Das Geheimnis der Verstockung Israels

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Geheimnisse Gottes
aus der Reihe „Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (1988)

Diese Schrift ist vergriffen und nicht mehr erhältlich

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Geheimnisse Gottes

3. Das Geheimnis der Verstockung Israels

Inhalt des Geheimnisses

Denn ich will euch, meine Brüder, über dieses Geheimnis nicht in Unkenntnis lassen (damit ihr nicht bei euch selbst als besonnen geltet): „Verstockung ist Israel zum Teil widerfahren, bis die Vervollständigung der Nationen eingehe! (Röm 11:25).

War das Wissen um die Geheimnisse des Königreiches der Himmel erst einmal den Jüngern Jesu vorbehalten, so spricht Paulus in diesem Geheimnis uns an, damit wir als seine Brüder nicht in Unkenntnis seien. Wir sollen also Kenntnis darüber haben, dass es Gottes geheimer Absicht entspricht, dass

  1. Israel den Herrn an den Pfahl brachte,
  2. Israel ein zweimaliges Angebot des Königreichs der Himmel ablehnte,
  3. Israel verstockt wurde,
  4. diese Verstockung jedoch zeitlich begrenzt ist,
  5. die Verstockung Israels nach dessen Beiseitestellung mit sich brachte
  6. und während dieser Zeit der Beiseitestellung Israels Gott ein neues Geheimnis enthüllen konnte, nämlich dass eine bestimmte Zahl von Menschen aus allen Völkern den Körper des Christus darstellen sollen.

Hochmut

Es ist eine Tragik in der Christenheit, dass kaum Erkenntnis über Israel vorhanden ist. Diese Unwissenheit ist auch der Grund, warum das große Geheimnis des Epheserbriefes so wenig erkannt und verstanden wird (wie wir später noch sehen werden).

Wenn Paulus hier warnt, „damit ihr nicht bei euch selbst als besonnen geltet“, so können wir dies auch ganz schlicht anders ausdrücken, damit wir nicht stolz sind oder gar hochmütig. Hochmütig nun aber weswegen?

Es liegt in der Natur des Menschen, dass er, immer von sich selbst ausgehend, seinen Wissensstand für richtig hält. Dies trifft auch bei den Gläubigen zu. Nicht umsonst gibt es eine Unzahl Kirchen, Gemeinden, Gruppen und Kreise, die sich strikt gegeneinander abgrenzen, die zwar alle denselben Gott und Vater haben, auch alle auf demselben Erlösungswerk des Herrn gründen und alle behaupten, vom selben Geist geführt zu sein - und damit hören dann auch schon die Gemeinsamkeiten auf. Was nun weiter folgt, ist eigentlich ein Trauerspiel für den unbefangenen Beobachter. Anstatt gemeinsamer Freude und Dank über das Empfangene, herrschen Neid, Eifersucht, Besserwisserei usw. vor. Scheinbar fast unbeachtet verhallen die Worte Pauli: „...sondern einer den anderen in Demut sich selbst für überlegen erachte ...“ (Phil 2:3).

Nicht viel anders ist es im Blick auf Israel. Die einen, die zwar von Israels Stellung wissen, schweben aufgrund ihrer vermeintlich so viel höheren Berufung hoch über Israel, welches ja (nur!) eine irdische Berufung hat, die anderen verwerfen Israel ganz und setzen sich in völlig schriftwidriger Weise selbst als das geistliche Israel ein, und ein Großteil weiß in seinem Glaubensleben überhaupt nichts mehr mit Israel anzufangen.

Wie berechtigt sind doch hier Pauli mahnende Worte: „Damit ihr nicht bei euch selbst als besonnen geltet!“

Damit zieht uns Paulus wieder herab auf den Boden der Wirklichkeit und macht uns klar: wir haben mit Israel zu rechnen! Seine Beiseitesetzung ist keine Verstoßung, sondern zeitlich begrenzt. Ja, erst durch Israels Beiseitesetzung ist die heutige Verwaltung der geheimen Gnade möglich geworden und damit auch ein Großteil der Geheimnisse selbst.

Wollen wir doch Israel unsere ganze Liebe und Verständnis entgegenbringen.

Israels Verstockung ist gottgewollt

Dass die Verstockung in Gottes geheimer Absicht lag, offenbart uns der Prophet Jesaja (Jes 6:9-10) durch seine Weissagung: „Und Er sagt (zu Jesaja): Geh und sage zu diesem Volk: Höret, ja höret und versteht doch nicht! Sehet, ja sehet und erkennet doch nicht! Verdicke das Herz dieses Volkes! Und seine Ohren mache schwerhörig! Und seine Augen lass blinzeln, damit es nicht sehe mit seinen Augen, noch mit seinen Ohren höre und mit seinem Herzen verstehe und umkehre und Heilung ihm werde!“

Wie sehr Jesus in den Schriftrollen des AT zuhause war, zeigt sein Bezugnehmen auf die vorgenannte Stelle in Joh 12:39, nachdem das Volk trotz vieler Zeichen nicht an Ihn glaubte: „Sie konnten deshalb nicht glauben, weil Jesaja wiederum gesagt hatte: Er hat ihre Augen geblendet und ihr Herz verstockt, damit sie mit den Augen nicht wahrnehmen, noch mit dem Herzen begreifen und sich umwenden und Ich sie heilen könnte.“

Lassen wir uns doch die Worte Pauli vor unsere Herzensaugen stellen: „Wenn ihre (Israels) jetzige Verwerfung der Welt Versöhnung ist, was wird ihre Wiederannahme sein, wenn nicht Leben aus den Toten?“ (Röm 11:15).

Zum Teil

Zwei Worte machen uns in unserem Text noch etwas Kopfzerbrechen. Es heißt nämlich dort: „Verstockung ist Israel zum Teil widerfahren“ (Röm 11:25) und in Vers 26 steht dann: „Und sodann wird Israel als Gesamtheit gerettet werden.“

Die Verstockung betrifft Israel also nur zum Teil, die Rettung jedoch als '‘'Gesamtheit.

Nun müssen wir sehen, dass Israel zur Zeit der Menschwerdung Jesu nur aus dem Südreich Juda bestand, d.h. es waren von den 12 Stämmen des Gesamthauses Israel nur noch 2 Stämme dort ansässig. Die restlichen 10 Stämme wurden schon zur Zeit ihres Königs Hosea in die assyrische Gefangenschaft geführt und tauchten seither nicht mehr auf.

Somit waren es nur 2 Stämme des Gesamthauses Israel, die unter die Verstockung kamen, und somit wäre die Frage „zum Teil“ geklärt.

Schwieriger wird es zu klären, wie die gerettet „Ganzheit Israels aussieht“. Fest steht, dass damit auch die verschollenen 10 Stämme mit eingeschlossen sind. Wo diese herkommen, ist heute nicht erkennbar. Nach unserem Schriftverständnis werden diese Stämme aus den Nationen heraus zum rechten Zeitpunkt nach Israel gebracht werden gem. Hos 28:25.

Doch zurück zu unserem Thema. Wir nehmen also gerne von Paulus auf: Keine Überheblichkeit gegenüber Israel, welches, im Gegensatz zu uns, zweifelsohne den entschieden schwereren Weg gehen muss. Das Ende der Verstockung ist auch das Ende der Herausrufung der Körperschaft Christi, d. h. diese ist dann vollständig und wird hinweggerafft.

Wenn also Jesus Seinen Jüngern nicht alles sagen konnte, weil diese es noch nicht ertragen konnten, so verstehen wir hier gut diese Verhüllung. Jahrzehnte später, als die 12 Apostel spürten und erlebten, wie es mit Israel immer weiter abwärts ging, hingegen der Dienst des Apostels Paulus an den Nationen ständig wuchs, da mag ihnen sicherlich manches aufgedämmert sein, und leicht wird der Weg ihres Endes nicht gewesen sein. Als es dann etwa 70 n. Chr. über Israel völlig dunkel wurde, glomm in der Dunkelheit trotzdem noch ein Hoffnungsfunken, herüber getragen als Weissagung des Propheten Jesaja aus den hebräischen Schriftrollen.

„Eintreffen wird der Bergende aus Zion; abwenden wird Er die Unfrömmigkeit von Jakob“ (Röm 11:26).

Mit diesem Vers beenden wir das Geheimnis der Verstockung Israels. Wir haben gesehen, dass Gott Selbst es ist, der verstockt, und sehen jetzt, dass Er es auch sein wird, der alles zum Guten wendet.

Lies weiter:
4. Das Geheimnis des Evangeliums