Die Vielfalt des Schuldopfers

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aus dem Buch von Andrew Jukes - Die Opfergesetze nach 3Mo 1-7

1. Teil: a) Das Schuldopfer - 3Mo 5
2. Teil b) Die Vielfalt des Schuldopfers


Das Schuldopfer - 3Mo 5

I. Unterschiede zu den anderen Opfern

4. Ein Fünftel Erstattung dazu

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Doch es ist dies noch nicht alles. Es wird beim Schuldopfer nicht nur das geschehene Unrecht wieder gutgemacht, sondern es wird noch ein Fünftel des eigentlichen Anspruches mehr bezahlt (3Mo 5:16 - 3Mo 6:5).

Was bedeutet zunächst "ein F ü n f t e l"? Um den Sinn hiervon zu finden, müssen wir zum 1.Buch Mose zurückgreifen. Ich hoffe, dass uns der erste Fall, in dem "der fünfte Teil" erwähnt wird, dessen Bedeutung klarmacht. Die Einzelheiten hierüber werden wir in der Geschichte Josephs finden. Die Tatsachen sind kurz diese: Vor der großen siebenjährigen Teuerung waren Ägypten und seine Bewohner, obgleich Pharaos Land und Leute, doch in einer Weise unabhängig von ihm, wie dies nachher nicht der Fall war. Dieses entnehmen wir der Tatsache, dass nach der Teuerung ein vormals nie gezahltes Fünftel an Pharao entrichtet wurde. Wir lesen: "Da das Jahr um war, kamen sie zu ihm im andern Jahre und sprachen zu ihm: Wir wollen unserm Herrn nicht verbergen, dass nicht allein das Geld, sondern auch alles Vieh dahin ist zu unserm Herrn; und ist nichts mehr übrig von unserm Herrn, denn nur unsere Leiber und unser Feld. Warum lässt du uns vor dir sterben und unser Feld? Kaufe uns und unser Land ums Brot, dass wir und unser Land leibeigen seien dem Pharao; gib uns Samen, dass wir leben und nicht sterben und das Feld nicht verwüste. Also kaufte Joseph dem Pharao das ganze Ägypten. Denn die Ägypter verkauften ein jeglicher seinen Acker; denn die Teuerung war zu groß über ihnen. Und wurde also das Land Pharao zu eigen.

Und er teilte das Volk auf in die Städte von einem Ende Ägyptens bis ans andere. Ausgenommen der Priester Feld, das kaufte er nicht; denn es war von Pharao für die Priester verordnet, dass sie sich nähren sollten von dem Benannten, das er ihnen gegeben hatte; darum durften sie ihr Feld nicht verkaufen. Da sprach Joseph zu dem Volk: Siehe, ich habe heute gekauft euch und euer Feld dem Pharao; siehe, da habt ihr Samen und besäet das Feld. Und von dem Getreide sollt ihr den Fünften Pharao geben; vier Teile sollen euer sein, zu besäen das Feld und zu eurer Speise und für euer Haus und Kinder. Sie sprachen: Du hast uns beim Leben erhalten; lass uns nur Gnade finden vor dir, unserm Herrn, so wollen wir gerne dem Pharao leibeigen sein. Also machte Joseph ihnen ein Gesetz, bis auf diesen Tag über der Ägypter Feld, den Fünften Pharao zu geben; ausgenommen der Priester Feld, das wurde nicht Eigentum des Pharao (1Mo 47:18-26).

Wir sehen hier, dass der dem Pharao gezahlte fünfte Teil als Bestätigung dafür angesehen wurde, dass ihm alles durch den Notstand verfallen war; auch lernen wir hier, das die Ägypter, in welcher Weise sie auch vormals Pharaos Volk gewesen sein mochten, doch jetzt wegen ihrer Hilfsbedürftigkeit durch ein weiteres Anrecht Pharaos Eigentum geworden waren. Demgemäß ist die Abtragung des Fünften, wo immer wir dieselbe in der Heiligen Schrift finden1, das Zugeständnis, dass die zahlende Person dasjenige verloren und verwirkt hat, wovon das Fünftel dargebracht wurde. Es ist ein Zeugnis nicht nur dafür, dass die dargebrachte Summe oder Sache aus Not und nicht als freie Gabe gezahlt worden ist, sondern auch dafür, dass das Ganze, wovon nunmehr ein Fünftel abgetragen wird, rechtmäßig demjenigen gehört, dem das Fünftel entrichtet worden ist. Die Bedeutung des "fünften Teiles" bestätigt also aufs Deutlichste das Wesen des Schuldopfers und bezeugt, dass das, was gezahlt wurde, in der Tat eine Schuld und nicht eine freie Gabe war2.

1 Nur in dem Gesetz der Schuldopfer ist die Rede davon (3Mo 5 und 3Mo 6), und in dem Gesetz über dem HErrn geweihte Dinge (3Mo 27). In beiden Fällen ist der Zweck augenscheinlich der gleiche.
2 Irre ich nicht, so hängt dieser F ü n f t e so auch mit dem Z e h n t e n zusammen, indem der fünfte Teil ein zweifacher Zehnter ist. Ehe noch von irgendwelcher Verschuldung die Rede war, entrichtete das Volk Gottes dem HErrn den Zehnten als Zeichen, dass Er ein Anrecht auf alles dasjenige hatte, von dem der zehnte Teil gezahlt wurde. War aber eine Sache durch eine Versündigung oder durch ein Gelübde verfallen (3Mo 5 - 3Mo 6 - 3Mo 27), so finden wir, dass ein doppelter Zehnter oder ein Fünftel dargebracht wurde. Damit hatte der, der geschädigt worden war, dem Gesetz gemäß einen zweifachen Anspruch oder vielmehr einen A n s p r u c h an den zweifachen Betrag des ihm unrechtmäßig entwendeten Gutes zu erheben. Doch dies nur nebenbei.

Dies ist also der Sinn der Darbringung des Fünften. Erwägen wir nunmehr, dass der geschädigte Teil durch denselben einen Vorteil erhielt. Weit entfernt, durch die Übertretung zu verlieren, empfing er sogar mehr zurück. Wunderbar sind die Wege Gottes, unerforschlich Seine Ratschlüsse und Seine Weisheit! Wer hätte gedacht, dass sowohl Gott als die Menschen durch die Übertretung schließlich nur gewinnen würden! Und doch ist es so. Sowohl Gott als die Menschen bekommen vom Menschen in Christo mehr erstattet, als sie verloren hatten. Wahrlich, "das alles von Gott," und doch d u r c h den M e n s c h e n in Christo. Und noch dazu ist alles eine Folge der Sünde! In diesem Sinne ist es wahr: "Wo die Sünde mächtig geworden ist", ja, weil die Sünde mächtig geworden ist, "ist doch die Gnade viel mächtiger geworden." Wollte Gott, diese Sache würde besser verstanden, so würden wir mehr die Gnade rühmen hören, und es nicht so oft erleben, dass Christen vor derselben zurückschrecken.

Doch nun noch einige Worte der Erläuterung. Vor dem Sündenfall beanspruchte Gott nur den Ihm gebührenden Teil. Er hatte ein Recht an dem Heiligen, als Seinem Anteil, und erwartete, dass der Mensch ihm hierin das Seine gäbe. Seit aber die Sünde auf den Plan getreten ist, beansprucht Er mehr: Sein ursprüngliches Recht und ein Fünftel dazu. Das Fünftel ist, wie wir gesehen haben, ein Beweis dafür, wie viel durch die Sünde verwirkt wurde. Und die Auszahlung desselben beweist, dass derjenige, welchem es gegeben wird, jetzt nicht nur sein ursprüngliches Recht empfängt, sondern auch noch einen weiteren Anspruch.

Dasselbe gilt von dem Menschen. Ehe der Sündenfall eintrat, hatte auch er etwas Gewisses zu beanspruchen, dieser Anspruch war seine rechtmäßige Gebühr. Seit aber die Übertretung gekommen ist, hat sich sein Anspruch erweitert, denn er darf mehr noch, als nur sein Recht von demjenigen fordern, der sich an ihm versündigt hat. Die Tatsache, dass Gott durch den Menschen geschädigt worden ist und Christus an Stelle des Menschen steht, und dessen Unrecht bekennt, gibt Gott einen größern Anspruch an denselben als bisher. Ebenso hat der einzelne Mensch, der durch den Fall Adams geschädigt worden ist, einen Anspruch auf Christus, weil dieser an Stelle des gefallenen Menschen steht. Und zwar hat nun der Mensch nicht nur auf sein anfängliches Recht einen Anspruch, sondern auf noch größere Segnungen. Dieser Anspruch aber, den wir an Christus machen können, weist Er niemals zurück. Der HErr lehre Seine Kinder, dies zu erkennen.

II. Die Vielfalt des Schuldopfers

So viel über das, was dem Schuldopfer eigentümlich ist, und worin es sich von den anderen Opfern unterscheidet. Es bleibt nur noch übrig: die verschiedenen Erkenntnisgrade oder Abstufungen bei diesem Opfer zu besprechen. Wir finden derer weniger, als bei einem der anderen Opfer, woraus wir sehen, dass diejenigen, welche diese Seite des Opfers Christi erkennen, dasselbe alle ziemlich in derselben Art und Weise auffassen. Ohne Zweifel liegt die Ursache hiervon in dem Unterschied zwischen Schuld und Sünde. Wir erinnern uns, dass die Unterschiede beim Sündopfer sehr mannigfaltig waren, weil ja die Sünde in unserer Natur auf so verschiedene Weise erkannt werden kann. Die Übertretung aber, die verübte böse Tat, kann, wenn sie überhaupt erkannt wird, kaum verschieden angesehen werden.

Dem entsprechend finden wir nur zwei bedeutungsvolle Anschauungen von der Schuld, nämlich

  1. Vergehungen gegen Gott (3Mo 5:15-19)
  2. Vergehungen gegen den Nächsten (3Mo 6:1-7)

Wir sehen in ihnen lediglich unterschiedliche Arten der Verschuldung, für welche in jedem Fall die V e r s ö h n u n g völlig gleich bleibt. Es besteht jedoch ein kleiner, aber bemerkenswerter Unterschied zwischen den zwei Graden des Opfers, das für Unrecht, das am Heiligen verübt worden war, gebracht werden sollt. In dem ersten Grad, welcher uns die vollständigste Anschauung des Opfers bietet, lesen wir von dem hingeopferten Fünftel. In der niederen Klasse aber bleibt das letztere unerwähnt. Der fünfte Teil wird gar nicht genannt3. Wie sehr bestätigt sich in der diese Erfahrung der Christen! Wo das Maß der Erkenntnis vollkommen ist, da wird Nicht nur das hingeopferte Leben und die Wiedererstattung, welche in dem Schuldopfer vorgebildet ist, sondern auch die ganze Wahrheit, welche uns das Fünftel lehrt, als Folge der Übertretung und als ein Teil des Schulopfers erkannt werden. Dies aber ist nicht der Fall, wo das Maß der Erkenntnis beschränkt ist. Da sieht man nicht, dass etwas mehr als der Betrag der ursprünglichen Summe zu zahlen ist.

3 Vgl. 3Mo 5:15.16 in welchen von dem höheren Grad die Rede ist mit 3Mo 5:17.18, welche von dem niederen handeln.

Doch ich eile zum Schluss dieser Notizen über die Verschiedenheit der Opfer. Wir haben dieselben im Einzelnen betrachtet, doch dürfen wir niemals vergessen, dass wenn es auch verschiedene Anschauungen gibt, es doch nur e i n Opfer ist, Jesus, unser hochgelobter Herr, hat, da Er Sich Selbst ein für alle Mal opferte, alles, was diese Vorbilder sagen, völlig erfüllt, und zwar für uns, die wir glauben. Ich weiß, dass die Heiligen nicht alle Seiten des Opfers Christi gleichmäßig erkennen, auch können sie das nicht; Gott aber sieht alles, und Er sieht es "für uns". Hierin können wir ruhen. Selig ist es freilich, so in der Gnade zu wachsen, dass wir das ergreifen können, wozu wir ergriffen worden sind; schließlich ist aber unsere Freude doch die, dass wir ergriffen worden sind; und obgleich unsere Erkenntnis dessen, was Christus und uns gehört, noch gering ist, so wird doch der kommende Tag es offenbaren. Wenn dann das Vollkommene gekommen ist, so wird unsere jetzige Erkenntnis, welche nur Stückwerk ist, aufhören.

Hochgelobter HErr, beschleunige Dein Kommen und erfreue mit Deiner Gegenwart diejenigen, welche Du mit Deinem Blute erkauft hast!

Lies weiter hier: 1.Teil a) Die Opfer als ein Ganzes - 1Petr 4