Das fünfte Gesicht "im Himmel"

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Abschrift des Buches: Die Apokalypse oder der Tag des Herrn
Verfasser: E. W. Bullinger (1902)

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor:
Das vierte Gesicht "auf Erden" - Offb 12:13 - Offb 13:18

Das fünfte Gesicht "im Himmel"

Offb 14:1-5
Das fünfte Gesicht im Himmel ist sehr kurz. Es ist wieder eine Episode und berichtet von den Überwindern, die aus der großen Trübsal gekommen und zum Himmel entrückt sind.

Es bildet einen Teil der größeren Episode und ist eingeschoben. Das vorausgehende Gesicht auf Erden handelte von den Märtyrern, die getötet wurden, weil sie sich geweigert haben, das Tier anzubeten und sein Malzeichen zu nehmen. Die zum Tode Bestimmten sind getötet worden, und die am Leben bleiben sollten, sind lebendig geblieben (Offb 13:10). Die Anbeter des Tieres haben sein Malzeichen empfangen, und diese erhielten das Zeichen des Lammes und seines Vaters an ihre Stirnen. Das scheint auf die 144 000 hinzuweisen, von deren Versiegelung wir in Offb 7 lesen. Sie haben die Gerichte Gottes und die Verfolgungen des Tieres unversehrt überstanden.

Das Gesicht umfasst nur 5 Verse; ihr Gedankenaufbau ist wie folgt:

Das Lamm und die 144 000

H5 - A - Offb 14:1 = Beschreibung.
B - Offb 14:2 = Die himmlischen Stimmen. Die Sänger
B - Offb 14:3 = Die himmlischen Stimmen: Das Lied.
A - Offb 14:4.5 = Beschreibung.

Offb 14:1
Und ich sah, und siehe, das Lamm stehend auf dem Berge Zion und mit ihm hundertvierundvierzigtausend, die hatten seinen Namen und seines Vaters Namen geschrieben an ihrer Stirn.
Das war Offb 3:12 den Überwindern verheißen worden und war die Versiegelung von Offb 7:3. So scheint es wenigstens, obwohl einige meinen, dass hier von einer anderen Schar die Rede sei. Indessen ist es wohl richtig, sie als dieselbe Schar aufzufassen, da die Zahl 144 000 sonst nicht erwähnt wird und auch nicht gesagt ist, um uns gegen ein Missverständnis zu schützen.

In Offb 7 sehen wir das Versiegeln: hier dagegen haben wir den Ausgang der Versiegelung der 144 000. Dort handelt es sich darum, dass sie unversehrt die Trübsal überstehen mögen, hier ist dieser Zweck erreicht. Es wird dabei voraus gegriffen, aber wir müssten annehmen, dass die Schar jetzt zum Himmel aufführe.

Das Gesicht ist im Himmel; denn die Sänger stehen vor dem Thron und sind bei dem Lamm, das noch nicht auf die Erde herabgekommen ist. Dadurch ist bewiesen, dass hier das himmlische Zion gemeint ist. Der irdische Tempel war nahe bei dem Berg Zion, so ist auch der himmlische Tempel dem himmlischen Zion nahe.

Die Schar ist verhältnismäßig klein; aber es sind die ersten Früchte Gottes und des Lammes, und die Erstlinge sind immer ein kleiner Teil im Vergleich zur ganzen Ernte. Offb 7:1-8 und Offb 7:14 sehen wir die "Erstlinge" und Offb 7:9-17 und Offb 7:15 .die ganze Ernte, die größere Zahl.

Im zweiten Vers ist die Rede von himmlischen Stimmen und Sängern. Daraus erkennen wir wieder, dass das Gesicht im Himmel ist; denn in keinem der himmlischen Gesichte fehlen die Äußerungen von himmlischen Stimmen.

Die himmlischen Stimmen

Offb 14:2
Und ich hörte eine Stimme vom Himmel, wie die Stimme vieler Wasser, und wie eine Stime eines großen Donners; und die Stimme, die ich hörte, war wie der Harfenspieler, die auf ihren Harfen spielen.
Das mit Harfenspielern übersetze Wort kitharodon bezeichnet diejenigen, welche die Sänger mit der Harfe begleiten.

Der nächste Vers ist folgendermaßen aufgebaut und lässt durch seinen Aufbau die Wichtigkeit seines Inhalts erkennen:

B - a - Offb 14:3 = Das neue Lied (pos.)
b - Offb 14:3 = Der Ort: vor dem Stuhl
a - Offb 14:3 = Das neue Lied (neg.)
b - Offb 14:3 = Die Zahl.

Offb 14:3
Und sie sangen wie ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier Lebewesen und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen, außer den hundertvierundvierzigtausend, die erkauft sind von der Erde.
Hier ist von ihrem Lied die Rede. Es ist das einzige Mal, wo die Worte des Liedes nicht gegeben sind. Es wird ein "neues Lied" genannt, das heißt, es hat ein neues Thema. Da nur die 144 000 es lernen oder singen konnten, so handelte es jedenfalls nur von ihnen und den großen Wundern, die Gott gewirkt hat, als er sie in den schweren Versuchungen bewahrte, und sie von den furchtbaren Gefahren errettete, auf die in den Worten Offb 14:4.5 angespielt wird. Nur die durch jene Trübsal hindurchgegangen sind, konnten das Lied verstehen, das davon handelt. Es soll nicht eine allgemeine Behauptung sein, dass die Bösen nicht teilnehmen können an den Freuden der Gemeinde, sondern es wird eine weit wichtigere Tatsache berichtet. Das Lied ist "neu", weil es von einer neuen Schar gesungen wird und ein neues Thema behandelt.

Sie singen vor dem Stuhl,
vor den Lebewesen
und den Ältesten.

Alle können es verstehen und würdigen, denn sie nehmen an jenen Gerichtsszenen teil.

Das neue Thema ist aus den beiden nächsten Versen zu erkennen, deren Gedankenaufbau folgender ist:

Sie sind Jungfrauen

A - c - e - Offb 14:4 = Kennzeichnung: Unbefleckt (neg.)
f - Offb 14:4 = Grund.
d - Offb 14:4 = Ihr Tun. Nachfolger des Lammes (aktiv)
d - Offb 14:4 = Zustand: Erkauft (passiv)
c - e - Offb 14:5 = Kennzeichnung: Ohne Falsch.
f - Offb 14:5 = Grund.

Die Sänger werden zweimal gekennzeichnet. Dazwischen wird über ihr Tun und ihren Zustand berichtet.

Offb 14:4
Diese sind es, die mit Weiber nicht befleckt sind, denn sie sind Jungfrauen genannt.
Diese Worte werden gewöhnlich für figürlich gehalten. Aber Redefiguren kann man erkennen, bezeichnen und erklären. Man will wohl sagen, sie seien symbolisch aufzufassen und bedeuten etwas anderes, als gesagt ist. Dieser Irrtum rührt von dem Umstand her, dass man das Ziel des ganzen Buches nicht versteht und den wahren Charakter jener Zeit nicht erfasst. Mehr als einmal haben wir in den Sendschreiben an die Gemeinden und bei Offb 9:20.21 gesagt, dass in der künftigen Zeit der Trübsal und der Versuchung, die Hurerei zu dem Religionssystem des Antichristen gehören wird, wie sie auch mit den großen Systemen des heidnischen Götzendienstes verbunden war. Der Götzendienst war nicht bloß eine Sünde, zu der die Völker allmählich hinabsanken, sondern er war eine satanische Erfindung, zu welcher sie sich emporschwangen, um die Lüste des Fleisches unter dem Deckmantel der Religion zu befriedigen.

Darum der Hinweis auf Bileam (Offb 2:14) und Isebel (Offb 2:20). Darum auch die Kennzeichnung der 144 000 hier, die sich von diesen Gräueln rein gehalten haben. Es soll nicht gesagt werden, dass die Erlösten nur eine Tugend, die Keuschheit, besitzen, wie die Stelle wohl verstanden worden ist; sondern es ist die Unkeuschheit ein besonderes Merkmal aller Sünden, vor denen diese Schar bewahrt bleiben wird, weil sie sich weigern, an solchen Gräueln teilzunehmen, müssen große Scharen von Menschen (Offb 7:9-17; Offb 15:1-4) die furchtbaren Marter erdulden. Nur die, welche wissen, was es für eine Bewandtnis es mit diesen Sünden hat, können die Bedeutung der wunderbaren Erlösung verstehen, und das Lied singen. Nicht wegen einer moralischen Verschiedenheit zwischen uns und ihnen, noch zwischen den Gottlosen und den Gerechten, sondern weil ihre Erlebnisse so ganz anderer Art waren. Aus diesem Grunde also kann niemand das Lied lernen; so sind die Worte, die wir hier betrachten, zu erklären, und darum wird das Pronomen sie so besonders hervorgehoben.

Offb 14:4.5
4. Diese sind es, welche dem Lamm folgen, wohin es geht. Diese wurden erkauft aus dem Menschen zu Erstlingen Gott und dem Lamme.

5. Und in ihrem Munde wurde keine Lüge gefunden, denn sie sind unsträflich.
Unsträflich, weil sie sich nicht mit den genannten Sünden befleckt haben; sie haben "die Lüge" nicht angenommen, wie alle andern getan haben. Siehe 2Thes 2:11, wo der bestimmte Artikel steht: sie glauben der Lüge, nämlich der, dass es recht sei, Gottes Gesetzen Trotz zu bieten durch Annahme der Gebräuche der neuen Religion, die von der höllischen Dreieinigkeit Satans, des Tieres und des falschen Propheten gegründet ist. Die drei erklärenden Angaben, von denen jede mit den Worten beginnt: "Diese sind's" müssen wörtlich aufgefasst werden und bedeuten gerade das, was sie sagen. Die Lehre der Dämonen 1Tim 4:3, "die da verbieten zu heiraten und zu meiden Speisen" geht viel tiefer als nur auf das päpstliche Zölibat der Geistlichen und das Fasten. Das Verbot zu heiraten, kommt aus dem Abgrund, während das "Meiden von Speisen" die Willenskraft des Menschen schwächen, und sie den Einflüssen der bösen Engel mehr zugänglich machen soll.

Lies weiter hier:
Das fünfte Gesicht "auf Erden"- Offb 14:6-20