Durch Leiden zur Herrlichkeit: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Ist nun bei euch Ermahnung in Christo, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit, so erfüllet meine Freude, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einhellig seid.'''<br/>
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In den ersten vier Versen des zweiten Kapitels bohrt sich der Apostel, gewissermaßen wie ein Schlüssel ins Schloss, ins Herz und Gewissen der Philipper ein. Er muss ihnen etwas sagen, woran es bei ihnen noch fehlt, was er dann im zweiten Vers des vierten Kapitels noch einmal zum Ausdruck bringt. Er muss sie ermahnen, eines Sinnes zu sein. Er findet den Grundsinn, nämlich den Liebes-, Leidens-, Sterbens- und Geistesgemeinschaftssinn, diesen neuen Sinn der Wiedergeborenen, nicht völlig bei ihnen.
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Nun ist es schwer, auch gläubigen Menschen, etwas zu sagen. Darum auch das sorgsame Vortasten des Apostels. Er fällt nicht mit der Tür ins Haus. Aber er weiß, dass der, der sich ermahnen lässt, eben dadurch den neuen  Sinn offenbart. Wer aber ermahnen will, muss selber unter dem, was er zu sagen hat, leiden und sterben. Wenn uns einmal eine Ermahnung trifft, dann gilt es annehmen, nicht dagegen stoßen, selbst wenn es etwas Rechtes wäre, womit wir uns wehren könnten. Mit dem Stillesein geht man nie fehl, aber mit dem Maulen allemal.
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Die Philipper sollen in Christo stehen und die Mahnung annehmen, und Paulus soll in Christo stehen und es in Christo sagen. Wenn sofort ein Gegenstoß kommt, ist es ein bedenkliches Zeichen. Ist ein Zuspruch der Liebe bei euch möglich? Paulus geht noch tiefer: Ist Gemeinschaft des Geistes? Sind wir so herzlich miteinander verbunden in der Gemeinschaft des Glaubens und der göttlichen Lieben, dass ich so frei sein darf und euch etwas sagen? Ist euer Innerstes so bestellt in der Lieb, dass es auch Liebe aufnehmen kann? Vierfach rückt Paulus heran: Ermahnung, Zuspruch der Liebe, Gemeinschaft des Geistes und innerem herzliche Liebesverbindung.  Wenn ihr das habt, dann "macht meine Freude voll“ (Phil 2:2) Der Apostel kommt nun wieder auf den einen Sinn und die eine Seele zu sprechen. Wenn er das fände, dann wäre es eine Freude für ihn. Es muss darum etwas Großes sein um diesen Sinn. Paulus meint damit das Geistesorgan des inneren Urteilens, das Urteilsvermögen. Das ist etwas, was die ganze Kreatur besitzt. Die Pflanze hat Empfindung für Licht und Schatten, das Tier hat Unterscheidungsvermögen. Jeder Mensch aber urteilt beständig über alles, was er hört und sieht. Ist nun ein Mensch in Christo, so wird er mit anderen Gläubigen in diesem Urteilen übereinkommen. Da offenbart sich nun freilich oft, dass wir auf einem anderen Grund stehen als unsere Umgebung, auch als die christliche Welt. Auch für Berufs- und Hausgenossen gilt es, in einem Sinn zu stehen. Wie l eicht geht doch alles, wenn man eines Sinnes ist.<br/><br/>
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====<big>Tut nicht durch Zank oder eitle Ehre</big>====
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<big> '''[[Phil 2:3]]''' </big><br/>
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Wie oft kommt es vor, dass man sich wegen Kleinigkeiten Streit und in Zank  und eitle Ehre verfällt. - Als ich mich einmal meinem Haus näherte, hörte ich laute Stimmen. Es war gerade Regenwetter und die Treppe war ziemlich schmutzig. Da hatte die Großmutter zu dem Mädchen gesagt: „Nimm heute zwei Eimer Wasser zur Treppe!“ Die Mutter aber gebot vorher: „Nimm einen!“ Darüber gab es Streit. Ich wandte mich an das Mädchen: „Und ich sag dir, du nimmst drei Eimer Wasser, einen für die Mutter und zwei für die Großmutter. Ihr aber schämt euch, euch wegen solcher Nichtigkeiten zu streiten!“
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Anstatt solche Dinge ins Licht der Ewigkeit  zu stellen, wo sie dann klein und nichtig werden, macht man oft viel Wesens daraus. Wir wollen doch ja keinen Streit anfangen, sondern in Kleinigkeiten großzügig sein. Ein Bruder war zum Großherzog geladen. Auf dem Karlsruher Bahnhof angekommen, lässt er sich die Schuhe putzen und fragt nach seiner Schuldigkeit. „Wie es dem Herrn recht ist“, gibt der Stiefelputzer zur Antwort. Nun hat aber der Bruder nur ein Markstück und einen Nickel im Geldbeutel. Also gibt er den Nickel, weil die Mark ihm zu viel war. Nach fünf Minuten kehrt er um: „Lieber Mann, ich habe Ihnen vorhin zehn Pfennig gegeben; nehmen Sie das auch noch!“ - und gibt ihm die Mark. Der Bruder, dem man den Stillen im Lande ansah, wollte nicht, dass der Stiefelputzer Anstoß nehme an der Schäbigkeit der Frommen.<br/>
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'''Durch Demut achte einer den andern höher als sich selbst'''<br/>
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Wenn es Streit gibt, ist das immer der Grund, dass man höher sein will als der andere. Den andern hochhalten, das trägt zur Einigkeit bei. Selber groß sein wollen macht Streit. Den andern höher achten als sich selbst, daran liegt es. Das gibt Einheitscharakter in ein Haus, wenn jedes sich in Demut einfügt und eines das andere um dessen willen, was es tut, höher stellt als sich selbst. Ich muss mich oft wundern, was meine Knechte leisten. Dieser Tage haben sie an einem Tag 300 Zentner Kartoffeln in den Keller geschafft. Das will etwas heißen, ohne zu erlahmen, bis in die Nacht hinein immer die schweren Lasten schleppen. Ich muss sie höher achten als mich. Auch meine Mädchen im Heim, die immer dieselbe Arbeit verrichten, ohne zu ermüden; auch unsere Hausfrauen. Ich muss sagen: höher denn ich!<br/><br/>
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====<big>Ein jeglicher sehe nicht auf das Seine</big>====
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<big> '''[[Phil 2:4]]''' </big><br/>
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'''Ein jeglicher sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was des andern ist.'''<br/>
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Wer es vermag, sich so zu stellen, dass er immer für andere da ist, der hat das ausgelebt, was Vers 4 geschrieben steht. Wir sollen also auf das sehen, was dem Nächsten dient, was ihm Vorteil bringt. - Unser Bruder F.  hat mir Stiefel gemacht, die mir, so oft ich sie anziehe, große Freude machen. Ich sehe an der tadellosen Arbeit, wie der liebe Bruder bei jedem Stich und Zug von dem Gedanken geleitet war: Es ist für den Pfarrer; die müssen gut sein!
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Auf das sehen, was des andern ist, kann aber nur, wer die Christusgesinnung in sich hat; andern ist das unmöglich. Da sitzen sie zusammen und beraten, wie der sozialen Not abzuhelfen ist, stellen wunderbar schöne Sätze auf von der christlich-sozialen Lösung und werfen diese Sätze den unbußfertigen, ungläubigen Massen hin, Arbeitern wie Arbeitgebern, als ob damit geholfen wäre. Immer mehr nimmt man christliche Ideen auf und will sie einem unbußfertigen Geschlecht anziehen (oder aufpfropfen).<br/><br/>
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===<big>'''Ein jeglicher sei gesinnt wie Jesus Christus'''</big>===
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<big> '''[[Phil 2:5]]''' </big><br/>
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Version vom 13. Februar 2021, 18:00 Uhr

Abschrift des Buches: Der Brief von der Freude (Philipperbrief)
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem letzten Bibelkurs im Oktober 1926
(nach den Notizen mehrerer Teilnehmer)

weitere interessante Abschriften:

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor:
I. Eine Auslegung des Philipperbriefes - Kapitel 1

in Bearbeitung

II. Durch Leiden zur Herrlichkeit

Kapitel 2

Erfüllet meine Freude

Phil 2:1.2
Ist nun bei euch Ermahnung in Christo, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit, so erfüllet meine Freude, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einhellig seid.
In den ersten vier Versen des zweiten Kapitels bohrt sich der Apostel, gewissermaßen wie ein Schlüssel ins Schloss, ins Herz und Gewissen der Philipper ein. Er muss ihnen etwas sagen, woran es bei ihnen noch fehlt, was er dann im zweiten Vers des vierten Kapitels noch einmal zum Ausdruck bringt. Er muss sie ermahnen, eines Sinnes zu sein. Er findet den Grundsinn, nämlich den Liebes-, Leidens-, Sterbens- und Geistesgemeinschaftssinn, diesen neuen Sinn der Wiedergeborenen, nicht völlig bei ihnen.

Nun ist es schwer, auch gläubigen Menschen, etwas zu sagen. Darum auch das sorgsame Vortasten des Apostels. Er fällt nicht mit der Tür ins Haus. Aber er weiß, dass der, der sich ermahnen lässt, eben dadurch den neuen Sinn offenbart. Wer aber ermahnen will, muss selber unter dem, was er zu sagen hat, leiden und sterben. Wenn uns einmal eine Ermahnung trifft, dann gilt es annehmen, nicht dagegen stoßen, selbst wenn es etwas Rechtes wäre, womit wir uns wehren könnten. Mit dem Stillesein geht man nie fehl, aber mit dem Maulen allemal.

Die Philipper sollen in Christo stehen und die Mahnung annehmen, und Paulus soll in Christo stehen und es in Christo sagen. Wenn sofort ein Gegenstoß kommt, ist es ein bedenkliches Zeichen. Ist ein Zuspruch der Liebe bei euch möglich? Paulus geht noch tiefer: Ist Gemeinschaft des Geistes? Sind wir so herzlich miteinander verbunden in der Gemeinschaft des Glaubens und der göttlichen Lieben, dass ich so frei sein darf und euch etwas sagen? Ist euer Innerstes so bestellt in der Lieb, dass es auch Liebe aufnehmen kann? Vierfach rückt Paulus heran: Ermahnung, Zuspruch der Liebe, Gemeinschaft des Geistes und innerem herzliche Liebesverbindung. Wenn ihr das habt, dann "macht meine Freude voll“ (Phil 2:2) Der Apostel kommt nun wieder auf den einen Sinn und die eine Seele zu sprechen. Wenn er das fände, dann wäre es eine Freude für ihn. Es muss darum etwas Großes sein um diesen Sinn. Paulus meint damit das Geistesorgan des inneren Urteilens, das Urteilsvermögen. Das ist etwas, was die ganze Kreatur besitzt. Die Pflanze hat Empfindung für Licht und Schatten, das Tier hat Unterscheidungsvermögen. Jeder Mensch aber urteilt beständig über alles, was er hört und sieht. Ist nun ein Mensch in Christo, so wird er mit anderen Gläubigen in diesem Urteilen übereinkommen. Da offenbart sich nun freilich oft, dass wir auf einem anderen Grund stehen als unsere Umgebung, auch als die christliche Welt. Auch für Berufs- und Hausgenossen gilt es, in einem Sinn zu stehen. Wie l eicht geht doch alles, wenn man eines Sinnes ist.

Tut nicht durch Zank oder eitle Ehre

Phil 2:3
Wie oft kommt es vor, dass man sich wegen Kleinigkeiten Streit und in Zank und eitle Ehre verfällt. - Als ich mich einmal meinem Haus näherte, hörte ich laute Stimmen. Es war gerade Regenwetter und die Treppe war ziemlich schmutzig. Da hatte die Großmutter zu dem Mädchen gesagt: „Nimm heute zwei Eimer Wasser zur Treppe!“ Die Mutter aber gebot vorher: „Nimm einen!“ Darüber gab es Streit. Ich wandte mich an das Mädchen: „Und ich sag dir, du nimmst drei Eimer Wasser, einen für die Mutter und zwei für die Großmutter. Ihr aber schämt euch, euch wegen solcher Nichtigkeiten zu streiten!“

Anstatt solche Dinge ins Licht der Ewigkeit zu stellen, wo sie dann klein und nichtig werden, macht man oft viel Wesens daraus. Wir wollen doch ja keinen Streit anfangen, sondern in Kleinigkeiten großzügig sein. Ein Bruder war zum Großherzog geladen. Auf dem Karlsruher Bahnhof angekommen, lässt er sich die Schuhe putzen und fragt nach seiner Schuldigkeit. „Wie es dem Herrn recht ist“, gibt der Stiefelputzer zur Antwort. Nun hat aber der Bruder nur ein Markstück und einen Nickel im Geldbeutel. Also gibt er den Nickel, weil die Mark ihm zu viel war. Nach fünf Minuten kehrt er um: „Lieber Mann, ich habe Ihnen vorhin zehn Pfennig gegeben; nehmen Sie das auch noch!“ - und gibt ihm die Mark. Der Bruder, dem man den Stillen im Lande ansah, wollte nicht, dass der Stiefelputzer Anstoß nehme an der Schäbigkeit der Frommen.

Durch Demut achte einer den andern höher als sich selbst
Wenn es Streit gibt, ist das immer der Grund, dass man höher sein will als der andere. Den andern hochhalten, das trägt zur Einigkeit bei. Selber groß sein wollen macht Streit. Den andern höher achten als sich selbst, daran liegt es. Das gibt Einheitscharakter in ein Haus, wenn jedes sich in Demut einfügt und eines das andere um dessen willen, was es tut, höher stellt als sich selbst. Ich muss mich oft wundern, was meine Knechte leisten. Dieser Tage haben sie an einem Tag 300 Zentner Kartoffeln in den Keller geschafft. Das will etwas heißen, ohne zu erlahmen, bis in die Nacht hinein immer die schweren Lasten schleppen. Ich muss sie höher achten als mich. Auch meine Mädchen im Heim, die immer dieselbe Arbeit verrichten, ohne zu ermüden; auch unsere Hausfrauen. Ich muss sagen: höher denn ich!

Ein jeglicher sehe nicht auf das Seine

Phil 2:4
Ein jeglicher sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was des andern ist.
Wer es vermag, sich so zu stellen, dass er immer für andere da ist, der hat das ausgelebt, was Vers 4 geschrieben steht. Wir sollen also auf das sehen, was dem Nächsten dient, was ihm Vorteil bringt. - Unser Bruder F. hat mir Stiefel gemacht, die mir, so oft ich sie anziehe, große Freude machen. Ich sehe an der tadellosen Arbeit, wie der liebe Bruder bei jedem Stich und Zug von dem Gedanken geleitet war: Es ist für den Pfarrer; die müssen gut sein!

Auf das sehen, was des andern ist, kann aber nur, wer die Christusgesinnung in sich hat; andern ist das unmöglich. Da sitzen sie zusammen und beraten, wie der sozialen Not abzuhelfen ist, stellen wunderbar schöne Sätze auf von der christlich-sozialen Lösung und werfen diese Sätze den unbußfertigen, ungläubigen Massen hin, Arbeitern wie Arbeitgebern, als ob damit geholfen wäre. Immer mehr nimmt man christliche Ideen auf und will sie einem unbußfertigen Geschlecht anziehen (oder aufpfropfen).

Ein jeglicher sei gesinnt wie Jesus Christus

Phil 2:5