Die menschliche Seele – ein Feuer

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Abschrift des Heftes: Der Mensch unter dem Fluch
Julius Beck (1887-1962)

Aus der Reihe: Vätererbe Bd. III (1962)
Verlag Ernst Franz Metzingen, Württ.

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Der Mensch unter dem Fluch

2. Die menschliche Seele – ein Feuer

In Hes 1 ist die himmlische Menschheit beschrieben, die das Vorbild für die Menschheit Adams vor dem Fall war: „Eine Wolke voll Feuer – und mitten in demselben Feuer war es lichthelle.“ Ist die dunkle Wolke der Leib (der damals noch nicht irdisch war!), dann bedeutet das Feuer die Seele; das beherrschende Prinzip und die Mitte aber ist das Licht, nämlich das „Licht des Lebens“. Der Verlust dieses Lichtes im Fall machte den Menschen gottarm oder gottlos.

Anstelle des Lichtes herrscht nun das Feuer in der menschlichen Seele. Dadurch ist die Seele anormal geworden. Sie heißt ein Feuerrad, weil ihre Kräfte immer im Feuer umlaufen; nicht mehr in der Geistesordnung, dem Geistesgesetz, sondern nach dem falschen Gesetz der Sünde. Dieses Umlaufen bedeutet weithin einen Leerlauf, was für die Seele Armutei und Elend, zugleich auch Unseligkeit und ewiges Begehren bedeutet. Hat sie viel, dann will sie noch mehr; sie will bald dies bald jenes haben, „meinend, dass es Ruhe bringt“. Unruhe ist der Stempel der Seele, welche im Feuer umläuft – ohne das beseligende und sättigende Licht des Lebens. Im Grund bedeutet dieser Zustand Hölle. Feuer ohne Licht ist Pein. Auch der Ausdruck „Feuerwurm“ ist biblisch und bezeichnet eine Seele ohne Licht. „Da ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlischt“ (Mk 9:44).

Die feurige Seele, unter deren Feuer kein irdisches Feuer zu verstehen ist, besteht nur aus zwei – statt drei – Prinzipien: aus Zeit und aus Ewigkeit, d. h. aus irdischen und ewigen Elementen oder Kräften.

Das ewige Teil der Seele bedeutet den ewigen Wurzelgrund aus Gott oder die Ewigkeit im Herzen. Sie stammt aus Gott und hungert nach Gott. In dem Geist der Ewigkeit opferte sich Jesus dem Vater auf. Dieser Geist der Ewigkeit hatte in der ebenbildlichen Seele eine gebärende Eigenschaft: Er gebar normalerweise aus sich heraus das Lichtesleben oder die Herrlichkeit. Dies war beglückend und beseligend. Unterbleibt in der gefallenen Seele diese Geburt, so bedeutet dies Qual und ein immerwährendes Begehren. Daher kommt es, dass unsere arme Seele mit ihrem Feuerhunger die ganze Welt und ihre Herrlichkeit in sich ziehen möchte. Dies alles kann aber die göttliche Herrlichkeit und das Licht nicht ersetzen.

Der zeitliche Teil der Seele

Dagegen verlangt der zeitliche Teil der Seele Irdisches. Er ist erdwärts gerichtet. Dieses Suchen nach irdischer Nahrung soll auch den ewigen Hunger der Seele stillen, was aber unmöglich ist. Es gibt in der irdischen Welt keinen Ersatz für die Nahrung aus der unsichtbaren Welt, und verschlänge die Seele auch die ganze Erde. Ihre wahre Nahrung ist das Licht. Das Elementenfutter sind die Treber im Gleichnis.

Geht freilich das sündliche Begehren der Seele noch tiefer, und sucht sie in der Sünde ihren Hunger zu stillen, dann ist dies noch gefährlicher für sie. Diese Höllennahrung bedeutet Gift für sie und bringt ihr den Tod. „Welches Tages ihr davon esset, werdet ihr des Todes sterben.“

Der Mensch muss nicht die höllische oder irdische Anlage in sich entwickeln; die Seele kann auch die Anlage „von oben“ ausgebären. Dann entsteht in ihr das Gute – und Göttliche, das im gefallenen Menschen trotz aller Sünde sich wieder entwickeln kann. Lässt sie sich aber von Irdischem und Höllischem verlocken und betrügen, dann gebiert sie das Böse aus sich und wird schuldig.

Geschieht dies, dann zündet der Geist der Ewigkeit in der Seele überall die Hölle an; denn es wirkt dann das Feuer des Zorns und der Begierden in der Seele. Das ist Qual und Hölle; darin besteht das Leben aller irdisch gesinnten Menschen. Darum ist ihr Lebensgefühl so jammervoll. „Es ist ein elend jämmerlich Ding um aller Menschen Leben.“

Dieser Seelenqual und diesem Elendszustand kann aber wieder abgeholfen werden, wenn eine Geburt von oben sich in der Seele eröffnet. In diesem neuen Leben finden wieder göttliche Funktionen statt. Das Licht wird wieder in der Seele geboren, und die Seele wird frei vom Gesetz der Sünde und des Todes.

Die menschliche Seele – ein „Wurm“

(„Da ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlöscht.“)
Es handelt sich um die Seele des natürlichen Menschen, der unter der Gewalt der Sünde und des Todes steht. Der biblische Ausdruck „Wurm“ ist ein Bild und Gleichnis des Todeswesens in unserer gefallenen Seele. Während unter Feuer mehr das Leben gemeint ist, will „Wurm“ das in uns wirkende Todesgift bezeichnen. Dieses Gift wirkt im Menschen seit dem Sündenfall. Vor dem Fall wurde im Menschen mit Hilfe der göttlichen Weisheit das Leben erzeugt, sodass das Leben das Licht des Menschen war – und ihn verklärte und beseligte. Der Fall hat ihn des Lebens und der ganzen göttlichen Lebensfunktion beraubt, sodass kein Licht mehr im Menschen herrscht und auch nicht mehr fortgepflanzt wird. Anstelle des Lichtes herrscht das Feuer, d. h. ein Leben, das nie befriedigt ist, weil aus ihm nicht mehr die Herrlichkeit Gottes geboren wird. In diesem Sinn ist die Seele ein Feuer.

Weil aber in diesem an sich unseligen Leben statt des Lebensvorganges ein Todesprozess stattfindet, spricht die Schrift von einem in unserer Seele herrschenden „Wurm“. Dieser frisst und nagt und zerstört, und ist darum ein Bild der Wirkung des Todes in uns. Dieser Todeswurm stammt nicht aus Gott; sondern er ist ein Produkt der teuflischen Phantasie und des teuflischen Neides. So wie Christus das Leben in uns ist, so ist dieser Wurm der Tod in uns. Er zerstört alles, was nicht aus Gott seinen Ursprung hat, und ist der „letzte“ Feind, d. h. die höchste und äußerste Gewalt, die der Drache hervorgebracht hat. Nach der Schrift soll dieser letzte Feind einmal aufgehoben werden, d. h. auch selbst sterben. Aber anders, als er im Menschen wirkte. Der Todeswurm bringt dem Menschen den Tod, die „Gabe“ des Drachen. Ihm wird seiner Zeit die Gabe aus Gott, nämlich Leben eingehaucht werden, sodass er seinen Charakter als Tod verliert. Das Leben „verschlingt“ ihn, so wie der Tag die Nacht verschlingt. Solange er aber in der Seele wirkt, ist er in ihr ein Trieb zum Sündigen, also zum Selbstmord. Je mehr Sünde, desto mehr Tod in uns. Das alles ist Auswirkung des göttlichen Fluches: „Ihr werdet des Todes sterben.“ –

Das Gegenstück zum Todeswesen

Das Gegenstück zu diesem Todeswesen des natürlichen Menschen ist die wieder erlangte Herrlichkeit Gottes in einem Wiedergeborenen. Diese wird dem Menschen als Ebenbild anerschaffen und wirkt belebend, beseligend, erquickend und beruhigend. Es ist Gott selbst in der Seele, das Lebenslicht. Jetzt ist die Seele kein Wurm mehr, sondern eine Lebensquelle, aus der Licht und Leben – statt Finsternis und Tod – quillt.

Im natürlichen Zustand der Seele brennt nur das immer begehrende Feuer, verlangt und sucht Leben; aber die Seele sucht falsch: in den Kreaturen statt in Gott! In einer solchen Seele herrscht Unruhe statt Ruhe, Begehren statt Sättigung, Leere statt Fülle, Finsternis statt Licht, Tod statt Leben, Satan statt Gott. Da ist die Seele ein sich selbst quälender, ja sich selbst tötender und fressender Todeswurm. Ein solches Leben unter der Herrschaft des Todes ist kaum lebenswert – und „ein elend jämmerlich Ding“. Dauernd vollziehen sich in ihm nur Todesprozesse. Der Not und dem Jammer kann nur dadurch abgeholfen werden, dass das Licht des Lebens wieder in ihr geboren wird, nämlich in dem Leben von oben mit seinem Geistesgesetz. Dieses macht frei vom Gesetz der Sünde und des Todes, was eine ganz bedeutende und große Sache ist. Vorher sucht der Mensch alles aus im ganzen Schöpfungsraum und findet nicht, was ihn befriedigt und beseligt. Denn er sucht falsch: statt bei Gott – bei den Kreaturen, die ebenso arm und noch ärmer sind als er selbst. So wird er allmählich des Suchens müde; alles erscheint ihm eitel, d. h. leer und ohne Gehalt.

Aus diesem Zustand tritt er in dem Maße heraus, als das Licht des Lebens ihn wieder erfüllt und er die Herrlichkeit, d. h. Gott selbst wieder in sich bekommt.

Die menschliche Seele – und ihre Ruhe

Die natürliche Menschenseele, die im Feuer existiert, ist in die Unruhe gesetzt, weil das Feuer wohl immer begehrt, aber nie wahrhaft befriedigt wird. Noch mehr Unruhe verursacht der Feuerwurm, d. h. das Todeswesen in uns. Der gefallene Mensch befindet sich in einer geradezu heillosen Lage im Blick auf Ruhe und Seligkeit seiner Seele. Es besteht in ihm selbst keine Möglichkeit, sie zu erzeugen; noch weniger findet er die Ruhe außer sich. Wo und wie aber findet die Seele dennoch Ruhe?

Um dies klar zu erkennen, muss man sich an den urbildlichen Adam und seine Seelengestalt erinnern. Er war nicht nur Feuer und Todeswurm; sondern ihm war das göttliche Lebensprinzip, die Weisheit, beigegeben, mit deren Hilfe das Seelenfeuer Licht ausgebären konnte. Licht aber ist das Ruheelement der Seele; ist sie doch selber eine „Leuchte des Herrn“; darum kann nur Licht sie nähren. In dieser göttlichen Lebensordnung, die Paulus mit dem Gesetz des Geistes wieder erreicht hat und in welcher Jesus, der Sündlose, als Mensch dauernd gelebt hat, wird in der Menschenseele das Leben erzeugt, während das Gesetz der Sünde den Tod hervorbringt. Und dieser – geistliche – Tod macht die Seele „todunglücklich“, während das Licht und das Leben ihr volle Genüge sind.

Unbewusst strebt und sucht unsere Seele solche Ruhe und Seligkeit. Aber sie sucht sie am falschen Ort: in den Kreaturen statt in Gott. Es ist völlig verkehrt, sich durch die oder jene Sünde ein Glücksgefühl verschaffen zu wollen. Immer wird die Seele betrogen sein und hintennach sich höchst unglücklich fühlen. Denn sie hat den Tod anstatt des Lebens genossen. Weniger schlimm ist der Gottersatz, den die Seele in den Gütern dieser Welt sucht, vorab im Reichtum; aber auch in der Ehre oder im Besitz von Macht. Doch ist sie abermals betrogen. Nur erkennen sehr wenige Menschen diesen Betrug von Hölle und Weltgeist. Sie hatten die Treber dieser Welt für Delikatessen und das Gift des Todes für einen Genuss. Aber sie essen sich tot. Nur in Gott kann eine Menschenseele Fülle statt Mangel, Leben statt Tod, Licht statt Finsternis usw. finden. Nur im Schöpfer findet das Geschöpf Leben und volle Genüge. Denn der Schöpfer ist die alleinige Lebensquelle; Er ist in sich selig und herrlich. Und darin besteht solche Seligkeit, dass ununterbrochen aus den Kräften des ungeoffenbarten Gottes das Licht geboren wird. Dieses Licht ist der eingeborene Sohn Gottes, die Freude und Wonne des Vaters, sein „lieber Sohn“. Vater und Sohn, zu einer Einheit zusammengeschlossen, befinden sich in absoluter Ruhe und Seligkeit. Und nur bei einem solch seligen Wesen kann der Mensch Seligkeit finden.

Und dies auf ganz ähnliche Weise, indem aus seinen Seelenkräften, die – in geschöpflicher Beschränkung – denen des Vaters gleichen, ebenfalls Licht – mit Hilfe der göttlichen Weisheit – erzeugt wird. Dies ist aber beim gefallenen Menschen völlig ausgeschlossen. In wiedergeborenen Menschen dagegen, deren Leben „von oben“, d. h. sündlos ist, funktioniert wieder das Gesetz des Geistes während das Sündengesetz mehr und mehr ausgeschattet wird. Dieser neue Mensch „von oben“ ist wieder der göttlichen Gemeinschaft fähig und würdig und lebt auch tatsächlich in der „Zweisamkeit“ mit Gott, wie einst der Sohn Gottes, als Er Mensch war. Diese Gemeinschaft oder Einheit mit Gott aber ist die absolute Voraussetzung alles Seligseins, aller Ruhe und alles Friedens, den auch die Welt nicht geben kann. Das ist dann der von Gott gewollte und Ihm gefällige Zustand eines Menschen, in welchen aber nur der Wiedergeborene zurückkehren kann. Alle andere Frömmigkeit, die nicht auf dieser neuen Geburt und dieser Gemeinschaft mit Gott gründet, ist Schein und darum Betrug. Nur in Gott findet die Seele Wesen, Wahrheit, Echtheit. Drum gilt: „Eil` diesem Ursprung zu!“

Das wahre Glück der Seele

Diese Verbindung mit Gott, dem Schöpfer, ist auch die einzig echte Verbindung, darum auch das wahre Glück der Seele. Falsch und beunruhigend ist die Gemeinschaft zwischen Mensch und Geschöpf jeglicher Art. Völlig verkehrt aber und eine höllische Pein die Verbindung von Mensch und Teufel. Immerhin sind diese Verbindungen möglich; aber wie gefährlich und peinvoll sind sie!

Es gibt nur eine Quelle des Lebens und des Lichtes. Der Teufel, d. h. die Finsternis, ist kein eigenes Prinzip des Lebens. Sein Leben ist abgeleitet und geschöpflich; infolge einer falschen Funktion des „Lucifer“ ist er der finstere Fürst der Hölle geworden. Wie aus Gott Leben strömt, so strömt aus ihm Tod und Verderben, d. h. Hölle. Es wäre völlig unwahr und unbiblisch, zwei Grundprinzipien oder Lebensanfänge anzunehmen. Dann müsste ja auch die Menschenseele sowohl bei der einen als bei der anderen Leben und Glück finden. Sie findet diese Güter nur in Gott, der einzigen Urquelle alles Lebens. Wiederum: es kann aus dem einen Ungrund des Lebens kein doppelter Urgrund, also nicht Licht und Finsternis geboren werden. In Gott ist nur Licht, und aus Gott kommt nur Licht. Alle Geschöpfe, besonders aber die Menschen, tun gut daran, das Leben und die Seligkeit bei Ihm und nirgends sonst zu suchen.

Weil nur in Gemeinschaft mit diesem Licht- und Schöpfergott Leben und Heil für das Geschöpf zu finden ist, darum heißt das göttliche Manifest: „Ich mache alles neu“, damit einst Gott sein kann „alles in allen“. Dann aber sind diese „alle“ voll Leben und Glück, weil sie voll Gottes sind. Die gefallene Menschenseele ist unglücklich und unselig; ihr Leben ekelt sie des Öfteren an, bis sie – aus göttlichem Erbarmen – das in Christo uns angebotene Leben wieder gefunden hat. In Ihm und durch Ihn und zu Ihm sind alle Dinge geschaffen; auch der Mensch, der im Kleinen sein soll, was Gott im Großen ist: eine Geburtsquelle des Lebens. Hier findet die Seele – die Ruhe! Denn es bleibt wahr: „Gott ist die Ruh`! Drum Seele, eil` dem Ursprung zu!“

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