Das vergessene Wasser, eine andere Speise und Ernte (Joh 4:27-42)

Aus Bibelwissen
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Von Daniel Muhl

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Noch während Jesus mit der Samariterin das für sie alles entscheidende Gespräch führte, kamen die Jünger mit dem gekauften Essen zurück und ab Vers 27 lesen wir in der NGÜ was folgt:
  • Joh 4:27-42 - In diesem Augenblick kamen seine Jünger zurück. Sie waren erstaunt, Jesus im Gespräch mit einer Frau anzutreffen, doch keiner wagte ihn zu fragen, was er von ihr wollte oder worüber er mit ihr redete. 28 Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen, ging in den Ort zurück und sagte zu den Leuten: 29 »Kommt mit, ich habe einen Fremden getroffen, der mir alles auf den Kopf zugesagt hat, was ich getan habe! Ob er wohl der Messias ist?« 30 Da machten sich die Leute aus dem Ort auf den Weg zu Jesus. 31 Währenddessen drängten ihn die Jünger: »Rabbi, iss doch etwas!« 32 Aber Jesus sagte: »Ich lebe von einer Nahrung, von der ihr nichts wisst.« 33 Verwundert fragten sich die Jünger untereinander: »Hat ihm denn jemand etwas zu essen gebracht?« 34 Jesus erwiderte: »Meine Nahrung ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und das Werk vollende, das er mir aufgetragen hat. 35 Sagt ihr nicht: ›Es dauert noch vier Monate, dann beginnt die Ernte‹? Nun, ich sage euch: Blickt euch einmal um und seht euch die Felder an. Sie sind reif für die Ernte! 36 Ja, die Ernte wird jetzt schon eingebracht, und der, der erntet, erhält seinen Lohn; er sammelt Frucht für das ewige Leben. So freuen sich beide zugleich – der, der sät, und der, der erntet. 37 Das Sprichwort sagt: ›Einer sät, und ein anderer erntet.‹ Das trifft hier zu. 38 Ich habe euch zum Ernten auf ein Feld geschickt, auf dem ihr vorher nicht gearbeitet habt. Andere haben darauf gearbeitet, und ihr erntet die Frucht ihrer Arbeit.« 39 Viele Samaritaner aus jenem Ort glaubten jetzt an Jesus. Die Frau hatte ihnen bezeugt: »Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe«, und auf ihr Wort hin glaubten sie. 40 Die Leute aus dem Ort, die zu Jesus hinausgegangen waren, baten ihn, bei ihnen zu bleiben. Er blieb zwei Tage dort, 41 und auf sein Wort hin glaubten noch viel mehr Menschen an ihn. 42 »Wir glauben jetzt nicht mehr nur aufgrund von dem, was du uns erzählt hast«, erklärten sie der Frau. »Wir haben ihn jetzt mit eigenen Ohren gehört und wissen, dass er wirklich der Retter der Welt ist.«

Eine weitere Überraschung (Joh 4:27)

Wie so oft, so erlebten die Schüler auch hier, wie Jesus sie überraschte. Er spricht allein mit einer Frau; und dazu noch mit einer Samariterin. Meines Wissens entsprach es nicht der damaligen Gepflogenheit, dass ein Mann, ganz allein, mit einer fremden Frau ein Gespräch führt. Das war eher anstößig und konnte zu unguten Gerüchten führen. Vielleicht war es den Jüngern etwas peinlich, als sie ihren Rabbi ganz allein mit einer Frau sprechen sahen. Vermutlich kamen sofort die üblichen Gedanken hoch, wie: "Was macht Jesus allein mit dieser Frau? Weiß Er denn nicht, dass sich das nicht gehört und dass Er dadurch in Verruf kommen könnte?" Aber die Jünger hatten nicht den Mut, Jesus darauf anzusprechen, weil nur schon in der Frage, "warum sprichst Du alleine mit dieser seltsamen Frau?", als ein versteckter Vorwurf erkennbar geworden wäre. Die Jünger Jesu hatten vor ihrem Meister zu viel Respekt, um so etwas zu fragen und den Anschein zu geben, Ihm einen Vorwurf machen zu wollen. Aber trotzdem waren vmtl. solche 'kritischen' Gedanken einfach da.

Daraus stellt sich mir die Frage: "Wäre es respektlos gewesen, wenn sie ihren HERRN darauf angesprochen hätten?" Ich würde sagen, dass es dabei auf die persönliche Einstellung des Herzens ankommt! Wenn z. B. ein Jünger gesagt hätte; "HERR, ich weiß, dass Du alles richtig und herrlich machst, aber Dein Verhalten mit dieser fremden Frau bringt meine Gedankenwelt irgendwie durcheinander! Wie soll ich das verstehen?", dann wäre das etwas ganz anders gewesen, wie wenn er gesagt hätte: "HERR, was fällt Dir ein, ganz allein mit einer Frau zu reden? Weißt Du denn nicht, dass sich Solches nicht gebührt?" Ich glaube, dass wir dem HERRN – mit der Ihm gebührenden Ehrerbietung und Liebe – alles sagen und Ihn auch alles fragen dürfen! Im Glauben dürfen wir Ihm unsere Fragen, unser Unverständnis, unseren Frust und unsere Zweifel zum Ausdruck bringen.

Das Brunnenwasser verliert plötzlich an Bedeutung (Joh 4:28-29)

Bevor Jesus das Gespräch mit Seinen Jüngern führte, lesen wir in der Übersetzung von Heinz Schumacher (HSN):

  • "Die Frau nun ließ ihren Wasserkrug stehen und ging fort in die Stadt und sie sagt den Leuten: 29 Kommt her [und] seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe; ist er vielleicht der Christus?" (Joh 4:28-29)

Eigentlich kam die Frau wegen des "überlebenswichtigen Wassers" zum "Jakobsbrunnen". Wie alle anderen brauchte sie das Wasser für ihren Durst, für die Reinigung, das Waschen und für das Kochen. Hätte man ihr prophezeit, dass sie zum Brunnen gehen, Wasser schöpfen und dann den Wasserkrug stehen lassen würde, hätte sie sehr wahrscheinlich nur den Kopf geschüttelt und gesagt, dass sie sich so etwas nicht vorstellen kann!

Ist es nicht sehr häufig so? Immer dann, wenn Gott den Menschen auf eine einmalige Art und Weise begegnet, tun sie Dinge, die sie kaum je für möglich gehalten hätten. Die Samariterin war von der Begegnung mit Jesus so erfüllt, dass sie alles andere vergaß! Ihr anfängliches Ziel war; mit einem gefüllten Wasserkrug nach Hause zu gehen. Aber nach dem Gespräch mit Jesus war ihr ursprüngliches "Projekt" völlig in Vergessenheit geraten. Das scheinbar Wichtigste – nämlich das Wasser – wird plötzlich zur Nebensache, wenn Jesus das Herz eines Menschen berührt. Wer mit der Liebe Jesu ganz erfüllt ist, kann auf alles andere verzichten, wenn es darauf ankommt!

Jesus hat das vorgelebt! Er war so mit der Gemeinschaft und der Liebe Seines Vaters erfüllt, dass Er alles, wirklich alles, loslassen konnte. Die Frau hat das Wasser vergessen, weil ihr etwas ganz anderes wichtig geworden war und Jesus stellt im nächsten Abschnitt bezeichnenderweise die irdische Speise ganz in den Hintergrund! Der Wille des Vaters steht immer an erster Stelle! Er stand bei Jesus auch immer vor all' Seinen leiblichen Bedürfnissen!

Eine "Begeisterung", die ansteckt (Joh 4:30)

Das Wort "Begeisterung" gefällt mir nicht wirklich, weil es eher nach einer Erfüllung mit Geistern klingt, statt nach einer Erfüllung des Heiligen Geistes; aber das Wort "Begeistung" gibt es im deutschen Sprachgebrauch leider nicht. Wenn ich also von einer Begeisterung im positiven Sinne rede, dann meine ich ein Erfüllt- und Ergriffensein durch den Heiligen Geist! Die Samariterin war von der Begegnung mit dem Messias so "begeistert", dass sie mit großer Euphorie allen Menschen in der Stadt erzählen musste, was sie mit Jesus erleben durfte.

Nach einer "Jesus-Begegnung" sind die Menschen sehr oft die allerbesten Evangelisten! Ein Neubekehrter hat nicht selten ein so großes Feuer in sich, dass es einfach ansteckend ist. Es ist die ultimative Freude über die vergebende Liebe des Heilandes! Sie quillt über und ist auch immer wieder sehr ansteckend! Tiefgreifende Jesusbegegnungen haben meist eine überfließende Freude zur Folge und die "springt über"! Solche Begegnungen mit unserem HERRN können wir nicht "machen"; sie sind immer ein Geschenk von oben! Aber wir können uns danach sehnen und wir können durch vertrauensvolle "Liebesgebete" die Grundlage für solche Jesusbegegnungen schaffen.

Nur aus der Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus können wir Ihm so dienen, dass unsere Arbeit Früchte bringen kann. In der Liebesbeziehung zum Herrn Jesus werden wir so gefüllt, dass wir überfließen. Die Tatsache, dass Jesus der Samariterin ihre Vergangenheit aufdeckte, war vmtl. alles andere als erfreulich oder angenehm! Aber genau diesen Umstand benutzte der HERR, um ihr Zeugnis wahrhaftig erscheinen zu lassen. Immer wieder durfte ich erleben, wie wahrhaftige und authentische Menschen, die auch zu ihrer ganzen Vergangenheit stehen, eine besondere Vollmacht für das Zeugnis besitzen. Das euphorische Erzählen der Samariterin führte dazu, dass die Leute die Stadt verließen und zu Jesus kamen (Joh 4:30).

"Rabbi, iss!" (Joh 4:31-33)

Nachdem Jesus müde beim Brunnen zurückblieb und seine Jünger in die Stadt gingen, um für alle Essen einzukaufen (Joh 4:6-8), lag es auf der Hand, dass die Schüler Jesus motivieren wollten, etwas zu essen, um sich zu stärken. So lesen wir ab V. 31:

  • "Inzwischen baten ihn [seine] Schüler: Rabbi, iss! 32 Er aber sprach zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennt! 33 Da sagten die Schüler zueinander: Hat ihm etwa einer zu essen gebracht?" (Joh 4:31-33)

Die Jünger wollten den Herrn ermutigen, sich zu stärken. Das war natürlich gut gemeint. Aber es stellt sich hier die grundsätzliche Frage: "Kann ein Mensch wissen, was für den Herrn gut ist?" Als Petrus zu Jesus sagte, "[Gott] behüte dich, Herr! Dies wird dir keinesfalls widerfahren (Mt 16:22)", wollte er nur das "Beste" für Jesus und es war auch gut gemeint, aber in den Augen Jesu, wäre eine Verschonung Seiner selbst, die größte Katastrophe in der Menschheitsgeschichte gewesen, weil wir dann alle in der Verlorenheit geblieben wären.

Gut Gemeintes, ist in den Augen Gottes manchmal alles andere als gut!

Wie dem auch sei; die "Anweisung" der Jünger benutzte der HERR, um sie auf eine neue geistliche Begebenheit aufmerksam zu machen! Diese Vorgehensweise finden wir im Johannesevangelium immer wieder! Jesus spricht von einer Wiedergeburt und meint nicht ein Zurückgehen in den irdischen Mutterleib. Er spricht von einem lebendigen Wasser, das den Durst für immer stillt und meint nicht ein "Zauberwasser", das den leiblichen Durst für immer löscht! Er spricht vom Tempel, der in drei Tagen wieder aufgebaut wird und meint nicht den steinernen Tempel in Jerusalem. Er spricht von Feldern, die "weiß zur Ernte" sind und meint nicht die buchstäblichen Kornfelder!

Jesus benutzte also äußere, materielle Begebenheiten um Seine Gesprächspartner auf eine höhere, bzw. geistliche Ebene und in eine unsichtbare Realität zu führen. An dieser Stelle spricht Jesus von einer Speise, die Er zu essen hat und meint nicht eine buchstäbliche Speise, die seinen natürlichen Leib sättigt, sondern eine geistliche Speise, von der wir uns nicht richtig vorstellen können, wie sie Jesus satt machen soll! – Doch davon später.
Hier wird einmal mehr deutlich, was geschehen kann, wenn wir etwas zum Herrn sagen und anschließend genau hinhören, was Er uns zu sagen hat. Möglicherweise zeigt Er uns auch eine neue geistliche Zusammenhänge auf, die uns in der Erkenntnis wachsen lassen. Die Jünger fragen sich also: "Warum braucht er nicht das, was wir ihm gebracht haben? Offensichtlich hat Ihm jemand anderes etwas gebracht und Er will nun das essen!"

Diese Situation macht auch deutlich; wer mit Jesus geht, erfährt immer wieder aufs Neue, dass etwas anderes "dran" ist, als wir denken, dass jetzt "dran" sei. In der Jesus-Staffel "The Chosen", sieht man, wie Jesus den Zöllner Matthäus zur Nachfolge ruft. Darauf meinte Simon Petrus, dass dieser Zöllner nicht in die Jüngerschar passen würde, worauf Jesus zu ihm sagte: "Gewöhn dich an anders!" Dieses Wort steht nicht in der Bibel; aber es passt trotzdem zum Leben und Wirken Jesu!

Die andere Speise (Joh 4:34)

Jesus erklärt nun, was Seine Speise ist und spricht zu den Jüngern:

  • "Meine Speise ist [die], dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk." (Joh 4:34b)

Jesus vergleicht hier die Erfüllung Seines Auftrages mit der Speise, die Er essen soll. Seine Speise ist, den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hat und dessen Werk zu vollbringen. Auf den ersten Blick können wir hier kaum eine Verbindung herstellen. Was hat das Essen einer Speise mit einer Auftragserfüllung zu tun und wo besteht hier die Kausalität?
Wer eine Speise zu sich nimmt, macht sich mit der Speise "eins"; er nimmt sie auf und sie wird zu einem Bestandteil seines Leibes. Das Verwertbare der Speise – die Nährstoffe, Vitamine, Mineralien oder Fette – wird vom Darm entzogen und dem Leib zugeführt. Dadurch wird der Leib gestärkt und aufgebaut. Jesus hat sich mit seinem Auftrag – den er von Seinem Vater erhalten hat – völlig eins gemacht. Er hat sich voll damit identifiziert. Dadurch wurde "Sein Leib" (und Seine Glieder) aufgebaut und gestärkt. Nur weil sich Jesus mit dem Willen des Vaters eins machte, konnten wir, als die Glieder Seines Leibes, auferbaut und gestärkt werden! Die Diener Jesu Christi dürfen auch immer wieder die wunderbare Erfahrung machen: "Wer den Willen des Vaters tut, erhält mehr Kraft, als wenn er "optimal" für sich selbst sorgt!"
"Ausruhen" ist ein Geschenk Gottes, das wir auch immer wieder in Anspruch nehmen und genießen dürfen. Aber zu viel Ausruhen, zu viel Genießen und zu viel Wellness macht uns träge und schläfrig! Wenn wir von unserem HERRN einen Auftrag erhalten haben, dann hat dieser Dienst den absoluten Vorrang und dann gehören die leiblichen Bedürfnisse zurückgestellt. Jesus verdeutlicht dies anhand einer Geschichte und sagt in Lk 17:7-10:

  • "Wer aber von euch, der einen Sklaven hat, der pflügt oder hütet, wird zu ihm, wenn er vom Feld hereinkommt, sagen: Komm und leg dich sogleich zu Tisch? 8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Richte zu, was ich zu Abend essen soll, und gürte dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; und danach sollst du essen und trinken? 9 Dankt er etwa dem Sklaven, dass er das Befohlene getan hat? Ich meine nicht. 10 So sprecht auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren."

Die andere Ernte (Joh 4:35-38)

Eigentlich kommt zuerst das Ernten und dann das Speisen! Doch in dieser Begebenheit geht es zuerst um das Trinken und Essen und anschließend um das Ernten. Ab Vers 35 lesen wir:

  • "Sagt ihr nicht: es sind noch vier Monate, bis die Ernte kommt? Sieh, ich sage euch: Erhebt eure Augen und schaut die Felder an – sie sind weiß zur Ernte! 36 Schon empfängt der Erntearbeiter Lohn und sammelt Frucht ein zum ewigen Leben, sodass der Sämann und der Erntearbeiter sich gemeinsam freuen [können]. 37 Denn hier ist das [Sprich-]Wort wahr: "Einer sät, ein andrer erntet." 38 - Ich habe euch ausgesandt zu ernten, was ihr nicht mühevoll erarbeitet habt; andere haben sich [bis zur Erschöpfung] abgemüht und ihr seid in ihre Arbeit eingetreten*."

Anmerkung von H. Schumacher:

  • o. in ihre Mühe hineingekommen. Jesus spricht als Prophet so, als sähe er schon die Heidenmissionen und Erweckungsbewegungen späterer Zeiten vor sich. (Joh 4:35-38)

Jesus vollzieht nun einen thematischen Sprung, indem Er von Seiner Speise auf die Ernte hinweist! Auch an dieser Stelle macht Jesus darauf aufmerksam, was die Jünger wahrnehmen und sehen und weist dann auf die geistliche Realität, die dahinter zu sehen ist, hin. Kurz vor der Gersten- und Weizenernte werden die Felder jeweils weisslich. Vier Monate vorher sind sie noch grün. Das sprichwörtliche Wasser war noch nicht getrunken, die mitgebrachte Speise noch nicht gegessen, die bevorstehende Ernte noch nicht reif und überall erklärt Jesus, dass diese Dinge im geistlichen Bereich schon da sind. Was will Jesus damit sagen?

"Ihr alle seht auf das, was vor Augen ist, ich bin aber dazu da, euch die inneren Augen zu öffnen und euch die geistlichen Realitäten zu zeigen. Lernt von mir, nicht immer zuerst das Sichtbare zu sehen, sondern das Unsichtbare!"

Paulus und auch andere durften dies lernen. Er schrieb dazu:

  • "... da wir nicht das Sichtbare anschauen, sondern das Unsichtbare; denn das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ewig." (2Kor 4:18)

Wie die Jünger Jesu, so schaue auch ich zuerst noch viel zu oft auf die äußeren Begebenheiten, statt auf die alles entscheidende und unsichtbare Realität! Wie aber können wir dieses neue Denken erlernen, in dem wir in erster Linie das Unsichtbare anschauen?

Eine Möglichkeit besteht darin, dass wir uns darin üben, bei allem was wir sehen, einen geistlichen Bezug zu finden! Dazu möchte ich ein kleines Beispiel erwähnen und fragen; "was hat Marzipan mit Gott zu tun?" "Nichts!" würden vmtl. die meisten sagen! Marzipan wird aus Mandeln hergestellt und ein Mandelzweig befand sich in der Bundeslade und somit im Allerheiligsten! Marzipan und dadurch auch die Mandeln können uns an die heilige Gegenwart Gottes erinnern und in uns eine ganze Gedankenkette auslösen: "HERR, lass mich wie der "Mandelzweig" allezeit in Deiner Gegenwart leben! Ich ersehne nichts mehr als Deine wunderbare und gnädige Gegenwart! usw."

Bis zur buchstäblichen Ernte waren es noch vier Monate. An die Ernte dachte eigentlich noch kaum jemand; aber geistlich gesehen, stand eine große Ernte bevor. Wie die nachfolgenden Verse zeigen, waren viele von den Samaritern "reif" für den Glauben. Sie waren reif dazu, Jesus als den Retter zu erkennen und ihn anzunehmen. Im Wort Gottes steht der Begriff "Ernte" sehr häufig auch im Zusammenhang mit den Gerichten Gottes (Joe 4:13 / Offb 14:15). In den Gerichten Gottes geht es aber nicht in erster Linie um ein "Hinrichten" und "Strafen", sondern um ein "Herrichten" und "Läutern"! Jesaja macht darauf aufmerksam, wenn er schreibt:

  • "Denn wenn deine Gerichte die Erde [treffen], lernen die Bewohner des Erdkreises Gerechtigkeit. Wird dem Gottlosen Gnade zuteil, lernt er nicht Gerechtigkeit (Jes 26:9b-10a)."

Säen und Ernten

Durch das Einsammeln des Erntenden, wird die Frucht zum ewigen Leben geführt. Diese Ernte verursacht nicht nur Freude beim Erntenden, sondern auch beim Säenden. Die reife und geerntete Frucht kann hier auf diejenigen gedeutet werden, die zum Glauben an den Erlöser Jesus Christus gefunden haben und das Ernten führt dazu, dass der Weizen in die Scheune gebracht wird (Mt 13:30). Im übertragenen Sinn heisst das; gläubig gewordene Menschen werden in das "Haus des Vaters" gebracht. Dabei freut sich der Säende (der Wortausteiler) und der Erntende (der zu Jesus Führende). Geistlich gesehen ist es so, dass der Säende ein anderer ist als der Erntende. Man kann im Säenden sowohl denjenigen sehen, der Zeugnis ablegt, als auch den, der sich zu Jesus Christus bekennt und andere Menschen zu Christus einlädt. Der Erntende ist z. B. der Evangelist, der Prediger oder Seelsorger, der durch seinen Dienst, die Menschen zur Umkehr führt. Oft ist der "Geburtshelfer" – der zur Wiedergeburt eines Menschen beitrug – eine andere Person als derjenige, der zum Glauben eingeladen hat und das Vertrauen auf Gott vorlebte.

Die Propheten des Alten Testamentes waren mehrheitlich solche, die das Wort Gottes säten, währenddem die Gläubigen, die nach Golgatha als Evangelisten berufen wurden (Eph 4:11), die Ernte einbringen. Am Schluss werden sich beide freuen. Auch gläubige Eltern säen bei ihren Kindern oft den guten Samen, währenddem ein anderer ihnen zum "Durchbruch" verhilft. Propheten und andere Menschen haben bei den Samaritern die gute Saat gesät und jetzt dürfen die Jünger durch das Wirken des Geistes ernten und die Menschen zu Christus führen. Durch das Gespräch zwischen Jesus und der Samariterin hat Jesus in gewisser Weise auch den guten Samen gesät, der dann in der Stadt zu der großen Ernte führte.

Der Glaube um des Wortes Willen (Joh 4:39-42)

Währenddem etliche Juden in Jerusalem infolge von Wundern an Jesus glaubten (Joh 2:23), glaubten die Leute aus Sychar um des "Wortes Willen"! Sowohl die Worte der Frau als auch die Worte Jesu führten dazu, dass viele in der Stadt an Jesus glaubten. So lesen wir in den Versen 39-42:

  • "Aus jener Stadt aber kamen viele von den Samaritern zum Glauben an ihn, [und zwar] auf das Wort der Frau hin, die bezeugte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe! Als nun die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben, und er blieb zwei Tage dort. Und [noch] viel mehr [Leute] kamen auf sein Wort hin zum Glauben und sie sagten zu der Frau: Wir glauben [jetzt] nicht mehr auf deine Rede hin; denn wir selbst haben gehört und wissen [nun]: Dieser ist in Wahrheit der Retter der Welt!"

Die Samariter wurden von den Juden verachtet und nicht zum Volk Gottes zugehörig gerechnet. Ausgerechnet hier findet eine Erweckung statt. Dies könnte auch als ein Sinnbild dafür gesehen werden, dass die Gemeinde aus den Nationen vor dem gesamten Volk Israel eine Erweckung in Bezug auf Jesus Christus erfährt. In seinem Lobpreis deutete Simeon dies ebenfalls an, als er sagte:

  • "... denn meine Augen haben dein Heil gesehen, 31 das du bereitet hast im Angesicht aller Völker: 32 ein Licht zur Offenbarung für die Nationen und zur Herrlichkeit deines Volkes Israel." (Lk 2:30-32)

An dieser Stelle wird das "Licht zur Offenbarung für die Nationen" vor dem Satzteil "zur Herrlichkeit deines Volkes Israel" erwähnt. Ist es nicht erstaunlich, dass viele Menschen aus Sychar, allein aufgrund des Wortes einer "anrüchigen Frau" zum Glauben an Jesus finden? Das Zeugnis einer Frau galt damals kaum etwas und wenn sie zusätzlich einen schlechten Ruf hatte; dann noch weniger!

Auch sahen die Leute der Stadt kein offensichtliches Wunder, aber sie sahen eine total veränderte Frau und allein schon dieser Umstand führte dazu, dass viele glaubten. Natürlich spielt hier auch das Wirken des Heiligen Geistes eine Rolle, aber "veränderte Menschen" sind mitunter das beste Zeugnis. Diejenigen, welche die Samariterin vmtl. nicht so gut kannten, kamen dann erst durch die Worte Jesu zum Glauben. Sowohl veränderte Menschen als auch die einmaligen Worte Jesu führen zu einem Glauben an Jesus! Beides ist wichtig und wertvoll! Weil sich Jesus als ein wahrhaftiger Prophet erwies, kamen viele Samariter zu der Überzeugung, dass Jesus der verheissene Prophet ist; der Prophet, der schon in 5Mo 18:15 verheissen wurde:

  • "Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören."

Die Samariter glaubten aufgrund des prophetischen Wortes; nicht aufgrund von Wundern. Auch hier kann man eine Parallele zu den Gläubigen aus den Nationen erkennen. In Bezug auf die heutigen Samaritaner heisst es in Wikipedia:

"Die Samaritaner erkennen von den Schriften der Bibel nur die Autorität der fünf Bücher Mose (Pentateuch bzw. Tora) an."

Ob das zur Zeit Jesu auch schon so war, weiss ich nicht, aber wenn es ebenfalls zutraf, dann haben die Leute aus Sychar in Jesus den "Propheten wie Mose" gefunden! Die Frau glaubte an Jesus, weil Er ihr alles sagte, was sie getan hatte. Dieses prophetische Aufdecken ihres kaputten Lebens war das eine! Das andere war die Tatsache, dass ihr Jesus trotz ihrer anrüchigen Vergangenheit Liebe und Wertschätzung entgegenbrachte! Diese Kombination hat die Frau überwältigt, so dass sie gar nicht mehr anders konnte, als Jesus ebenfalls zu lieben und Ihn zu bezeugen!

Für die Samariter war es der grösste Wunsch, dass Jesus bei ihnen blieb, und Er erfüllte ihnen diesen Wunsch für zwei Tage. So wie Jesus zwei Tage bei den Samaritern blieb, so bleibt auch Jesus 2'000 Jahre mehrheitlich bei den Nationen, bevor Er sich wieder den Juden als gesamtes Volk zuwendet. Da in den Augen Gottes ein Tag wie tausend Jahre sind, können zwei Tage, prophetisch, auch als 2'000 Jahre interpretiert werden (Ps 90:4).

Durch die Anwesenheit Jesu glaubten noch viel mehr an Ihn. Seine Gegenwart stärkt immer den Glauben, wenn man Ihm mit offenem Herzen zuhört. Auch bei den Nationen, nahm der Glaube in den letzten 2'000 Jahren kontinuierlich zu. Wie viele Christen es heute gibt, wissen wir nicht; auf jeden Fall sind es wesentlich weniger als das offizielle Christentum! Laut Wikipedia gehören ca. 2,1 Mrd. dem Christentum an und gemäss Open Doors werden 340 Mio. Christen weltweit verfolgt (Stand 2021). Wie viele von den 2,1 Mrd. "Namenschristen" auch wirklich zum "Leib Jesu" und somit zu Seiner Gemeinde gehören, kann man unmöglich sagen. Auch wenn noch viele Menschen zum offiziellen Christentum gehören, so leben wir doch in einem großen Abfall von den christlichen Werten. Das Abfallen vom Glauben wurde im NT prophezeit, so lesen wir in 2Thes 2:2-3, dass der Tag des HERRN erst dann kommt, wenn zuvor der "Abfall" stattgefunden hat. Damit dürfte der Abfall vom Glauben (Hebr 3:12) und von den damit verbundenen christlichen Werten gemeint sein.

Zuerst glaubten etliche Samariter durch das Zeugnis der Frau! Als sie aber den HERRN selbst hören durften, glaubten sie umso mehr. Das Hören auf Sein Wort, ist für das Glaubenswachstum von entscheidender Bedeutung. Die Zeugnisse und Erlebnisse anderer sowie die Predigten und Bibelauslegungen von Verkündigern sind wichtig, aber das eigene Hören und Studieren des Wortes des HERRN, ist letztendlich noch wichtiger! Wer nur auf Bibelauslegungen hört, kann sich das Wort Gottes zu wenig zu eigen machen und es bewirkt im eigenen Herzen keinen standhaften Glauben, weil der Glaube dann nur auf dem basiert, was andere "vorgedacht" haben. Durch das persönliche Bibelstudium entsteht ein gesundes Mitdenken! Ein Mitdenken (gr. mätanoia) mit den Gedanken Gottes. Nur so ein Mitdenken führt auch in eine geistliche Selbstständigkeit. Lassen wir uns doch von den Samaritern inspirieren, indem wir auf Sein Wort hören, darüber nachdenken und Ihm vertrauen!


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