Johannes der Täufer und das Gotteskind

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Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

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Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
69. Ums Königreich Mt 9:35-48 (1924)

70. Johannes der Täufer und das Gotteskind

  • Mt 11:2-15 (ELB) (2) Als aber Johannes im Gefängnis die Werke des Christus hörte, sandte er durch seine Jünger (3) und ließ ihm sagen: Bist du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen warten ? (4) Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und verkündet Johannes, was ihr hört und seht: (5) Blinde werden sehend, und Lahme gehen, Aussätzige werden gereinigt, und Taube hören, und Tote werden auferweckt, und Armen wird gute Botschaft verkündigt. (6) Und glückselig ist, wer sich nicht an mir ärgern wird! (7) Als die aber hingingen, fing Jesus an, zu den Volksmengen zu reden über Johannes: Was seid ihr in die Wüste hinausgegangen anzuschauen ? Ein Rohr, vom Wind hin und her bewegt? (8) Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Menschen, mit weichen [Kleidern] bekleidet? Siehe, die weiche [Kleider] tragen, sind in den Häusern der Könige. (9) Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Propheten? Ja, sage ich euch, und mehr als einen Propheten. (10) Dieser ist es, von dem geschrieben steht: «Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg vor dir bereiten wird.» (11) Wahrlich, ich sage euch, unter den von Frauen Geborenen ist kein Größerer aufgestanden als Johannes der Täufer; der Kleinste aber im Reich der Himmel ist größer als er. (12) Aber von den Tagen Johannes des Täufers an bis jetzt wird dem Reich der Himmel Gewalt angetan, und Gewalttuende reißen es an sich. (13) Denn alle Propheten und das Gesetz haben geweissagt bis auf Johannes. (14) Und wenn ihr es annehmen wollt: er ist Elia, der kommen soll. (15) Wer Ohren hat, der höre!

Ein Adventsvergleich

Wir stehen in unserer Geschichte auf Gesetzesboden; wir stehen auf Königreichsboden, und da noch in der Zeit v o r der vollbrachten Erlösung. Das will wohl im Geiste erwogen sein. Diese Geschichten aus der gesetzlichen Zeit und aus der Zeit des anbrechenden Königreichs der Himmel dürfen nicht vermengt werden mit dem Gotteskindschaftsstand und -wesen. Jede Haushaltung Gottes hat ihre eigenen Ordnungen. Die Kindschaftshaushaltung hat die höchsten und herrlichsten in der größten Tiefe. Johannes der Täufer ist nach des Heilandes eigenen Worten in unserem Text der Größte unter den Weibgeborenen. Er ist der gewaltigste Gesetzesmann, auf welchen hin alle anderen geweissagt haben; gerade an ihm können wir darum die alles überragende Größe und Art des Gotteskindschaftsstandes ermessen. Der Heiland fordert selbst zu solchem Vergleich auf, wenn Er sagt: „Der Kleinste im Königreich der Himmel isst größer denn er.“

Wir können hier ermessen, welch hohe und imponierende Stufen religiösen Lebens die Menschen auch außerhalb des Gotteskindschaftsstandes erlangen können, wenn ein Johannes der Täufer selbst gegenüber den Kleinsten im Königreich der Himmel zurückstehen muss, d.h. da hinein noch nicht gehört. Ja, es gibt eine große Frömmigkeit auch außerhalb des Kindschaftsstandes. Wir urteilen hier nicht, ob Johannes der Täufer drüben in der anderen Welt nicht wachstümlich noch in den Kindschaftsstand eingerückt sei. Wir glauben das sicherlich. Aber hier auf Erden war und blieb er im Schattengesetzesstand und rückte nicht einmal ins Königreich der Himmel ein, geschweige denn, dass er ein Kind Gottes geworden wäre.

Und doch, wie groß war er, auch auf dem Boden der Offenbarung. Hier geschehen viele Verwechslungen. Gar viele Menschen, welche natürlich fromm oder gesetzlich fromm sind und die Werke ihrer Haushaltung tun, in der sie stehen, werden in unseren Tagen für lebendige Christen oder für Kinder Gottes gehalten. Infolge dieser Verwechslung wird dann vielfach der Stand des Kindes Gottes gar nicht klar und hell erkannt und auch nicht richtig ergriffen. Darum eben soll der große Johannes der Täufer uns Veranlassung geben, seinen Stand unter dem Schattengesetz und im Licht des anbrechenden Königreichs zu vergleichen mit dem Stand eines geborenen Kindes Gottes. Das wird allen, welche Gnade und Glauben ergriffen haben, viel helfen zu einem festeren Stehen in Christo.

Die Zweifel des Johannes

Wir finden Johannes den Täufer in unseren Versen im Gefängnis. Er muss schon längere Zeit drin gelegen haben; denn er hat, wie wir sehen und hören, des Heilands Wirken von dort aus genau verfolgt und beobachtet. Und diese Beobachtung hat ihn in tiefste Zweifel geworfen. Er hatte anderes erwartet vom Messiaskönig, als er sah und hörte. Johannes war einhergegangen im Geist in und in der Kraft des Elia. Mit zerschmetterndem Ernst hatte er Gericht gepredigt, hatte die Geister geschieden und so dem Messias Bahn gemacht. In seinem Herzen stand das Kommen des Messiaskönigs im Zeichen des Gerichts. Er dachte, der Messias würde die Axt den Bäumen an die Wurzel legen. Er vermeinte, der verheißene Davidskönig werden Seine Tenne fegen, Er werde die Worfschaufel nehmen und Weizen und Spreu voneinander scheiden. Er sah im Geist die Unbußfertigen gerichtet, und die Bußfertigen gesammelt zum Volk des Herrn, mit welchem Christus dann seine Königsherrschaft aufrichten werde. Kreuz und Sterben des Messias, Sein Tod und Grab und dann Sein Auferstehen lagen auch Johannes dem Täufer noch fern. Wohl hatte er ausgerufen: „Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.“ Aber dieses Wort hatte für ihn noch nicht den Inhalt, welchen es für uns heute hat. Das Wörtchen „trägt“ heißt auch eigentlich nur „wegträgt, fortträgt“. Die Kreuzestiefe sah Johannes nicht. Gericht und danach folgende Herrlichkeit für das Volk waren seine beiden Pole.

Was musste er aber da nun erleben! Keine Spur von dem erwarteten messianischen Gericht! Im Gegenteil: ein Herodes war groß und tanzte - er, Johannes, litt und blieb gefangen. Wo blieb der Recht schaffende Messiaskönig? Und dann ging der Heiland hin, niedrig und arm, lehrte und heilte, war freundlich, gnädig und barmherzig; aber gegen die unbußfertige Pharisäerschar geschah nichts. Mehr und mehr hieß es bei Johannes: das kann nicht der rechte Messias sein. Ich habe mich wohl in Ihm getäuscht und einen falschen getauft. Und doch, was hatte er alles erlebt mit Ihm! Endlich schickt er zwei Jünger mit der Entscheidung fordernden Frage: „Bist Du, der da kommen soll, oder sollen wir eines anderen warten?“ Jesus war ihm fraglich. Über Jesus hing ihm ein Schleier. Ein anderer lebte in seinem Geist, ein andersartiger; darum schwankte seine Seele, ob sie nicht einen anderen erwarten sollte! So ging’s dem großen prophetischen Gesetzesmann, nicht einmal über Jesus war er sich klar.

Der Stand des Gotteskindes

Seht hingegen den Gotteskindschaftsstand! Wenn ein Mensch durch den Heiligen Geist zum lebendigen Glauben gekommen ist, dann ist ihm Jesus klar. Bei einem Gotteskind gibt es über den Gottessohn keinen Zweifel. Man ist ja selbst Sohn, gezeugt durch des Sohnes Geist. Die Gläubigen in Christo sind in dem einigen Sohne, dem gekreuzigten, auferstandenen und verklärten, gegründet und gewurzelt. Hier geht es bei ihnen von einer Klarheit zur anderen. Die Gläubigen in Christo sind Zeugen Seines Namens in Wort, Werk und Wesen. Wo wir ein Gotteskind treffen, es sei auf welcher Stufe es wolle, so bekennt es den e i n e n Namen, so kennt es den Sohn und den Vater. Ein Kind Gottes mag versucht werden allenthalben - hat es doch eine stets sich vertiefende Sündenerkenntnis, hat es doch Satan und sein Reich zum Feind - eins bleibt ihm: der eingeborene, ewige Sohn. Hierüber gibt der Geist dem Gottgeborenen unaussprechliche Klarheit. Das ist das Wunder des Glaubens, dass die unsichtbare Welt mit ihren Grundwahrheiten ihm offen und hell ist.

Dazu gehört vor allem - der Sohn. Was nicht aus Gott ist, hat auch keinen festen Stand im Sohn, im erniedrigten und erhöhten. Da gibt es Schwankungen und Zweifel; da gibt es Anläufe und Rückfälle auch bezüglich des Sohnes und Seines Werkes. Die Gotteskinder leben, weben, leiden, kämpfen, sterben und stehen auf im Sohn. Die Gemeine ist die Trägerin der Felsenwahrheit des Eingeborenen. Was haben wir Kinder des Geistes da vor einem Johannes voraus! Gotteskindschaft macht wohl immer ärmer in uns selbst, aber sie ist Wissen und Gewissheit von Ihm. „Ich kenne die Meinen und bin bekannt den Meinen.“ Stehst du so als Kind? Wenn alles dir schwände - Einer bleibt! Wer’s nicht hat, bitte einfältig, so wird’s ihm gegeben werden! Selige Kindschaft!

Trost für Johannes

Der Heiland gibt nun beiden fragenden Johannesjüngern einen Trost mit. „Gehet hin und sagt Johannes wieder, was ihr seht und hört: Die Blinden sehen, die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein, die Tauben hören, die Toten stehen auf, den Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, der sich nicht an Mir ärgert.“ So haben die Propheten, sonderlich Jesaja, vom Messias gezeugt, so hat’s Jesus erfüllt, also ist Er der Verheißene. Wir wissen nicht, wie weit es Johannes ergriffen hat; wir denken, er war aufgerichtet. Bald darauf ist er als Märtyrer gestorben. Wir wissen nur, dass der Heiland uns heute so n i c h t t r ö s t e n könnte: die Blinden sehen, die Lahmen gehen, die Tauben hören, die Toten stehen auf - das geschieht eben alles heute nicht.

Wohl hat die gläubige Gemeine auch die Gabe der Heilung, wohl dürfen wir uns zu unserem Heiland aller Dinge versehen; aber mit den äußerlichen Sachen geht es in der G e m e i n e anderes zu als im K ö n i g r e i c h . Wo der Herr König ist, das dringt Er auch durch das Leibliche. Die Kinder Gottes aber tragen ihren Schatz in irdenen Gefäßen. Wir seufzen über unserem Leibe und sind beschwert; wir warten auf unseres Leibes Erlösung. Als der Heiland das Judenvolk zu Seinem Königreichsberuf aufrufen wollte, da machte Er a l l e gesund. Was zu Ihm kam, bekam auch Hilfe. Wenn Er wiederkommen wird, Sein Reich aufzurichten, wir es wieder so sein. Bei den Kindern Gottes aber gehört zu ihrem Wesen das N i c h t s e h e n und doch g l a u b e n. Achten wir wohl: alles, womit der Herr den Täufer tröstet, geht a u f das L e i b l i c h e, geht a u f das S e h e n. Das ist der Charakter des Gesetzes und des Königreichs. Bei den Kindern Gottes heißt es: „Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige, und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit aus, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare."

Geistesgemeine oder Messiasreich

Die Geistesgemeine steht hier ganz anders als ein Johannes der Täufer; sie hat unendlich viel mehr. Geist ist mehr als Fleisch! Ach, wüssten das doch alle Gläubigen immer! Die Gotteskinder haben Geistesleben. Bei ihnen ist Vergebung, Leben und Seligkeit. In ihnen wächst unter Kreuz, auch unter Leibeskreuz, das Gleichheitsbild Jesu. Sie können lahm sein - und darunter laufen lernen zum Preisziel; sie können blind sein - und darunter im Lichte wandeln; sie können nichts haben - und darunter alles haben. Als die Sterbenden und siehe, wir leben. Geisteswesen bricht unter Niedrigkeit und Elendigkeit am stärksten durch. Kinder Gottes sehen nicht aufs Äußere, sondern aufs Innere. Alle Religiosität außerhalb der Wiedergeburt ist aufs Leibliche gerichtet; sie jauchzt, wenn sie sieht, was Jesus dem Johannes sagt. Alle neue Geburt erwartet die Leibesdurchherrlichung n a c h der Geistesvollendung, oft unter Leibesbeschwerden. So haben wir auch in diesem Stück unendlich mehr als Johannes. Jene geheilten Leiber mussten alle wieder in den Tod, ein geheilter Geist wächst aus Leben in Leben und reißt endlich den Leib mit hinein.

Als die Jünger des Johannes auf dem Heimweg waren, hob Jesus an, von Johannes zu zeugen. Wie ein Rohr vom Winde geknickt, so war er eben erschienen; wie ein Mensch, der die Härte des Gefängnisses nicht mehr ertragen wollte, sondern sich nach weicheren Kleidern, nach der Herrlichkeit des Messiasreiches sehnte, so war er dagestanden. Der Heiland schützt ihn: Wahrlich, er ist kein Rohr; wahrlich, er ist kein Mann der weichen Kleider - ihr habt ihn wahrhaftig in der Wüste anders kennengelernt; ihr habt ihn auch am Hofe des Herodes anders gesehen. Er i s t auch ein anderer: er ist der größte unter den Propheten. Ja, er ist mehr als ein Prophet; er ist der Messiasherold, der vor Ihm her den Weg bereitet. Er ist der größte aller Weibgeborenen; er ist der Elia, der nach dem prophetischen Wort vor dem Messias kommen soll. So zeugte der Herr für Seinen Knecht. Herrlich und köstlich - und der Messias selbst steht groß und erhaben vor uns im Zeugnis für den mächtigen Propheten. Je und je musste der Herr unter dem Gesetz für die Seinen eintreten.

Das Haupt und seine Glieder

Aber wie groß sind Kinder Gottes! Immer und überall, auf Schritt und Tritt steht das Haupt für Seine Glieder ein. Die Gläubigen in Christo sind die Legitimierten, die von ihrem Herrn mit Dauerausweis Versehenen. So arm die Heiligen Gottes in sich selbst sind, so sündig und voller Fehler sie noch gehen - für Seine aufrichtigen Kinder tritt der Heiland ein. Das ist etwas vom Wunderbarsten im Gotteskindschaftsleben, dies Wohlerwiesen-Sein an den Gewissen der Menschen. Kinder Gottes sind erkannt von der Welt und Gemeine. So sehr die Welt spottet und lacht über den Kinder- und Köhlerglauben, so hat sie doch tiefen Respekt vor den Gläubigen, die in der Wahrheit stehen. Alle wahren Kinder Gottes haben bei allem Widerspruch gegen sie doch einen Vertrauenskreis, ja selbst bei den Widersprechenden sind sie ausgewiesen; sonst widersprächen diese nicht. Der Heilige Geist Christi schafft in den Menschenkindern für die Gotteskinder. Bist du einfältig in Christo, so sei getrost: der Herr zeugt überall für dich vor dir her. Wir sind ein guter Geruch Christi, sei es ein Geruch des Lebens zum Leben bei den einen, oder ein Geruch des Todes zum Tode bei den anderen. Wer den Heiligen Geist nicht innewohnend hat, dem fehlt die Gotteskindschafts-Legitimation. Tief gebeugt betet ein Geistesmensch an über das Zeugen Christi für ihn.

Das Zeugnis Jesu für Johannes

Das Zeugnis Jesu für Johannes den Täufer ist bei aller Größe doch auch eigenartig beschränkt. Den größten unter den W e i b g e b o r e n e n nennt ihn der Herr. Er lässt ihn also auf einer natürlichen Stufe: weibgeboren. Hier nennt Er ihn den größten. Je näher Gott, umso größer. Die religiösen Menschen sind immer die größten. Wer in der K r e a t u r groß ist, der ist, und sei er noch so Meister, klein gegen den auf dem Boden der R e l i g i o n Großen. Danach müssen wir die Menschen biblisch richtig taxieren. Die auf dem Offenbarungsboden der Wahrheit Stehenden sind dann wieder unter den Religiösen die größten. Und unter den Offenbarungsträgern des göttlichen Gesetzes der Wahrheit ist Johannes der größte. Darum ist er der größte unter den Weibgeborenen. Aber schon ein ins Reich der Himmel Eingegangener ist größer denn er. Johannes konnte ja noch nicht bei Lebzeiten ins Reich der Himmel eingehen - noch war der Weg nicht bereitet. Der Kleinste im Himmelreich, von welchem der Heiland redet, ist kein wiedergeborenes Gotteskind. Das hätte ja der Herr viel einfacher ausdrücken können. Der Kleinste im Himmelreich ist vielmehr ein bekehrter auf dem Königreichsboden, ein Mensch, welcher den Messiaskönig hat und kennt, welcher in demselben Vergebung hat und welcher durch Hinkehr zu Ihm, durch Bekehrung Sein Untertan geworden ist.

Ist nun ein solcher schon größer als Johannes, wieviel mehr ein Geistgeborener. Über einen in J e s u s stehenden Menschen geht nichts. „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, dass wir Gottes Kinder sollen heißen.“ Wer im Geiste rufen kann: „Abba, lieber Vater!“ und in diesem Wesen wachstümlich steht, der ist durch Gnade hoch erhöht auch über einen Johannes. Ein K n e c h t - ein zweifelnder Knecht - ein vieles nicht verstehender Knecht: das ist Johannes; ein Geborener - daheim im Hause - auf jeder Stufe verstehend, was er braucht: das ist ein K i n d. Herr, was dürfen wir in Dir glauben!

Das Höchste zum Schluss

Und nun das Höchste zum Schluss. Ein Leidender war Johannes im Gefängnis, ein Schmach Tragender. Wenn Jesus der Messias ist, warum holt Er ihn nicht heraus? So fragte der gesetzliche Königreichsmann jener Tage, so fragt Johannes selbst, so fragen viele. Da gibt der Heiland noch ein wunderbares Wort. Es ist ein Wort, das schon sehr schwer ins Deutsche zu übertragen ist, welche darum auch auf die verschiedenste Weise übertragen wurde. Wir übersetzen so: „Von den Tagen Johannes des Täufers und weiterhin leidet das Königreich der Himmel Gewalt, und Vergewaltigte reißen es an sich.“ Das geht zunächst auf das Königreich der Himmel! Es rechtfertigt den vergewaltigten Johannes. Wie bald sollte der Heiland selbst ein Vergewaltigter sein! Und wie wurde danach die Erstlingsgemeine des Königreichs im jüdischen Volk vergewaltigt! Dann aber begann die furchtbare Vergewaltigungszeit der Juden unter den Nationen, welche noch andauert. Am Ende wird der Antichrist alles Gläubige im Judenvolk vergewaltigen. Dann aber, nach dem Sturz des Antichristen, werden die Vergewaltigten jener Zeit wie aller Zeiten aus tiefer Buße heraus das Königreich der Himmel an sich reißen. In f a l s c h e r Weise hat es der Antichrist, der Gewaltmensch, an sich gerissen; in wahrer Weise werden die Vergewaltigten es überkommen. Wir hören ja die jüdischen Märtyrer in der Offenbarung unterm Altar schreien! Das sind die Vergewaltigten!

Dieses Heilandswort gilt im Vollsinn von den Gläubigen. Die Kinder Gottes sind jetzt in der Welt die Vergewaltigten. Sie leiden das Unrecht. Sie können nirgends durchdringen, sie sind die Unteren, Kreuz und Niedrigkeit ist ihr Zeichen bei großer innerer Herrlichkeit. Der Anfang des Gotteskindschaftslebens ist das Gestorbensein mit Christus und das Auferstandensein mit Ihm. Der Fortgang des Glaubenslebens geht denselben Weg. Jede neue Stufe des Geisteslebens wird unter Druck erreicht. Alle starken Naturkräfte können nur gewaltsam gepresst dienstbar gemacht werden. Sünde verdirbt in Expansion, d.h. in zuchtloser Ausbreitung; Gnadenleben wächst in gezüchtigter Einspannung. Solchen Weg erkennen Kinder Gottes wohl, und das ist ihr Adel, dass sie ihn in Christo f r e i g e h e n. Vergewaltigte reißen es an sich. Der Tod der Märtyrer ist der Same der Kirche. Der Leidensstand ist die Adelssignatur der Gläubigen. Das wusste Johannes nicht.

Sieh - so sind Kinder Gottes! Schlag ein, wenn wir sagen:

Hier Gottes Kinder und dort Erben
als Jesu Christi Eigentum:
Um diesen Namen lasst uns werben,
er ist der Gnade Werk und Ruhm!
Das sei das Teil, das wir erkoren,
danach das Herz sich sehnt und schlägt,
bis es, aus Gottes Geist geboren,
der Kindschaft Zeugnis in sich trägt.

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