Die ewige Erwählung der Gläubigen

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Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

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Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
33. Die Eigentumsherde Joh 10:12-16 (1926)

34. Die ewige Erwählung der Gläubigen

  • Joh 10:22-30 (ELB) (22) Es war damals das Fest der Tempelweihe in Jerusalem; es war Winter. (23) Und Jesus ging in dem Tempel umher, in der Säulenhalle Salomos. (24) Da umringten ihn die Juden und sprachen zu ihm: Bis wann hältst du unsere Seele hin? Wenn du der Christus bist, so sage es uns frei heraus. (25) Jesus antwortete ihnen: Ich habe es euch gesagt, und ihr glaubt nicht. Die Werke, die ich in dem Namen meines Vaters tue, diese zeugen von mir; (26) aber ihr glaubt nicht, denn ihr seid nicht von meinen Schafen, wie ich euch gesagt habe. (27) Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; (28) und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. (29) Mein Vater, der [sie] mir gegeben hat, ist größer als alle, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben. (30) Ich und der Vater sind eins.

Was ist Bekehrung?

Eine der gewaltigsten und anbetungswürdigsten Tatsachen spricht der Heiland in dem vorliegenden Text aus: die ewige Erwählung der Gläubigen. Er zeigt, wie die Erwählungswurzeln der Kinder Gottes im ewigen Gottesrat vor Grundlegung der Welt liegen. Er zeigt sodann, wie diese Ewigkeitserwählten ihre Erwählung in dieser Zeitlichkeit ergreifen, und er zeigt endlich, wie die Erwählung der Erwählten unverlierbar feststeht in die Äonen der Äonen.

Achten wir wohl, es handelt sich in unserem Text nicht um das a l l g e m e i n e Seligwerden und Errettetwerden von der Sünde und dem Tode; es handelt sich nicht um die Bekehrung zu dem Herrn Jesu und um die Annahme Seiner Gnade - es handelt sich vielmehr um die auserwählten Eigentumsleute. Johannes redet in seinem Evangelium ja nie von den Bekehrten, wie überhaupt das Wort Bekehrung in seinem Evangelium nie vorkommt, was wir gewiss sehr beachten müssen, weil wir doch glauben, dass der H e i l i g e G e i s t uns diese Schriften durch die heiligen Männer Gottes geschenkt hat. Da muss dann doch der Heilige Geist eine große Absicht gehabt haben, wenn ein so wichtiges Wort, wie das Wort Bekehrung in einer der großen Hauptschriften des Neuen Testamentes gar nicht vorkommt; gerade wie es auch in den apostolischen Gemeinebriefen fast gar nicht vorkommt, und wenn es der Fall ist, nur in ganz bestimmtem Sinn.

Johannes hat immer die Geburt, die Kindschaft, das Herausgewachsensein, wie die Rebe aus dem Weinstock, im Auge. Das Wort Bekehrung erscheint in den drei ersten Evangelien, wo aber wiederum das Wort Wiedergeburt im p e r s ö n l i c h e n Sinn des einzelen Gläubigen gar nicht erscheint. In den drei ersten Evangelien haben wir eben die Füllezeit der Gesetzes-Haushaltung in ihrer versuchten Heraufführung. Bekehrung ist, wie wir alle in der Heiligen Schrift uns klar überzeugen können, ein wesentlich alttestamentliches Wort. Es gehört in die gesetzliche Linie; darum hat es auch Johannes der Täufer, der letzte große Gesetzesmann aus dem jüdischen Volk, noch einmal gebracht. Aber der Kleinste im Himmelreich ist größer denn er. Zur Bekehrung werden schon im Alten Bund aufgerufen a l l e r W e l t E n d e n, z u r W i e d e r g e b u r t n i e. Das Evangelium des Haushaltes, in welchem wir jetzt stehen, das Evangelium d e r G e m e i n e, ruft nicht zur Bekehrung, sondern zum lebendigen Glauben, zum Auferstehungsleben in Christo, welches ist eine neue Geburt.

Was bedeutet Herausauswahl?

Darum ruft das Evangelium der gegenwärtigen Haushaltung Gottes auch nie die Nationen auf, sondern immer eine H e r a u s a u s w a h l. Das geschieht auch in unserem Texte. Die Masse, die J u d e n, wie Johannes sie nennt, entscheiden sich gegen den Herrn. Sie treten Ihm trotz Seiner Worte und Tagen frech entgegen und rufen Ihm zu: „Wie lange hältst Du unsere Seelen auf?“ Der Heiland sagt ihnen: „I h r g l a u b e t n i c h t, denn ihr seid von M e i n e n S c h a f e n nicht.“ Achten wir wohl, auch unsere deutsche Bibel sagt nicht: ihr seid M e i n e S c h a f e nicht.“ Schärfer und wörtlich übersetzt müsste es heißen: I h r seid n i c h t aus der Zahl der M i r G e h ö r i g e n , M e i n e r E i g e n t u m s - S c h a f e, -der Heiland weist deutlich und klar auf eine A u s w a h l, auf eine herausgenommene Zahl, hin. Und wenn Er nun diesen ungläubigen Massen sagt: I h r seid v o n m e i n e n S c h a f e n nicht, darum glaubet ihr nicht - so ist es ganz klar, dass Er meint, Er habe eine Zahl Eigentumsschafe, und zu denen gehörten sie eben nicht, was sie durch ihren Unglauben bewiesen. Er bezeichnet diese auserwählten Schafe als „M e i n e S c h a f e“. Er meint damit Eigentumsschafe, welche in einem ganz besonderen Zugehörigkeitsverhältnis zu Ihm stehen.

Er sagt ja auch vor unserer Stelle vom Mietling, dass ihm die Schafe nicht e i g e n seien; also sind S e i n e Schafe die, welche Ihm e i g e n sind. Es ist das Volk des Eigentums gemeint oder, wie Paulus 1Kor 15 sagt, „die Christo angehören“. Am Schluss unseres Textes sagt auch der Herr, diese Seine Schafe habe I h m der V a t e r gegeben (Joh 10:29). Damit ist auf den ewigen Vater-Urgrund als auf ihren Erwählungsgrund hingewiesen. Auf dieselbe Wahrheit werden unsere Seelen gelenkt, wenn der Heiland fortfährt: „Meine Schafe hören Meine Stimme“ - also müssen sie S e i n e Schafe schon sein, ehe sie Seine Stimme hören, denn sie hören Seine Stimme eben, weil sie Seine Schafe sind. Sie sind also schon S e i n , ehe sie selbst Sein geworden sind. So zielt unsere ganze Stelle deutlich und klar auf eine, von Ewigkeiten her vom Vater für den Sohn bestimmte Eigentumsgemeine oder Eigentumsherde. Das ist die wunderbare Wahrheit, welche in Röm 8 und dann in Röm 9 und Röm 10 noch klarer durch den Geist geoffenbart ist. Röm 8:28 redet frei heraus von den nach dem Vorsatz Berufenen.

Zuvor ersehen

Und Röm 8:29 sagt, Gott habe zuvor ersehen und verordnet eine Schar, welche gleich sein sollte dem Ebenbilde Seines Sohnes, auf dass dieser sei der Erstgeborene unter vielen Brüdern. Diese Söhnegemeine und Brudergemeine des erst- und eingeborenen Sohnes ist das innerste Geheimnis des Rates Gottes - das ist das Geheimnis, welches jetzt in diesen Zeiten bis hin zur Erscheinung des Herrn zur Ausführung kommt, nachdem der Erstgeborene durch die Leiden des Todes und die Auferstehung vollendet ist. Diese Gemeine ist die prädestinierte; auf sie geht der ewige Auswahlrat Gottes. Sie wird in ihrer Vollendung die Fülle des erstgeborenen Sohnes sein, gleichwie dieser die Fülle des Vater ist.

Die Glieder dieser Gemeine sollen jetzt durchs Evangelium herausgerufen und durch Wort, Geist, Gemeinschaft und Leiden zubereitet werden. Auf sie weist das geheimnisvoll tiefe Wort „M e i n e S c h a f e“ hin; s i e sind das ernste Abweisungswort: „Ihr seid Meine Schafe nicht“; s i e meint der Herr, wenn Er sagt: „Sie sind Mir gegeben von Meinem Vater.“ Und wunderbar, alle, welche zum lebendigen Glauben gekommen sind, w i s s e n a u c h , dass sie von Ewigkeiten her und vor Grundlegung der Welten erwählt sind. Der Heilige Geist, welcher Zeugnis gibt ihrem Geist, öffnet ihnen auch den inneren Blick in dieses ihr Herkommen aus dem ewigen Vatergrund und Vaterrat. Alle Heiligen zu allen Zeiten haben um dieses ihr Herkunftsgeheimnis gewusst. Aber worin besteht denn nun dieses ewigkeitsmäßige Erwählungswesen; was haben denn diese erstgeborenen Brüder des Erstgeborenen voraus? Das ist schwer zu sagen; aber jedenfalls sind es innere Gottanlagen.

Von Gott erwählt

Vor allem ist es ein eingeprägter Ewigkeitssinn, eine Anlage für den Glaubenssinn, der glaubt, obwohl er nicht sieht. Dann ist es eine besondere Anlage zur Sünden- und Selbsterkenntnis; weiter eine tiefe Anlage zum Leiden und Kreuztragen. Es ist ein starker Passionssinn, ein passiver Sinn gegenüber allem Sündenwesen, welches aktiver Ich-Sinn ist. Es sind also merkwürdige Ewigkeitsanlagen, lauter solche, welche dem Wesen dieser Welt ganz direkt entgegengesetzt sind, ja welchem das Wesen dieser Welt feind ist, und welche das Wesen dieser Welt auch befeindet, wann und wo sie heraustreten. Wir sehen das ja am Heiland am deutlichsten. Es sind Anlagen, welche schnurstracks gegen unsere natürlichen Fleischesanlagen gehen; darum sind solche Auserwählte, solche Eigentumsschafe, stets dem tiefsten Eigensterben und den schwersten Kämpfen ausgesetzt. Von Gott erwählt sein ist kein Zuckerbrot. Lesen wir Hebr 11 den Gang der Auserwählten und sehen wir unseren Herzog an, den Herrn Jesum Christum. Alle Auserwählten möchten je und lieber nicht auserwählt sein; so tief geht ihr Weg in dieser Welt.

Dies tritt uns besonders bei den vor der Erscheinung Christi erwählten Heiligen entgegen, welche noch nicht so viele erworbene Gnaden anziehen konnten wie wir heute. Aber werden denn nun, wenn es eine solche von Ewigkeiten erwählte Schar gibt - S e i n e S c h a f e - , die anderen nicht zurückgesetzt? O nein! Diese nehmen die Erwählung nicht an, auch wenn sie ihnen angeboten wird. Wir sehen ja, wie die Juden unseres Textes den Heiland nicht annehmen, trotz aller Seiner Reden und Taten. Ich stelle mir das so vor, wie jetzt in dieser Welt wohl Tausende mit mir nicht möchten Präsidenten und Minister der Völker sein, sondern heilfroh sind, wen sie gut regiert werden und ein geruhiges Leben führen können. Ihrer etliche aber begehren diese Posten heiß, meist zwar auch nur, solange sie dieselben noch nicht haben. So ist’s auch mit den Auserwählten. Der Masse der Menschen ist alles lieber als das; die Auserwählten selbst aber gehen tief gebückt unter den Leiden und Trübsalen ihrer Berufung, und sehnen sich nach ihrer Vollerlösung. Es ist nur der geistgeschenkte Gehorsam auch im Kreuz, der sie aufrecht erhält.

Gleichwie die Ewigkeiten das Lamm, das erwürgte und verherrlichte, preisen, dass es Sein gottbestimmtes Werk auf Sich genommen, so werden die seligen Massen auch die vollendeten Erstlinge preisen, dass sie den Kampf, der ihnen verordnet war, durchlaufen haben. Letzten Endes aber bleibt es beim apostolischen Wort: Fragt auch der Ton den Töpfer, warum machst Du mich also? Es wird jedem seine erlangte Seligkeitsstufe völlig genügen; ja er wird nur in ihr wirklich selig sein. Die Gläubigen in Christo aber brauchen auf ihrem Selbstverleugnungswege dieses ewige Erwählungswissen so nötig wie das tägliche Brot. Es ist der f e s t e W u r z e l g r u n d, in welchen sie hineingewachsen sind, damit kein Sturm sie entwurzele. Dank und Preis sei dem Heiland, dass Er mit Seiner Rede von S e i n e n S c h a f e n uns in diesen Vater-Urgrund hineinstellt! Wir brauchen ein starkes Bewusstsein einer unendlichen Liebe bei allen Anläufen der Sünde und Welt von innen und außen.

Wie kann Erwählung ergriffen werden?

Wie wird aber nun diese ewige Erwählung ergriffen in dieser Zeit und hier in dieser Welt? Und wie kann ich wissen, ob ich ein Erwählter des Herrn bin? Davon redet der Heiland gar köstlich und lieblich in unserem Texte. Er sagt: „Meine Schafe hören Meine Stimme; und Ich kenne sie, und sie folgen Mir, und Ich gebe ihnen das ewige Leben.“ Es ist ein richtiger Zeugungs- und Geburtsprozess, der in diesen Worten verborgen liegt, so dass wir deutlich sehen, dass durch eine Zeugung und neue Geburt die ewige Erwählung den Erwählten zu eigen wird. Es ist das auch klar. Die Erwählung betrifft doch eine Kindschaft und Sohnschaft; sie betrifft doch ein Ähnlichwerden dem eingeborenen Sohne. Das erste, was der Heiland sagt, ist das: die Erwählten öffnen ihr inneres Gehör, wenn das erwählende Wort, das Wort des Evangeliums und der ewigen Herrlichkeit, an sie herankommt. Wir sehen hier zunächst, dass die Erwählten a u f a l l e F ä l l e herauskommen. Der Herr führt sie so, dass sie zu ihrer Zeit und Stunde unter dem Schall des vollen Evangeliums von der Kindschaft und Erbschaft kommen und sie horchen auf, wenn die Stimme des Hirten an sie dringt, sie öffnen sich für sie.

„M e i n e Schafe hören M e i n e Stimme.“ Es ist auch die praktische Erfahrung. Man kann das Evangelium von der ewigen Sohnschaft mit Engelszungen verkündigen, so hören es die meisten nicht. Sie haben immer, wie die Juden unseres Textes, noch ihre Fragen: „Wie lange hältst Du unsere Seelen auf? Bist Du Christus, so sage es uns frei heraus.“ Viele hören gar nichts oder weisen ab. Andere nehmen aus dem Zeugnis der Eigentumsbotschaft die verschiedensten religiösen Wahrheiten und Gedanken heraus, an denen sie sich begeistern - das sind Aufrichtige. Wieder andere hören ein neues Gesetz heraus, wie man sein und wandeln soll. So erfassen sie das Wort auf den verschiedensten Stufen und bleiben da stehen. Den Auserwählten aber geht unter dem Zeugnis ihr Elend und des eingeborenen Sohnes Herrlichkeit auf. Sie sehen I h n. Sie hören S e i n e Stimme. Sie sehen die gekreuzigte und erstandene Liebe. Und diesem Liebenden öffnen sie ihr Herz und inneres Ohr.

Der Vorgang der neuen Geburt

Wenn du also Jesum gesehen hast, oder siehst Ihn unter dem verkündigten Wort, wenn dein armes, gebundenes Herz Ihm entgegenwallt und Ihm sich öffnet: das ist der Anfang der neuen Geburt, das Zeichen der Erwählung. Solche Geöffneten und Offenen kann der Heiland dann erkennen. „Ich kenne sie“ oder besser: „Ich erkenne sie“, spricht der Herr. In solche geöffneten Herzen kann das Wort, der Same der Wiedergeburt, hineinfallen und in ihnen keimen und erwachsen. Und dann kann das dritte kommen: „Und sie folgen Mir.“ „Folgen“ - das ist: in L e b e n s g e m e i n s c h a f t t r e t e n. Wo einmal das innere Aufhorchen mit Freuden, wo dann das innere Befruchtetwerden da ist, da gibt es eine Lebensgemeinschaft zwischen der Seele und dem Heiland. Diese Lebensgemeinschaft besteht in Buße und Glauben. Durch diese beiden wird der Herr und Sein Wort immer fester umfasst. Und dann entsteht in diesen Seinen Schafen das ewige Leben. Und nun ist ein neues Leben geboren.

Die Erwählten sind vom Tode zum Leben hindurchgegangen. Der Vater hat sie dem Sohne nun gegeben - sie selbst haben sich dem Sohne aus des Wortes Trieb gegeben; der Sohn hat sich ihnen gegeben - sie sind in Ihm und Er in ihnen. Nun sind sie in Wahrheit Seine Schafe. Wo solches in einer Seele auf irgendeiner Stufe vorgeht oder vorgegangen ist, da darf sie sich als eine erwählte achten; ja, der Geist wird es ihr bezeugen: du bist erwählt. Sie ist in sich selbst gar arm, elend, blind und bloß, ist fast zu blöd es zu fassen; aber des Hirten Marter- und Herrlichkeitsgestalt gibt ihr Freudigkeit, zuzufassen. Im Glauben hält sie die ihr widerfahrene Gnade fest. Darum sagt auch Bengel: der lebendige Glaube sei die neue Geburt. Und der Apostel Johannes schreibt: „Wer da glaubt, dass Jesus sei der Christ, der ist aus Gott geboren.“ Eine solche Seele schließt sich dann aber auch der Herde an. „M e i n e S c h a f e“ heißt es. Das neue Gebot, die neue Lebenslinie bricht aus in einem solchen Herzen: die Bruderliebe. Ein Schaf will zu seiner Herde, zur kleinen Herde.

Sein Same bleibt in ihnen

So läuft die ewige Erwählung in ein Sünderherz hinein. Wo das aber geschehen ist, da kommt das Allergrößte. Die ewige Erwählung wurzelt nicht nur in den Äonen vor Grundlegung der Welt, sondern sie läuft auch hinein in die kommenden Äonen. Die Schafe, welche in der Wahrheit Eigentumsschafe geworden sind, dürfen die unglaublich großen Worte des Herrn sich aneignen: „Sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie Mir aus Meiner Hand reißen“ - für sie gibt es kein Gericht und keine Verlorenheit mehr. Ewiger Geburtscharakter kann nicht ertötet oder wieder abgetan werden. „S i n d sie Kinder, so s i n d sie auch Erben“. Welche Er berufen h a t, die h a t Er gerecht gemacht, und welche Er gerecht gemacht h a t, die h a t Er auch herrlich gemacht“. Wenn wir nachjagen sollen dem vorgestreckten Ziel, dem Kleinod, dann muss es auch fest und gewiss sein. Einem wackeligen und fackeligen und ungewissen Ziel kann niemand mit Ernst nachjagen. Ich laufe, doch nicht als ins Ungewisse. Wir dürfen nach dem ersten Petrusbrief unsere Hoffnung zielgewiss (Luther sagt: ganz) auf die G n a d e setzen, die uns angeboten ist in Jesu Christi, unserem Herrn.

Erweckte und Erleuchtete können wieder zurückfallen, wo aber eine neue Geburt ist, da ist der Geist innewohnend, und da wird der, welche angefangen hat das gute Werk, es auch vollenden bis auf Seinen Tag. Die Abgefallenen und Abgetrennten und Absterbenden, die waren nicht von uns, sagt Johannes; denn wenn sie von uns gewesen waren, so wären sie auch bei uns geblieben. Vom Gottgeborenen heißt es: „Sein Same bleibt ihn ihm.“

Was erwählt ist, bleibt erwählt

Die Kinder Gottes brauchen solch ewige, gewisse Erwählung, sonst können sie nicht laufen in Geduld in dem Kampf, der ihnen verordnet ist. Hat nicht auch der Heiland selbst v o r Seiner Kreuzigung und v o r Seinem Tode ganz gewiss gewusst, dass Er am dritten Tage wieder auferstehen werde? So wissen auch wir’s i n I h m. „Niemand verrücke euch ab von diesem Ziel.“ (Luther: Lasset euch niemand das Ziel verrücken.) Es steht aber ganz auf Gnade. Sowie wir im geringsten in eigene Werke fallen, dann werden wir ungewiss. Eigenes Werk ist Truggrund. Christi vollkommenes Versöhnungs- und Erlösungswerk ist durchtragender Grund. Die Gotteskindschaft bringt in solche inneren und äußeren Sterbenswege, die ohne diese ganze und völlige Gewissheit der ewigen Erwählung und des gewissen Zieles nicht gangbar wären.

Darum versiegelt es uns der Heiland noch durch ein zweites Wort. Der Einzige, der uns die ewige Erwählung nehmen könnte, wäre d e r V a t e r, der g r ö ß e r ist denn a l l e s. Über alles andere ist ja der Sohn mächtig, der uns nicht aus der Hand lässt. Aber auch der Vater lässt uns nicht. Niemand wird sie aus Meines Vaters Hand reißen, der sie Mir ja doch gegeben hat, sagt der Herr. Und Er setzt ein Siegel darauf, das niemand bricht: „I c h und der V a t e r sind e i n s.“ Da gibt’s nur e i n e n Gottwillen bei Vater und Sohn - was erwählt ist, das ist und bleibt erwählt beim Vater und beim Sohn. O arme, elende Seele, fasse hier dein großes Los in Christo. Freue dich und sei selig darin - freue dich und lerne in solcher Gnade, mit der du geliebt bist - weit zu überwinden. Gelobt sei Gott und der Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns also geliebt und uns gegeben hat einen e w i g e n T r o s t. Gottgeborene, schauet an eure ewige Erwählung, und lasst uns angesichts solcher Gnade immer mehr Fleiß tun, unsere Berufung und Erwählung auch für uns innerlich im Glauben festzumachen.

Lies weiter:
35. Der Wunderbau der Geistesgemeine Joh 15:1-8