Das stellvertretende Strafleiden Jesu

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

Abschrift des Heftes: Der göttliche Liebesplan
Julius Beck (1887-1962) stammt aus Altingen.
Er war Mittelschullehrer in Calw, nach 1945 Rektor.

Aus der Reihe: Vätererbe Bd. IV (1962)
Verlag Ernst Franz Metzingen, Württ.

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Der göttliche Liebesplan

10. Das stellvertretende Strafleiden Jesu

Für uns Ungerechte vergoss Jesus, der einzige Gerechte, sein Blut, um uns mit Gott und Gott mit sich selbst zu versöhnen. Nur Er vermochte dieses Amt der Versöhnung auszuführen. Denn Sein Blut musste in das Feuer des ewigen Geistes hineingetragen werden. Hier wurde es scharf angegriffen, so dass eine große Angst über Ihn kam. Diese Angst steigerte sich - in Gethsemane - in einem Ausmaß, dass sie sich auf das Körperliche übertrug und Ihm den Angstschweiß austrieb. Diesen Zustand hätte ein sündiger Mensch nicht ertragen können; sein Wesen wäre zerstört worden, überhaupt kann kein Mensch durch seinen eigenen Tod Gott versöhnen; der Tod eines gewöhnlichen Menschen hat bei Gott keine versöhnende Kraft. Jesus musste mit seinem Blut bezahlen, was Adam einst geraubt hatte. Adam war der Kanal, durch welchen die Kräfte der Himmelswelt sich den Kreaturen mitteilten. Als er sein Ebenbild verlor, hörte diese Vermittlungstätigkeit auf. Ja sie verkehrte sich in ihr Gegenteil! Da der sündig gewordene Adam keine Zuflüsse mehr erhielt aus der Gotteswelt, wurde er selbst arm und bedürftig. Er wandte sich zur Kreatur und holte dort Ersatz für die verlorenen Gotteskräfte. Er war zum Bettler und zum Räuber geworden und machte dadurch die Kreatur seufzend. Durch das Ausgießen des Blutes Jesu erhielten diese seufzenden Kreaturen in etwas wieder, was ihnen von Gott her zugedacht war. Sie werden aber - etwa im 1000-jährigen Reich - wieder ein Vollmaß dieser Kräfte bekommen.

Es stellten alle Kreaturen aus ihrer inneren Qual heraus Ansprüche an Jesum als Versöhner. Von allen Seiten her geschah dies; das ganze All forderte sozusagen von Ihm Ersatz. Daher kamen seine Höllenqualen, unter denen Er Blut schwitzen musste. Unter Angst und Schmerzen zahlte Er, was wir geraubt hatten - in Adam, und auch heute noch rauben. Wir sollten der Kreatur etwas geben; nun aber nehmen wir von ihr, um selbst existieren zu können. Das Blut, das Jesus in Gethsemane und auf Golgatha vergoss, hatte einen Doppelcharakter. Im Blut ist das Leben; dieses ist der geistige Teil des Blutes; das Flüssige ist der mehr materielle Teil. Entsprechend diesem doppelten Charakter „trug“ Jesus den geistigen Teil in das Allerheiligste, d. h. in die Quellkräfte Gottes. Diese sind siebenfach; in den vier ersten Eigenschaften dieser Kräfte brennt das Feuer des göttlichen Zornes. Dieses Zornfeuer wurde durch das Blut Jesu besänftigt und in Liebe verwandelt. Musste Gott vorher nach seiner Gerechtigkeit dem Sünder zürnen, so kann Er jetzt, nachdem die Versöhnung geschehen ist, dem Sünder in Christo gnädig sein. Das ist das Evangelium des Neuen Bundes und bedeutet unser aller Heil.

Das andere Teil des vergossenen Blutes floss sozusagen in alle jene Kreaturen, die versöhnt werden sollten. Auch in ihnen brannte der Zorn Gottes. So bedeutet es ein Brennen des Zornes Gottes, wenn der Mensch sündigen muss. Da steht er „unter dem Zorn“; als ein durch Christus Erlöster steht er „unter der Liebe Gottes“. Durch sein schmerzvolles Strafleiden erstattete Jesus allen Kreaturen, was ihnen Adam geraubt hatte. Er erstattet auch uns Menschen, was uns durch den Fall verloren ging, und bringt uns das Ebenbild Gottes wieder. Dazu sind die sieben Geister Gottes ebenfalls in das Blut Jesu gehüllt und führen ihre zerstörende und erneuernde Arbeit am Menschen so lange aus, bis er wieder in das Bild Gottes zurückgebracht ist. Erst dann kann man von einer Versöhnung in vollem Ausmaß sprechen.

Beim levitischen Gottesdienst wurden die vier Hörner des Altars mit dem Blut des Opfertieres besprengt. Das war ein Vorbild auf die vier ersten Eigenschaften der ewigen Natur, in welche das Blut Jesu aufstieg. Nun aber besprengen die 7 Geister Gottes die ganze Schöpfung mit diesem Blut der Erneuerung; denn Gott ist daran, alles neu zu machten. Im Blute Jesu aber fassen sich die Kräfte Gottes zur Neuschöpfung. So groß ist die Bedeutung dieses gottmenschlichen, in den Geist erhöhten Blutes! Die Allmachtskräfte der 7 Hörner und der 7 Augen werden noch alles erneuern.

Jesus als Todesüberwinder

Sünde und Tod können nach Gottes Rat und Willen überwunden werden; denn sie sind nicht allmächtig. Doch geht ihre Überwindung weit über menschliche Kraft hinaus, da der Mensch selbst der Sünde und dem Tod verfallen ist. Dadurch, dass Jesus die Sünde überwunden hat, ist für uns eine Kraftquelle erschlossen, aus welcher jeder Mensch Kräfte holen kann, um auch überwinden zu können. „In dem allem überwinden wir weit“, rühmt Paulus.

Jesus, der Sohn Gottes, der allein die Sünde zu überwinden vermochte, hat darüber hinaus Leben und Gerechtigkeit für uns erworben. Sünde und Tod sollen in der neuen Schöpfung - und auch beim wiedergeborenen Menschen - keinerlei Recht mehr haben; sie werden in das Nichtsein zurückgeführt.

Hatte Gott keine Möglichkeit der Überwindung geschaffen, dann waren allerlei Zweifelsfragen möglich: Ob etwa Gott nicht allmächtig sei? Ob seine Liebe uns Menschen in der Gewalt der Sünde belassen könne? Er hätte freilich das Aufkommen der Sünde von allem Anfang an verhindern müssen, wenn Er nicht eine völlige Überwindung von Sünde und Tod in Aussicht genommen hätte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Er für die Sünde irgendwie könnte verantwortlich gemacht werden. Dagegen hat Gott die Sünde in seinen Plan der Weltregierung aufgenommen und es steht uns nicht zu, zu fragen, ob es nicht doch besser gewesen wäre, wenn Er nie hätte Sünde und Tod aufkommen lassen. Sünde und Tod müssen den göttlichen Ratschluss befördern: dieser aber ist, die zweite Schöpfung herrlicher zu machen als die erste. Der Teufel, der der Ursächer aller Sünde ist, muss also - gegen seinen Willen - dem göttlichen Willen dienstbar sein. Gott aber wird verhindern, dass Sünde und Tod in der neuen Schöpfung abermals auftreten.

Wie sehr Sünde und Finsternis dem Willen Gottes entgegen sind, zeigt die Tatsache, dass Jesus die Überwindung der Sünde gerade dadurch vollendet hat, dass Er bis ins Kleinste hinein den Willen seines Vaters tat. Der Teufel und Adam sündigten darin, dass sie den eigenen und nicht den Willen Gottes taten. Sünde und Finsternis stammen also aus dem bösen Eigenwillen Satans.

Wer die Sünde zu überwinden vermag, überwindet damit auch die Ausgeburt der Sünde, den Tod. Gott hat der Sünde ihre Schranke gesetzt; sie muss ihren Träger töten. Die Sünde ist das Unrecht, d. h. lauter Ungerechtigkeit Gott gegenüber; wer die Sünde überwindet, schafft damit auch Gerechtigkeit. Ebenso: wer den Tod überwindet, schafft damit das Leben für uns. Denn wo sich in einem Geschöpf der Eigenwille durchsetzt im Gegensatz zum Willen Gottes, quillt aus dem Kreuzungspunkt der beiden Willen der Tod hervor. Wo aber der geschöpfliche Wille sich dem göttlichen Willen unterordnet, fließt aus diesem Kreuzungspunkt das Leben hervor. Diese Grundordnung des Lebens hat Gott gesetzt; uns aber ist gesagt, was vor Gott gut und recht ist. Der Gehorsam gegen Gott ruft dem Segen, der Ungehorsam dem Fluch. Jesus war gehorsam bis zum Tod; „darum hat Ihn auch Gott erhöht“. Es gibt also eine doppelte Art von Tod. Stirbt der Mensch seinem eigenen Willen, so führt dieses Sterben zum Leben. Tut er seinen eigenen Willen - indem er den Willen Gottes verneint, so ist das ein Sterben zum Tod. Dieser falsche Weg ist gemeint, wenn Gott sagt: „Ihr werdet des Todes sterben.“ Jesus verwandelte das falsche Sterben in das wahre Sterben und hat dadurch Gerechtigkeit und Leben ans Licht gebracht. Wo wir Ihm nachfolgen, quillt auch in unserer Seele wieder der Lebensstrom.

Wo auf diese Weise die Quelle des Todes in uns verstopft wird, treten die ursprünglich von Gott geschaffenen Verhältnisse wieder in Kraft. Adam hatte vor dem Fall die Lebensquelle in sich, weil er den Willen Gottes tat. Wer - nach dem Fall - wiederum den Willen Gottes tut, bekommt auch wieder das Leben als das Licht in sich hinein. Dies wird sich stufenweise bei ihm vollziehen nach dem Maß des neuen Gehorsams.

Vom sterbenden Leben

Der Mensch bekommt durch Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gebot wieder Gemeinschaft mit Gott und erlangt so die Seligkeit. Es ist darum verwunderlich, dass nicht alle Menschen den Weg des Gehorsams, d. h. des Willenstodes am innern Kreuz der Seele gehen. Sie werden daran gehindert durch Verführung der Sünde und durch die Bitterkeit des Todes ihres natürlichen Willens. Hier gilt es, sich selbst zu überwinden, um wieder zur Lebens- und Seligkeitsquelle zurückzufinden. Jesus übte in sich ein doppeltes Sterben. Es war Ihm nach seiner göttlichen Natur ein süßer Tod, den Willen seines Vaters zu tun. „Das ist meine Speise, dass ich tue den Willen meines Vaters.“ Indem Er aber nach seiner menschlichen Natur dem natürlichen Willen starb, empfand Er auch die Bitterkeit dieses Sterbens. In Gethsemane steigerte sich diese Bitterkeit bis zur 154 äußersten Qual, so dass Ihm Engel zu Hilfe kommen und Kraft bringen mussten oder durften! So viel in einer gefallenen Seele das Gesetz des Geistes zur Herrschaft kommt, übt auch sie dieses doppelte Sterben. „Wer viel stirbt, der stirbt endlich auch gern“, weil aus dem freiwilligen Tod die Seligkeit kommt. Für unsere angeborene Natur bedeutet es zeitlebens eine Bitterkeit, sich ins Sterben zu geben; denn in ihrem Eigenwillen offenbart und behauptet sich ihr eigenes Leben: Dieses dranzugeben, kommt in der Tat einem Sterben gleich. Es ist aber ein „Sterben zum Leben“.

„Lange hab' ich mich gesträubt, endlich geb' ich nach. Wenn der alte Mensch zerstäubt, wird der neue wach.“ Durch sein völliges Willensopfer ist Jesus Hoherpriester für die ganze Menschheit, ja für die gesamte Schöpfung geworden. Diese Würde wurde Ihm nicht nur „amtlich“ übertragen - wie etwa Aaron; Er hat sie erkämpft. Der Kampf bestand darin, dass Er alle Möglichkeiten von Versuchungen an sich herankommen ließ, die irgendwie uns Menschen treffen könnten. Diese hat Er alle überwunden und ist dadurch unser wohl versuchter Hoherpriester geworden, der unsere Not kennt und darum Mitleiden mit uns haben kann. Indem Er alle Versuchungen überwand, wurde er für uns Vorbild und Kraftquelle, aus der wir nehmen dürfen, um in unseren Proben bestehen zu können. Insofern ist Sein Opfer stellvertretend für uns. Folgen wir Ihm aber nicht nach in dasselbe Sterben und Verleugnen, so nützen uns seine erworbenen Kräfte und Rechte nichts; wir gebrauchen sie ja nicht. Sie lediglich als Verdienst über sich herzuziehen, käme einem Missbrauch Seines Opfers und Verdienstes gleich. Bei solchem Selbstbetrug tut man seinen eigenen Willen, nimmt aber das Verdienst in Anspruch, das Jesus durch Hingabe seines Willens für uns erworben hat. Das ist Missbrauch des Opfers Jesu. Jesus wurde von seinem Vater belohnt dafür, dass Er in das Sterben seines eigenen Willens einging, und sogar den Tod am Kreuz starb. Darum hat Ihn die überschwängliche Kraft Gottes aus dem Tode erweckt und in ein neues, höheres Leben gerufen. Dieselbe Kraft hat Ihn auch in das himmlische Wesen versetzt und in die Gottheit aufgenommen. Das war eine vollkommene Rechtfertigung für Ihn. Als ein Glied in der Gottheit aber wurde Er zum Hohenpriester für uns eingesetzt. Einen solch hohen Priester haben wir nun! Es ist Ihm diese Würde nicht kampflos zugefallen. Wohl war Er sich in Erleuchtungsstunden bewusst, dass Er dazu berufen sei, dem Tod die Macht zu nehmen und Leben und unvergängliches Wesen ans Licht zu bringen. Doch verdunkelte sich dieses Licht auch wieder, wenn der Vater sich innerlich in Ihm verbarg. Dadurch kam Er viel und oft in schwere Versuchung hinein, wo Ihm der Glaube an seine hohe Bestimmung und an das Gelingen seines Werkes verdunkelt war. Aber Er blieb auch in solchen Versuchungsstunden an dem Willen Gottes hangen, bis wieder Licht und Kraft in seinem Herzen hervorkamen. So kostete es auch Ihn einen harten Kampf, je und je den Willen des Vaters zu tun. Doch wurde Er nicht über Vermögen versucht; auch hier hieß es: „Ich bin nicht allein, sondern der Vater ist bei mir.“ In der Kraft des Vaters starb Er und überwand damit Sünde und Tod. So ist Er der wahre Todesüberwinder geworden, dem alle Ehre und aller Ruhm gebühren.

„Preis dem Todesüberwinder!
Sieh, Er starb auf Golgatha!
Preis dem Retter aller Sünder,
Preis Ihm und Halleluja!“

Lies weiter:
Der Verklärungsweg Jesu und unser Weg (Vätererbe Bd. V)