Die Mitherrscher Christi in Seinem Königreich

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Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

weitere Abschriften hier:

Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
71. Vom Dienst unter der Königsherrschaft Christi Mt 20:1-16a (1923)

72. Die Mitherrscher Christi in Seinem Königreich

  • Mt 20:17-28 (ELB) (17) Und als Jesus nach Jerusalem hinaufging, nahm er die zwölf Jünger allein zu sich und sprach auf dem Weg zu ihnen: (18) Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Sohn des Menschen wird den Hohenpriestern und Schriftgelehrten überliefert werden, und sie werden ihn zum Tode verurteilen; (19) und sie werden ihn den Nationen überliefern, um ihn zu verspotten und zu geißeln und zu kreuzigen; und am dritten Tag wird er auferstehen. (20) Dann trat die Mutter der Söhne des Zebedäus mit ihren Söhnen zu ihm und warf sich nieder und wollte etwas von ihm erbitten. (21) Er aber sprach zu ihr: Was willst du? Sie sagt zu ihm: Bestimme, daß diese meine zwei Söhne einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken sitzen mögen in deinem Reich! (22) Jesus aber antwortete und sprach: Ihr wißt nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde ? Sie sagen zu ihm: Wir können es. (23) Er spricht zu ihnen: Meinen Kelch werdet ihr zwar trinken, aber das Sitzen zu meiner Rechten und zu [meiner] Linken zu vergeben, steht nicht bei mir, sondern [ist für die], denen es von meinem Vater bereitet ist. (24) Und als die Zehn es hörten, wurden sie unwillig über die zwei Brüder. (25) Jesus aber rief sie heran und sprach: Ihr wißt, daß die Regenten der Nationen sie beherrschen und die Großen Gewalt gegen sie üben. (26) Unter euch wird es nicht so sein; sondern wenn jemand unter euch groß werden will, wird er euer Diener sein, (27) und wenn jemand unter euch der Erste sein will, wird er euer Sklave sein; (28) gleichwie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.

Erwartung des jüdischen Volkes

Davon handelt die gegenwärtige Geschichte: von den Mitherrschern Christi in Seinem Königreich. Wir erfahren hier aus dem Mund der Jüngerin und der Jünger, ja aus dem Mund des Heilandes selbst, dass es ein Königreich Christi wahrhaftig gibt und geben wird, und dass in demselben tatsächlich Menschenkinder zu Mitherrschern berufen werden. Wir hören aber auch, welcher Art diese Mitherrscher seien und welches ihr Vorbereitungsweg in dieser Weltzeit ist.

Davon sind, wie wir in unserer Geschichte sehen, sowohl Salome, die Mutter des Jakobus und Johannes, als auch Jakobus und Johannes selbst, wie auch alle anderen Jünger tief durchdrungen, dass ein Königreich des Messias auf dieser Erde werde aufgerichtet werden, und dass auserwählte Menschen - wie sie meinten: lauter Juden - würden Herrschaftsträger in diesem Reiche werden. Davon war das ganze jüdische Volk, soweit es Gesetz und Propheten untertan war, innigst überzeugt. Von Zion sollte nach allen Propheten das Reich Gottes in Herrlichkeit ausgehen und alle Nationen sich untertan machen. Und der kommende Davidssohn, der erwartete Messias, sollte der herrliche König dieses Reiches sein. Diese lebendige Hoffnung erfüllte die Jünger noch in den letzten Augenblicken, in welchen sie mit dem Herrn auf Erden zusammen waren, aufs tiefste. Kurz vor der Himmelfahrt fragen sie den Herrn noch nach der Zeit der Aufrichtung des Königreichs Israel. Die Mutter des Jakobus und des Johannes und alle Jünger glaubten auch je länger, je fester, dass Jesus von Nazareth, welchem sie sich übergeben hatte, der Verheißene sei, der wahrhaftige Davidssohn, der wirkliche König und Herr des Königreichs der Himmel.

Gar lebendig war und lebte dieser Glaube in der Salome. Wir sehen in unserer Geschichte, wie sie huldigend vor Jesus niederfällt. Was Luther übersetzt mit den Worten: „Sie fiel vor Ihm nieder“, das war die Königshuldigung, wie sie im ganzen Orient den Herrschern gegenüber Sitte war. Ehe sie den Mund öffnete für ihre Bitte, bekannte sie, sich auf die Erde werfend, zu Ihm dem Heiland, als dem wahrhaftigen Messiaskönig. Solch kindlich einfältiger Glaube mag dem Herrn innerlichst wohlgetan haben. Und so gewiss war ihr und ihren Söhnen die vor der Tür stehende Aufrichtung des messianischen Herrlichkeitskönigreiches, dass sie vereint mit den Söhnen um das Sitzen zur Rechten und Linken, also um das Mitherrschen-Dürfen, kühn bittet. Sie wusste ja, wie der Herr ihre beiden Söhne sonderlich nah an Sich gezogen hatte; das gab ihr Freudigkeit und Zuversicht zu ihrer Bitte.

Die Erwartung Salomes

Dabei ist es wunderbar, dass sie ihre Bitte ganz direkt nach der so ernsten Leidensverkündigung des Heilandes vorbringt. Jesus hatte soeben gesagt: „Siehe, wir ziehen hinauf gen Jerusalem, und des Menschensohn wird den Hohenpriestern überantwortet werden; und sie werden Ihn verdammen zum Tode und werden Ihn überantworten den Heiden, zu verspotten und zu geißeln und zu kreuzigen; und am dritten Tag wird Er wieder auferstehen. „Ihr scharfes Frauenohr und ihr waches Glaubensherz hatten wohl hinter all dem Leiden das A u f e r s t e h e n gehört. Verstand sie auch gewiss nicht alles, das eine verstand sie, Messias war Er und blieb Er auch durch Leiden hindurch. Und sie und ihre Söhne waren bereit, auch durch die Leiden hindurch mit Ihm zu gehen, wenn sie dann nur auch in Seinem Auferstehungs-Königreich die Ehrenstellen der Mitherrschaft bekamen.

Auf die Frage des Heilandes, ob sie denn auch Seinen Kelch trinken könnten, antworteten die beiden frischweg: „Jawohl“, und eine gewisse Ahnung vom Leiden mussten sie ja doch durch des Heilands Wort bekommen haben. Johannes ist ja dann auch später durch alles hindurch beim Heiland geblieben bis unters Kreuz hin. Das ist das Große und Wunderbare in der Bitte dieser Mutter und ihrer Söhne, dass sie eine große Leidenswilligkeit zur Grundlage hat - das verschönt und verklärt ihre Bitte.

Die Antwort Jesu

Der Herr tadelt sie nun mit keinem Wort über ihre Bitte. Im Gegenteil, Er bestätigt mit hellen Worten, dass ein solches von ihnen erhofftes Königreich des Messias sicherlich kommen werde, und dass es auch ein Sitzen zur Rechten und Linken, ein Mitherrschen geben werde. Er sagt ja, der Vater habe solches schon bereitet, Er redet davon, welchen Weg einer gehen müsse, wenn er wolle groß sein oder der Erste sein. Vom messianischen Königreich, vom Königreich Gottes und der Himmel, von Seinem eigenen Königtum, und von und von einem Mitherrschertum von Gläubigen hat der Heiland oft und viel, sonderlich auch in den Gleichnissen geredet. Und dass dies Königreich ein wahrhaftiges, auf dieser Erde aufgerichtetes sein werde, dass dabei die Seinen auf Stühlen sitzen dürfenm und dass sie dann alles vielfach erstattet bekämen, was sie jetzt in Seiner Nachfolge verlassen hätten, das hat der Heiland immer betont. Ein solches Reich ist auch in der Offenbarung Johannes klar geschildert, und die Apostel reden in ihren Briefen auch davon, wenn auch natürlich nicht soviel, weil sie eines anderen Äons Prediger sind.

Ein irdisches Königreich

Es ist ganz falsch, den Juden zu Jesu Zeiten und den Jüngern immer vorzuwerfen, sie hätten eben ein äußerliches, irdisches Königreich erwartet, und darum seien sie von Jesus weggelaufen. Was für ein Königreich hätten denn die Juden, die Jünger eingeschlossen, erwarten sollen auf Grund des prophetischen Wortes? Haben denn die Propheten je ein anderes gepredigt als ein wahrhaftiges, irdisches, bis auf die Löwen und die Schlangen hinaus? Nein, das war nicht das Verkehrte, dass sie ein wirkliches Königreich erhofften, sondern das war ihr Irrweg, dass sie es von a u ß e n h e r, mit äußeren Machtmitteln erwarteten - dass sie es nicht von i n n e n h e r, auf Grund von Buße und Glauben, auf Grund von Vergebung der Sünden und von Erneuerung des Heiligen Geistes erwarteten. Darum ist ihnen auch das Kreuzgeheimnis, die Notwendigkeit des versöhnenden Leidens des Messias, verborgen geblieben. Das ist auch heute noch der große Nationenfehler.

Nicht das ist falsch, dass sie ein weltweites Friedens- und Gerechtigkeitsreich auf Erden heiß ersehnen, und mit aller Macht heraufzuführen suchen, sondern das ist falsch, dass sie es nicht von innen heraus auf dem Wege der Buße und des Glaubens und im gekreuzigten Erlöser suchen. Das ist der stetige Irrtum.

Es gibt ein Königreich Christi, und es wird eins geben, und es wird dort Mitherrscher geben. Und dies Königreich Christi ist noch nicht da, aber es ist auf dem Anmarsch. In der Gemeine, die jetzt herausgerufen wird, werden die Königspriester, die kommenden Mitherrscher, vorgebildet; und in den Gerichtszerbrüchen der Nationenwelt wird diese reif gemacht, im Erlöserheiland dies auch von ihr erwartete Reich anzunehmen. Das ist’s nun auch, was der Herr - sozusagen korrigierend, d. h. verbessernd - der Salome und ihren Söhnen sagt. Er antwortet auf ihre Bitte: „Ihr wisset nicht, was ihr bittet“, das heißt vielmehr: ihr habt über die Mitherrscher in Meinem Königreich nicht den rechten Begriff. Ihr meint, das müssten lauter Juden sein; die Gemeine der Mitherrscher wird aber eine andere Zusammensetzung haben. Sie wird aus Juden und Nationen gewonnen werden.

Mitherrscher im Königreich

Das sagt ja auch der Apostel Paulus im Epheser- und Kolosserbrief, dass die Mitherrscher-Gemeine den Propheten und allen Heiligen zu allen Zeiten bis auf seine Zeit hin ein Geheimnis gewesen sei. Ihm sei dies Geheimnis geoffenbart zu seiner Zeit. Dass das des Heilands Meinung ist mit Seiner Antwort; „ Ihr wisset nicht, was ihr bittet“, das geht aus dem gewaltigen, wunderbaren Wort deutlich hervor, das Er weiter redet. Er sagt: Das Geben des Sitzens zu Meiner Rechten und Meiner Linken ist nicht M e i n e S a c h e. Dies Sitzen kommt vielmehr denen zu, welchen es b e r e i t e t i s t von Meinem Vater; achten wir wohl: „denen es b e r e i t e t ist von Meinem Vater.“ Hier sagt der Heiland deutlich, dass das Mitherrschertum in Seinem Reich eine Sache der ewigen Erwählung von Seiten des Vaters sei. Der Vater hat von Ewigkeiten her verordnet und bestimmt, dass eine Schar von Menschenkindern g l e i c h sein sollte dem Ebenbild Seines Sohnes, dass Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern (Röm 8:29). Hier deutet der Heiland das Geheimnis des Leibes Christi und der Gemeine an. Das haben die Jünger freilich noch nicht gewusst.

Bei der Bitte der Jünger, mitherrschen zu dürfen, steigt vor dem Herrn die Schar Seiner Ihm vom Vater gegebenen erstgeborenen Brüder auf. Das zeigt uns auch das Schlusswort des Heilandes an, dass Er gekommen sei, Sein Leben zu geben als Lösegeld für v i e l e. Er ist gestorben für a l l e, eine Auswahl (siehe 1Jo 2:2). Zu dieser Erstgeburt mussten aber auch die Jünger erst noch durchdringen. Der Erstlingsgeist war noch nicht ausgegossen und noch nicht ausgießungsfähig; da musste das Haupt erst sterben - hinauf nach Jerusalem musste Er erst noch und überantwortet werden. Der Jünger Bitte war Ihm ein neuer Trieb, Sich in den Tod zu geben, damit die Gemeine der Mitherrschenden könnte ausgeboren werden.

Sag an, käme dir auch je eine solche Bitte ins Herz wie diesen Jüngern und ihrer Mutter, unter den Königspriestern beim großen Hohennpriester zu sein? Deucht dich das zu hoch und zu groß? Wisse, d i e E h r e bei Gott sollen wir suchen. Jage, sagt Paulus, nach dem vorgestreckten Ziel, nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu. Die K r o n e des Lebens soll unser Ziel sein. „Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme“, das ist ein Königspriester-, ein Mitherrscher-Ziel. Der Heilige Geist muss solches Ziel in uns verklären und das Zielwollen wirken. Selig, wo Er es gewirkt hat! Fürchte nicht, dass solch hohes, herrliches Zielfassen dich hochmmütig oder vermessen mache; höre vom Heiland noch den Weg, welchen solche Erstlinge Gottes zu gehen haben.

Der Weg der Mitherrscher

„Könnt ihr den Kelch trinken, den Ich trinken werde; und könnt ihr euch mit der Taufe taufen lassen, mit der Ich getauft werde?“ Der Weg der Mittherrscher ist ein Passionsweg mit Christus. Mit dem Heiland in der innigsten Glaubensgemeinschaft stehen - Er in uns und wir in Ihm - das bedingt und bringt von selbst mit sich, ein völliges Absterben dem eigenen Willen und dem eigenen Leben. Mit dem Heiland das Leben leben, bringt auf allen Gebieten in Leidenslinien hinein; denn die oberen Geisteslinien sind den in dieser Welt herrschenden Naturlinien, auch den besten, direkt entgegengesetzt. Und die Welt hasst die oberen Linien und schenkt ihren Liebhabern einen Leidenskelch ein, und tauft sie mit dem Bitterwaser ihres Spottes und Hohnes, ja oft schweren Kreuzes, bei nicht wenigen bis zu Blut-Taufe hin. Wer in die Weite der Mittherrschaft Christi in Seinem Königreich durchdringen will, muss hier durch die Enge, welche die Welt ihm bereitet. Die zur Mitherrschaft Erwählten gehen hier ständig durch wechselnde Tiefenwege. Dazu gibt ihnen ihr Heiland durch Seinen Geist Seinen Sinn.

Wer Christi Sinn nicht hat, kann doch nicht mit Ihm herrschen. Seine Herrschaft muss in e i n e m Sinn und Geist geschehen. Der Sinn Christi ist aber der Niedrigkeits- und Selbstentäußerungssinn. Weltliche Herrscher, sagt der Heiland, h e r r s c h e n von oben herab, und weltliche Gewalthaber ü b e n von oben herab G e w a l t (wörtliche Übersetzung); Christus und Seine Mitherrscher herrschen von unten herauf. Sie gehen u n t e r a l l e s und u n t e r a l l e. Sie tragen die Welt und ihre Sünde als D i e n e r , ja als S k l a v e n, d.h. sie machen sich frei zu Dienern und Sklaven und lüpfen so die Welt. Hier wird ein jeglicher gleichgesinnt gemacht mit Christus in Entäußerung, Erniedrigung, Gehorsam bis zum Tod; wo das nicht als Wahrheitsmerkmal ist, kann von Mitherrschen keine Rede sein.

Jesu Eigentumsgemeine

So ist gesorgt, dass in der Eigentumsgemeine die Bäume nicht aus sich selbst in den Himmel wachsen. Wo wir aber Selbstgröße, sonderlich geistliche, sehen, da können wir von vornherein überzeugt sein, dass von einer einstigen Mitherrschaft mit Jesu keine Rede sein kann. Die, denen es der Vater bereitet hat, erkennt man jetzt am Gegenteil vom Herrschen. Und d o c h herrschen sie auch jetzt schon. Eben durch ihre Leidenswilligkeit in Christo, eben durch ihr Dienen und sich selbst zu Knechten machen, gewinnen sie schon hienieden einen großen inneren Einfluss unter den Menschenkindern, ein jeglicher nach seinem Maß und seiner Gabe. Und dieser Einfluss wird einst offenbar und dazu sehr vermehrt; denn wer da hat, dem wird gegeben, und er wird die Fülle haben.

Das sind die Mitherrscher im Königreich Christi - jetzt die Passionsmenschen im Passionsherzog Christus. Aber: „das ist gewiss wahr: Sterben wir mit, so werden wir mit leben; dulden wir, so werden wir mit herrschen“ (2Tim 2:11.12).

Lies weiter:
73. Eine prophetische Tischgemeinschaft Mt 26:6-13, vgl. mit Joh 12:1-8