Jesus sichtet

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

weitere Abschriften hier:

Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
81. Glückselig, wer das Brot isst im Königreich Gottes Lk 14:15-24 (1926)

82. Jesus sichtet

  • Lk 14:25-35 (ELB) (15) Es ging aber eine große Volksmenge mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen: (26) Wenn jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater und die Mutter und die Frau und die Kinder und die Brüder und die Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein; (27) und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, kann nicht mein Jünger sein. (28) Denn wer unter euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht vorher hin und berechnet die Kosten, ob er [das Nötige] zur Ausführung habe (29) Damit nicht etwa, wenn er den Grund gelegt hat und nicht vollenden kann, alle, die es sehen, anfangen, ihn zu verspotten, (30) und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen und konnte nicht vollenden. (31) Oder welcher König, der auszieht, um sich mit einem anderen König in Krieg einzulassen, setzt sich nicht vorher hin und ratschlagt, ob er imstande sei, dem mit zehntausend entgegenzutreten, der gegen ihn mit zwanzigtausend anrückt ? (32) Wenn aber nicht, so sendet er, während er noch fern ist, eine Gesandtschaft und bittet um die Friedensbedingungen. (33) So kann nun keiner von euch, der nicht allem entsagt, was er hat, mein Jünger sein. (34) Das Salz nun ist gut. Wenn aber auch das Salz kraftlos geworden ist, womit soll es gewürzt werden ? (35) Es ist weder für das Land noch für den Dünger tauglich; man wirft es hinaus. Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Der Herr und die Massen

In unserem heutigen Text redet der Herr zu Massen. Mit gewaltig ernsten Worten sichtet Er diese Massen. Er ist eben noch in der Brautwerbung für das Tausendjährige Reich. Darum redet Er auch von Jüngern, Lehrschülern, nicht von Kindern Gottes und Heiligen. Das müssen wir unterscheiden. Jünger sind Bekehrte in gesetzlichem Stand, Kinder sind Geborene im Geistesstand. Vieles, was den Jüngern gilt, gilt auch den Kindern - und je j ü n g e r die Kinder sind, umso ähnlicher sind sie noch den Jüngern. Aber nicht alles, was den Jüngern gilt, gilt den Kindern Gottes. Wir werden darum in unserem Text unterscheiden, was beiden zugehört. Das meiste gehört heute den Erweckten, Erleuchteten und gesetzlich Bekehrten. - Hören wir!

Beim heutigen Text geht es ernst zu. Da heißt es nicht: „Kommet her zu Mir alle!“. Da heißt es im Gegenteil: „Wer zu Mir kommt und sagt nicht allem ab, der kann nicht Mein Jünger sein.“ Der Heiland lockt heute nicht, der Heiland sichtet. Beides hat seine Zeit, sowohl beim einzelnen Menschen, wie im großen und ganzen. Wir können’s uns so recht vorstellen, dass die Rede des Herrn in unserm heutigen Text eine von den harten Reden war, auf welche hin viele hinter sich gingen. Du aber und ich, wir wollen uns durch dieselbe nur mit größerem Ernst zu Ihm hintreiben lassen.

Wir hören, dass dem Herrn viele Volkshaufen nachfolgten. Es ist merkwürdig, wie tief des Heilands Wort und des Heilands Werk das ganze jüdische Volk bewegte. Und das hielt in weiten Schichten an bis zum Schluss. Denken wir nur an den Einzug in Jerusalem, aber denken wir an das Wort der Pharisäer und Schriftgelehrten: „Ja nicht auf das Fest, dass nicht ein Aufruhr werde im Volke!“ Die reine Ewigkeit hat doch stets eine gewaltige Anziehungskraft für die Kreatur. Das klare Jenseitige ergreift die Massen aufs tiefste. Beides trat aber im Heiland wie niemals sonst hervor. Er redete von dem, was Er gesehen und erhört hatte. Er war von oben und redet von oben. Dazu wirkte er auch mit ewigen Lebenskräften in die arme Kreatur hinein. Da wachte in Zehntausenden der Ewigkeitsgrund auf, welcher schon Johannes der Täufer mächtig erregt hatte. Der Mensch trägt eben Ewigkeit im Herzen und Ewigkeitshunger im Gemüte; er ist von Gott, Seines Geschlechtes.

Ewigkeitshunger des Menschen

Dieser Charakter ist unzerstörbar, gehört zum Wesensbestand aller Kreatur. Mag die Sünde noch so sehr und noch so tief diesen Charakter verschütten und die Seelen vom Schöpfer und Herrn ins Äußere und Vielerlei kehren - tief im Innern bleibt der Ewigkeitshunger und wird manchmal umso stärker, je mehr er mit Trebern abgespeist wird. Und kommt dann wirklich ewiges Leben an diese armen weltverschütteten Todespilger, dann wacht’s auf in ihnen mit Macht. Bei den jüdischen Massen unseres Textes war es aber nicht nur die natürliche Gottanlage, welche erweckt wurde durch Jesu Wort, bei ihnen war’s mehr. Durch die Offenbarung in Gesetz und Propheten erfüllte sie das heiße Sehnen nach dem Reich des Messiaskönigs. Unter dem Druck der Weltmacht Roms war dies Ausschauen nach dem Gotteskönigreich Zions noch verschärft. Da kam Johannes, da kam Jesus: „Die Zeit ist erfüllt.“

„Jesus i s t’ s“, so wogte es durchs Volk. Und jede neue Predigt und jede neue Tat nährte diesen Glauben. Wo Er ging und stand, folgten Ihm viele Volksmassen nach. Gewiss freute Sich der Heiland über solches Erwachen des Urgrundes in vielen Seelen. Aber Seine Freude war mit tiefem Weh gemischt. Ja - Ewigkeit, Himmelreich, Gottesreich, Frieden und Freude und herrliches, göttliches Leben - das wollten die Massen. Los von Krankheit, Druck, Sorge und Kreuz im einzelnen und im großen - das behagte ihnen. Aber den Weg wollten und kannten sie nicht: völliger Selbstzerbruch, tiefe, lebendige Buße, Herausgehen aus Sünde und Welt waren ihnen fremd. Die Mehrzahl dieser Massen wollte das Gottesreich als Himmelsgabe, und wollte den großen Messias-Davidskönig begeistert empfangen, s o wie sie w a r. Nun kann aber doch Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht erben.

Ernste Worte

Schwerer und schwerer wurden dem Heiland die hinter Ihm sich häufenden Massen. Der Geist entbrannte in Ihm, Er wandte Sich um - die Menge stand, und Er redete ernste, sichtende Worte. Genau wie heute. Wo ernstes, klares Evangelium gepredigt wird, wo Ewigkeitslust zu spüren ist in der Wahrheit, da sammeln sich immer noch Scharen. Es ist und bleibt Tatsache: unter allen religiösen Predigern haben allerwege die Geistes- und Ewigkeitsmenschen den größten Zulauf. Die Zeit- und Philosophieprediger locken nicht viele an sich. Wenn das Volk etwas will, will es reelle Ewigkeit, will es unsichtbare Wirklichkeit, d. h. das Unsichtbare, das in Wort und Wesen eines Ewigkeitsmenschen sichtbar geworden ist. Gerade durch unsere Tage geht ein Zug, dass, wo lebendiges Evangelium erschallt, sich viele, sehr viele sammeln. Es ist dies nur zu verständlich. Unter dem grauen Elend des Alltags, unter den bangen Zuständen der Gegenwart und angesichts der ungewissen, unheilschwangeren Zukunft wacht bei vielen der Ewigkeitsgrund auf.

Die religiösen Veranstaltungen jeglicher Art sind umso mehr überfüllt, je ernster sie sind. Man will Halt, man will Trost, man will Kraft, man will Hoffnung. Mitten durch die zunehmende Offenbarung der Finsternis und mitten durch den sich vertiefenden Weltsinn geht eine Ewigkeitswelle, die auch noch Massen bewegt. Aber es ist gerade wie zur Zeit des Heilandes. Den Trost der Ewigkeit, die Güter und Gaben der zukünftigen Welt will man. Einen Heiland zu haben, der alle Sünden vergibt, der von Tod und Gericht errettet, der jetzt ein guter Hirte ist und der durch den Tod zur Seligkeit führt; das ist süß, das passt auch dem alten Menschen. Und es ist auch wahr, das i s t groß und herrlich. Wird dann dies hohe, herrliche Gut noch in allerlei Festen mit bedeutenden Rednern, vermengt mit Musik, Theater und Aufführungen, verbrämt mit Spaziergängen und Ausflügen und wimpelgeschmückten Paraden und allerlei seelischen und fleischlichen Zutaten serviert, dann freut sich die Menge, in Zeit und Ewigkeit so wohl versorgt zu sein. Es kommen Haufen zu Jesu. Aber - sehet! der Heiland dreht Sich um und bleibt selbst stehen, euch ein Wort zu sagen.

Jesus will reden

Das mag eine Bewegung gegeben haben dort auf dem Wege im Heiligen Land, als es auf einmal hieß: halten, schweigen, Jesus will reden. Es mag eine gute Weile gegangen sein, bis die Geister sich beruhigt hatten. Ja, ruhig! Jesus will reden! Das möchte man in viele Versammlungen hineinwerfen. Auch heute will der Großteil der Massen, so sehr ihr Bewegtwerden einen freuen mag, als Zeugnis des im Menschen liegenden göttlichen Urgrundes, wohl die göttlichen Gaben und Güter des Evangeliums, aber den Weg verstehen und wollen die wenigsten. Höre den Ruf des Herrn! „So jemand zu Mir kommt“ - ja, ihr kommt und seid da! Aber „so jemand zu Mir kommt und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der k a n n nicht m e i n J ü n g e r sein!“ Hört! hört! Mitlaufen kann er; mitsingen kann er; Aufführungen mitmachen kann er; Gedichte hersagen kann er; Haufen-Demonstrationen mitmachen kann er; mitturnen, mitblasen, mithören, ja mitbeten kann er; aber - wenn er nicht hasset Vater Mutter, bis hin zum eigenen Ich, k a n n er n i c h t Mein J ü n g e r sein, spricht der Herr. Achte wohl, nicht ein Mensch sagt das, sondern der Heiland selbst.

Du sagst, das verstehe ich nicht. Ein Christ soll doch Vater und Mutter ehren, nicht hassen. Du hast recht, tue das! Und ein Christ soll doch sein Weib lieben und das Weib den Mann ehren, nicht hassen. Ihr habt recht, tut das! Und wenn Geschwister einträchtig beieinander wohnen, soll das doch lieblich sein - nach der Schrift. Ihr habt recht, wohnt nur so beieinander! Aber der Heiland hat auch recht mit Seinem Hassen. Zunächst müssen wir bei Vater, Mutter, Weib, Kindern, Brüdern und Schwestern und beim eigenen Ich in unserem Text dazu denken: wenn sie den Weg der Welt und des Weltwesen wollen. Also, wenn d u den Heiland willst und selig und herrlich werden möchtest und dein Vater, Mutter usf. dies nicht wollen, und dein eigenes natürliches Ich auch voller Weltsinn wäre, obwohl der Geist in dir den höheren Sinn geweckt hat - dann musst du diese alle hassen, sonst kannst du nicht des Herrn Jünger werden und sein.

Was ist mit Hassen gemeint?

Aber auch das Hassen musst du recht verstehen. Lerne es am Lieben. Lieben heißt: innige Lebensgemeinschaft haben; hassen heißt keine Lebensgemeinschaft mehr haben können. Und das ist nun so! Wenn deine Nächsten und nach dem Fleische Liebsten den Weltweg wollen und irdisch denken, handeln und wandeln, musst du hier, so du Jesu Jünger sein willst, sagen: das kann ich nicht - dann gibt es eine Lösung. Und wenn in deinem eigen Fleisch und Blut die natürlichen Gedanken und Begierden sich melden, dann gilt es hier ernstlich nein sagen, willst du Jesu Jünger sein. Mache dir selbst Beispiele auf allen Gebieten. Also, deine Nächsten sind vielleicht liebe, brave, auch religiöse Leute - dich aber hat der Heiland ergriffen. Nun zieht’s dich in die Gemeinschaft zu den Geschwistern in Christo. Das erregt den Widerwillen der Deinen. Dann heißt es, Jesu Zug folgen und lieb, aber fest den Eigenen absagen und die Folgen tragen. Oder die Familie treibt ein Geschäft nach Weltart. Du willst Jesu Eigentum sein. Du hast jetzt Grundsätze von oben, kannst manches nicht mehr mittun.

Das kann bis zum Hass im obigen Sinn sich steigern; aber du musst fest bleiben, darfst nicht durch fleischliche Rücksichten dich binden lassen, sonst kannst du Jesu Jünger nicht mehr sein. Oder die Kinder eines Hauses fallen in Kleidung, Haltung und Lebensauffassung ins Diesseitswesen. Da darfst du als Vater oder Mutter nicht um der Kinder willen dies oder jenes beschönigen wollen. Hier heißt es hassen, wenn man’s nicht hindern kann, was nicht immer möglich ist. Hier heißt es zeugen, dass immer der Stachel im Gewissen ist. Ein besonders wichtiges Verhältnis ist auch das zu den Kollegen. Die Kollegialität darf nicht v o r Christus stehen, sondern n a c h Christus. Lieber keinen Kollegen als keinen Heiland. Nur wer in allen Stücken ganz in Jesu Schule bleibt und seinen Ewigkeitszügen folgt, der kann Sein Jünger oder, wie es eigentlich heißt, Sein Lehrschüler sein. Dass das alles in noch viel höherem Maß für gottgeborene Kinder gilt und zwar umso mehr, je höher der Stand ist als der der Lehrschüler, ist klar.

Keine Kompromisse

Hat schon ein Schüler des Lehrers Weisungen zu befolgen - sonst ist er nicht mehr r e c h t e r S c h ü l e r -, wieviel mehr ein Kind des Vaters Richtlinien. Ein Kind Gottes ist schon durch die Geistesgeburt aus der Naturlinie heraus und in die Geschwisterlinie in Christo hineingeboren. Wer Jesum als höchste Autorität annehmen will und annimmt, dem muss jede andere Autorität zweite Linie sein, und wenn diese andere Autorität anderes sagt und anderes will als Jesus, so wird sie außer Kurs gesetzt. Dies gilt am tiefsten gegenüber jedem Wollen unseres verkehrten H e r z e n s, soweit es jesuswidrig ist. Wer hier nicht einen klaren Stand hat, wird nie in der lebendigen Jüngerschaft Jesu, noch weniger in der Kindschaft Gottes wachsen. Wir sind dabei nicht revolutionär und widerspenstig im Ich-Wesen, sondern nur fest und unbeweglich im Jesus-Wesen. Wenn’s aus Jesu Linien kommt, dann dürfen wir auch Zorn und Zank, Zwiespalt und Unfrieden zwischen den Nächsten nicht scheuen. Ein Frieden auf Jesu Kosten ist ein fauler Frieden, da ist der Tod im Topf. Ein Kampf in Jesu Namen führt zu seiner Zeit immer wieder zum Frieden. Das ist der erste Jesusruf unseres Textes - er erschüttert alle natürlichen Grundpfeiler unseres Wesens, aber er erbaut uns in den Grund Christi. Er wirkt unter den J ü n g e r n sichtend. Sichtet Er dich weg oder her?

Sein Kreuz tragen

Dass nun ein solcher Stand unserem natürlichen Menschen viel Weh und Kreuz bringt, ist klar. Darum heißt auch der zweite Ruf Jesu: „Und wer nicht sein Kreuz trägt und Mir nachfolgt, der kann nicht Mein Jünger sein.“ Heiland und Kreuz sind unzertrennlich. Wer einen Heiland ohne Kreuz predigt, ist ein Irrwisch. Gleichwie der für uns gekreuzigte und erstandene Heiland der Grund unseres Heils ist, so kann dieser Heiland nicht ergriffen, und nicht als Eigentum besessen werden ohne Kreuz. Heilandsgemeinschaft ist ständige Voll-Lösung von der innersten Welt unseres Herzens bis hin zum feinsten und höchsten Weltwesen außer uns. Da aber unser natürlicher Mensch beständig die Welt will, so heißt Jesu Jünger sein und noch mehr Gottes Kind sein, ein Kreuzesmensch sein. Besonders bei den Kindern Gottes gehört Sterben zur Gottnatur. Wir dürfen den Leuten, und besonders den jungen Leuten hier keinen falschen Weg zeigen. Wohl dürfen wir, sonderlich Jüngeren, die Herrlichkeit des Heilandsweges jetzt und in Ewigkeiten zeigen, aber das Kreuz, das Sterben dürfen wir nicht verschweigen.

Wer zu Christus schwört, schwört zur Kreuzesfahne. Wer nicht in wachstümlich zunehmender Weise dem Natürlichen in Dingen und Personen absterben will, kann nicht Jesu Jünger sein. Dieses Kreuzeswesen das ist das Sichtende. Das hat schon, als der Heiland ans Kreuz ging, die Jüngerscharen durch und durch gesichtet. Das sichtet sie auch heute. Je weniger wir nun nach Gottes Willen in diesen Tagen ä u ß e r e s Kreuz von der Welt her haben, umso klarer muss das i n n e r e übernommen werden; es wird dann äußeres schon dazukommen. Kinder Gottes und Jünger Jesu haben es nach der Naturseite viel schwerer als Weltleute, das wisse! Nur nach der Geistesseite ist ihr Leben schöner, selbst als das der Engel. Wie? Sichtet dich nun der Kreuzesweg weg oder her? Überlege dir’s nun!

Der Jüngerstand gleich einem Turmbau

Der Jüngerstand, sagt der Heiland, ist einem Turmbau zu vergleichen. Wenn du nun nicht in allen Stücken den Heiland in dir Sich auswirken lässt, dann kann Er den Turmbau nicht bei dir durchführen. Wie schmählich stünden wir zum Gespött der Menschen in Zeit und Ewigkeit da, wenn an uns ein Turmbau angefangen und dann als Ruine liegengeblieben wäre! Schon der Gedanke an ein solches Bild sollte uns einen Schrecken geben. Was keine ganze Entschiedenheit in der Übergabe an Christus hat, das wird schließlich zur Ruine. Die ganz und einfältig Hingegebenen bringt der Herr sicher durch. Der Herr hat die nötigen Baugelder und Baukräfte. Doch wenn du zu Ihm kommen willst, bleibst aber halb oder viertel- oder wieviel prozentig Welt, kann's bei dir nichts werden. Darum die vielen Ruinen auf dem Vorfeld der Ewigkeit. Ach, wir sehen nur zu viele, wenn wir uns umblicken! Dies kann bei Jüngern eintreten - bei Gotteskindern, die eine neue Geburt in sich tragen, nicht; die kann nichts zertrümmern. Aber ganzen Ernst müssen sie aufwenden, und drum mit den Jüngern bitten: Bewahr’ uns, Herr, und mach’ und ganz Dir zugekehrt.

Beim Christenkampf ist es auch so, dass zehntausend Streiter einem Feind mit zwanzigtausend Streitern gegenüberstehen (V. 31). Das bringt kein geteilter Geist durch. Hier braucht’s ganze, klare und volle Einstellung im Heiland, oder man fällt ins Weltwesen zurück und macht je länger je mehr, Frieden mit dem überlegenen Feind. Darum sagt der Heiland, wer nicht absagt allem, was er hat, der kann nicht Mein Jünger sein. Es gilt, dass man elend, arm und bloß sich legt in Christi Arm und Schoß. Die Kinder Gottes stehen da anders; sie sind gestorben in Christo und auferstanden in Ihm, bei ihnen ist das „Absagen allem“ ein Lebensgesetz des Geistes, das sich Schritt für Schritt durchsetzt. Sie lassen sich aber warnen, dass sie in Ihm bleiben, damit Er das angefangene Werk vollenden kann.

Salzlos ohne Christus

Aber nicht bloß als Ruinen am Wege, und als wieder mit der Welt Frieden Machende, werden die halben Jünger-Geister erfunden, sondern auch als solche, welche in der Ewigkeit schwere Gerichte erleiden müssen. Sie haben die Salzdurchfeuerung - denn Salz ist Feuer - von Christus nicht angenommen, so sind sie also salzlos. Da aber Christus das einzige göttliche Feuersalz ist, welches die Fäulnis verhindert, so ist für sie kein anderes Salzungsmittel da. Man kann sie daher als Salzlose nicht auf dem Acker brauchen; denn der Acker braucht Salz - ja man kann sie nicht einmal auf dem Mist brauchen; denn das einzig Wertvolle am Mist ist sein Salzgehalt. So werden sie weggeworfen, d. h. sie müssen durch schwere Ewigkeitsgerichte erst salzhungrig gemacht werden. Das ist etwas Furchtbares: in Ewigkeitsgerichten zubereitet werden! Wer Ohren hat zu hören, der höre, sagt der Herr. O, sag doch lieber hier allem ab und gib dich ganz her, dass du durchfeuert und durchsalzen, als ein vollendeter Jünger selige Ewigkeiten habest! G o t t e s k i n d e r werden zwar nicht weggeworfen - denn von ihnen steht geschrieben: „Sie werden nimmermehr umkommen“ - aber wenn sie nicht treu sind, werden sie auch noch viele Salzdurchfeuerungen in der Ewigkeit durchzumachen haben und sich um Herrlichkeiten bringen, um Kronen. Darum immer ganz im Herrn.

Lies weiter:
83. Eine schwere und doch selige Stunde Lk 17:11-19