Lamm“ Krieg führen? Das wird geschehen, weil vor der Wiederkunft Christi zwei Zeugen auftreten (lies Offb 11), die der einheitlich ausgerichteten frommen Menschheit sagen werden: eure Frömmigkeit ist gottwidrig. Das ist eine totale Eigen-Frömmigkeit! Der Herr sagt euch: „Weichet alle von mir, ihr Übeltäter!“ Die wahre Frömmigkeit ist im Lamm Gottes begründet. Welche Begründung hat eure Frömmigkeit? Nicht das geringste Merkmal von der Lammeswesenhaftigkeit ist bei euch festzustellen, sondern sichtbar ist der satanische Einfluss: „Ihr werdet sein wie Gott!“ Das ist die Begründung eurer Frömmigkeit. Übeltäter seid ihr! Gottfern wie nie zuvor!

Zeugnis wahrer Frömmigkeit

Das Zeugnis von der wahren Frömmigkeit - und auch der verhältnismäßig geringe Erfolg des Zeugnisses, nur 144 000 aus Israel und noch einige aus den Nationen - fordern die Welt mit der bewussten Eigen-Frömmigkeit zum offenen Kampf heraus. Frömmigkeit gegen Frömmigkeit. Warum? Weil die wahre Frömmigkeit den Grundsatz hat und bezeugt: „Er-Löser!“ Dagegen die Scheinfrömmigkeit hat und bezeugt den Grundsatz: „Wir-Löser!“ Wir haben’s geschafft. „Was will dieser ...“

Was kann auf diese „siegreiche“ Weltfrömmigkeit nur folgen? „Was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Dieses Gericht (= End-Scheidung) ist nicht eine Tat des Lammes, sondern der Erfolg der „Wider-Sacher“. Der Schlag gegen das Lamm ist der Schlag gegen sich selbst. Das Lamm ist nicht zu schlagen und kann nicht geschlagen werden. Geschlagen wird nur der, der am Schlagen ist! „Warum toben die Nationen und sinnen Eitles die Völkerschaften? Es treten auf die Könige der Erde, und die Fürsten ratschlagen miteinander wider Jehova und wider seinen Gesalbten: „Lasset uns zerreißen ihre Bande, und von uns werfen ihre Seile!“ Der im Himmel thront, lacht, der Herr spottet ihrer. Dann wird er zu ihnen reden in seinem Zorn, und in seiner Zornesglut wird er sie schrecken“ (Ps 2).

Ausreifen der Gerichts-Frömmigkeit

Es sei noch darauf hingewiesen, dass dieses entsetzliche Abschlussgeschehen nicht urplötzlich über die Menschheit hereinbrechen wird, sondern dass es eine lange Ausreifezeit hat. Überprüfen wir bitte, wie lange diese Eigenfrömmigkeit (= Gerichts-Frömmigkeit) schon im Werden ist. Abgesehen von der jüdischen Geschichte und hingesehen auf die Christengeschichte müssen wir feststellen, dass das „Schein-Christentum“ nicht nur hier und da in die Erscheinung getreten ist, sondern dass es fast zu allen Zeiten führend und - man kann wohl ohne Übertreibung sagen - hochamtlich gewesen ist. Christentum mit dem Namen Christ, aber ohne Christus. „Nicht die da Herr, Herr sagen, kommen ins Himmelreich, sondern ...“ (Mt 7:21).

Lieber Leser, überprüfe bitte anhand der Bibel, ob du in Christus bist. Lies dazu Joh 14:1-8! Dann bist du fromm und lebst auch im wachstümlichen Verhältnis der geistlichen Frömmigkeit. Andernfalls bist du schein-fromm (sogar mit dem „Passierschein“ in der Hand) und lässt dich in froher Erwartung einordnen (eingliedern) in die rasch wachsende Kampfesfront gegen das Lamm. - Dieser Vorgang gegen das Lamm, d. h. gegen das Erlösungsgeschehen in Jesus Christus, ist nicht eine menschliche Annahme, sondern eine klare Anzeige des prophetischen Wortes. Das kommt! Lass dich davor bewahren durch Jesus Christus! Beachte 2Tim 3:5!

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87. Das Werk der zwei Zeugen