Die Herrschaft der Sünde zum Tod

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Abschrift des Heftes: Der Mensch unter dem Fluch
Julius Beck (1887-1962)

Aus der Reihe: Vätererbe Bd. III (1962)
Verlag Ernst Franz Metzingen, Württ.

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Der Mensch unter dem Fluch

1. Die Herrschaft der Sünde zum Tod

Nicht ohne alles Weitere kann die Sünde ihre furchtbare Herrschaft über den Menschen ausüben. Zuerst kommt sie schleichend und verlockend an den Menschen heran und sucht ihn zu überlisten. Hört sie der Mensch und geht er auf ihr Angebot innerlich ein, so „empfängt“ er Finsternissamen. Dieser Zustand ist aber noch nicht eine Herrschaft der Sünde zum Tod. Tut nämlich der Mensch die Tat nicht, zu welcher er versucht wird, dann kann die Sünde nicht ausgeboren werden. Erst durch das Tun enthüllen sich die in dem finsteren Samen enthaltenen Kräfte. Und jetzt ist der verführte Mensch angesteckt von dem Todesgift; denn er hat den Willen der Finsternis getan. Damit bekommt diese Gewalt über ihn – und macht ihn alsbald zu ihrem Sklaven. Das ist die teuflische Art zu herrschen.

Diese Herrschaft ist eine doppelte: das Gift wirkt auf den physischen Teil des Menschen und bewirkt Ermüdung, Schlaf, Krankheit und schließlich den leiblichen Tod. Auch moralisch zerstört sie den Menschen – und bewirkt den geistlichen Tod. Also: erst lügen und dann morden – das ist die Art der Sünde. In diesem Zustand des Todes nach zwei Seiten hin findet sich jeder Mensch vor, der in diese Welt hineingeboren wird. Und alle Menschen, die aus Eva und Adam stammen, sind mit diesem Gift angesteckt. Gott legt die Sündenschuld damit auf die ganze Menschheit; Er lässt auch die Erlösung als Gesamterlösung wieder allen Menschen zuteilwerden – in der Versöhnung, die alle angeht.

Der Mensch der neuen Schöpfung

Aber die Sünde pflanzt sich jetzt fort nach Art eines Baumes: dieser entwickelt sich aus einem Kern, bringt Früchte mit vielen Kernen, die sich weiterhin vermehren; alle Früchte aber sind satanisch infiziert! Erst die Wiedergeburt entreißt uns wieder der Umklammerung und der Vergiftung durch die Sünde; der Mensch der neuen Schöpfung, zu der alle Wiedergeborenen jetzt schon gehören, ist sündlos. Bei allen aus Adam stammenden Menschen herrscht das Fleisch über den Geist; bei allen aus Christo Geborenen der Geist über das Fleisch. Jesus als der Überwinder des Todes hat das Recht übernommen, Stammvater aller neuen Menschen zu sein.

Doch müssen die „neuen“ Menschen auch Überwinder werden. Die irdische Welt mit ihren Lockungen und Versuchungen ist der Baum der Erkenntnis des Guten oder des Bösen. Wer die Versuchungen überwindet, für den wird der Baum ein Lebensbaum; wer ihnen unterliegt, dem wird er ein Todesbaum. Das „Erkennen“ ist wesenhaft. Bei der Versuchung erfolgt zuerst das Sprechen der Schlange zur Verführung, zum „Essen“. Hört der Mensch darauf und glaubt er dem Lügenwort, dann ist er dabei, den Sündenfall zu wiederholen. Durch das Tun wird er „inne“, von wem die Worte stammen; denn sie wirken den Tod in ihm. Ebenso erfährt der auf das Locken der Weisheit Horchende die Worte Jesu als Geist und Leben. Die einzige Arznei gegen den „Schlangenbiss“ der Sünde ist das Blut Jesu. In ihm wirkt eine Kraft, die Sünde zu zerstören; aber auch die andere Kraft, neue Menschen zu schaffen. Dadurch kann die Sünde aus dem Menschen wieder ganz ausgetan und der Sündenfall behoben werden.

Wichtig ist für einen jeden von uns, sich weder mit dem Sprechen der Schlange einzulassen – noch zu essen vom Versuchungsbaum. Die Speise des neuen Menschen ist das Brot des Lebens, das Fleisch Jesu Christi, das uns auch jederzeit angeboten wird. „Nehmet hin und esset!“ Mit jedem „Essen“ vom Todesbaum geschieht eine Besamung unseres inneren Menschen; die Seelenkräfte müssen alsdann nach dem Gesetz der Sünde den Tod ausgebären. Mit jedem „Essen“ vom Lebensbaum geschieht ebenfalls eine Besamung unseres geistigen Menschen; aus dem Samen Gottes aber wird nach dem Gesetz des Geistes göttliches Leben ausgeboren.

Was vom Fleisch geboren ist, unterliegt ohne Ausnahme dem Sündengesetz. Der Mensch ist aber nicht dazu verurteilt, dieses Gesetz auf immer und ewig über sich herrschen zu lassen. Es kann durch die Wiedergeburt über kurz oder lang dahin kommen, dass wir mit Paulus sprechen können: „Das Gesetz des Geistes hat mich freigemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes.“ Das ist dann Sieg des Lichtes und des Lebens. Damit tritt der Mensch über die Todesschwelle.

Die Fortpflanzung der Sündennatur des gefallenen Menschen

Zu den Folgen der Sünde gehörte auch die Störung der Funktion der Fortpflanzung, welche dem ebenbildlichen Menschen anvertraut war. Sich selbst zu vervielfachen, war für den Menschen ein großes Vorrecht und eine besondere Gnade des Schöpfers. Immerhin wurde dieses Vorrecht in einem wesentlichen Punkt verringert.

Als Lichtsmensch vor dem Fall hätte Adam, der männlich-weiblich geschaffen war, nur Lichtesmenschen aus sich erzeugt, wenn er einmal bis zur Reife der Fortpflanzung entwickelt gewesen wäre. Diese Reife hat er – offenbar – vor dem Sündenfall nicht erreicht; es müssten sonst zwei völlig verschiedene Geschlechter von Menschen existieren. Die Geburten aus Adam wären geschehen mit Hilfe der Weisheit, die ihm nicht umsonst als „Braut“ beigegeben war. Dieses Recht, Lichtesmenschen zu erzeugen, wurde Adam – als Strafe für den Sündenfall – genommen; nur Gott zeugt und gebiert noch „Menschen von oben“, und dies durch Christus, den Stammvater aller geistlichen Menschen. Er hat – trotz seines Wüstenaufenthaltes „bei den Tieren“ – die Zeit seiner geistlichen Generationsfähigkeit ausgewartet und sich vom Weltgeist nicht herauslocken lassen.

Die jetzige Stufe der Fortpflanzung erzeugt nur noch einen fleischlichen Menschen; dies ist der natürliche Mensch. Trotz der geteilten Geschlechter ist eine solche Fortpflanzung noch möglich; auch diese hätte sich Gott vorbehalten können, vollends im Blick auf deren Missbrauch durch den Menschen. Bei dieser Art von Fortpflanzung, die unter der Zornesgerechtigkeit Gottes geschieht, wird der Mensch „sündlich gezeugt und sündlich empfangen“, d. h. es wird ihm das Sünden- und Todesgift übertragen, sodass er von dem Augenblick seiner Geburt an „stirbt“. Das Todes- und Sündenwesen tut sich alsbald an ihm hervor, und dies sowohl körperlich als auch geistlich. „Geistlich tot“ ist nach dem Worte Gottes derjenige Mensch, in welchem die Lichtsgeburt nicht eröffnet ist. Und alle Menschen werden in diesem Sinn als tot geboren. Alle sind geistliche „Totgeburten“. Ihre seelisch-geistige Struktur ist mehr satans- als gottähnlich; deshalb sagte Jesus mit Recht zu seinen Feinden: „Euer Vater ist der Teufel; ihr seid Schlangengeburten und Otterngezüchte“ So hart dies klingt, so wahr ist es; das erfährt, wer sich bekehren darf.

Nun hat aber Gott in seiner Barmherzigkeit den gefallenen Menschen nicht davon ausgeschlossen, doch wieder eine Lichtsgeburt werden zu können. Er hat aber einen ganz anderen Weg gewählt – und nicht mehr den Menschen selbst, sondern seinen Sohn, der sich als Mensch in allem bewährt hat, zum Stammvater der geistlichen Menschen gemacht. In der Ausübung dieses Rechtes kann Er Menschen „von oben“ gebären. Der Vorgang ist in Joh 3 genau beschrieben: aus Wasser und Geist! Mag das Wasser irgendwie auf die menschliche Mitwirkung hinweisen, so bedeutet jedenfalls „aus Geist“ die Beteiligung der ganzen Gottheit an dieser Neuschöpfung. Der Plan Gottes: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei“, ist keineswegs aufgegeben, sondern findet seinen Vollzug bei jedem Menschen, der die Geistesgeburt erfahren darf – und dadurch einen neuen Menschen gewinnt, der „nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit“. Also: nicht der Mensch, sondern Gott selbst schafft neue Menschen; Pharisäer und Frömmler sind allerdings ihre eigenen Schöpfer; das aber ist Scheinwerk! –

Diese neue Geburt von oben steht unter dem Gesetz des Lichtes; der dabei geborene Mensch ist ein neuer Mensch, der ins Reich Gottes taugt und auf den die himmlischen Verheißungen der Bibel gehen. Sie dürfen nicht dem natürlich- frommen Menschen zugesprochen werden. Der Weg der Zeugung aus Gott durch Christus geht über das Wort, den Samen des Geistes. Dieses Wort Jesu ist Geist und Leben, nicht Fleisch und Tod. Er, das Leben selbst, gibt ewiges, unsterbliches Leben. Wächst sich dieser neue Mensch innerlich aus, so kann er allerdings wieder zur geistlichen Vaterschaft gelangen.

Die Lichtsnatur des Menschen wird nicht fortgepflanzt

Gott hat zwar dem Menschen nach dem Fall die Gabe der Fortpflanzung nicht entzogen; ausdrücklich lautet sein Befehl: „Seid fruchtbar und mehret euch!“ Doch hat Er diese Fähigkeit weithin eingeschränkt, indem der Mensch nur noch die Sündennatur fortpflanzen darf. Hätte der ebenbildliche Adam die Reife zur Fortpflanzung ausgewartet, dann wären aus ihm lauter Ebenbilder Gottes gekommen. Nun aber ist Jesus, der zweite Adam, der alleinige Stammvater des geistlichen Lebens.

Weil nur unsere gefallene Natur durch die Eltern fortgepflanzt wird, darum fehlt unserer Seele das beherrschende und beseligende Lichtsprinzip. Solange das Leben das Licht des Menschen war, solange hatte die Seele ein beherrschendes Lichtszentrum. Ohne dieses ist sie ein finsteres Chaos. Als solches ist sie nicht selig, sondern unselig. Denn in diesem Chaos „herrscht“ nun – nach Ausscheidung des Lichtes – die Feuersnatur, die gar nicht zum Herrschen bestimmt, auch dazu nicht fähig ist; denn ihre Herrschaft erzeugt nur Unseligkeit in uns. Ist doch das Wesen des Seelenfeuers ein Hunger, der nur mit Gott befriedigt werden kann. Aber es geht dieses Feuer der Seele und ihrer Begierden nach unten und „will bald dies bald jenes haben, vermeinend, dass es Ruhe und Seligkeit bringe“. Diesen Zustand des mangelnden Lichteslebens bezeichnet das Wort Gottes als geistlichen Tod; es fehlt die Herrlichkeit, das Edelste im Menschen. Wie kam es so weit? Adam ließ sich durch den Weltgeist in die Sinnlichkeit herauslocken und verließ die himmlische Weisheit; jetzt aber verließ die Weisheit ihn. Der Weltgeist war ein schlechter Ersatz für die göttliche Weisheit; er verhalf Adam zu einer irdischen Leiblichkeit, in welcher die Begierde herrschte. Damit war Adam aus der Kraft des geistlichen Lebens herausgefallen und der Schwäche des natürlichen Wesens überliefert. Durch den Verlust der Weisheit ist die Menschenseele verarmt und bleibt es, bis sie die Weisheit wieder findet. Diese Verarmung zeigt sich bei dem Manne darin, dass ihm die edle weibliche Tinktur fehlt; beim Weibe darin, dass ihr das männliche Prinzip des Feuers fehlt. Beide sind darum nur halbe, d. h. verarmte Menschen. Sie müssen nun gegenseitig mit einander vorlieb nehmen; doch ist dieses irdische Gegenüber nur ein schlechter Ersatz für die verlorene göttliche Weisheit. Weil jetzt die göttliche Potenz im Menschen fehlt, darum erscheint uns alles eitel, d. h. entleert und wesenlos. Die Ewigkeit in uns findet nirgends Genüge im Irdischen und Vergänglichen.

Zwar ist das Licht nicht endgültig von uns genommen, so dass wir es nie mehr erreichen könnten. Aber es hat sich in uns zurückgezogen und in sein eigenes Prinzip verschlossen. Die Nacht des Chaos verschlang das Licht, bis es bei der Neuschöpfung wieder heißt: „Es werde Licht!“ – in der dunklen Seele. Infolge der Herrschaft der Finsternis in uns ist der natürliche Mensch für das Göttliche unempfänglich; er kann es nicht verstehen oder erfassen. Es muss Gott ein besonderes Wunder an ihm tun, damit in ihm höhere Sinne für das Göttliche erwachen, wie sie der wiedergeborene Mensch besitzt. Dieser besitzt in der Gabe der Wiedergeburt einen ganz großen Schatz, den er erst allmählich in seinem hohen Wert erkennt.

Viel ging dem Menschen verloren: das Lichtesleben und der Lichtesleib, welcher ein paradiesischer Leib war; auch das ewige Leben und damit das ganze Ebenbild Gottes. Der Mensch ist jetzt ein heruntergekommener König, den die Hölle durch List und Betrug von seiner Höhe herabgestürzt hat. Und doch merken so wenige Menschen, in welch bedauerlicher Lage sie sich befinden; sie hatten den Fallszustand für normal, weil ihnen die Erkenntnis des vormaligen Zustandes des Menschen fehlt. Diese Erkenntnis kann uns aber der Geist Gottes wieder vermitteln und uns durch einen Reiz nach der Herrlichkeit wieder verlangend machen. Einstweilen bleibt es dabei, dass durch Adamsmenschen das Erbübel fortgepflanzt wird; während der Erbadel nur durch Jesus Christus uns wieder angeboren werden kann.

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2. Die menschliche Seele – ein Feuer