Die Namen des Antichristen

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Abschrift des Heftes: Der Antichrist - sein Wesen, Werk und Ende
Friedrich Malessa (1951)

Kurt Reith Verlag Wüstenrot

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

In Bearbeitung:

Der Antichrist - sein Wesen, Werk und Ende

Einleitung

Luther hat das urtextliche Wort Antichrist mit Widerchrist übersetzt. Mit dieser deutschen Übertragung ist der ursprüngliche Sinn nicht ganz erfasst. Darum hat sich im kirchlichen Sprachgebrauch der urtextliche Ausdruck durchgesetzt. Das beweist, dass die ursprüngliche Benennung sinngemäßer ist. Es gibt biblische Grundbegriffe, die eine Umbenennung nicht vertragen, es sei denn, dass sie ausgiebig umschrieben werden.

Der Ausdruck Widerchrist meint das „Wider“ den Christus, oder das Widersachertum im Christentum. Das ist nicht hinreichend. Der Antichrist ist nicht nur wider oder gegen den Christus, sondern er setzt sich an die Stelle des Christus. „Anti“ heißt in diesem Falle A n s t a t t ! Das Grundbestreben des Antichristen ist, anstelle des Christus Gottes zu stehen. Er will der von der Menschheit anerkannte Christus sein.

Damit gewinnen wir die Einsicht, dass der Antichrist die Lehre von Christus nicht nur verneint oder gegen sie ist, sondern auch bewusst auf sich bezieht. Der „Anstatt-Christ“ ist weit gefährlicher als der „Kein-Christ“. Der Antichrist ist somit weit mehr als der Widerchrist.

Der Name Antichrist erstand in der urchristlichen Gemeinde (1Jo 2:18.22; 1Jo 4:3; 2Jo 1:7). Das war folgerichtig. Denn mit Christus ersteht der Antichristus. Vor der Menschwerdung Christi gab es nur prophetische Hinweise auf den Antichristen, so wie es Hinweise auf Christus gab. Diese Hinweise bestanden vielfach nur in Lehrbegriffen, zum Beispiel: „Gottlose“ (Jes 11:4), „Verderber“ (Jes 54:16; Jer 4:7)- Sie bestanden aber auch in persönlichen Erscheinungen, u. a. Antiochus Epiphanes, Pharao, Nebukadnezar, König von Tyrus. Jedoch d e r eigentliche Antichrist kann erst seit der Zeit des geoffenbarten Christus bezeugt und einmal auch geschaut werden.

Wohl darf nicht übersehen werden, dass das Antichristentum eine vorgeschichtlicher Existenz hat. Gleichwie Christus im „Anfang“ von seinem Vater ausgegangen ist, so hat auch der Antichrist seinen Vater, von dem er abhängig ist. Sein Vater ist uns bekannt. Seit jener Zeit besteht im Verborgenen das Antichristentum. Jedoch offenbar wurde es erst in der Zeit der Christusoffenbarung.

Von seinem „Vater“ hat der Antichrist die Prägung. Denn auch Satan ist nicht nur ein Widersacher, sondern ein „Anti-ist“ im wahrsten Sinne des Wortes. Er wollte den Sohn Gottes stürzen und sich an dessen Stelle setzen. Darum diese seiner Versuchungsthesen: „Ihr werdet sein wie Gott“, oder „So du niederfällst und mich anbetest“. Das Antichristentum ist also eine uralte Angelegenheit*. Es sollten Antichristen, die wir in dieser Abhandlung sonderlich zu unterstreichen haben werden, nicht verwundern. Hat es Satan in der ganzen Heilsgeschichte immer wieder versucht den Christus zu Fall zu bringen, so wird er in der Endzeit sein Vorhaben mit nie da gewesener Verbissenheit durchzuführen suchen. Der Antichrist ist der Kämpfer Satans im Fleisch und zwar gegen den Christus im Fleisch. Der Kampf des Antichristen gilt den Zeugen Christi zu seiner Zeit.

* Es ist der Versuch, sich die Gottgleichheit durch einen Raub anzueignen, während der Sohn Gottes es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein (Hebr 1:3.5.13; Hebr 5:5)

So sind wir auf ein Kampffeld getreten, das uralt ist und doch neu erscheint, weil es der bevorstehenden Endphase angehört. Letzte Entscheidungen müssen fallen, letztes Aufgebot wird sich bemerkbar machen. Jetzt gilt das Wort in erhöhtem Maße: Wer Ohren hat, der höre, wer Augen hat, der sehe und wer „Verstand“ hat, der merke auf!

Und nun wollen wir uns d e n Antichristen ansehen in seiner unergründlichen Mannigfaltigkeit. Wir wissen, dass wir nur ganz geringe Andeutungen seines Charakters und seiner tatsächlichen Größe geben können, weil uns einfach die Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Denn wahrhaftig, wer gegen den Christus Gottes auftreten will und kann, der muss schon etwas sein. Möge die tiefere Erkenntnis über den Antichristen uns die Veranlassung geben, unseren Herrn Christus um so mehr in Anspruch zu nehmen, damit wir in den Stunden der zunehmenden Versuchung bewahrt bleiben.

1. Die Namen des Antichristen

Wir wollen zunähst unterscheiden zwischen einem Ruf-Namen und einem Beruf-Namen. Der Ruf-Name hat den Zweck der Unterscheidung von Personen. Der Beruf-Name hat den Zweck der Wesensbezeichnung von Personen. Der Beruf-Name ist der wichtigste und auch der ursprüngliche. Es ist leider im Laufe der Zeit der Beruf-Name in den Hintergrund getreten und der Ruf-Name ist maßgebend geworden. Das beweis die Wandlung der menschlichen Gesinnung. Die Menschen sind aus dem Wesenhaften und Sachlichen ins Formelle und Schematische übergegangen. So ist es begreiflich, dass man heute mit den vielen Beruf-Namen des Antichristen nicht zufrieden ist, sondern fortgesetzt nach dem Ruf-Namen fragt und ihn herauszufinden sucht. Man drängt aus dem Sachlichen ins Schematische. Darum wundere man sich nicht, dass die biblische Lehre vom Antichristen nicht ernst genommen, d. h. der Antichrist nicht persönlich, sondern als ein System gesehen wird.

Es ist wahr, dass der Antichrist auch einen Ruf-Namen erhält. Jedoch erst zu einer bestimmten Zeit, nämlich bei seiner „Erscheinung“. Dann wird ihm die schematisierte Welt einen schematisierten Namen beilegen. Wohl wird das ein einmaliger Name sein, der nur dem Einmaligen zukommt, aber ein Name der nur dem angedichteten und nicht dem tatsächlichen Verhalten entspricht. kWahrscheinlich wird das ein Name sein, ,der die vermeintliche Haltung glorifizieren und die wirkliche Haltung verschleiern soll.

Müßig ist die alte Absicht, den Ruf-Namen des Antichristen schon vorher feststellen zu wollen. So hat man aufgrund der Zahl 666 nach Offb 13:1 immer wieder den Namen herauszufinden gesucht. Der versuch wurde begünstigt durch die Buchstaben die in früheren Zeiten als Zahlenwerte verwandt wurden. Man hat aus den Alphabeten der Griechen, Hebräer und Römer immer neue Namen von Personen zusammengestellt, die dann als Antichrist verdächtigt wurden. Ganze Bände werden gefüllt mit Namen des Antichristen, darunter Nero, Diokletian, Luther, Calvin, verschiedene Päpste, verschiedene Jesuiten, Napoleon, Biliam, Cäsar u. a. m. Allein die Summe dieser Namen beweist die restlose Sinnlosigkeit dieses Bestrebens.*

*Es gibt viele Antichristen, aber nur einen, der d e r Antichrist sein wird. Sie tragen alle in steigendem Maße gewisse Züge dieses Einen an sich. Aber sie bleiben bestenfalls nur seine Schrittmacher, seine Vorläufer (1Jo 2:18)

Wir sind zur Prüfung der Geister aufgerufen, damit wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums voneinander unterscheiden können. Woran aber wollen wir erkennen, ob es sich um einen christlichen oder antichristlichen Geist handelt? - Allein an Jesus Christus scheiden sich die Geister! - „Jeder Geist, der nicht Jesum Christum im Fleische gekommen bekennt, ist nicht aus Gott: und dies ist der Geist (oder das Wesen) des Antichrists, von welchem ihr gehört habt, dass er komme, und jetzt ist er sch0n in der Welt“ (1Jo 4:3). Dieses Wort macht zur Genüge deutlich, wie unsinnig es ist, Personen, die die Gottessohnschaft Jesu Christi niemals angetastet haben, als Antichristen zu bezeichnen. „Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet“ (1Jo 2:22)

Die Zahl 666

Bei der Zahl 666 dürfen wir heute wohl eines mit Sicherheit sagen, dass die Sechs „die Zahl des Menschen“ ist (Offb 13:18. Die Zahl 6 hat eine tiefe symbolische Bedeutung für den „Menschen“. Die Zahl ist die hundertfach gesteigerte „Menschenzahl“*. Wenn man will, kann man auch sagen: die dreimal aneinander gestellte Sechs bekundet die satanische Dreieinigkeit des Charakters des „Menschen“ - Es sei zugegeben, dass dereinst die Zahl 666 auch zum Ruf-Namen des Antichristen eine Beziehung haben wird. Warum auch nicht. Doch wird das erst am Ende sein. Überlassen wir darum der Endzeit die Herausstellung des Ruf-Namens.

* Die Heilige Schrift gebraucht sehr oft die Zahl 6 (oder auch die Grundzahl 6 und lässt dabei immer die gottwidrige Haltung des Menschen erkennen. Aus der Fülle solcher Anwendungen sei hier nur folgendes vermerkt:
der Größenmaße Goliaths, Er ist der Typus des Übermenschen
6 ist die Zahl für die Maße der Kolossalstatue des Nebukadnezar. Sie ist das Sinnbild des Übermenschen.
66 ist die Zahl der Dämonen. Dämonen steht 66 mal im Neuen Testament.
Man beachte die Steigerung der 6 in der Geschichte der Menschheit.
6 = der geschichtliche Mensch, beginnend mit seiner Untreue am 6. Schöpfungstage.
66 = die Dämonie, die sich des geschichtlichen Menschen zunehmend bemächtigt hat.
666 = der ausgereifte dämonische Mensch, der Endzeit.
Das assyrisch-babylonische Ideeprogramm für „Ich will sein wie Gott“ war ein fünfzackiger Stern. Im Lateinischen hat das Wort Stern (Stella) 6 Buchstaben.
Auch in der weltlichen Mathematik fällt die 6 sonderbar auf. Dafür einige Beispiele:
Nur 6 römische Buchstaben hatten Zahlenwerte.
Die Zahlenwerte der 6 Buchstaben ergeben folgendes Bild:
D = 500
C = 100
L = 50
X = 10
V = 5
I = 1
Summa 666
Die mit sich selbst vervielfachte 6 ist 36. Zählt man nun alle Zahlen von 1 bis 36 zusammen, so erhält man als Schlusssumme 666. (S. auch Adolf Heller, Biblische Zahlensymbolik.)
Ob das nur Zufall ist? Ob sich die biblische Mathematik mit der weltlichen deckt? Wer diese verborgenen Zusammenhänge ein wenig erschaut, kann nur staunen und - anbeten.

Anders ist es mit den Beruf-Namen. Überaus klar und eindeutig sind sie genannt. Sie können nicht verkannt werden. Die meisten Namen lassen auch das Persönliche des Antichristen erkennen. Sie schließen den Gedanken an ein System vollkommen aus.

Wichtig ist es zu erkennen, dass die Namen in zwei Kategorien eingeteilt sind: geistige (innere) und weltliche (äußere). Das besagt, dass der Antichrist die geistigen und leiblichen Gebiete des menschlichen Lebens beherrschen wird. Restlos alles, religiös und weltlich gesehen, wird unter der Herrschaft des Antichristen stehen.

Auf weltlichem Gebiet sind dem Antichristen folgende Namen zugelegt:

  1. Das kleine Horn (Dan 8:9-12.24-25). Im Horn ist die Stoßkraft des Tieres. alle Angriffs- und Machtgelüste tätigt das Tier mit den Hörnern.
  2. Frecher König (Dan 8:23). Nicht König als „erster Diener des Staates“, sondern König in Frechheit und Tücke
  3. Kommender Fürst (Dan 9:26). Dieser Fürst wird die bisherigen Fürsten mit seinem Ausrottungswillen und seinen Zerstörungsabsichten weit in den Schatten stellen.
  4. Verwüster (Dan 9:27). Seine Verwüstung wird sich zur Hauptsache an den „heiligen Stätten“ und an den „heiligen Besitztümern“ erweisen. Religiöser Wüstling.
  5. Gräuel der Verwüstung (Mt 24:15). Die Verwüstung des „Heiligen“ ist hier noch bekräftigt durch den Namen: „Gräuel“. Nie da gewesene , abnorme, abscheuliche Geschehnisse!
  6. Gräulicher König (Dan 11:36). Die unter 2 genannten Zeichen des Königtums werden noch weit überboten. Phantastische Bosheitssteigerung.
  7. Tier (Offb 13:1). Das „Tier“, das die Tierreiche nach Dan 7 beschließt und für dessen Bestialität kein Name gefunden wurde , wird sich als die grausame Bestie offenbaren.

Auf dem geistigen (besser geistlichen) Gebiet hat der Antichrist folgende Namen:

  1. Antichrist (1Jo 2:22). Er leugnet nicht nur das Erlösungswerk Christi, sondern gibt sich selbst aus als der Erlöser. Wir wissen bereits, das Anti - Anstatt heißt. Mit der Selbsterlösung leugnet er die Erlösung durch Christus.
  2. Der Mensch der Sünde (2Thes 2:3). Jede erdenkliche Sünde wird in ihm verkörpert sein. Er wird die Inkarnation der Sünde sein.
  3. Sohn des Verderbens (2Thes 2:3). „Die Sünde ist der Leute Verderben.“ Wenn der Antichrist die verkörperte Sünde sein wird, dann ist das der Gipfelpunkt seines Lebens. Verderben (Offb 17:8.11) in der höchsten Potenz.
  4. Der Gesetzlose (2Thes 2:8). Er wird s e i n e Gesetze verkünden und anwenden. Damit hebt er die bestehenden Gesetze radikal auf. In ihm wird die „Gesetzlosigkeit“ ihren Höhepunkt erreichen.
  5. Der Widersacher (2Thes 2:3). Aller bestehenden göttlichen Sachlichkeit wird er zuwider sein. Alle bisherige göttliche Ordnung wird er umstoßen. Ein Mensch, lebend aus Widrigkeiten.

Das sind die Berufs-Namen des „Endmenschen“ in weltlicher und geistiger Hinsicht. Seine Namen charakterisieren seinen Beruf in unverkennbarer Weise. Da die Bibel nur seine Berufsnamen nennt, liegt darin die Versicherung, dass dieser „Mensch“ seinem Beruf wirklich treu bleiben wird.

Das Offenbarwerden des Antichristen

Zwei Voraussetzungen müssen vor dem Offenbarwerden des Antichristen erfüllt sein:

  1. Die Ausreife des antichristlichen Lebens.
  2. Das Hinwegtun des „Aufhaltenden“.

Sehen wir uns zunächst die Ausreife des antichristlichen Lebens an. Was ist darunter zu verstehen? Der Antichrist wird ein vollausgereiftes Leben haben, d. h. er ist eine Vollreifefrucht eigener Art. Er wird eine gewaltige Aufgabe haben, für die er die entsprechenden Fähigkeiten besitzen muss. Ebenso muss seine Umwelt die ihm entsprechenden Verhältnisse aufweisen, weil er nur durch sie seine Aufgaben erfüllen kann.

Die Ausreife ist notwendig. Der Doppelcharakter des Antichristen: weltlich- geistig, muss gründlich und umfassende fundiert sein. Das gesamte weltliche und geistige Leben muss sein furchtbarer Mutterboden sein, aus dem er erwächst.

Nach Offb 13:1 wird das Tier aus dem „Meer“ steigen. Offb 17:15 besagt: das Meer sind die Völkerscharen, die Heiden aus allen Sprachen. Damit ist die große Tatsache angezeigt, dass der Antichrist das Produkt des in der ganzen Welt bestehenden Antichristentums ist. Er ist das Kommando übernehmende Haupt des nunmehr ausgewachsenen antichristlichen Leibes.

Es darf also nicht angenommen werden, dass der Antichrist erst die antichristlichen Verhältnisse in der Welt schaffen werde, sondern er wird sie zur letzten Anwendung bringen. Der Antichrist ist die personifizierte Summe des Antichristentums.

Die Ausreife geschieht in weltlicher und geistige Hinsicht. Es ist mithin nichts da, das ihm nicht zur Verfügung stände. Sein Offenbarwerden hat darum nicht nur die Voll-Reife, sondern auch die Voll-Macht! Wir können es heute noch nicht fassen, mit welcher Daseinsfülle und mit welchem Daeinsdrang der Antichrist sich offenbaren wird. Seine Offenbarungsstunde wird die berückendste Stunde der Weltgeschichte werden. Das wird ein „Krönungstag“ werden, wie ihn noch kein Fürst der Welt erlebt hat, auch nicht erleben konnte. Niemand der bis jetzt Gekrönten hatte eine solche weltumfassende Basis. Auf keinen Menschen sind bisher die weltlichen und geistigen Gesamtkräfte so eindeutig ausgerichtet, beziehungsweise zugeschnitten gewesen. Was hier geschehen kann, lässt sich heute noch nicht beschreiben und fassen.

Dazu gehört naturnotwendig das andere, nämlich das „Hinwegtun des Aufhaltenden“. Vor der Stunde der Offenbarung des Antichristen wird nicht alles antichristlich sein. Gott wird da noch die „Herausgerufene“ (ecclesia) aus den Nationen (2Tim 1:9; Apg 15:14) = die Erstlinge des Geistes aller seiner Geschöpfe (Röm 8:23; Jak 1:18) haben. Der gegensätzliche Partner des Antichristen, der Christus Gottes, hat auf Erden noch seinen „Leib“, der im parallelen Verlauf ebenfalls herangereift ist zum vollkommenen Wuchs des Christus. Dieser „mystische Christus“ wird zur Offenbarung des Antichristen viel beitragen, und zwar durch das Hinweggetanwerden. Davon spricht 1Kor 15:51-52; 1Thes 4:15-17; 2Thes 2:6-12 mit aller Deutlichkeit. Erst dann ist das Auftreten des Antichristen überhaupt möglich.

Das Aufhaltende

Damit ist auch das Verhältnis zwischen dem Christentum und Antichristentum in der Vorendzeit angedeutet. Der Ausdruck „das Aufhaltende“ ist zu gelinde, um dieses Geschehen tatsächlich zu kennzeichnen. Welche Verbitterung und Verärgerung das „Aufhaltende“ dem Antichristentum bereiten wird, und welche Wutausbrüche und Vernichtungsangriffe sich zeigen werden, geht zunächst weit über unsere Begriffe.

Die Offenbarung des Antichristen bringt für diese tragischen Verhältnisse die endgültige Lösung. Das Befreitwerden von dem Aufhaltenden wird das Erlösende sein. „Erlösung von Christus!“

Es erübrigt sich zu sagen, dass die Offenbarung des Antichristen nicht eine Winkelsache, sondern ein Weltereignis ersten Ranges sein wird. Wohl auch für den Antichristen gilt jenes Wort: „Es werden ihn sehen alle Augen.“ Für das klare Sehen und das richtige Hören wird schon die moderne Funktechnik sorgen.

Gerade diese Tatsache, das Sehen und Hören von bestimmten Ereignissen und Personen, sollte uns davor bewahren, die Entrückung der Leibesgemeinde in die Mitte oder gar erst ans Ende der Herrschaftsdauer des Antichristen zu verlegen, wie dies vielfach geschieht; denn dann wäre der am prophetischen Wort orientierten Gemeinde die Berechnung der Wiederkunft des Herrn doch möglich. Dies würde keinerlei Schwierigkeiten bereiten, da sowohl da Wirken des Antichristen als auch das Auftreten der beiden Zeugen zeitlich genau begrenzt ist, worauf in einem der nächsten Kapitel noch näher eingegangen wird. Nun steht aber geschrieben, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht (2Petr 3:10), also plötzlich und unberechenbar. Und das letzte, was der Herr seinen zurückbleibenden Jüngern sagte, war: „Es ist nicht eure Sache, Zeiten oder Zeitpunkte zu wissen, die der Vater in seine eigene Gewalt gesetzt hat.“ (Apg 1:7).

Es wäre auch trotz aller gegenteiligen Versuche ein vergebliches Unterfangen, ein Geschehen errechnen zu wollen, von dem der Herr ausdrücklich betont: „Von jenem Tage aber und jener Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel im Himmel, sondern mein Vater allein“ (Mt 24:36). Das sicherste Mittel gegen falsche Vorhersagen ist: Wachen und Beten. „Wachet also, denn ihr wisset nicht, zu welcher Stunde euer Herr kommt“. „Deshalb auch ihr ,seid bereit, denn in der Stunde, zu welcher ihr es nicht meinet, kommt der Sohn des Menschen (Mt 24:42.44; Mt 25:13). Was jetzt geschieht, ist die Sammlung des Volkes aus den Nationen für seinen Namen (Apg 15:14). Die Zeiten der Nationen sind abgelaufen, sind erfüllt (Lk 21:24), wenn das letzte Glied am Leibe des Christus hinzugefügt ist.

„N a c h diesem will ich zurückkehren und wieder aufbauen die zerfallene Hütte Davids, ... spricht der Herr, der dieses tut, was von jeher bekannt ist“. Die Rückkehr des Herrn geschieht für die Welt unsichtbar zunächst nur bis in den Lufthimmel, wo die Vereinigung mit seinen Leibesgliedern, den Lebenden und den vom Tode Auferstandenen, stattfindet. Diese sind es, die ihn begleiten bei seinem sichtbaren Kommen auf die Erde, „wenn er an jenem Tage verherrlicht wird i n seinen Heiligen und bewundert i n allen denen, die geglaubt haben“ (2Thes 1:10). „denn er ist der Herr der Herrn und König der Könige, und die mit ihm sind Berufene und Auserwählte und Treue.“ (Offb 17:14). Das Kommen des Herrn in den Wolken und die Hinwegnahme der Seinen von der Erde vollzieht sich blitzschnell und völlig überraschend. Wäre der Antichrist schon offenbar und hätte die zwei Zeugen mit ihrer Weissagung schon begonnen, ließe sich mit Leichtigkeit Mitte oder Ende des folgenden Zeitabschnitts berechnen und damit auch der Tag der Entrückung. Aus alledem geht hervor, dass erst die Vollzahl der Nationen eingegangen sein muss (Röm 11:25), ehe Gott mit Israel wieder anknüpft. Die E n d z e i t steht ganz im Zeichen des Volkes Israel

Die Ausreife des Antichristentums und das Hinwegtun des Aufhaltenden sind die unumgänglichen Vorbedingungen für das Erscheinen des Antichristen. - Die Welt ohne Christus ist die Welt des Antichristus!*

* Auch nach der Entrückung der Gemeinde Jesu Christi werden noch göttliche Kräfte in der Welt bleiben, aber sie werden sehr verborgen, d. h. der Menschheit vorerst unmerklich vorhanden sein. Man denke an die „Herauswahl“ und Versiegelung der 144 000 = die Erstlinge aus Israel (Offb 7:4; Offb 14:4) und an die Verkündigung des ewigen Evangeliums, der Mindestanforderung Gottes an die Menschen (Offb 14:6-7; Röm 1:20-25); man denke an das Weib, das in die Wüste flieht; und man denke an den Überrest des Samens, der gleich der unzählbaren Schar in der großen Drangsal verfolgt wird.

Der Herrschaftsbereich des Antichristen

Wie weit reicht die Herrschaft des Antichristen? Fraglos über den ganzen Erdball. Auch noch darüber hinaus. Er wird auch die Hüllen des Erdballes beherrschen, die Atmosphäre und die Stratosphäre. Ob das Herrschaftsgebiet auch in die Jonospäre und darüber hinaus reichen wird, kann vorerst nicht gesagt werden. Wohl bestehen zur Zeit ernste Bemühungen, mit Radargeräten und Stratosphärenflugzeugen sogar die Gestirne zu erreichen. Der Erfolg muss abgewartet werden.

Damit haben wir die Weite des Herrschaftsgebietes festgestellt, jedoch nicht die Enge. Die antichristliche Herrschaft wird aber nicht nur dimensional, sondern auch zentral sein. Die Herrschaftszentrale wird sehr eng sein. Das ist wohl so richtig. Je enger, desto übersichtlicher. Jede Regierungsgewalt hat ihre Bedeutung und Konzentration!

Was sagt das prophetische Wort zu der zentralen Herrschaft des Antichristen? Zwei Darstellungen, nämlich in jedem Testament eine, geben uns volle Klarheit. Beide Darstellungen ergänzen sich und beweisen die Richtigkeit. Der Prophet Daniel sieht (Dan 7) vier Weltreiche, die eins dem anderen in der Ausreife zum „tierischen Wesen“ dienlich sind. Das vierte Weltreich (seine Schenkel waren von Eisen Dan 2:33), das dem griechischen Weltreich folgt und aus besonderen Gründen nicht benannt wird ist zweifellos das römische Reich. Es liegt merkwürdigerweise zur Hauptsache in Europa, d. h. im Abendland. Diesem folgt als fünftes Weltreich ein geteiltes Reich (seine Füße waren teils von Eisen und teils von Ton Dan 2:33). Es wird des Eisens Art darin bleiben, Eisen (Nationen römischer Prägung) und Ton (Israel ist der Ton in des Töpfers Hand Jer 18:4-6) vermengt. Sie werden sich wohl nach Menschengeblüt untereinander mengen, aber sie werden nicht aneinander halten, gleichwie sich Eisen und Ton nicht vermengen lässt (Dan 2:41-43)- Die Doppelstellung dieses Reiches, das sich Verbinden und Zerfallen, das Sein und dann das Nichtsein, das alles sind Merkmale, die der mittleren und jüngeren Geschichte angehören und uns hier nicht weiter beschäftigen sollen.Wichtig ist für uns das Ende dieses Reiches. Mit seinen zehn Zehen an den Füßen bildet es den Abschluss des aus dem vierten Weltreich hervorgegangenen fünften Weltreiches, das Daniel als Ganzes schaut. Die zehn Zehen oder zehn Hörner bedeuten zehn Könige, so aus dem Reich entstehen werden (Dan 7:7.24). N a c h ihnen aber wird ein anderer aufkommen, der wird gar anders sein (Zehn ist u. a. die Zahl der Nationenfülle. Worin der Nachfolgende anders ist als die vorangegangenen zehn Könige, wird später noch dargelegt).

Nicht verwechselt werden dürfen die zehn Könige mit den zehn „Hörner“-Königen in Offb 17:12, „Die d a s Reich noch n i c h t empfangen haben; aber w i e Könige werden sie eine Zeit Macht empfangen m i t dem Tiere“. Dieses ist als sterblicher Mensch der siebte „Häupter“-König, der die Todeswunde empfängt. „Ist gewesen und ist nicht und wird wiederkommen aus dem Abgrund“ (Offb 17:8-11), um nun als ein „achter“ (König) - als d e r Übermensch - seine ungeheuerliche Tierrolle zu spielen und sich an seinen vermeintlichen Siegen zu berauschen, wovon wir erstmalig in Offb 13 lesen.

Im Folgenden skizzieren wir das, was Daniel sah, und stellen zum Vergleich und zur Bestätigung die Darstellung aus der Offenbarung daneben.

Dan D a n i e l Offb O f f e n b a r u n g
Dan 7:7.19.20 Das vierte Tier mit 10 Hörnern. Offb 13:1 Das Tier aus dem Meer mit 10 Hörnern und 7 Häuptern.
Dan 7:7.20 Das kleine Horn, das Augen hat und große Dinge redet. Offb 13:5 Dem Tier ward ein Mund gegeben zu reden große Lästerungen.
Dan 7:25 Das kleine Horn wird den Höchsten lästern Offb 13:6 Es tat seinen Mund auf zur Lästerung gegen Gott.
Dan 7:25 Es wird die Heiligen des Höchsten verstören Offb 13:7 Zu streiten mit den Heiligen und sie zu überwinden.
Dan 7:25 Seine Herrschaft wird sein eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit (= 3 1/2 Jahre) Offb 13:5 Seine Zeit währet 42 Monate (= 3 1/2 Jahre)


Was ist das Resultat? Im Raume des Abendlandes ist die letzte antichristliche Entwicklung. In diesem Raume gewinnt das Antichristentum seinen krönenden Abschluss. Aus dem Raume des Abendlandes kommt das Tier, besser gesagt der Kopf des Tieres, dessen Leib in der ausgewachsenen Gestalt ebenda erstanden ist. - Das „gräuliche Tier“ ersteht im Abendland!

Dieses „Tier“ bleibt nicht im Abendland. Das Abendland bietet ihm nicht mehr die Existenzmöglichkeit, weil es im „Abern“, d. h. am Ende ist. Das seltsame Tier fliegt an den Ort, wo es neu beginnen kann. Es fliegt in den angebrochenen „Tag“ es fliegt nach dem Morgenland. Da gehört es wesensmäßig hin. Babylon ist die weltwirtschaftliche Zentrale der letzten Herrschaft (Offb 14:8; Offb 17:5; Offb 18:2).

Babylon wurde gegründet im Widerstand gegen Gott. Nimrod begann sein Werk im Geiste des Antichrists Nimrod war ein „gewaltiger Herr auf Erden“ (1Mo 10:8) und nannte seine erste Stadt Bab-El, was „Pforte Gottes“ bedeutet, im Gegensatz zu Beth-El „Haus Gottes“. Der Ursprung des Götzendienstes liegt in Babel. Nimrod war ein mächtiger Jäger. Ein alter jüdischer Kommentar legt das Wort so aus: Ein mächtiger Empörer vor dem Herrn. Mächtig in Sünde, auf der Lauer liegend, um die Menschen zu fangen und zu überwältigen, indem sie von der Anbetung des wahren Gottes zur Anbetung der falschen Götzen fortgelockt werden sollen.

Damit kehrt das Ende zum Anfang zurück. Der Anfang der „tierischen“ Entwicklung war Babylon. Das Ende des Tieres ist Babylon. Anfang und Ende in der Vollführung!

Lies weiter:
2. Die Herrschaftsdauer des Antichristen