Kirchenvereinigung in prophetischer Sicht

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Abschrift der Sammlung: Prophetische Traktate - Band 1
von Friedrich Malessa 1895-1981

Mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann
Als Abschrift dort noch erhältlich

Siehe weitere Abschriften

Siehe: Inhaltsverzeichnis Band 1
und: Inhaltsverzeichnis Band 2

12. Kirchenvereinigung in prophetischer Sicht

Kirchenvereinigung? Was ist das? Ist die Kirche Jesu Christi, als der Leib Jesu Christi, nicht eine absolute Einheit? Ja, die Kirche schon, aber nicht die Kirchen! Leider sind sie nicht nur gespalten, sondern zerstückelt bis zur Unkenntlichkeit. Man denke nur an die großen und kleinen Gruppen bis hin zu den unübersehbaren „Sekten“. Sie sind fast nicht zu zählen. - Das Herz kann einem bluten, wenn man bei dem Wirrwarr an die Kirche Jesu Christi denkt. Sünde, unübersehbare Sünde belastet und begleitet die Kirchen!

In Anbetracht dessen ist die Kirchen-Vereinigung höchste Notwendigkeit. Sie wurde von biblisch gerichteten Menschen schon immer gesucht. In der ganzen Reformationsgeschichte sind ernste Vereinigungsbestrebungen festzustellen. Doch erst im Jahre 1846 konnte ein bleibendes Resultat erzielt werden. Das wurde nämlich begründet die

Evangelische Allianz

Diese Allianz ist nicht im weitesten Sinne des Wortes zu verstehen. Für eine totale Vereinigung waren die Kirchen noch nicht reif. Die da erstandene Allianz ist die „Verbindung der Gläubigen“. Seit 1846 suchten die Gläubigen aller Benennungen die echte Einheit in Christus! Diese Einheit war so beglückend, dass man oft vom Anbruch des tausendjährigen Reiches sprach. Man fing an zu begreifen, was tatsächlich Kirche Jesu Christi ist.

Das war eine beglückende Lösung, allerdings nur für einen verhältnismäßig kleinen Kreis. Die Kirchen dagegen sahen in der Allianz eher eine erneute Schwierigkeit. Zumal durch sie der Abgang der brauchbarsten Kräfte von den Kirchen zu erstehen schien. Hier und da wollte solches bereits ernste Formen annehmen. Sonderlich auf Seiten der Kirchen suchte man nach neuen Lösungen, indem man wirklich gute kirchliche Persönlichkeiten der Allianz anvertraute und damit Brücken baute. Diese Brücken wurden fleißig benutzt. Volle Sympathie von hüben und drüben wurde erreicht. Die Allianz hat sogar in ihre Leitung kirchentreue Männer berufen, so dass man an eine umfassendere Verbindung aller Kirchen und Freikirchen herantreten konnte. Die inzwischen begründete weitere Verbindung heißt:

Ökumene

Bei dieser Verbindung liegt allerdings nicht mehr die ganze Betonung auf der Gläubigkeit, sondern auf der Kirchenzugehörigkeit. Der Verbindungsgrundsatz ist in etwas „erweitert“. Darum sind die Kirchen „das Gebiet, auf dem die Gläubigen ihre missionarische Tätigkeit ausüben können“. Somit ist die Ökumene die sehr verheißungsvoll erweiterte Allianz. Hier wird erst recht der biblische Grundsatz angewandt: „Auf dass sie alle eins werden.“

Die Ökumene hat erfreulicherweise schon ganz feste und umfassende Formen angenommen. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Kirchen und Freikirchen der Welt dabei. In Russland ist bereits eine totale Ökumene erstanden.

Sie tagte im Jahre 1952 in Sagorsk und erfasste alle Kirchen, einschließlich der Mohammedaner, Buddhisten und Juden. Russland marschiert in Punkto Ökumene allen voraus.

Die römisch-katholische Kirche ist noch nicht dabei. (Russland ausgenommen). Sie hält sich aus verständlichen Gründen distanziert. So kann sie allerdings nicht bleiben. Eine wirkliche Ökumene kann nicht die bedeutendste Kirche beiseite stehen lassen. Denn in der Tat ist die katholische Kirche die wichtigste. Sie umfasst fast die Hälfte der ganzen Christenheit, ist wie ein granitener Block, hat fanatische Anhänger und ist dazu die Urkirche! Sie hat allenthalben den stärksten Einfluss und genießt den größten Respekt. Sie bei der Ökumene fehlen zu lassen, ist aus prinzipiellen und formellen Gründen nicht möglich. Sie gehört an die Spitze! - Und sie kommt an die Spitze.

Auf Seiten der Ökumene ist man sich dessen voll bewusst. Man arbeitet darum mit allem Eifer an der „Beseitigung des großen Risses, der durch die Reformation erstanden ist“. Namhafte protestantische Geistliche haben vor etwa drei Jahren in einem weit verbreiteten Traktat folgendes gesagt:

“Unser Unglaube zeigt sich:

a) darin, dass wir uns völlig zufrieden geben, wenn unsere Kirche, die sich reformatorisch nennt, nicht einmal in der Übereinstimmung steht mit der Kirche der lutherischen Reformation. Können sie es wirklich verantworten, wenn die guten Bestrebungen um den Vollgottesdienst der lutherischen Messe, um die zentrale Stellung der heiligen Sakramente und der Beichte auf so viel Widerstände stoßen? Wie kommt es eigentlich, dass so viele lutherische Gemeinden und Kirchen daran gehindert werden, eine Leitung nach ihrem Bekenntnis zu haben? Muss es nicht der Ehrgeiz aller Gutwilligen sein, dass wir zunächst einmal reumütig zu unserem Ausgangspunkt zurückkehren,

b) dahin, dass wir so tun, als ob unsere Kirche erst 1517 ihren Anfang genommen hat. Sind wir wirklich bereit, die großen Schätze der vorreformatorischen Kirche so billig preiszugeben? Hätten wir nicht alle Ursache, uns auf die apostolische Wahrheit des Bischofamtes zu besinnen und die großen Gaben, die Gott der Christenheit und der ganzen Menschheit durch das Mönchtum geschenkt hat, neu achten zu lernen? Stehen wir eigentlich noch dazu, dass Bonifatius Deutschland christianisiert hat, und dass unser Weg zu den Aposteln nicht an ihm und den anderen katholischen Missionaren vorbei kann?"

Una Sancta

Es ist nicht so, das die Una Sancta die Ökumene verdrängen will. Im Gegenteil, die Una Sancta will die Ökumene! Es geht nicht um die Benennung, sondern es geht um die Sache. Ob Una Sancta, ob Ökumene, ob der Name so anders ist, einerlei, wenn nur die Vereinigung erreicht wird!

Dass dieses Vorhaben seiner guten Verwirklichung entgegen geht, beweisen folgende Aussprüche, die im Una-Sancta-Heft (Dez. 1956) zu lesen sind: „So dürfen wir wohl sagen, dass in all den angeführten Punkten, die wir als Anliegen der evangelischen Ekklesiologie erkennen, der Graben zwischen uns durchaus überbrückbar ist.“ - „Ist das nicht ein hoffnungsvolles Zeichen, dass heute hüben und drüben in dieser Weise gedacht und zugesprochen wird? Die Generalsynode in Hannover bedeutet einen verheißungsvollen Neuanfang für die Begegnung der Konfessionen in Deutschland.“

Nochmals gesagt, es kann und darf nicht ausbleiben, dass die Kirchen sich endlich vereinigen und „die Kirche“ werden. Auf allen Seiten ist man sich der Trennungsschuld bewusst. Auf allen Seiten ist man ehrlich bereit, Buße zu tun. - Offen ist freilich noch die Frage, wer zu wem kommen soll. Aber auch diese Frage ist lösbar, sofern die Sache obenan steht. Nach dem Stand der gegenwärtigen Verhältnisse ist der baldige Erfolg in guter Aussicht.

Eins ist bis dahin immer noch ungewiss, nämlich der Haltung der anderen Weltreligionen zur christlichen. Noch vor kurzem wurden von der anderen Seite Gegensätze aufgetischt, die eher einen Kampf, und weniger eine Duldsamkeit anzeigten. So bleibt die Frage offen: Wird bei einer Welt-Kirchen-Vereinigung auch wirklich die ganze Welt vereint sein? Oder ist das nur eine Welt-Teil-Einheit? Was wäre das für eine schmerzliche Einheit! Dazu kann heute schon mit großer Freude gesagt werden, dass auch dieser Kummer im Schwinden begriffen ist. Es kristallisiert sich gegenwärtig etwas heraus, das als vierte Vereinigungsbewegung angesehen werden kann. - Merkwürdig, dass das eine vierte Bewegung ist. Nach der Bibel ist die Vier immer irgendwie weltumfassend: Vier Enden der Erde, vier Winde usw. Diese vierte religiöse Vereinigungs-Bewegung ist das

Weltparlament der Religion

Hierüber ein Bericht von dem bekannten Juudenchristen Albert Springer in „Judenchristliche Gemeinde“ Mai 1956:

„Der Versuch, einen einheitlichen Glauben auf breiter Basis zu schaffen, war zunächst nur im Christentum gemacht worden. Vor einiger Zeit aber ist auch ein „Weltparlament der Religion“ gegründet, das von solchen bedeutenden Persönlichkeiten und Humanisten wie Mrs. Eleanor Roosevelt und Dr. Albert Schweitzer unterstützt wird. Eine seiner Delegationen hat kürzlich Israel besucht, wo sie vom Staatpräsidenten Ben-Zwi empfangen wurde. Dieser Besuch geschah nicht zufällig.

„Das heilige Land“ ist der geistige Mittelpunkt der Welt, Jerusalem der Brennpunkt dreier großer Weltreligionen, des Judentums, des Christentums und des Islam. Für die Juden ist Jerusalem die „heilige Stadt“, weil hier der Tempel stand, in dem die Herrlichkeit des Herrn (die Schechina) erschien. Den Christen ist es heilig, weil Christus hier liebte, starb, auferstand und von hier zum Himmel auffuhr. Nach Mekka und Medina ist Jerusalem der heiligste Ort für die Mohammedaner, weil der Prophet von hier auf seinem weißen Ross in den Himmel gefahren sein soll. Gibt es einen geeigneteren Ort auf Erden, an dem das „Weltparlament der Religion“ seine Tätigkeit beginnen konnte.

Vor kurzen hat der „überkonfessionelle Ausschuss“ eine Delegation als Friedensmission zum Sultan von Marokko geschickt. Sie bestand aus zwei Juden und zwei Christen. Der Sultan hielt folgende Ansprache an die Delegation: „Eure Grundsätze sind die unseren; wie ihr, sind auch wir glühende Friedensanhänger. Rassische oder religiöse Unterschiede kennen wir nicht. Toleranz ist ein Grundstein unserer Religion. Der Islam, das Judentum und das Christentum sind alle offenbarte Religionen und bilden die Dreieinigkeit der Religionen des Buches.“

Achten wir bitte auf den Namen der vierten Vereinigungsbewegung: „Weltparlament der Religion“. Nicht etwa der Religionen! Die Begründer wussten was sie wollten, nämlich die Welt-Einheits-Religion! Soll das nicht zustande kommen können? Wird solches nicht allenthalben dringend erwartet? Die oben genannte echte Ökumene in Russland hat in ihrer Resolution als ersten Punkt folgendes festgestellt: „Die Gemeinsamkeit des Glaubens an Gott, an den jeder von ihnen auf ihre Art glaubt.“ Also bitte, glaubt die gesamte Menschheit nicht an einen Gott? Der Gott-Glaube ist bei den anderen Religionsanhängern mindestens so stark, wenn nicht noch stärker. Und das ist ein echter und unbeirrbarer Einigungs-Grund. Das ist ja letzten Endes der Ziel-Grund aller Religionen: Gott! Warum sollte dieses Ziel nicht erreichbar sein? Wir können sagen: Diese Möglichkeit ist bereits in rascher Verwirklichung!

So stehen wir vor der beglückenden Sache, dass in absehbarer Zeit sich nicht nur die christlichen Kirchen vereinigen werden, sondern auch die gesamten Religionen. Denn erst die Religions-Einheit bewirkt die endgültige Welt-Kirchen-Einheit. Und dann ist auch auf dem religiösen Sektor das prophetische Wort gültig: „Friede und Sicherheit!“ (1Thes 5:3).

Und dann kann mit Recht die Spitze der Welt-Einheits-Religion „Weltparlament der Religion“ heißen. Zum Welt-Parlament gehört selbstverständlich ein Welt-Präsident! Wer wird’s sein? Das ist eine Zukunfts-Frage, die nur die Zukunft beantworten kann. Moment mal, wir wissen bereits, dass die endgeschichtlichen Fragen vom prophetischen Wort beantwortet werden. Was sagt es zu dieser Welt-Präsidenten-Frage? „Er setzt sich über den Gottesdienst, er setzt sich in den Tempel, er gibt sich aus als Gott“ (2Thes 2:4). Wer ist Er? Etwa der Anstatt-Christ (= Antichrist)? Hat er wo-möglich die Einheits-Welt-Kirche vergewaltigt? Oder soll sie ihn etwa gewählt haben?

Noch eine Frage: Wo und wie ist zu der Zeit die Ekklesia? Untersteht sie auch dem Welt-Präsidenten? Ist sie auch weltumfassend und weltbestimmend? Darüber wird uns gewiss das prophetische Wort klare Auskunft gegen können. Diese Auskunft ist so lebenswichtig.

Lies weiter:
13. Die Zukunft Israels