Jahresschau

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

Abschrift einzelner Themen aus: Die Gemeine
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Auszüge aus dem Monatsblatt für biblische Vertiefung (1925-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

weitere Abschriften hier:

Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
Die Nachtgesichte des Propheten Sacharja - 3. Teil (1926)

Jahresschau 1926

Auf dem Weg zum Weltmacht-Kulturreich

Der Sinn unserer Zeit scheint uns d e r zu sein, dass sich das große gewaltige Endkulturreich herausbildet, welches wir das antichristliche Reich nennen. Wir nennen es das antichristliche Reich, weil es sich unter den sogenannten christlichen Kulturreichen aufbauen wird, welche alle großen, göttlichen Offenbarungsgedanken und Christus-Ideen nehmen, sie aufs Fleisch pflanzen und so durchzuführen suchen. Ohne einen persönlichen, ewigen, menschgewordenen, gestorbenen und auferstandenen Heiland, ohne Buße und Glauben werden sie die göttlichen Offenbarungs-Gedanken durchzuführen und einzurichten suchen. Wir sehen’s und hören’s ja - ein Friedensreich, ein Gerechtigkeitsreich, ein Einheitsreich, ein soziales Wirtschaftsreich, wo jedem zukommt, was ihm gebührt - kurz, ein Heilsreich wollen sie aufrichten. Die gewaltigsten Anstrengungen werden gemacht. Da steht vor allem der Völkerbund groß und breit und macht sich zum Träger dieser Gedanken. Man hofft einen Schritt voran getan zu haben, seitdem Deutschland eingetreten ist. Da stehen die gewaltigen nationalen und internationalen Verbände, sonderlich die werktätiger Arbeiter, welche mit Eifer das gleiche Ziel verfolgen. Sozialismus und Kommunismus, der erstere immer mehr sich füllend mit christlichen Ideen, die ihm zusagen, sind Schrittmacher dieses Reiches. Die ungeheuren Wirtschaftsverbände zwängen es vollends zusammen, gleichwie die gewaltigen neuen Erfindungen.

Und die Kirche, sonderlich die katholische Kirche, lebt sich immer mehr in diese Gedanken hinein und wird ihre Trägerin, damit die neuen Gebilde wieder sie tragen. Auch die evangelische Kirche in ihren mächtigen weltweiten Einheitsbestrebungen, in ihren immer mehr sozial, ja z. Zt. sozialistisch gerichteten Wegen, bewegt sich zu diesem Ziel. Sie wird Schritt für Schritt katholisch. Ja, wir dürfen noch witer gehen, viele freie, internationale, evangelischen Verbände haben auch diesen Geist und werden sich ihm angliedern, wenn die Stunden sich gefunden. So treibt alles vom Materiellen, über das Geistige hin, einschließlich des natürlich-religiös-christlichen zum gemeinsamen Ziel des großen letzten Weltmacht-Kulturreiches.

Die Bildung der Zehen

Dies antichristliche Weltmacht-Kulturreich wird die alten Kulturvölker umfassen, welche wie Zehen (Daniel), aus dem alten römischen Reich herausgewachsen sind. Wir sehen diese Zehen sich jetzt ausbilden und in eine Einheit streben. Die Ausbildung der Zehen ist das, was den raschen Lauf der Heraufführung des großen Staatenbundes noch etwas aufhält. Es kostet etwas, bis jede Zehe an ihrem Platz ist. Ganz im Werden ist noch die russische Zehe; machtvoll strebt zur Vollausbildung die italienische Zehe unter Mussolini; die deutsche Zehe hat noch viele Wunden und es fehlen ihr noch Glieder; die französische Zehe überhebt sich noch gewaltig, sie muss zuerst an ihren Ort. Die englischen Zehen Amerika und England werden wohl auch noch Erschütterungen erleben, bis sie eingliederungsfähig sind. Die südamerikanische Zehe ist mächtig an ihrer Herausbildung. Manches in der Zehenbildung liegt noch nicht klar, so der Balkan, Griechenland und anderes. Aber man sieht deutlich - es wird.

Dem gegenüber wachen die farbigen Völker auf. Afrika, China, Indien, Japan allen voran, besinnen sich auf sich selbst. Die Völkermassen, der weitaus größte Teil der Menschheit, werden dem antichristlichen Reich gegenüberstehen. Was für ein Verhältnis sie eine Zeitlang einnehmen werden ist jetzt noch nicht klar. Im Königreich unseres Herrn Jesu Christi werden sie jedenfalls eine Hauptrolle spielen und der Gegenstand der Evangelisation sein. Sie bilden ja den sitzengebliebenen Teil des Japhet und des Ham-Kanaan. Sie sind in diesen zweitausend Jahren nicht einbezogen worden in das christliche Volkskirchentum und damit auch nicht in das antichristliche Kulturwesen. Ihre Zeit kommt erst, auch in Christo, aber auf einer andern Stufe als der Gemeine-Stufe. Was annimmt unter ihnen in der Zeit des Königreiches, rückt in die selige Untertanen-Stufe. Am Ende des tausendjährigen Reiches werden Gog und Magog ihre Scharen aus diesen Massen ziehen und ihren letzten Ansturm auf Jerusalem machen - Für das große, antichristliche Kulturreich treten sie zunächst noch etwas zurück. Ihr Aufwachen und Sich-Zusammenschließen wird aber die Zusammenrückung und Zusammenwirkung der Kulturmächte sehr fördern. Bei den Naturbewegungen läuft ja alles zwangsläufig - nur die Gemeine Gottes läuft frei. - So sehen wir auch in den Rassenbewegungen der gelben und schwarzen Völker ein Druckmittel zur Heraufführung des End-Welt-Macht-Kulturreiches.

Die Rolle des jüdischen Volkes

Die wichtigste Rolle spielt in diesem antichristlichen Reich das jüdische Volk. Das jüdische Volk, von der Bibel das Weib genannt, wird zur großen Hure. Es wirft Gesetz und Propheten weg, wenn es auch die religiösen Gedanken der Bibel herauszieht - der Antichrist wird gewiss religiös sein. Aber von der Real-Prophetie seiner alten Propheten, vom wahrhaftigen Messiaskönig, gar davon, dass es der gekreuzigte und verklärte Jesus sei - davon rückt es ganz und völlig ab. Das Volk des Christus wird zum Führer im Antichristentum. Und eben darum müssen die zum antichristlichen Reich sich zusammenschließenden Nationen das Christentum zur Volksreligion haben, dass sie alle den Christus kennen, aber - ausgenommen die Gemeine - Ihn liegen lassen. „C h r i s t l i c h“, aber nicht Christus, das ist Antichristentum. Hier wird das Judentum führend. Und da stehen wir nun vor der großen Haupttatsache, dass in unseren Tage durch Weltkrieg und Weltrevolution das jüdische Volk frei geworden ist, dass es plötzlich und energisch sich selbst als Volk erfasst hat und dass es sich bereits, wenn auch noch etwas zurückhaltend, in die Führung der Nationen herein entwickelt.

Das jüdische Volk hat auch im letzten Jahr eine gewaltige Steigerung seines Volksselbstbewusstseins erlebt und zur Beherrschung der Nationen einen riesigen, weiten Schritt gemacht. Auch hat es in der Anwerbung palästinensischen Boden und in der Ausbauung des Landes Fortschritte gemacht. Diese Dinge geschehen alle im Ich-Sinn. Darum eben sind sie Vorbereitung des antichristlichen Reiches. Es sind lauter Wegbereitungen, das jüdische Volk im Ich-Sinn an die Spitze der Völker zu setzen. Bis zum Königreich Christi muss das jüdisch-antichristliche Volk noch durch furchtbare Zerbrüche. Diese werden geschehen bei der Wiederkunft des Herrn Jesu Christi und unter dem Hass der Nationen, welcher am Schluss des antichristlichen Reiches gegen die Juden ausbrechen wird. Einstweilen sehen wir sie auf dem Marsch zum antichristlichen Reich. Die Hure setzt sich nach der Schrift auf das Tier. Die Hure ist das abgefallene jüdische Volk, so heißt es überall im prophetischen Wort. Und diese Hure hat die Zügel des Tieres in der Hand - wird aber danach von ihm zerrissen.

Der persönliche Zusammenfasser des ganzen antichristlichen Reiches ist e i n J u d e. Überall sitzen jetzt schon Juden in leitenden Stellungen unter den Nationen. Der demokratische Geist ist der Schrittmacher dieser Entwicklung. Je mehr die Massen das Wort haben, umso mehr ist Wetter für das Ich-Juden-Volk. Das sagen wir alles nicht als Antisemiten, dann müssten alle Propheten auch Antisemiten sein, sondern als Gläubige des prophetischen Wortes. Das demokratische Wesen ist Wegbereiter für Tyrannen - darum auch für den Antichristen. Dieses demokratische Wesen hat sich auch im letzten Jahr sehr verfestigt in der Welt. Die nationalen, dagegen vielfach ankämpfenden Geister haben nirgends mehr eine Vormacht, jedenfalls nirgends mehr auf die Dauer.

Wesen des antichristlichen Friedensreichs

Das antichristliche Reich soll ein Friedensreich sein. Darum haben wir auch überall das Anwachsen der Friedensbewegungen. Natürlich sind das Friedensbewegungen, welche eigener, menschlicher Machtvollkommenheit entspringen - und darum in Wahrheit nicht Friede - aber die Ich-Friedensbewegungen sind da und erstarken. Abrüstung ist ein laut klingendes Wort. Die Welt starrt zwar noch in Waffen, und da und dort klirrt es je und je bedenklich, aber die Sache der Abrüstung gewinnt doch an Boden. So läuft’s von allen Seiten zum Eigen-Friedens-Kulturreich.

Es wird ein glänzendes Reich werden. Der Mensch wird seine letzten und höchsten Eigenkräfte entfalten, in völliger Beherrschung der Naturkräfte. Fabelhafte Erfindungen bahnen hier den Weg. Es wird beim Menschen heißen: „I c h k a n n.“ Wir sehen in unseren Tagen, wie auch diese Weltbeherrschung voraneilt. Eine überraschende Erfindung schlägt die andere, und aus jeder neuen wachsen größere. Der Antichrist wird nach jeder Seite hin eine Fülle von Macht in den Händen haben.

Und er wird sie auch ausüben können. Immer mehr zieht sich alles zusammen. Wirtschaft und Handel vereinigen und konzentrieren sich immer mehr. Die wirtschaftlichen und handelsmäßigen Fürsten dieser Welt werden immer weniger, und alles was ist, ist einorganisiert und kann nicht mehr selbstständig stehen. Die antichristliche Menschheit ist die bestorganisierte, die je gewesen ist, - damit die unfreieste, die nach ihrer Masse versklavteste. Das ist alles eisernes Muss, das geht alles vom elektrischen Druckknopf aus. Scharf wird durch die antichristliche Zeit der Schnitt von „oben und unten“ gehen.

Das Ende des Weltmacht-Kultur-Reichs

Darum trägt dieses End-Kultur-Reich auch seinen Tod schon in sich. Die Liebe unter solchen Verhältnissen wird sehr erkalten. Kaltes Recht wird höchstes Unrecht sein. Die Revolutionskeim wird in diesem Gebilde der Revolution verderbend wachsen. Der Bolschewismus oder vielleicht eine tiefergreifende Ausgeburt der Finsternis wird, wenn seine Stunde gekommen ist, grundstürzend wirken.

Es wird nicht von langer Dauer sein. Eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit. Solch eine grausige Ausgeburt des Eigenwesens kann sich nicht halten. Die seidenen Flitter der Außenherrlichkeit werden bald verschleißen. Das antichristliche Kulturreich, das Gegenbild des Sintflut-Reiches ist die Letzt-Auswachsung der Sünde, d. i. des Ich-Wesens. Es ist der Vorläufer des Ich-Zerbruchs und des Heilands-Königreiches. Darum haben wir auch, in Verbindung mit all den schon genannten Erscheinungen, die stete Bewegung der Erde. Die Erde bebt ununterbrochen. Eine erneuerte Erdformationen bahnt sich an. Im Königreich Christi leben wir unter anderen klimatischen Verhältnissen. Bei Seiner Höchstoffenbarung auf Erden darf Satan auch die Kräfte der Erde in furchtbaren Todesoffenbarungen noch brauchen. Aber das ist der Übergang zu neuen Lebensoffenbarungen. Bei der Bindung Satans nach seinem Hochstieg wird Christus mit Seinen Heiligen auch die Naturkräfte in die Hand nehmen und sie mit Licht und Leben füllen. So laufen auch auf dem Nationen-Boden die Linien zur Vollendung. Im antichristlichen Herrlichkeits-Reich werden, wie zum Hohn für den übergroß gewordenen Selbstmenschen, viele Naturkatastrophen sein, welche überleiten zum neuen Äon Christi. -

Die Gemeine reift

Mitten durch all diese Zeichen des End-Menschheits-Reiches hindurch geht die Gemeine. Die Glaubens- und Geistes-Gemeine der Kinder erfasst sich auch tiefer selbst in Christo. Die Kinder Gottes werden bewusster und klarer in ihrer Stellung in der Welt. Sie werden herausgerückter und freigestellter. So fern ihnen revolutionärer Geist liegt, so mächtig stellt sie die Erwählungsgnade frei. Die Erkenntnis von der Gemeine, von ihrem Stand und von ihren Aufgaben, wächst und vertieft sich. Die Gemeine reift. Sie steht freier da als je zuvor. Kein Wunder. Wenn das antichristliche Reich naht, schlägt die Stunde ihrer Befreiung. Die antichristliche Zeit mit ihren satanischen Ausbrüchen macht sie nicht mit. Der Herr bewahrt sie aus der Stunde der Versuchung heraus, wie es im Sendschreiben an Philadelphia heißt. Beim Sturz des Antichristen und seinen Zeichenträgern, bei der Heraufführung der Umkehr und Buße des jüdischen Volkes, müssen die vollendeten Heiligen schon mitwirken.

So leben wir in einer großen Zeit. Unser Heil, d.h. unsere Heilsvollendung ist näher, denn da wir gläubig wurden. Wir sehen augenblicklich die große Wende der Zeiten und der Ewigkeiten vor der Tür. Möchten die Gläubigen das erfassen und es in ihrer Selbsterbauung wirksam werden lassen. Kindlein, bleibt bei Ihm und Kindlein, liebt euch untereinander. Siehe, Er steht vor der Tür. -