Die Ideologie des Antichristen

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Abschrift des Heftes: Der Antichrist - sein Wesen, Werk und Ende
Friedrich Malessa (1951)

Kurt Reith Verlag Wüstenrot

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Inhaltsverzeichnis

In Bearbeitung:

Der Antichrist - sein Wesen, Werk und Ende

3. Die Ideologie des Antichristen

Der Antichrist wird seine eigene Ideologie haben. Zwar stark überspannt, aber für ihn normal, denn eine Ideologie wird alle bisherigen weit überragen.

Die Richtlinie und der Gradmesser für die Ideologie des Antichristen liegen in dem vom prophetischen Wort angezeigten Begriff: D e r M e n s c h (2Thes 2:3). Dieser Mensch ist nicht etwa die Krone der Schöpfung sondern der „Inbegriff alles Seins!“ Würde die Ideologie den „neuen Menschen in Christus“ als den Inbegriff allen Seins meinen, dann wäre es im gewissen Sinne noch verständlich. Dass sie aber den alten, d. h. den von der Sünde beherrschten Menschen als die Spitze allen Seins hinstellt, macht sie äußerst illusorisch. Man bedenke: Den Menschen, der durch seinen Sündenfall auf die Stufe der gefallenen Schöpfung, ja sogar unter die gefallene Schöpfung, gesunken ist, der mit seiner Bestialität sogar alle Bestien übertrifft, den als Inbegriff alles Seins hinzustellen, ist wahrhaftig eine anmaßende Idee, die nur einem verblendeten Ideologen eigen sein kann.

Was ist der Inbegriff alles Seins? Das ist das höchste Wesen, das ist Gott! Ehrfurchtsvoll stehen wir vor Gott. Ist das möglich, dass die Ideologie den ganz armen Menschen zum Gott macht? Mit prophetischer Schau stellt Paulus fest: „Er setzt sich in den Tempel Gottes als ein Gott und gibt sich aus, er sei Gott“ (2Thes 2:4). Wahrhaftig, höher hinaus geht die Verirrung nicht!

Diese ideologische Verirrung des Antichristen wird nicht seine Erfindung, sondern Allgemeingut der ganzen Menschheit sein. Der Glaube der Menschheit an den „Menschen“ wird so groß sein, dass man vor ihm niedersinkt und ihn anbetet (2Thes 2:9-11). Dieser ungeheure Zustand beweist die Tatsache, dass der Antichrist seine Ideologie nicht erst glaubhaft machen muss, sondern die jahrtausendealte Ideologie zur vollen Verwirklichung bringt. Die Verwirklichung wird nicht nur gewünscht, sondern auch kategorisch gefordert. Wehe dem, der dieser Forderung widerspricht!

Alt, sehr alt, ist diese Ideologie. Das Antichristentum nährte sich immer schon von ihr. Jener Mann, der sich bewusst Antichrist nannte und unzähligen Menschen zum Gewährsmann geworden ist, äußerte: „Wenn es einen Christus gäbe, dann hielte ich es nicht aus, nicht Christus zu sein.“ Das ist die Ideologie, die schon dem ersten Menschen nahegebracht wurde: „Ihr werdet sein wie Gott“ (1Mo 3:5). Das ist die Ideologie, die vom Vater der Lüge begründet wurde und von seinem „Sohn“ zur letzten Darstellung gebracht wird.*

* Wir wollen nicht verkennen, d,ass in dem menschlichen Bestreben, Gott gleich zu sein, auch göttlicher Wille enthalten ist. Lesen wir doch in Joh 17: 21-24, dass das tatsächlich Gottes Vorhaben in Christus ist. Aber das ist Gottes Vorsatz, den er in C h r i s t u s verwirklichen wird. Auch für Gott ist nach dem Wort des Herrn Jesu „Geben seliger als Nehmen“ (Apg 20:35). Nun kommt aber der Mensch dazu und sagt: Ohne Christus! Das nicht allein, der Mensch wagt sogar zu sagen: Anstatt Christus! Der Mensch ist der Christus, der Anstatt Christus! Der Mensch ist der Christus, der Heiland er Welt! Die Verirrung liegt also nicht im Vorsatz des Zieles, sondern in der Wahl des Weges, der zum Ziele führt. So dürfen wir gewiss annehmen, dass die Botschaft des Antichristen freudig geglaubt wird, weil in ihr Wahrheit enthalten ist. Nur die Voraussetzungen, die zu dieser Wahrheit führen, sind eine Lüge. Das „Nur“ ist darum nicht harmlos, sondern ausschlaggebend.

Wenn das prophetische Wort mit der Zahl 666 das Wesen des „Menschen“ angibt, so ist damit die Steigerung des Menschen mit seinem Allzumenschlichen angezeigt. Der Mensch ist mit der Zahl 6 bewertet. Er hat sich vom 6. Schöpfungstag nicht prägen, bestimmen und führen lassen, und zwar hinein in den 7. Ruhe- und Heilstag Gottes, sondern hat durch seinen Ungehorsam und seine Auflehnung gegen Gott die Schöpfung mit in die Todestiefen hinein gerissen. Seit jener Zeit sehnt sich die ganze Kreatur nach der Erlösung der Kinder Gottes (Röm 8:19-23). Anstatt sich erlösen und aus der Armut der 6 in den Reichtum und die Vollkommenheit der 7 führen zu lassen, ist der Mensch der 6 treu geblieben und steigert sich wahnwitzig in sie so hinein, dass er im Ende mit drei Sechsern bewertet werden muss. Welche Steigerung des gefallenen Menschen. Der Bosheitscharakter des Menschen, der am 6. „Tage“ ausgesät wurde, wird im Ende hundertfache Frucht bringen. Das im Zeichen 6 stehende „Ihr werdet sein wie Gott“ führt zum Auswuchs des im Zeichen 666 stehenden „Gibt sich aus als Gott“. Was wird die Folge dieses scheinbar höchststehenden Menschen sein? Der Sturz in den tiefsten Abgrund. - Das Ichwesen kann nur dieses Resultat erreichen. Es ist dies das Ende des Fleisches als Folge seiner grenzenlosen Ich-Sucht und Selbstvergötterung.

Jämmerliche Ideologie! Glaube doch niemand, dass sie die Menschheit beglücken kann. Ich-Ideologie kann niemals der Gesamtheit dienen, im Gegenteil nur von der Gesamtheit vegetieren. Und es ist nur ein Vegetieren. Diese Ideologie führt die Masse in die Sklaverei. Nur die Träger dieser Idee haben scheinbar die „Freiheit“. Aber auch das ist Trug. Denn diese Führer verfallen ebenso dem Schicksal der Gesamtheit. Niemand bleibt ausgenommen. Die antichristliche Ideologie des Egoismus, die im Antichristen das Höchstmaß erreichen wird, trug im Laufe der Geschichte in sich das Verderben und wird enden im Verderben. Das ist keine Geschichsphilosophie nach Professor Sowieso, sondern ein G e s c h i c h t s b e w e i s !

Die Weltanschauung des Antichristen

Die Weltanschauung des Antichristen wird ganz real sein. Sie wird dem hohen Geist der Menschheit entsprechen. Nichts Unsachliches wird das Empfinden stören. Im Gegenteil, eine einzigartige Klugheit wird ihr Merkmal sein.

Der Grundsinn der antichristlichen Weltanschauung wird die W e l t v e r e w i g u n g sein. Allen anderen Lehren zum Trotz muss die Welt ewig werden. Alle Verhältnisse der Welt müssen ewigkeitswürdig eingerichtet und ausgerichtet sein. Ewigkeit ist der ausgleichende und ruhende Pol alles menschlichen Bestrebens und alles menschlichen Seins. Alle Lehren, die die Ewigkeit der Welt infrage stellen, müssen überwunden werden. Sie sind Totengräber, die das Fundament des ewigen und stolzen Weltpalastes zu unterhöhlen suchen.

Für die Verewigungsbestrebungen sprechen viele reale und vernünftige Gründe. Der Kosmos an sich kann als ewig angesehen werden. Die bisherigen Angaben des Erdalters sind alle überholt. Nach der neuesten „Atom-Uhr“, die an Präzision alle Zeitmesser übertrifft ist das Alter der Erden nach Milliarden- oder Billionenjahren zu berechnen. Automatisch gehen Atomspaltungen vor sich. Sie haben ihre bestimmte Zeit. Jede Atomspaltung setzt bestimmte Metalle oder metallähnliche Stoffe ab. Das Gewicht der bisher abgesetzten Stoffe lässt die Zeit errechnen. Die Stoffe wiederum haben ihre Wandlung. Ergebnis: Ewiges Kommen und Gehen. Ein Riesenkreislauf, der in seinen Zeitmaßen zunächst unfassbar ist Kosmische Ewigkeit!

Der Mensch ist in dieses kosmische „zentrifugale“ Ewigkeitsgeschehen als der geniale und ordnende Faktor eingespannt. Hier ist seine Bedeutung und seine Größe ersichtlich. Nur der einzelne Mensch kommt und geht. Jedoch die Menschheit bleibt. Ewiges Menschentum; Ewigkeit der Menschheit!

Auf diesen Nenner sind alle irdischen Ordnungen und Verordnungen und alle menschlichen Verhältnisse einzurichten. Was nicht im Lichte und im Wesen dieser Ewigkeit bestehen kann, muss überwunden werden. Alle Politik, Wirtschaft, Kultur, Technik, Gesellschaftsordnung, aller Sozialismus usw. hat dieses Entwicklungsrichtung. Wenn auf allen Gebieten dieses Ziel erreicht sein wird, dann ist der Himmel auf Erden.*

* Das 1000jährige Reich Hitlers von nur 12jähriger Dauer (merkwürdig: 6 Jahre Aufrüstung, 6 Jahre Krieg) begnügte sich noch mit einem bemessenen langen Zeitraum. Das Endreich des Antichristen soll von ewiger Dauer sein. Man sieht deutlich die steigende Anmaßung. Auch hier muss bemerkt werden, dass das eine satanische Nachahmung ist. Denn tatsächlich führt der Ewige alles zur Ewigkeit (Jes 9:5.6). Nur dürfte der Mensch sich diese Führung nicht anmaßen.

Die Aussicht für diesen Entwicklungsgang ist klar vorhanden. Hemmungen, die heute noch als unüberwindlich angesehen werden, sind nur scheinbare Hemmungen. Sie sind nur die zu überwindenden Elemente im Prozess der Entwicklung. Der Entwicklungsprozess, der in der totalitären Erfassung und Beherrschung begründet ist, überwindet alle Hemmungen. Es ist nur darauf zu achten, dass die dynamische Kraft, die Totalität, auf allen Gebieten zur Anwendung kommt. Was sind dann auch noch Widerstände? Sie lassen sich mit einem Kommandowort oder mit einem Federstrich beseitigen. Einige Beispiele: Die drohende Weltübervölkerung ist sofort behoben durch eine totale Geburtenlenkung. Die bange Frage nach dem besseren Lebensstandard ist behoben im Augenblick der totalen Lenkung der modernen Weltwirtschaft. Beschaffung der Lebensmittel ist überhaupt ein leichtes Werk durch die Ausweitung der noch vorhandenen unbewirtschafteten Landgebiete und Erzeugung der Lebensmittel auf technischem Wegre. Die sich in den Kinderschuhen befindliche Technik wird auf diesem Gebiet noch viel leisten. Der Technik wird es auch ein leichtes sein, neue klimatische Verhältnisse zu schaffen. Es wird regnen, wo es regnen soll, und die Sonne wird scheinen, wo sie scheinen soll. Die Polarkälte kann abgestellt werden durch die „Atomhitze“. Die Polargebiete geben ihre Reichtümer her. Die Tropenhitze wird durch eine künstliche Abkühlung abgestellt. Und wenn das alles nicht ausreichen sollte, dann werden neue Lebensmöglichkeiten geschaffen. Sollten nicht andere „Welten“ kolonial erschließbar sein? Arbeiten wir nich heute schon an den Weltraumschiffen?

Totalität

Der Schlüsse zur Erschließung aller Möglichkeiten und alle beglückenden Verhältnisse heißt: T o t a l i t ä t ! Die totale Lebenskraft bringt zweifellos den totalen Lebensnutzen.*

*Auszug aus einer wissenschaftlichen Abhandlung neuesten Datums:
“Schon im Kriege, aber n och mehr in den Nachkriegsjahren, beschäftigten sich amerikanische Wissenschaftler mit dem Problem der friedlichen Verwendung der Atomenergie. Heute zeigen sich bereits unabsehbare Umwälzungen in der Weltenergie-Wirtschaft, der Medizin und auf dem Gebiet der Ernährung an, von denen selbst phantasiereiche Schreiber von Zukunftsromanen nicht zu träumen gewagt hatten.
Kleine radioaktive Batterien sollen in nicht sehr ferner Zeit Schiffe und Flugzeuge antreiben. Die Ärzte rechnen damit, dass sich die freiwerdenden Strahlungen als der entscheidende Faktor im Kampf gegen den Krebs erweisen werden, während andere Forscher mit Hilfe radioaktiver Strahlen die Ernteerträge zu verdoppeln und neue, noch ungeahnte Nahrungsmittelquellen zu finden und auszuschöpfen hoffen."

Eine herrliche Weltanschauung, für die zu leben es sich lohnt. Dabei braucht diese Weltanschauung nicht „geglaubt“ zu werden. Hier ist der fantastische „Glaube“ überflüssig. Hier kann geschaut werden! Wahrhaftig, das glorreiche Ziel der Welt kann heute in der Ferne schon geschaut werden. Das ist W e l t - A n s c h a u u n g im wahrsten Sinne des Wortes.

Wer diese Welt-Schau missachtet, oder ihr sogar widerspricht, der beraubt sich nicht nur selbst, sondern behindert den allumfassenden, wunderbaren Entwicklungsgang. Der ist ein Feind des menschlichen Lebens uns muss beseitigt werden. Es ist besser, die Widerstrebenden werden beseitigt, als dass die Wohlfahrt der ganzen Menschheit darunter leidet. Menschen, die diese realen Entwicklungswege nicht gehen wollen, ja sogar noch andere mit ihren transzendenten Ideen aufhalten, sind des Lebens nicht wert. Wenn man ihnen noch vor Jahren in gleichgültiger Weise gesagt hat: „Der Himmel gehört den Pfaffen und den Spatzen“, so kann ihnen diese Nachsicht jetzt nicht mehr entgegengebracht werde, Im Zeitalter der Totalität gilt nur das Entweder-Oder. Die „Aufhaltenden“ sind keine spaßigen Figuren mehr, sondern sie sind die stark „Aufhaltenden“ und müssen dementsprechend behandelt werden.

Um was geht es in der Menschheit? Um den Einsatz jedes Einzelnen, um eine restlose Mitarbeit am großen Zielwerk. Da darf es keine Unbeteiligten geben, geschweige denn Miesmacher oder sogar Gegner: „Einer für alle und alle für einen!“ Darum ist die natürliche Weltanschauung so erstrebenswert. Nur wer sie kennt und für sie lebt, ist ein nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft. Es lohnt sich, alles in den Bildungsdienst dieser Weltanschauung zu stellen. Selbst Kirchen müssen aktiv eingespannt werden. - Sie erliegen zum großen Teil dem sich in der Gestalt als Engel des Lichts kleidenden Verführer.

Worin tut sich das aufhaltende Wesen kund? In der Erkenntnis und dem Bekenntnis, dass die Welt nicht ewig, sondern vergänglich ist. „Die vergeht mit ihrer Lust“ (1Jo 2:17). Diese Tatsache ist der Welt das größte Ärgernis.

Nichts ist von jeher der natürlichen Menschheit anstößiger als der Mahnruf: „Tut Buße!“ Die Welt will fortwährend daran erinnert sein, dass sie gerichtsreif ist und dem drohenden Gericht nicht entfliehen kann. Darum hinweg mit dem, der sich dem natürlichen Lauf der Dinge widersetzt. - Zwei Willensrichtungen kreuzen sich. Der Antichrist wird dieses „Ärgernis“ zu beseitigen suchen.

Die Kultur des Antichristen

Die Kultur des Antichristen wird eine ausgezeichnete Höhe erreichen. Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend:

  1. Das Alter, auf das sich die antichristliche Kultur berufen kann.
  2. Die Konzentration der kulturellen Errungenschaften aller Völker und Zeiten.

Zweifellos wird der Antichrist aufgrund der historischen Forschungen nachweisen können, dass seine nunmehrigen Kulturbestrebungen den ältesten und somit den solidesten Unterbau haben. Ist doch erwiesen, dass seine Vorfahren schon die ägyptische Kultur befruchtet haben. Nicht ohne Grund haben die damaligen Pharaonen* dieses zur Spitze drängende Volk stark behindert. Wenn es schon der ersten eingewanderten Familie durch den berühmten Josef gelungen ist, die höchsten Staatsposten zu besetzen, so kann man sich vorstellen, welchen Einfluss dieses schnell sich vermehrende Volk in kultureller Hinsicht gewonnen hat.

*Zu beachten ist Pharao als Typus: Pharao über Ägypten = Herrscher der Finsternis. Dieser Herrscher der Finsternis hat zwar „Josef“ anerkannt, indem er ihm den Namen: Zaphnath-Pahneach gab (= Retter der Welt, 1Mo41:45), lehnte ihn aber in seinen Nachkommen umso schärfer ab, weil sich Lichts- und Finsternisträger nicht vereinbaren können (Joh 1:5; 1Jo 1:5).

Gewiss ist auch anzunehmen, dass die ägyptische Kultur dieses Gastvolk stark beeindruckt hat. Das hinzugekommene Nomadenvölkchen, dass die urwüchsige Aufnahme- und Gestaltungsfähigkeit mitgebracht hat, wird sich wohl in der erstarrten Kultur äußerst brauchbar bewiesen haben. So hat das kulturfähige jüdische Volk seit der ägyptischen Bildung neue Kulturwerte schaffen können. Es ist darum nicht verwunderlich, dass in der folgenden Zeit das jüdische Volk im eigenen Lande die sprichwörtlich gewordene „salomonische“ Weltberühmtheit erreicht hat.

Damit war die kulturelle Entwicklung des jüdischen Volkes nicht beendet, sondern erst am Anfang. „Es begab sich aber“, dass dieses merkwürdige Volk zur Nutzbarmachung seiner kulturellen Fähigkeiten durch mancherlei nationale Tiefen gehen musste und wiederum an neue, anders geartete Kulturstätten geführt wurde. So wurden sonderlich befähigte Männer in die babylonische Gefangenschaft geführt und haben dort bald die Rolle eines Gefangenen mit der Rolle eines Staatsmannes vertauscht. Man denke nur an den kulturellen Einfluss eines Daniel in den Weltreichen Babylon und Medo-Persien. Umgekehrt sehe man auch die neue babylonische Beeinflussung, die die später heimgekehrten Männer dem eigenen Volke meisterhaft zugute kommen ließen. Das waren kulturelle Geschehnisse von unschätzbarer Bedeutung.

Wiederum hat es nur eine gewisse Zeit der völkischen Eigenständigkeit gedauert, und schon sieht man dieses alle Völker überdauernde Volk zerstreut in allen Kulturstaaten der Welt. Es ist hier nicht am Platze, den kulturellen Werdegang des Volkes Israel darzulegen. Wichtig ist nur festzustellen, dass Juden an vielen Kulturzentren der Medo-Perser, Griechen, Römer, Deutschen, Engländer, Amerikaner, Russen usw. sei erinnert. Einzigartig ist das jüdische Volk auf die Kulturlinie geführt worden. Es hat geprägt und wurde geprägt. Kein anderes Volk der Welt hat eine so ausgezeichnete Kulturschulung.

Die Kollektiv-Kultur

Wer solche kulturelle Tradition hat, der darf als Kulturträger auftreten. Der kann allein aus historischen Gründen auftreten. Der kann sonderlich aus Erfahrungsgründen auftreten. Der ist leistungsfähig! Der hat die „K o l l e k t i v - K u l t u r !“

So sind die Juden von Anfang an durch die besten Kulturbildungsstätten gegangen und haben sich als die Begabtesten erwiesen (Dan 1:17-20). So haben sie seit Jahrtausenden die Kulturwerte besehen und bewerten können. (Dan 3:1-6). Sie haben im Laufe der Weltgeschichte an der Kultur maßgeblich mitgearbeitet. - Es wäre interessant festzustellen, wieviel bauten aller Art, Schulen, Universitäten, Forschungsinstitute, industrielle und soziale Unternehmungen, medizinische und hygienische Neuerungen usw. von Juden ersonnen, begonnen und durchgeführt wurden. Wahrscheinlich würde man staunen über den hervorragenden Anteil der Juden an dem kulturellen Fortschritt der Welt.

So wird der Antichrist, der bestimmt im Morgenland seinen Regierungssitz haben wird, die Kollektiv-Kultur sich zu eigen machen und sie weltumspannend zur Anwendung bringen. Sollte er im religiösen Sinne nicht ein „Volljude“ sein, dann wird er umso mehr ein „Kulturjude“ sein, der an den jüdischen Zentralen mit echt jüdischer Initiative und echt jüdischem Herrschergeist sein Amt in aller Treue verwaltet. In Offb 18 sind eine markante Merkmale seiner kulturellen Errungenschaften in der weltwirtschaftlichen Methropole angedeutet:

a) Die „große Stadt“, die Zentrale aller Abgrundsgeister, die sich in mancherlei „erzieherischen“ Unternehmungen kundtun werden (Offb 18:2)
b) Der von der Zentrale ausgehende Welteinfluss mit allen modernen Mitteln, z. B. Sprechfunkt, Bildfunk, Werkfunk usw. (Offb 18:3)
c) Die Umwertung aller „veralterten“ sittlichen und moralischen Werte (Offb 18:5)
d) Selbstverherrlichung (Offb 18:7a)

In diesen wenigen Andeutungen des prophetischen Wortes liegt ein Füllesinn! Zunächst ist ausgesprochen, dass die ganze Welt von Babylon beeinflusst und erzogen wird. - Welche Einflusskräfte werden das wohl sein, durch die die ganze Welt im Banne dieses Geistes stehen wird? Zum anderen ist die Verwerflichkeit, die Widergöttlichkeit, d. h. die Bosheit dieses Geistes, angezeigt. Das Ende ist nämlich der Untergang, das Gericht! Das werden also Dinge und Geschehnisse sein, die allein des Gerichts schuldig sind.

Das ist die Kultur des Antichristen. Berückend, bezaubernd, weil höchst historisch und höchst kollektiv. Das ist aber nicht seine eigene, sondern die übernommene und in Kraft angewandte Kultur. Darum wird sie allen Menschen so glaubhaft so edel, so annehmenswert sein. Sie alle werden glauben der Lüge, als ob sie absolute Wahrheit wäre (2Thes 2:11.12).

Lies weiter:
4. Die Religion des Antichristen