Der Wunderbau der Geistesgemeine

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Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

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Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
34. Die ewige Erwählung der Gläubigen Joh 10:22-30 (1924)

35. Der Wunderbau der Geistesgemeine

  • Joh 15:1-8 (ELB) (1) Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner. (2) Jede Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, die nimmt er weg; und jede, die Frucht bringt, die reinigt er, daß sie mehr Frucht bringe. (3) Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. (4) Bleibt in mir und ich in euch! Wie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann, sie bleibe denn am Weinstock, so auch [ihr] nicht, ihr bleibt denn in mir. (5) Ich bin der Weinstock, [ihr] seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun. (6) Wenn jemand nicht in mir bleibt, so wird er hinausgeworfen wie die Rebe und verdorrt; und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. (7) Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch geschehen. (8) Hierin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringt und meine Jünger werdet.

Das Weinstocks- und Rebengleichnis

Der Heiland ist mit Seinen Jüngern vom Abendmahl aufgestanden. Im großen, gepflasterten Saale umringen sie Ihn. Er ist im Begriff, den Gang zu gehen, von welchem der Geist durch den Propheten spricht: Sie werden den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen.“ Nichts wird mehr aneinander halten. Untergang scheint die Frucht Seines Lebenswerkes zu sein. Da, in heiligster Stunde, zeigt der Heilige Geist dem Herrn die Wunderfrucht Seines Leidens und Sterbens. Vor dem Auge Jesu ersteht der Wunderbau der Geistesgemeine in Gestalt eines herrlichen Gleichnisbildes. Einen Weinstock sieht Er, geziert mit Tausenden und aber Tausenden herrlicher, fruchttragender Reben: E r und S e i n e J ü n g e r ! Sein Geist erquickt sich in schwerer Stunde am lieblichen prophetischen Bild und Ausblick, und Sein Mund öffnet sich und zeichnet den Jüngern zu Trost und Aufrichtung, aber auch zu Mahnung und Warnung den Wundergang und das Wunderwerden der Gemeine Gottes in den kommenden Zeiten. Nicht Untergang, sondern Wachstum, gewaltiges, staunenswertes, fruchtbringendes Wachstum; nicht Zerstreuung, sondern engstes Zusammenwachsen und miteinander Verwachsen im Glauben und in der Liebe, ist die eigentliche Frucht Seines Leidensganges. Es ist der Rat Gottes, und dessen Gang durch die kommenden Zeiten von der Kreuzigung des Herrn an bis zu Seiner Wiederkunft, welcher in dieser todernsten Stunde sich vor dem Herrn und Seinen Jüngern enthüllt zur tiefsten Tröstung und Stärkung.

Das Bild des herrlichen, reben- und fruchttragenden Weinstocks, dieses prophetische Wahrheitsbild, soll Glaubens-Überwinderkräfte in die Herzen der Todtraurigen gießen für die Zeit der kommenden schweren Tage. Dieses Bild vom rebentragenden und früchtetreibenden Weinstock soll der Gemeine in ihrer ganzen Kampfes- und Leidenszeit bis zur Wiederkunft des Herrn ihr wunderbares Ziel vorhalten, ihr vollendetes Herrlichkeitsziel zu ihrer inneren Ermunterung; und es soll ihr zugleich im einzelnen und im großen den Weg zeigen, auf welchem es zu diesem Ziele geht.

Wir sehen deutlich, wenn wir das Weinstock- und Rebengleichnis uns vor Augen stellen, dass der Rat Gottes in diesen Zeiten auf eine A u s w a h l gemeine geht. Wir schauen klar, dass nicht die Gewinnung der Nationen in ihrer Gesamtheit für Christus, dass nicht die Aufrichtung der Herrschaft Christi über alle Völker der Erde, das Ziel und die Aufgabe dieses gegenwärtigen Äons ist - sondern die Herausbildung eines rebentragenden und fruchtbringenden Weinstocks aus der Gesamtvölkerwelt. So hell steht der Gemeine-Gedanke und der Gemeine-Ratschluss in diesem Gleichnis vor uns, wie es nur irgend sein kann. Ein einheitliches, wachstümlich verbundenes Gebilde steht hier mitten in der Völkerwelt und wächst aus ihr heraus zur Ehre Gottes, und mit seinen herrlichen Früchten zum Segen der ganzen Welt. Und deutlich zeigen die immer schärferen Worte „wegnehmen“ (Joh 10:2); „reinigen" (Joh 10:2); „wegwerfen“ (Joh 2:6) die immer schärfere Auswahl. Ebenso zeigen sich steigernde Worte „Bleibt in Mir und Ich in euch“ (Joh 10:4); dann „von sich selber kann die Rebe nicht Frucht bringen“ (Joh 10:4); ferner „ohne Mich könnt ihr nichts tun“ ein sich steigerndes Herausgenommenwerden der Rebe aus dem Weltenverband, und ein immer innigeres Eingefügtwerden in den Christusverband. So sehen wir weiter ganz klar die Aufgabe der Zeugen Christi in diesen Zeiten: Heineinwerfen des Wortes, welches die Reben beruft (Joh 10:2.7), in alle Welt; Einfügen der sich Rufenlassenden und ihre Pflege bis auf den Tag des Herrn.

So sehen wir wieder deutlich, dass alle Wege, welche auf ganze Nationen oder auf die Aufrichtung der Herrschaft Christi in einem Volksganzen gerichtet sind, dem Rate Gottes nicht entsprechen. Der Herr neigt Sich zu Aufrichtigen, welche solche Fehlwege gehen, zeitweise herab und braucht auch ihre Arbeit; aber das Erarbeitete sind immer nur Reben am Weinstock; das Ziel, das sie sich gesteckt, geht fehl. Es ist bis jetzt nirgends eine Volksdurchdringung mit den Kräften des Evangeliums erreicht worden und wird nicht erreicht werden. Gläubiges Volk, sieh hier an dem Gleichnis vom Weinstock und den Reben den Rat Gottes in diesen Zeiten, geh auf ihn ein und arbeite ihm entsprechend. Erst wenn der Bau des Gesamtweinstocks vollendet ist, kann der weitere Rat Gottes, die Segnung der Gesamtvölker, und endlich der Gesamtmenschheit, zu seiner wachstümlichen Ausführung kommen. Hier unterscheidet sich gemeinemäßige Arbeit in vielen Stücken wesentlich von einer - wenn auch gut gemeinten - Volks- und Massenarbeit, welche nicht nach dem eigentlichen Plan arbeitet. Rechte Geistesarbeiter müssen wie tüchtige Architekten und Bauleiter immer nach dem Plan arbeiten, sonst machen sie vieles umsonst, ja Verkehrtes, was dann wieder abgerissen werden muss. Ach, wieviel derartiges sehen wir in der Kirchen- und Reichgottesarbeit. Kommt, lasst uns mehr planmäßig arbeiten lernen!

Was ist planmäßige Arbeit?

Seht, worauf es jetzt hinaus soll: auf einen rebenreichen und früchtereichen Weinstock. Lasst uns also darauf ausgehen, dass wir schöne Auswahlreben durchs auswählende Wort des Zeugnisses erlangen, dass wir die gewonnenen immer fester einfügen in den Rebstock Christus, ebenfalls durchs Wort, und dass wir sie dadurch immer fruchtbarer machen. Das ist planmäßige Arbeit - dadurch wird der Vater geehrt; denn wir gehen dann genau in Seinen Linien. Und ist’s nicht der Mühe und des Schweißes wert, an die Heraufführung und Hinausführung dieses Wunderbaues der Geistesgemeine seine Kraft zu setzen? Ist’s nicht ein wirklicher Wunderbau? Ja, welch wunderbar großes, einzigartiges Ziel: aus der ganzen Menschheit heraus ein rebengeschmückter, fruchttragender Weinstock! Man bedenke, aus der zerspaltenen, zerrissenen, sündenzerfetzten und sündenzersetzten Menschheit ein einziger, fest in der Liebe verwachsener Weinstock! Man bedenke doch, aus der götterreichen und immer neue götterkürenden Menschheit e i n wachstümliches Gebilde, dessen sämtliche Reben auf innigste eingesenkt sind in den E i n e n, in Jesus Christus, als den wahrhaftigen Gott und Herrn. Und aus dieser durch und durch zerklüfteten Menschheit, wo oft kaum zwei, und oft kaum z w e i F r o m m e , auf die Dauer einheitlich zusammenwirken können, ein Wunderorganismus von Tausenden von Reben, die alle eins sind in Ihm.

Wahrlich ein fast unglaublich Großes wird uns hier vorgestellt. Und doch - es ist im Werden, wir wissen es; es bildete sich schon jahrtausendelang immer völliger heraus; ja, es ist am Vollendetwerden - wir wissen es. Und lauter eigenartige - denn jede Rebe ist ein eigenes Gebilde, lauter in sich selbstständige, ausgereifte, fruchttragende Persönlichkeiten, und Millionen solcher - und alle in dem e i n e n Rebstock Christus und in e i n s gefasst - und ganz freiwillig, ganz freiwillig! Ja das alles in freier Liebe. Denn jeder kann bleiben oder nicht bleiben, er kann sich reinigen lassen oder nicht; im ganzen Wunderbau keine einzige Zwangsklammer, kein einziger Gesetzesparagraph: nur das eine wunderbare Lebensgesetz des Geistes Christi und der sich selbst opfernden, heiligen Liebe Christi. Ist es denn möglich, so möchten wir staunend fragen, dass so etwas aus der Menschheit sich herausbilden kann?

Ist es denn möglich, dass am Tage des Herrn so etwas fertig, herrlich vollendet dastehen kann; und ist es denn möglich, dass ich elender, selbstischerer Sünder eine miteingefügte Rebe werden kann? O, ich möchte es so gerne! Bei diesem Wundergebilde der Menschheit - fürwahr - da wollen wir dabei sein! Bring uns hin! Etwas Großartigeres, Einzigartigeres, Staunenswerteres - ach, wo finden wir die Ausdrücke, es zu bezeichnen - , etwa wahrhaft Göttlicheres gibt es in allen Welten und allen Himmeln nicht wie diesen Wunderbau der Geistesgemeine, diesen Rebstock mit fruchtbaren Reben. Komm, lass dich voll und ganz einfügen! Fürwahr, dies Wundergebilde göttlicher Heiligkeit und Liebe, das m u s s ja einst der Segen aller Kreaturen werden!

Satan gelüstet nach solch einem Gebilde

Kein Wunder, dass es den Satan gelüstet, auch ein solches Gebilde zu schaffen, und dass er von Jahrhundert zu Jahrhundert alle List und Kraft einsetzt, es zu bewirken. Umsonst! Wo keine heilige sündenvergebende und sündentilgende Liebe ist, da gibt's kein Zusammenwachsen, kein gliedliches Ineinanderfügen. Sünde zersetzt und Sünde zerreißt - Tod ist ihr Sold. Und Selbstsucht trennt. Du Vater aller Egoisten, Satan, du wirst nie ein solches Gebilde schaffen! Und wenn du auch im Pardadiese schon den Baum der Erkenntis des Guten und Bösen, diesen Rebstock - denn wir glauben, dass dieser Baum ein Weinstock war - benutzt hast, die Menschheit dir einzufügen: du bist nicht der Rebstock und wirst auch keiner. Der Sohn Gottes, den du bis aufs Blut bekämpfst, der ist und bleibt der w a h r h a f t i g e, der r e c h t e W e i n s t o c k. Und siehst du, wie an Ihm schon Reben wachsen und an dir noch keine einzige? Ja, darum hast du einen großen Zorn!

Weil Satan keinen O r g a n i s m u s, d. h. keine w a c h s t ü m l i c h e E i n h e i t schaffen kann - das ist im Sündendienst unmöglich - , darum bildet er O r g a n i s a t i o n e n. Er organisiert je länger, je mehr alles. Er macht’s mit Zwang - Organisationen sind e r z w u n g e n e Einheiten -, darum krachen sie auch alle immer wieder auseinander. Wieviele sind schon zerbrochen! Doch versucht er’s immer wieder. Große Weltmachtstaaten-Orgisationen und was noch mehr, sollen helfen die Menschheit zu einem Koloss unter seiner Führung zu einen. Aber es gelingt nie. Wenn er unterm Antichristen die größte und gefügteste Organisation geschaffen haben wird, dann wird der Zerbruch der schrecklichste sein - und die arme verführte Menschheit wird heulen.

Der wahrhaftige Weinstock

Dann wird erscheinen der wahrhaftige Weinstock mit Seinen Reben in Seiner vollendeten Wunderherrlichkeit. Dann werden die Menschen sich Ihm beugen und die Segnung der Erde durch die fruchttragenden Reben kann beginnen. Lebendige Christen haben darum eine innere Abneigung gegen alle Orgenisation, sie gebrauchen sie nur mit Schmerz, und wo’s gar nicht anders geht; ihr Wesen ist: in heiliger Liebe verwachsen sein - Weinstock-Reben - Brüder, Schwestern. Ach wir brauchen bis in die Gemeinschaftskreise hinein so viel Organisation in unseren Tagen - das ist das bedenklichste Zeichen, dass der Heilige Geist mit Seiner wachstümlich verbindenden Liebe fehlt. Sorge, dass du im Organismus der Liebe Christi stehst - in Ihm und mit den Geschwistern. Organisationen gehen endlich ins Feuergericht - nur der Wunderorganismus Christi bleibt. Auf einen Weinstock mit Reben geht der Rat Gottes hinaus.

Fürwahr ein Wunderbau! Darum kann er auch nicht auf irdischem Boden erwachsen. Er ist durch und durch himmlisch. Der himmlische Vater ist der W e i n g ä r t n e r. Er hat den Rebstock von Ewigkeiten her selbst aus Sich geboren. Der Rebstock ist Sein eingeborener Sohn. Und Er hat für diesen Rebstock und in diesem Rebstock alle Kreaturen geschaffen. Es ist das Wohlgefallen des himmlischen Weingärtners gewesen, dass in diesem Sohn, dem Rebstock, alles sollte zusammengefasst werden als unter e i n e m Haupte. Der innerste Kern dieser Zusammenfassung ist die Geistesgemeine, ist der rebentragende Weinstock, in welchem dann die weiteren Kreise wieder zusammengefasst werden.

Der Weingärtner

Und diese Reben sollen aus der Menschheit genommen werden als aus dem gefallen Bild des ewigen Gott-Ebenbildes. Darum hat der Weingärtner, der Vater, den Weinstock der Erde und den Menschen zuerst v e r h e i ß e n, damit sie Ihn erwarteten. Dann hat Er Ihn in die Menschheit g e s a n d t, dass dieselbe auf Ihn zubereitet war. Dann hat Er Ihn in den Boden h i n e i n g e s e n k t - in Tod und Grab - und hat Ihn dadurch fruchtbar gemacht. Dann hat Er Ihn aus dem Boden h e r a u s w a c h s e n lassen und hat Ihn zu einem köstlichen und herrlichen Rebstock voller Zeugungs- und Wachstumskraft gemacht. Und nun sendet der zubereitete Rebstock Seinen Gottessaft aus im Worte Gottes und sucht Reben. - Und die sich finden lassen, heiligt Er und macht sie wachstümlich fruchtbar.

So ist der Rebstock durch und durch himmlisch. Und die Reben sind’s auch. Denn nur solche, welche den himmlischen Ruf des göttlichen Wortes annehmen, können in Ihn eingepflanzt werden. „Ihr seid rein um des Wortes willen, das Ich zu euch geredet habe, sagt der Herr zu den Ihn umstehenden Reben. Und: „So Meine Worte in euch bleiben“, sagt Er weiter unten, nur dann könnt ihr rechte Reben werden. Die Reben müssen erst die Versöhnung im Blute des Lammes durchs Wort vom Kreuz angenommen haben, dann sind sie rein, d. h. gerechtfertigt - dann können sie eingepflanzt werden. Und dann lassen sie sich auch einpflanzen, weil sie die Liebe Christi zieht und dringt. Dann müssen sie sich von der Liebe Christi reinigen lassen, und dadurch verwachsen sie immer fester mit Ihm. So sind es ins göttliche Wiedergeburtsleben durchgedrungene und in Ihm stehende Seelen, welche zu fruchtbaren Reben erwachsen. Nicht die Natur - der Heilige Geist, das Wort Gottes, schafft und erhält die Verbindung. So ist sie ein herrlicher Wunderbau, diese Geistesgemeine: himmlisch durch und durch nach Stock und Reben.

Die wahrhaftigen Reben

Allerdings ist jetzt in dieser Welt von dieser Herrlichkeit noch wenig zu sehen. Gleichwie ein Rebstock - wiewohl das köstlichste Gebilde der Welt - doch ganz unansehnlich mit hässlichem, zerrissenem Holzleib ist, so ist auch Christus. Seine Herrlichkeit ist noch eine verborgene. Was von Ihm offenbar und sichtbar ist zu dieser Zeit, das ist Sein Kreuz - das ist der zerrissene und zerschlagene Jesusleib. Nur wenige haben Seinen Auferstehungsleib im Werden gesehen; Seine eigentliche Herrlichkeit zur Rechten des Vaters ist nur ganz ausnahmsweise bei sonderlichen Veranlassungen gesehen worden. Die Regel ist: „Nicht sehen“. In dem Gekreuzigten lebt und webt die Gemeine. Und wie der Rebstock, so sind auch die Reben. Sie dürfen zu keiner äußeren Schöne und Größe in dieser Weltzeit erwachsen. Sie werden kurz geschnitten, dass sie bluten; sie werden angebunden - angeheftet wie einst ihr Rebstock -, dass sie ganz ohne Freiheit sind. Und sie werden ausgebrochen in jedem nicht fruchtbaren Trieb, den sie treiben. Das ist die „Reinigung“, von welcher der Heiland redet. So ist's ein gar wenig imponierender Eindruck, den sie machen. Dazu stehen sie unter ständigen Sichtungsgerichten. Wenn das Wort der Berufung ausgegangen ist und viele, ja alle berufen hat, dann beginnt gleich das Gericht. Jeden, der zu Jesus kommt, aber sich nicht innerlich einfügen lässt, und darum keine Aussicht auf Frucht hat, den nimmt der himmlische Weingärtner weg (Joh 10:2). Wir kennen dies Wegnehmen wohl.

Bleibet in Mir und Ich in euch

Wie viele laufen in Erweckungen und Erleuchtungen hinein - aber zur gründlichen Bekehrung kommt’s nie. Diese schließen sich alle nicht dem Lamm und Seinen Jüngern an. Eine Masse Weggenommener läuft in der Christenheit umher. Wieder viele gehen nicht in die zunehmenden Reinigungen ein. Beschneiden, anheften, ausbrechen - das drückt sie zu schwer. Dann dringen sie auch nicht tiefer ein in den Rebstock und bringen nicht Frucht. Dann heißt’s: weggeworfen, verdorrt! Wer schon ein hohes Alter in Christo erreicht h at, weiß mit Schmerzen davon zu sagen, wie die Reihen sich lichten. Ein Wunder, wenn wir selbst noch da sind. Herr, dass Du uns nicht schließlich auch noch abschneiden und wegwerfen musst! Sei gnädig und erbarme Dich! Es geht ein ständiges Gericht über die Reben. Das macht sie natürlich in den Augen der Welt nicht schöner. Dazu kommt, dass die wahrhaftigen Reben viel mehr i n n e r l i c h als ä u ß e r l i c h sind. Das gibt ihnen in den Augen der Welt auch keine Herrlichkeit. „Bleibet in Mir und Ich in euch“ - das ist der Grundton der ganzen Rede des Herrn. Und das ist das Wesen der wahrhaftigen Reben: immer mehr einwärts - in Ihm - Innenleben. Wo noch so viel Außenwerk ist und so viel Bedürfnis nach Außenwerk, das ist nicht Rebenart. Alles, was nach außen will glänzen, gleißen, viel fuhrwerken und machen, das ist noch Fleisch. Des himmlischen Gärtners Hauptarbeit geht auf V e r i n n e r l i c h u n g, auf V e r w a c h s u n g. Hier dürfen auch unsere Stundenleute viel, viel lernen. Es geht auch bei ihnen so sehr viel noch nach außen.

Was ist Geistesfrucht?

Nur wo wachsende Verinnerlichung ist, da gibt es Frucht, dann m e h r Frucht und v i e l Frucht. Aber auch die Frucht der wahrhaftigen Reben gefällt jetzt der Welt noch nicht! Sie ist eben noch nicht ganz reif. Es wird unter Frucht vielfach etwas ganz Falsches verstanden - nämlich sonderlich Liebeswerke. Aber sehr viele Liebeswerke sind Natur und Fleisch und nicht Geistesfrucht. Die Geistesfrucht, lies Gal 5, ist etwas ganz anderes. Die Geistesfrucht ist zunächst jene Innerlichkeit, von der wir schon sprachen, das immer festere Verwachsen mit dem Herrn. Das ist Frucht, wenn wir nichts mehr tun können von uns selber, ja, wenn wir o h n e I h n nichts tun können. Die weitere Frucht ist dann die aus dieser Innerlichkeit hervorwachsende Persönlichkeit, das in der Geisteszucht stehende Christenleben und Christenwesen, vielfach - ja durchaus - im Gegensatz zur Welt. Alle diese Frucht gereicht der Welt oft eher zum Gericht als zum Segen. Ist das erste, das Innerliche; F r u c h t , so ist die zweite, dies Geistesleben: m e h r Frucht. Geht dann das Geistesleben über in die brüderlich und allgemeine Liebe, dann geht sie auf viele: Das ist v i e l Frucht. Aber auch diese Liebe hat immer Geistesgehalt, Salzgehalt.

Doch dürfen die Reben Christi der Welt manche kostbare Frucht jetzt schon bieten, und sie wollen es auch. Sie wollen es, und wenn die Welt weder Rebstock noch Reben achtet. Wir sind gesetzt, Frucht zu bringen. Aber sehr vieles ist an uns und an der ganzen Gemeine jetzt noch unreif; darum schmeckt’s auch der Welt noch nicht. Aber auch die Welt ist noch unreif für diese Frucht. Sie produziert noch zu viel selbst, darum hat sie an Geistesfrüchten noch nicht den rechten Geschmack. Wenn sie einst in ihren schweren Gerichten mit ihrer Produktion am Ende ist, dann wird sie Geschmack für die Geistesfrucht bekommen. Das wird dann die Zeit sein, wo auch die ganze Gemeine ausgereift sein wird und wo der Herr die Ausgereiften der Welt zuführen wird.

Da wird dann der Wundersegen der Geistesgemeine sich als Lebensstrom ergießen. Da wird die Welt vom Weinstock essen, schon äußerlich - soll doch im Tausendjährigen Reich jeder unter seinem Weinstock wohnen - , aber auch geistlich. Der wahrhaftige Weinstock mit Seinen Reben wird Seinen Segensdienst antreten und in den kommenden Äonen immer mehr erweitern. Was im Paradiese noch aus Liebe verboten war vom Weinstock der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen, das wird nun A u f g a b e aller sein, vom wahrhaftigen Weinstock und Seinen Fruchtreben zu essen, in welchem alle Sünden überwunden und der Sieg der Gnade herrlich ausgewirkt ist.

O Wunderbau der Geistesgemeine, O Wunderrebstock - Christus und Seine Reben -, jetzt isst man sich von Dir nicht mehr den Tod, jetzt isst alle Kreatur von Dir Leben in Ewigkeiten!

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36. Der Zeugengeist Joh 15:26