Die Zusammenhänge von Phil 3:11

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Aus der Reihe: Christi unausspürbarer Reichtum
Von der Ausauferstehung in Phil 3:11
oder der Weg zur höchsten Vollkommenheit

von Mathias Jaegle (Lebensbild)

Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

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Inhaltsverzeichnis

In Bearbeitung

Von der Ausauferstehung in Phil 3:11

3. Die Zusammenhänge von Phil 3:11

Die Eigenart von Phil 3:11

Das Nächste, das für die Bildung der Grundlage ebenso wichtig ist, ist die Beachtung des näheren und weiteren Zusammenhangs unserer Schriftstelle. Eingehend wollen wir uns mit demselben von Phil 3:10 ab beschäftigen. Es mag vielleicht ein wenig abschweifend erscheinen, so weit auszuholen. Sind aber erst die inneren Verbindungen bloßgelegt, so wird sich herausstellen, dass sie tatsächlich eine solche Reichweite besitzen.

Die in diesem Abschnitt vorkommenden Wahrheiten haben nun die Eigenart, dass sie nur auf die Person des Apostels Anwendung finden. Aber zuvor hat Paulus die gleichen Wahrheiten schon der Gemeinde kundgetan, und zwar mit dem Vorzug, dass sie dort als erläuterte Lehren vorliegen und dadurch ihre Wesensart leichter erkannt werden kann. Sie eignen sich deshalb vorzüglich zu einem einführenden und auslegenden Kommentar und bieten ein sicheres Geleit, um zu dem hohen Ziel des Apostels zu gelangen. Beide Arten der Darlegung dieser Wahrheiten, harmonisch miteinander verbunden, ergeben folgende Aufstellung:

Die Erkenntnis Christi Jesu:

Eph 1:16-17 In Bezug auf die Gemeinde: Phil 3:10 In Bezug auf den Apostel:
„... euer Erwähnung tuen in meinen Gebeten, dass der Gott unseres Herrn Jesu Christi, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe einen Geist der Weisheit und der Enthüllung in Seiner Erkenntnis, da die Augen eures Herzens erleuchtet wurden....“ „Zu erkennen Ihn...."


Die Kraft Seiner Auferstehung:

Eph 1:19 Phil 3:10
„... damit ihr wisset... was die überschwängliche Größe Seiner Kraft ist in uns, die da glauben, nah der Wirksamkeit der Gewalt Seiner Stärke, die gewirkt hat in dem Christus, Ihn auferweckend aus den Toten und Ihn setzend zu Seiner Rechten....“ „Zu erkennen ... die Kraft Seiner Auferstehung...."


Die Gemeinschaft Seiner Leiden:

Phil 1:29-30 Phil 3:10
„... denn es ist euch in Gnaden gewährt, für Christus nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden, indem ihr denselben Ringkampf habt, derart wie ihr ihn an mir gewahret....“ „Zu erkennen die Gemeinschaft Seiner Leiden...."


Die Gleichgestaltung Seinem Tode:

Röm 6:5 Phil 3:10
„Wenn wir denn sind zusammen gepflanzt worden in der Gleichgestalt Seines Todes....“ „...indem ich Seinem Tode gleichgestaltet werde...."


Die Ausauferstehung aus den Toten:

Röm 6:5 Phil 3:11
„....werden wir sogar auch sein gleichgestaltet der Auferstehung....“ „...ob ich irgendwie gelangte zu der Ausauferstehung, zu der aus den Toten...."


Hier ist die paulinische Ausauferstehung auf breiter Grundlage aufgebaut und in engste Verbindung mit ihrem Zusammenhang gebracht. Die Form und Fassung des ganzen Aufbaues wird von einem einheitlichen Sinn beherrscht, der nach jeder Seite die gleiche Auslegung verlangt. Durchweg handelt es sich um Glaubensziele des Apostels, deren Verwirklichung in seinem Glaubensleben zu suchen sind, und nicht erst nach seinem Tode. Diese Schranken bewahren vor einem Abgleiten auf ein einen Abweg und erleichtern wesentlich die Erlangung der rechten Erkenntnis. Zudem finden wir in dieser Parallele ein Beispiel von der in Gottes Wort waltenden Ordnung und davon, wie es sein eigener und bester Ausleger ist. Auf diesen Stufen empor führt ein sicherer Weg zum hehren und erquickenden Anblick von des Apostels hohem Ziel.

Die Erkenntnis Christi Jesu

Diese Erkenntnis hatte im Leben des Apostels schon unerhört Großes bewirkt, denn in Phil 3:8 bezeugt er, dass um des Überlgenseins willen der Erkenntnis (wörtl. Kenntnis) Christi Jesu, seines Herrn, er alle seine fleischlichen Vorrechte drangegeben und für Abraum achten konnte. Seine Stellung in Israel, in Verbindung mit der Kenntnis über Christus als König Seines irdischen Königreichs, erhob den Apostel in demselben an einen der ersten Plätze. Aufgrund seines Sonderauftrages hatte er jedoch solche tiefen Enthüllungen über Christus empfangen, dass sie denjenigen in den Schriften an die Beschneidung weit überlegen waren. Die Erkenntnis von Christus als Haupt Seines Körpers (Kol 1:18), einer jeden Fürstlichkeit und Obrigkeit (Kol 2:10), ja sogar des gesamten Alls (Eph 1:22), stellen eben Offenbarungen von Geheimnissen dar, die bis dahin noch verborgen waren. Für den Apostel waren aber diese schon empfangenen Erkenntnisse keine abgeschlossene Sache. Er wollte darin weiter wachsen und fortschreiten, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit (Kor 3:18), und tut dies mit den Worten kund: „Zu erkennen Ihn!“ Wörtlich heißt es einfach: „Zu kennen Ihn!“

Aus dem Zusammenhang herausgenommen, müsste solche ein Ausspruch wie der Wunsch eines am ersten Anfang des Glaubens Stehenden erscheinen. Aber nein! so spricht ja der Mann, der den tiefsten und allumfassendsten Einblick in Christi Herrlichkeit besaß. Ihm war die Gnade gegeben, „den Nationen als Evangelium zu verkündigen den unausforschlichen und unausspürbaren Reichtum des Christus“ (Eph 3:8), und in diesem herrlichen Dienst sollte es bei ihm nicht zum Stillstand kommen. ES ist, wie wenn wir den großen Paulus sprechen hörten: „Der Reichtum Christi ist ja unerschöpflich, und in diesen schon geoffenbarten Tiefen sehe ich noch ungeahnte Schätze Seiner Erkenntnis, und mich verlangt mächtig danach, auch noch diese zu heben."

Es war ja nicht Selbstzweck, der ihn dazu trieb, sondern der Wunsch, diese empfangene Erkenntnis der Gemeinde weiterzugeben. Nun war ihm aber bewusst, dass die Gläubigen für die Aufnahme dieser tieferen Christuserkenntnisse eine besondere Ausrüstung benötigen. Und diese erfleht er für die Heiligen in einem seiner Gemeindegebete, Eph 1:16-17. Den Geist selbst besaßen viele Gläubigen. Paulus bitte darum in diesem Gebet nicht um den Empfang des Geistes Gottes mit der Auswirkung der Rettung, Belebung und Versiegelung, sondern um dessen tiefere Wirkung in Weisheit und Enthüllung. Aus dem genauen Wortlaut dieser Stelle ist das schon leichter zu erkennen, denn derselbe lautet folgendermaßen: „...euch gebe ... Geist... Weisheit und Enthüllung....“

Nach dem Urtext bittet Paulus auch nicht schlechthin um „erleuchtete Augen eures Herzens“, sondern spricht davon als von einer bereits geschehenen Tat: „da die Augen eures Herzens erleuchtet wurden...“ (Konkord. Übers.). Das Erkennen des Christus als persönlicher Heiland, gleich am Glaubensanfang ist der Beweis, dass es im Herzen Licht und die Augen des Herzens sehend wurden (Apg 26:18). Es ist, wie wenn nun Paulus sagen wollte: „Jetzt, wo die Blindheit von euren inneren Augen weggenommen wurde, ist die Voraussetzung und Möglichkeit gegeben, noch zu einer tieferen Erkenntnis über Christus zu gelangen.“ Paulus ist stets bemüht, die Gläubigen aus der anfangsgemäßen Erkenntnis herauszuführen und zu zeigen, dass Christus weit mehr ist als unser persönlicher Heiland.

Weisheit und Enthüllung in Seiner Erkenntnis

Paulus als Verkündiger der Geheimnisse Gottes und des Christus enthüllt uns Christus auch im ersten Kapitel des Epheserbriefes in erhabener Herrlichkeit als je zuvor. Er lenkt die Aufmerksamkeiten der - bereits schon früher - erleuchteten Augen des Herzens von Eph 1:18 ab in ganz besonderer Weise auf das Erwartungsgut Seiner (Christi) Berufung. Beachten wir bei der Stelle, dass sie nicht das Erwartungsgut „eurer“ Berufung erwähnt, wie dies unrichtigerweise fast alle anderen Bibelübersetzungen so darlegen, sondern hier ist - wortgeetreu nach dem Urtext - ausdrücklich vom Erwartungsgut Seiner Berufung die Rede. Denn nur in Seiner Berufung liegt sowohl die Errettung als auch die Aussöhnung des ganzen Alls beschlossen, wie dies die Verse Eph 1:21-23 deutlich in Erscheinung treten lassen. Im Schlussteil des achtzehnten Verses lesen wir vom „Reichtum der Herrlichkeit Seines Losteiles“ und darauf folgen: „Die überschwängliche Größe Seiner Kraft“, und die Wirksamkeit der Gewalt Seiner Stärke“. Und im Blick auf Seine Auferstehung und Himmelfahrt offenbart er Christus auf dem höchsten Platz im Weltenall, als von Seinem Vater hoch erhoben über alle himmlischen Mächte.

In seinem zweiten Gebet (Eph 3:14ff.) wiederholt er noch einmal eine ähnliche Bitte, dass die Heiligen erstarken möchten, um zu erfassen und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigend Liebe des Christus, zum hohen Zweck: „auf dass ihr vervollständigt werdet zur gesamten Vervollständigung Gottes!“

Nach des Apostels Zeugnis führen dieser herrlichen Wahrheit, wie die des Sieges der Liebe Gottes in der Allaussöhnung, die Heiligen zur Mannesreife im Glauben hinan. Er ist weit davon entfernt, diese Offenbarungen nur als Liebhabereien einzelner hinzustellen, sondern er bittet darum, dass alle in ihre Lebensmäßige Erkenntnis eingehen möchten, um dem Stand der Unmündigkeit enthoben zu werden.

Wenn wir nun bedenken, dass Paulus um jene Zeit, als er den Epheser- und Philipperbrief schrieb, eine allumfassende und lückenlose Offenbarung von dieser durch ihn verkündigten Größe und Herrlichkeit Christi besaß und Ihn dennoch immer mehr und besser kennenzulernen begehrte, so mag uns ein Ahnen aufgehen von einer überschwänglichen und grenzenlosen Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Ganz gewiss wird das droben zu unserer größten Seligkeit gehören, immer tiefer in die Erkenntnis Christi eindringen zu dürfen. Wohl uns, wenn wir darin schon hier Pauli Mitnachahmer werden und an diese erhabene Bestätigung unseres Geistes Zeit und Mühe wenden.

Dieses „noch mehr“ des Apostels, während er noch im Glauben wandelte, zu dem, was er schon besaß, ists die Devise jedes nun folgenden Satzes und bildet den Schlüssel für das rechte Verständnis aller weiteren Ziele, die ihm vor Augen stehen. Es wird schließlich zu einem gewichtigen Teil dazu beitragen, die Ausauferstehung im hellsten Licht zu sehen.

Das nächste, auf das jetzt Paulus seinen Blick richtet, ist:

Die Kraft Seiner Auferstehung

Man beachte wohl, dass des Apostels Verlangen nicht die Auferstehung Christi zum Gegenstand hat, sondern die Kraft Gottes, welche dieselbe bewirkte. Ihr Verhältnis zueinander ist wie Ursache und Wirkung. Jetzt ist es nicht die glorreiche, an Christus vollbrachte Tat der Vergangenheit, die ihn beschäftigt, sondern die weiteren Taten dieser Kraft in seinem Glaubensleben. Dieser Zug bleibt nun durchwegs der Leitgedanke, drückt dem, was der Apostel weiter anführt, Gegenwartsbedeutung auf und schließt dann auch die Ausauferstehung in diesen Kreis mit ein.

Wie die Tat Christi am Kreuz auf Golgatha eine Gottesliebe zur Schau stellte, die bis dahin unbekannt war, e aber nicht bei dem verblieb, sondern diese Liebe sich nun unaufhörlich und unerschöpflich aus Gottes Vaterherzen ergießt (Röm 5:5), so hat sich die Kraft Gottes durch Christi Auferweckung wie vordem noch nie offenbaren können und hat in ihr, ähnlich einer Quelle, einen dauernden Ausfluss gefunden. Schöpferisch und wunder-wirkend war sie schon längst in Tätigkeit, aber durch die Rettung Christi aus dem Bereich des Todes wurde ihr eine neue und höhere Wirksamkeit eröffnet in Erlösung und Neuschöpfung, die ununterbrochen segensvoll andauert und es bis zur Vollendung, ja darüber hinaus, tun wird.

Allein für die Glieder des Körpers Christi bringt Gott sie auf drei verschiedene Arten in Anwendung. Ihre erste besteht in der Erweckung zu einem neuen Leben des Glaubens. Es ist sehr leicht zuerkennen, dass diese Tat mit der Kraft geschieht mit der Gott Seinen Sohn aus den Toten auferweckte. Durch die Auferweckung wurde Christi Geist lebendig gemacht (1Petr 3:18). Aber noch mehr, des Vaters Gabe an Seinen Sohn war überschwänglich mehr von dieser Seiner Kraft, als Christus für sich selbst benötigte (2Kor 13:4). Nachdem er tot war und kein Leben mehr besaß (Offb 1:18), besitzt Sein Geist nun eine genügende Fülle dieser göttlichen Auferstehungskraft, um einmal alle lebendig zu machen (1Kor 15:22; 2Tim 1:2; 1Tim 6:13). In Verbindung mit dieser Wahrheit wird Er ein lebendigmachender Geist genannt (1Kor 15:45), denn Leben wirkt und schafft nur Gottes und Christi Geist.

Wo folglich Christi Geist einen menschlichen Geist berührt (und das geschieht beim Gläubigwerden), wird ein solcher Geist mit Christi Auferstehungsleben erfüllt, denn Christus selbst lebt nun in der Kraft, mit der Ihm Sein Vater auferweckte und auferstehen ließ, und deshalb ist es auch genau dieselbe Kraft, die Glauben schafft und in ein neues Leben versetzt.

Eine gewaltige Erfahrung dieser Kraft steht für jeden Gläubigen noch aus. Bei Christi Kommen wird sie möglich werden. Die dann noch Lebenden werden sie erfahren durch Verwandlung, und die in Christus Entschlummerten durch Auferstehung aus den Toten, ähnlich wie ihr Herr. So bezeugt 1Kor 6:14: „Gott hat auch den Herrn auferweckt, auch uns wird Er durch Seine Kraft ausauferwecken.“ Obwohl an dieser Stelle nur als von einer Gottestat geredet wird, so vollbringt sie Gott allein durch Christus (1Thes 4:16). Und Christus wird sie ausführen mit derselben Kraft, mit der Ihn Sein Vater selbst auferweckt hat.

Jedoch beschränkt sich die Machtentfaltung dieser Gotteskraft bei den Gliedern des Körpers Christi nicht auf den Akt des Glaubensanfang und später auf das Herausheben des Körpers aus dem Grabe; sie hat sich noch ein anderes Betätigungsfeld ersehen, auf dem sie Tat um Tat wirken kann. Dieses liegt im Leben des Gläubigen. Von dieser beseligenden Tatsache, dass Gott jedem der Seinigen eine solche Kraft zur Verfügung stellt, ist der Apostel tief ergriffen, und mit ganzer Inbrunst möchte er sie in ihren aller tiefsten Auswirkungen kennen und in Anspruch nehmen.

In seinem Gebet in Eph 1 spricht er es ja klar aus, dass diese Kraft für uns, die da glauben, da ist, und es ist ihm ein solches Anliegen, dass sie auch in der Gemeinde erkannt werden möchte, dass er dasselbe als Bitte vor seinen himmlischen Vater bringt. Diese Bitte des Apostels für uns, die Gläubigen, ist allen Nachsinnens wert. Man beachte wohl, dass er für uns nicht um um die Kraft selbst bittet, sondern um die Erkenntnis derselben. Durch den geist, der jedem Gläubigen innewohnt, ist jeder auch im Besitz dieser Kraft, und sie wartet eigentlich nur, um in ihrer vollen Größe erkannt und in Anspruch genommen zu werden. Empfundener Kraftmangel im Glaubensleben muss nicht immer nur seine Ursache in Ungehorsam oder fleischlicher Gesinnung haben, sondern kann auch an ungenügender Einsicht in das, was uns in Gnaden geschenkt ist, liegen (1Kor 2:12). Wie notwendig ist daher eine schriftgemäße Erkenntnis der uns geschenkten Auferstehungskraft Christi!

Für die Beschreibung derselben gebracht Paulus die denkbar tiefsten und stärksten Ausdrücke. Die Erhärtung ihrer Stärke wird gekennzeichnet durch die Worte: „überschwängliche Größe“ und „Gewalt Seiner Stärke“. Die größte Kraft im Weltall ist uns also geschenkt und damit die Möglichkeit gegeben, dass Leben sieghaft zu gestalten. Paulus hatte sie in seinem Leben schon in Ungemessene erfahren. Trotzdem begehrt er, sie noch immer mehr zu erkennen. Ihm stehen als nächste Glaubensschritte neue Glaubensbestätigungen vor Augen, und um diese dem Herrn gemäß ausführen zu können, ist die tiefste Erkenntnis dieser Kraft notwendig.

Christus selbst trug zuerst Seine Leiden, und darauf folgte Seine Auferstehung. Paulus will aber zuerst die Kraft, mittels welcher Gott die Auferstehung Seines Sohnes vollbrachte, kennenlernen und erst darauf die Gemeinschaft Seiner Leiden. Die Empfehlung dieser Reihenfolge ist bei uns nicht nur berechtigt sondern notwendig und geboten; denn ohne die Erkenntnis der Auferstehungskraft Christi (Erkenntnis gleichbedeutend als im Besitz dieser Kraft) ist es unmöglich, Leiden für Christus auf sich zu nehmen, weil sie ja nur durch diese Kraft getragen werden können. Und diese Kraft will der Apostel in ihrer machtvollsten Auswirkung kennenlernen, um noch tiefer eingehen zu können in:

Die Gemeinschaft Seiner Leiden

Wie mus es den Apostel tief innerlichst bewegt haben, als er von den Leiden seines Herrn sprach. Wie kein anderer hat er in ihnen unergründliche Segens-Tiefen solcher Leidenswege gesehen ud durch den Geist eine mannigfaltige Vielgestaltigkeit erkannt.

Ihm, dem gehorsamen Sohn Seines himmlischen Vaters, hätte mit gutem Recht nur die Freude gehört, die vor Ihm lag (Hebr 12:2). Weil es nicht eigene Sünde war, zu der Er gemacht wurde, ,so wäre es auch nicht an Ihm gewesen, die Folgen derselben, diese unermesslichen Leiden zu tragen. Das wäre billigerweise unser Teil gewesen. So geschaut, stehen wir der Gemeinschaft Seiner Leiden gar nicht fern. Sobald wir diese Tatsache der Beugung und unter innerer Betrübnis als die eigentlich Schuldigen ins Auge fassen, gehen wir bewusst in diese Gemeinschaft mit Ihm ein.

Wo es sich jedoch um die Früchte Seines Leidens handelt, als da sind Errettung und Erlösung, Aussöhnung und Verherrlichung, ist dieses Gemeinschaftsverhältnis mit Ihm völlig verändert. Von dieser Seite gesehen, stehen wir in keiner ursächlichen Gemeinschaft oder Teilhaberschaft mit Seinen Leiden, sondern wir sind nur Genießende derselben. Nur Er, als der Reine und Heilige, als das Haupt der Schöpfung in der Eigenschaft als Sohn Gottes, konnte die durch unsere Sünden verursachten Leiden in solcher Weise tragen, dass sie zu einer unversiegbaren Heilsquelle für die ganze Schöpfung werden konnten. Dies primäre Seite Seiner Leiden ist endgültig abgeschlossen, weil sie von Gott als mehr wie nur genügend anerkannt wurden udn auch kein Geschöpf je fähig wäre, denselben das Geringste beizufügen. Deshalb steht unsererseits eine Gemeinschaft mit ihnen ganz außer Frage.

Trotzdem haben auf einem anderen Sektor die Leiden Christi seither weiter bestanden. Auf demselben ist es nun möglich, in die innigste Gemeinschaft mit Ihm einzugehen. Christi unerschütterlicher Glaube, Sein vollkommener Gehorsam und selbstlosester Dienst brachten Ihm fortgesetzt Leiden ein, bis sie am Kreuze ihren Höhepunkt fanden. Das sind die Fußstapfen, in denen die, welche Ihn als ihren Heiland und Erlöser angenommen haben, nun auch wandeln und nachahmen und wie Er für die göttliche Wahrheit einstehen können. Aber zu allen Zeiten hat die Wahrheit, dessen Ebenbild Er ist, ihren Trägern Leiden verursacht und eingebracht. Diese Leiden gehen nach göttlichem Willen weiter, und auf diesem Pfad des Glaubensgehorsams, im Dienst für Ihn, kann nun gelitten werden, wie Er litt: unverschuldet, rein um der Wahrheit um um Seinetwillen. Das heißt Gemeinschaft zu haben an Seinem Leiden.

In der angeführten auslegenden Parallelstelle, Phil 1:29, in welcher der Apostel zu Gläubigen spricht, die in solchen Leiden standen, liegt ein Hauptgrund jenes Verlangens nach tieferer Leidensgemeinschaft; Paulus streckte sich bewusst nach mehr solcher Leiden aus. Er bewertet sie als großen Vorteil für den, der sie zu tragen bekommt. Sie sind nicht eine unverständliche, schwere Führung, sondern ein göttliches Vorrecht, eine Gewährung Seiner besonderen Gnade, eben weil sie für Christus selbst gelitten werden. Sie willig aufzunehmen, gehört zu den größten Glaubenstaten und sie sind dem Apostel eine willkommene Gelegenheit, seine Liebe zu seinem Herrn zu erhärten.

Kol 1:14 erweitert er dieses günstige Beurteilung, wenn er sagt: „Nun freue ich mich in meinem Leiden für euch und mache voll an Seiner Statt das noch Mangelnde der Drangsale des Christus in meinem Fleische für Seinen Körper, der da ist die herausgerufene Gemeinde...“ Gott hat der Gemeinde, welche da ist Sein Körper, verschiedene bestimmte Maße zugeteilt, ,sowohl individuelle (Eph 4:7.13.16; Röm 12:3) als korporative, wie dasjenige ihrer Zeit und Vervollständigung. Nun wird zu diesen auch noch ein Lebensmaß hinzugefügt, welches benannt wird: „Die Drangsale des Christus.“

An Seinen Leiden für die Sünder und zu ihrer und des ganzen Weltalls Erlösung ist nichts mehr zu ergänzen. Das braucht für erleuchtete Kinder Gottes nicht erst noch gesagt zu werden. Aber solange die Gemeinde hier unten ist, geht das Evangelium, dessen Inhalt Er ist (Gal 1:16), wie einst Christus den Sterbensweg. Da Er diese von Ihm verordneten Leiden nicht mehr selbst erdulden kann, überträgt Er diesen hohen Leidensdienst für Ihn und an Seiner Statt willigen Gliedern Seines Körpers, die den Preis für die Wahrheit willens sind zu bezahlen. Paulus ist uns darin ein erhabenes Vorbild. Er stellt sich seinem Herrn ganz zur Verfügung, achtes alles für Abraum, um dieser Leiden und dieses Vorrechtes willen (Phil 3:8; 2Kor 4:11.17). Er will persönlich dazu beitragen, dieses von Gott bestimmte Maß zu vervollständigen.

Aber nicht nur Christus kommt dieser Leidens-Dienst zugute. Wenn er schreibt „für euch“, und „für Seinen Körper“, sieht Paulus darin Segensauswirkungen für die ganze Gemeinde. In seiner ihm verliehenen Vollmacht schreibt er an Timotheus ergreifend tief von diesem Segen seiner Leiden für die Gläubigen: „Deshalb erdulde ich das alles um der Auserwählten willen, auf dass auch sie die Rettung erlangten, die da ist in Christo Jesu, mit äonischer Herrlichkeit“ (2Tim 2:10). Dieser Gesichtskreis sollte noch vielmehr beachtet werden, dass die Leiden an Christi Statt allen Gliedern Seines Körpers zum Segen gereichen.

Das sind vorbildliche und sehr verständliche Gründe, warum, Paulus nach der Gemeinschaft Seiner Leiden verlangt. Ach, er hatte sie ja schon zur Genüge zu kosten bekommen. Lange bevor er den Philipperbrief schreib, konnte er bezeugen, dass die Leiden in ihnen zum Überfließen gekommen waren, und konnte als Belegt dafür ganze Register davon aufstellen: 1Kor 4:11; 2Kor 6:4-10; 2Kor 11:23-28; Phil 1:17. Um jene Zeit nahm er schon die einzigartig vollkommene Stellung zu ihnen ein, denn er konnte sagen: „Darum habe ich meine Lust in Schwachheit, in Misshandlung, in Nöten, in Verfolgung, in Druck für Christus....“ (2Kor 12:10).

Trotz alledem begehrt er immer noch „zu kennen .... die Gemeinschaft Seiner Leiden“, und drückt sich so aus wie einer, der erst mit dieser Erkenntnis und Praxis beginnen möchte. Wir schauen ihn aber nicht als einen, der erst im Begriff steht, diesen Weg zu betreten, sondern als einen darauf vorwärts Eilenden, der schon den größten Teil dieser Wegstrecke zurückgelegt und hinter sich hat. Es handelt sich folglich mehr um ein noch tieferes Hineingelangen in die Leiden des Christus. Mit Absicht wird dieser Zug des immer Mehrwollens hervorgehoben, denn er wird schließlich zu den Beiträge gehören, die uns das rechte Verständnis für das Jagen des Apostels nach der Kraft der Ausauferstehung am besten nahebringen kann.

Paulus belässt es aber nicht dabei. Er möchte, dass diese Leiden auch von anderen übernommen werden. So muntert und fordert er seinen geistlichen Sohn Timotheus mit folgenden Worten dazu auf: „... erleide Übles mit für das Evangelium, durch 'die Kraft Gottes’ ...“ (2Tim 1:8). Die Bezeichnung: „Mit-Übles-leiden“ für das Evangelium ist nur eine weitere Umschreibung seines Begriffes bezüglich der Gemeinschaft Seiner Leiden; denn nach Gal 1:16 ist Paulus um der Enthüllung des Sohnes Gottes willen berufen und abgesondert worden. Und um des charakteristischen Inhaltes seines Evangeliums willen wurde er in Banden gelegt, weshalb er zur Verteidigung und Bestätigung dieses Evangeliums litt (Phil 1:7 = Gal 1:11; 2Tim 1:11 = 2Tim 2:3-8-10).

Aus des Apostels Ermahnung an Timotheus geht hervor, dass solche Leiden nur in der Kraft Gottes möglich sind. Der Apostel spricht aus eigener Erfahrung. In Asien war er mit seinen Mitwirkern mit Drangsalen beschwert, die weit über ihre eigenen Kräfte gingen, so dass sie am Leben verzweifelten. Aber dieses schmerzliche Erleben wurden ihnen zur wertvollen Lehre, ihr Vertrauen völlig auf Gott zu setzen, der die Toten auferweckt (2Kor 1:8-9). Auch überall tritt die Verbindung von Leiden mit Gotteskraft so offensichtlich zutage, dass mit sicherer Bestimmtheit erkannt werden kann: der Apostel begehrt die Kraft Seiner Auferstehung zu erkennen, um aus dieser unerschöpflichen Kraftquelle zu schöpfen und auch völlig in die Gemeinschaft Seiner Leiden einzugehen.

Bis in unsere Zeit hinein spricht Paulus uns zu: „Leide Übles...“ und sucht Willige für diesen in Schwachheit zu vollbringenden aber trotzdem ehrenvollen Christusberuf. Die Erfahrungen der Kraft Seiner Auferstehung, um solche Leiden mannhaft zu tragen und dabei in der Liebe bleiben zu können, gehören wohl zu den herrlichsten Erweisungen Seiner Gnade und stehen unter Gottes und Christi größtem Wohlgefallen. Wer in sie hineingeführt wird, darf sie nicht misslichen Umständen zuschreiben und kann niemanden anders als den Herrn Selbst als ihren Urheber sehen. Er kennt allein das von der Gemeinde noch zu erstattende Vollmaß der Leiden; und mithelfen zu dürfen, dasselbe zu vervollständigen, ist ein göttliches Vorrecht zur Erhöhung des Ruhmes Seiner Gnade und zu Seiner Verherrlichung an Seinem Tage.

Paulus hebt aber nicht nur einseitig die Leiden hervor, sondern auch die Herrlichkeit, die darauf folgt, und in einem solchen Übermaß, dass dasjenige der Leiden klein und bescheiden erscheint (Röm 8:18; 2Kor 4:7).

Die Aufforderung nun, in die Gemeinschaft Seiner Leiden einzugehen, führt auf das schon genannte Gebiet des eigenen Mitwirkens. Es liegt darin ein Appell und Aufgebot an den Willen. Es bracht dessen ganzen Einsatz und aktivste Bestätigung, um die uns angeborene Scheu und Furcht vor Leiden zu überwinden.

Er erübrigt sich, darauf hinzuweisen, dass das Eingehen in die Gemeinschaft Seiner Leiden nur im Glaubensleben stattfinden und in Frage kommen kann. Jenseits der Auferstehung werden wir sie nicht mehr finden, wohl aber die Belohnung, die der Herr dann für dieselben austeilen wird; denn wenn wir mit leiden, werden wir auch mit verherrlicht werden (Röm 8:17), und wenn wir erdulden, werden wir auch mit herrschen (2Tim 2:12).

Eine erneute Bestätigung, dass Paulus die Grenze seines Glaubenslebens nicht überschreitet, ist der nächste Gegenstand, auf den sich jetzt sein Blick richtet:

“... indem ich Seinem Tode gleichgestaltet werde ...“

Mit Vorliebe geht sonst der Apostel, wenn er von Leiden redet, ohne Umschweife zur zukünftigen Herrlichkeit über, so in Röm 8:17-18; 2Kor 4:17; 2Thes 17; 2tim 2:12. Hier ab er bringt er dieses Regel nicht in Anwendung. Vielmehr bleibt er im Bereich des diesseitigen Lebens und deutet damit an, dass er auch auf dem weiteren Wege die Tür in das zukünftige Leben nicht öffnen wird. Die Befolgung der Ermahnung vom rechten Schneiden des Wortes der Wahrheit wird in diesem Falle besonders dringlich, um ja dem Apostel behutsam folgen zu können und um nicht von seinem Wege abzuschweifen.

Die Gleichgestaltung mit Seinem Tode gehört zu der Gruppe der tieferen Kreuzeswahrheiten. Wenn schon Paulus sein Evangelium, schlechthin „das Wort vom Kreuz“ nennt, so bewegen sich die zahlreichen darin befindlichen Offenbarungen über die Erlösung doch nicht alle gleich auf derselben Höhe. Die einen sind leichter fasslich, während andere nur durch Belehrung aufgenommen werden können. Diese Unterschiede finden wir im Römerbrief nahe beisammen. IN Röm 5:8 hebt der Apostel hervor, dass Christus für die Ruchlosen und die Sünder starb. Diese Seite Seiner Erlösung führt uns unter das Kreuz, und wir schauen Ihn, Christus den Sohn, wie Er dort am Fluchholz den Tod für uns alle erduldet. Aber durch die forstschreitende Offenbarung schauen wir uns auf einmal selbst am Kreuz mit Ihm und nehmen als Mit-Gekreuzigte, Mit-Gestorbene und Mit-Begrabene innigsten Anteil an Seinem Tode (Röm 6:4-8). Das sind die charakteristischsten Bezeichnungen für unsere Gleichgestaltung mit Seinem Tode.

Die tiefe Kreuzesenthüllung ist ganz in bildliche Rede gefasst, und es ist rein unmöglich, das was von uns gesagt ist, wörtlich zu nehmen. Andernfalls müsste, so wie damals für den Apostel, auch für uns heute nur der wirkliche Kreuzestod infrage kommen. Nicht wir als Personen wurden mit gekreuzigt, aber unsere alte Menschheit „die überein mit ihren verführerischen Begierden sich verderbt“ (Eph 4:23), die wurde am Kreuze abgetan. Das ist ausnahmslos mit jedem Gläubigen geschehen, denn wir sind zusammen gepflanzt worden in der Gleichgestalt Seines Todes, so bezeugt die Röm 6:5.

Vergleichen wir nun aufmerksam Pauli Aussage in Bezug auf die Glieder des Körpers Christi (Röm 6:5) mit derjenigen über seine persönliche Einstellung dazu (Phil 3:10), so fäll t ein bemerkenswerter Unterschied zwischen beiden auf. Im ersten Fall ist die Gleichgestaltung mit Seinem Tode durch die Mitkreuzigung eine durch Christus vollbrachte und vollendete Tat. Im zweiten Fall aber, in der Erfahrung des Apostels selbst, ein Zustand, der Wachstum und Ausreife bedingt. Indem er sagt: „Seinem Tode gleichgestaltet werden“, hört es sich so an, als wenn alle andern ihm voraus wären, und er selbst noch im Rückstand. Aber in Wirklichkeit ist diese herrliche Wahrheit nicht eine fertige und stillstehende Tat, sondern ein Zustand, der, wenn erst einmal richtig erkannt und erfasst, noch weiter ausgestaltet und im Leben vertieft werden kann.

Die Ursache zu dieser Einstellung und seinem tiefen Verlangen ist wohl in einer der zahlreichen Offenbarungen, die er empfing, zu suchen. Sehr wahrscheinlich ist es diejenige in 2Kor 5:21 gewesen: „Denn den, der Sünde nicht kennt, macht Er zur Sünde für uns“, welche uns auch auf die rechte Spur verhilft. Da ist Christus mehr wie nur Sündenträger. Er war nicht nur ein äußerlicher Träger, ,sondern ein In-Sich-Aufnehmender sämtlicher Sünden der Vergangenheit und Zukunft. Das bedeutete für Ihn ein Einswerden mit denselben, und das war auch der Weg, auf dem sie vollständig getilgt wurden. Aber nun musste auch Christus selbst von den Sünden Seiner Geschöpfe, zu denen Er gemacht wurde, gelöst und befreit werden, und dafür gab es für Ihn keinen anderen Weg als den des Todes und der darauf folgenden Auferstehung. Er musste ihnen absterben. So bezeugt Röm 6:10: „... denn was Er starb, das starb Er der Sünde ein für allemal ...“ Also gab es auch bei Christus ein „der-Sünde-Absterben“, zwar nicht eigener, aber der unsrigen. Das ist wieder eine Wahrheit, die zu den tieferen Kreuzesenthüllungen gehört und nur durch Paulus bekanntgemacht wurde.

Was muss das für Paulus doch gewesen sein, als er, nachdem ihm durch die Erscheinung Christi seine großen und schweren Sünden zum Bewusstsein gekommen waren, er dieselben abwaschen durfte (Apg 22:16). Dort erhielt er Erlassung seiner Sünden gemäß den Prinzipien der Königreichsverwaltung, die um jene Zeit noch in Anwendung waren. Als ihm aber später der Herr die Wahrheiten des Römerbriefes enthüllte, muss es ihn erst recht ergriffen haben, als er in die tiefere Bedeutung des Sterbens Christi eingeführt wurde und dabei sah, was mit seiner eigenen Sünde geschehen war. Er sah dieselbe in Christus hineingelegt und wie Er derselben bis in ihre tiefsten Verwurzelungen völlig abgestorben war. Diese Seite des Todes Christi war es wohl, die ihn mächtig anzog, denn in ihr sah er seine eigene Sünde, nicht nur die vergangene, begangene, sondern auch die, die noch ansatzgemäß in ihm lag, völlig besiegt und abgetan. An irgendeine Sündengebundenheit darf bei dem greisen, siegreichen Apostel natürlich nicht gedacht werden, sondern nur an sündhafte Veranlagung, in der wohl noch die Möglichkeit des Sündigen-könnens lag, die aber in seinem Leben nicht zur Tat gelangt. Ein solcher Blick in die Tiefe des eigenen, verborgenen Wesens und Herzens ist nur einer geistlichen und lauteren Gesinnung möglich, und gerade darin wird des Apostels Größe so recht offenbar. Nach dieser Gleichgestaltung mit Seinem Tode stand sein Verlangen,denn das war für ihn gleichdeutend mit einem Sieg über jede Regung zum Sündigen.

Das ist ja auch der Zweck der Mitkreuzigung des alten Menschen: „::: auf dass unwirksam gemacht werde der Körper der Sünde, auf dass wir ja nicht mehr sklavten der Sünde“ (Röm 6:6). Für diese herrliche Freiheit hat Christus am Kreuz grundsätzlich die Möglichkeit geschaffen und gegeben. Aber der Sieg über die Sünde wirkt sich trotzdem nicht selbständig oder automatisch aus, sondern verlangt unseren ganzen Willenseinsatz zur Mitwirkung.

In Röm 6:4-6 stellt der Apostel Christus mit Seiner Tat am Kreuz und was Er dabei mit uns tat, in den Vordergrund. Jedoch im Philipperbrief spricht er in Verbindung mit dieser Gottestat davon, wie er dieselbe in seinem Leben ausgestalten will. Er blieb nacht untätig bei der Wahrheit stehen, dass Christus am Kreuz seinen Sünden abgestorben war und sie abgetan und überwunden hat, sondern mit Einspannung seiner ganzen Willenskraft trachtete er, diesen Sieg täglich zu realisieren. Mit der größten Entschiedenheit und Bestimmtheit verwies er auch das geringste Überbleibsel seines alten Menschen in den Tod.

Paulus hatte keine privaten Grundsätze, die er allein für sich behielt und nach denen er seinen Wandel und Dienst ausführte, sie noch ängstlich geheim haltend. Als von Gott gegebenes Vorbild gab er treu alle seine guten und selbst erprobten Regeln für den rechten Kampf und Lauf an die Gemeinde weiter. Zahlreich finden sich in jedem seiner Briefe die Ermahnungen als praktische Anweisungen, um diesen geschenkten Sieg über die Sünde auch nach jeder Seite hin, unter steter und äußerster Wachsamkeit, auszubauen. Man beachte wohl, wie diese Wahrheit erkenntnisgemäß aufzufassen ist. Nach Röm 6:2 sind wir der Sünde gestorben, aber nicht die Sünde in uns. Als noch im Herzen wohnend, begehrt und verlang sie auch noch weiterhin, in den sterbenden Körpern der Heiligen zu herrschen. Sind wir nicht wachsam und gehen auf ihre Verführung ein, so können wir als Gläubige wieder von ihr versklavt werden. Es finden sich genug traurige Beweise in den Briefen dafür (1Kor 1:11; 1Kor 5:1; Gal 5:15), deren bedauerliche Fortsetzung sich bis in unsere Zeit hinzieht.

Dieser Anspruch der Sünde an uns muss als nichtig erklärt werden durch den entscheidenden Hinweis, dass wir ihr gestorben sind und sie kein Anrecht mehr an uns hat. „Also auch ihr, ,rechnet euch selber, tot zwar zu sein der Sünde, lebend aber Gott in Christo Jesu, unserem Herrn“ (Röm 6:11). So sollen wir nach Gottes Wort unsere Siegesstellung behaupten. Der Sieg wurzelt in der Tatsache, dass, wie Christus unserer Sünde am Kreuz abgestorben ist, so auch wir selbst. Aber diese Siegesproklamation allein genügt noch nicht, handgreiflich muss der Sündenherrschaft in uns entgegen getreten werden, indem wir ihre Lüste und Begierden ans Kreuz verweisen (Gal 5:24). Es genügt auch nicht, nur den Herrn um die Befreiung und Hinwegnahme von irgendeiner Gebundenheit zu bitten und dabei in passiver Stellung zu verharren. Der Wille muss in diesen Befreiungskampf aufs aktivste mit tätig sein, mit der Erkenntnis gefüllt, dass uns die ganze Siegesmacht Christi zur Verfügung steht.

Röm 6:12 werden wir aufgefordert, die Sünde nicht mehr in unseren sterbenden Körpern herrschen zu lassen, nicht mehr den Begierden des Fleisches z u gehorchen und unsere Glieder nicht mehr der Ungerechtigkeit, der Sünde, zur Verfügung zu stellen, ferne die Werke der Finsternis abzulegen (Röm 13:12) oder nach Eph 4:22 die alte Menschheit. Noch drastischer und kampfgemäßer ist die Aufforderung zu diesem Gehorsam durch das Töten der Glieder (Kol 3:5). die sich, bei gegebenem Anlass widerwillig in den Dienst der Sünde begeben möchten. In bildlicher Rede werden uns hier die wertvollsten Anweisungen gegeben.

Das ist praktische Gleichgestaltung Seinem Tode und macht es sehr verständlich, warum Paulus in Bezug auf dieselbe von einem „Werden“ in seinem Leben schreiben konnte. Es ist in die Augen springend, da wir aktiv mittätig sein müssen, um zur geistlichen Verwirklichung dieser Gleichgestaltung zu gelangen. Hier findet nur ein Übergang in unser jetziges Leben statt durch die Aussage, dass unsere sterbenden (nicht gestorbenen) Körper um Seines uns innewohnenden Geistes willen von Gott lebendig gemacht werden. Und das ist der Zustand, in dem wir uns heute befinden. Ehe wir also auferstehen und lebendig gemacht werden, erfahren wir schon heute in unserem Leben, zum Teil, etwas von dieser zukünftigen Gottestat. Das geübte Auge sieht hier sofort eine Sprachfigur. Was heute an uns geschieht, gleicht nur in eineigen Zügen unserer zukünftigen Auferstehung und Lebendigmachung. Dieser Sieg ist uns wohl in die Hand gegeben und geschenkt, wartet aber darauf, von uns nach jeder Seite hin ausgenützt zu werden, zu unserem Vorteil und zur Ehre des Herrn.

Ein Lebendiggemachtsein hat ja jedes Gotteskind in der Vergangenheit schon erlebt, und zwar bei dem Übergang von dem Tod des Unglaubens in das Leben des Glaubens. Hier redet aber Gottes Wort von einer Lebendigmachung als einer fortgesetzten Handlung in unserem Leben. Einst waren wir tot in den Kränkungen und der Vorhaut unseres Fleisches (Kol 3:13). Damals war es jedem unmöglich, sich von dem feineren oder gröberen Sündendienst zu lösen, weil das Gesetz der Sünde in den Gliedern eine unumschränkte Herrschaft ausübte. Aber nun, nachdem mGottes Geist in uns Wohnung genommen hat, wurde unser Geist mit der Auferstehungskraft Christi erfüllt, so dass wir mit unseren Gliedern, von den feinen, intellektuellen des Herzens bis zu den werktätigen Händen und Füßen, nicht mehr der Sünde gehorchen müssen, sondern mehr und mehr brauchbare Werkzeuge im Dienste Seiner Gerechtigkeit werden und sein können.

Dieser Stand ist nun nicht schon sofort fertig, sondern will geübt und gelernt sein, und hier findet nun die Auferstehungskraft Christi in unserem Leben ein Gebiet, auf dem sie sich fortgesetzt be tätigen kann, um Wandel und Dienst für Christus zunehmend vollkommener zu gestalten.

Diese mit göttlicher Kraft erfüllten Lehren sehen wir an unserem großen Apostel praktisch und vollkommen vorgelebt, mit glühender Liebe und Inbrunst zu seinem Herrn. Man wird ergriffen ob eines solchen Lebens, das sich ganz für Christus einsetzt, um zu dem höchsten erreichbaren Ziel zu gelangen; denn es ist klar, dass, wer wie der Apostel auf diesem vorgezeichneten Weg vorwärts schreitet, hinauf auf lichte Glaubenshöhen gelangt.

Ein Gläubiger, der die Kreuzigung seines „Ich“ und damit auch die fortlaufenden Auferstehungen vernachlässigt, muss sich eigentlich vor Weltmenschen schämen, die noch etwas auf Tugend halten. Auch dieser, zwar immer kleiner werdenden Schar von Menschen schwebt so etwas wie Kreuzigung des alten Menschen und Auferstehungsleben vor: Sie können etwa sagen: „Ich bin aus mir herausgefahren und muss mich das nächste Mal besser zusammennehmen“, damit bekennend, dass das Herausgebrauste in ihnen hätte bleiben sollen. Instinktiv fühlen sie, dass so etwas unschicklich ist. Sie suchen nun, diesem Mangel mit manchen menschlichen Mitteln abzuhelfen, so mit Büchern über den guten Ton oder Charakter-Bildung. Was darin auch Gutes gesagt sein mag, ein Gläubiger hat es nicht nötig, solche Literatur zur Befruchtung seines Lebens zu lesen. Die kurze Ermahnung zum Kreuzigen des eigenen „Ich“ mit seinen Lüsten und Begierden zeitig Schicklichkeit und edle Umgangsformen unendlich viel besser als menschlich gutgemeinte Anweisungen, die übrigens ein Appell an die eigene Kraft sind und ihr Aufgaben stellen, für die sie nicht im entferntesten hinreichend ist.

Es ist hier jedoch nicht zu übersehen, dass selbst bei Ungläubigen der eigene Wille Erstaunliches zu vollbringen vermag. Ein Mensch, der denselben aufs äußerste anstrengt, kann sogar von Gebundenheiten frei werden. Aber das ist dann nur eine Veredlung des Fleisches, welches in Wirklichkeit ans Kreuz gehört. Es sind Taten, die dem Flug des Adlers gleichen, der sich wohl über die Erde zu erheben vermag, aber doch immer wieder auf sie herabsteigen muss. Aber der Gläubige wirkt an seiner Freiheit in der Auferstehungskraft Christi mit und steht so mit dem Auferstandenen droben in lebensvoller Verbindung.

Menschen mit ihrem immer im Vordergrund stehenden „Ich“ sind abstoßennd. Um wieviel mehr Gläubige, die noch im Eigenleben verharren! Solche aber, die bewusst und mit Absicht und Wachsamkeit ihr stets nach vorn strebendes Eigenwesen im Tode halten und eine wahre und aufrichtige Herzensdemut pflegen, haben etwas Anziehendes an sich und verbreiten in ihrer Umgebung eine wohltuende geistliche Atmosphäre; um mit Paulus zu reden: einen Duft des Lebens zum Leben (2Kor 2:16).

Würde nun beim Gläubigwerden jeder Hang zum Sündigen aus uns herausgenommen, so bestünde infolge des einmaligen und radikalen Aktes der Sündenertötung praktisch in uns keine Möglichkeit mehr für eine weitere Darstellung des Sieges Christi in unserem irdischen Leben. Um aber den Ruhm Seiner Gnade auf ein Höchstmaß zu bringen, hat es Gott in Seiner Weisheit so eingerichtet, dass die Möglichkeit des Sündigenkönnens, durch Begierde und Lust, weiter in uns bestehen bleibt. Deshalb darf der Gläubige, der aufrichtig und willig in diesen Kampf eintritt und denselben wachsam und gesetzmäßig kämpft, eine ununterbrochene, sich über sein ganzes Erdenleben hinziehende Reihe von Siegen Seiner Gnade zum Ausdruck bringen. Auf diese Weise erhält die Macht der Sünde und, zu einem Teil Satan selbst, nicht nur einen einmaligen Schlag, sondern beider Bemühungen und Angriffe sind von dauernden Niederlagen gekennzeichnet. Wenn dies auch nicht immer im Einzelleben so ist, so erfährt es doch die Gemeinde als Ganzes, als Beweis des immer kraftvoll bleibenden Sieges Christi. Aber auch um unserer Bewährung willen ist dieser Zustand notwendig. Aufgrund desselben vermag uns Gott fortwährend zu erproben, ob wir wirklich mit ganzem Ernst unseres Rettung auswirken, und uns selbst bieten sich damit gar köstliche Gelegenheiten, Treue und Gehorsam Ihm gegenüber öffentlich und im Verborgenen zu beweisen.

Durch die zukünftige Auferstehung werden wir dann Körper erhalten, die gänzlich ihrer Macht enthoben sind, und unser Dienst für Christus wird ein ganz vollkommener sein. Dann werden wir die lebensbringende Gnade unzählbaren himmlischen Wesen hemmungslos verkündigen. Insofern wir das heute schon ausüben, nicht mehr der Sünde und dem Widerwirker, sondern dem Herrn dienend, uns Seiner oder eines Zeugnisses von Ihm in einer toten Welt nicht schämend, ist das eine Lebendigmachung unseres sterbenden Körpers, und wir erleben jedesmal eine bildliche Auferstehung, denn wir tun genau das, was nach der Auferstehung, in der Herrlichkeit, unser Beruf sein wird.

Aufstehen oder auferstehen bedeutet buchstäblich, sich aus einer sitzenden oder liegenden Stellung zu erheben. „Ausauferstehen“ ist aber noch um einen köstlichen Zug reicher, denn es verbindet damit den Gedanken an ein Dahintenlassen dessen, was zurückbleibt. Wie Christus nach Seiner Kreuzigung aus den Toten auferstand, sich aus ihnen erhob und sie zurückließ, so folgt auch jedesmal nach Kreuzigung des alten Menschen ein S ich-Erheben aus irgendeinem Todeszustand. Weil nun Gott in der heutigen Verwaltung nach dem Vorsatz der Gnade wirkt und nur die ruft, die Er auserwählt und vorherbestimmt hat als Glieder am Körper des Christus, und unzählige Menschen um uns und neben uns als bildlich Tote in einem Todeszustand verharren, so ist jede Wirkung der Kraft Seiner Auferstehung in unserem Leben eine Ausauferstehung aus den Toten.

Paulus ist uns darin das herrlichste und erhabenste Vorbild. Obwohl er sich mit Christus am Kreuz mit gekreuzigt und mit gestorben wusste, praktizierte er diesen Tod jeden Tag. „Täglich sterbe ich“ so bekennt er 1Kor 15:31. Die positive Auswirkung dieses Todes war eine fortlaufende Auferstehung. Fortgesetzt berichtet er von diesem Vorgang. So vermochten ihn die Beleidigungen, Verfolgungen und Schmähungen nicht in den Tod der Lieblosigkeit und des Hasses zu legen (1Kor 4:12). Er überwindet das Üble mit Gutem, und das ist Ausauferstehung. Auch im Philipperbrief wird sie von ihm praktisch dargestellt (Phil 1:15-18).

Die Liebe ist vor allem anderen das Kennzeichen eines wahren Auferstehungslebens. Der Glaube wird einmal ins Schauen übergehen und die Erwartung durch die Erfüllung abgelöst werden, aber die Liebe ist und bleibt auch droben dieselbe (1Kor 13:13) Das Jagen und streben nach der Liebe, um in ihr immer vollkommener zu werden, ist daher einer der besten und empfehlenswertesten Wege, um zu der Ausauferstehung aus den Toten zu gelangen.

Es ist eine durchgehende einheitliche Wahrheit, dass die hier unten zu erlangende Vollkommenheit zum größten Teil von der sich betätigenden Liebe abhängt. Feindesliebe kommt der göttlichen Vollkommenheit am nächsten (Mt 5:43-48). Auch die Liebe, die aus der Lindigkeit herauswächst, schreitet au diesem Pfade (Mt 19:21; Phil 4:5). Der alles überragende Weg der Vollkommenheit ist die Liebe (Kol 3:14). Vervollständigt zu werden zur gesamten Vervollständigung Gottes geschieht durch das Erkennen der alle Erkenntnis übersteigenden Liebe des Christus (Eph 3:18-19).

Die in starker Zunahme begriffene Selbstsucht unserer Tage (2Tim 3:2) führt mehr und mehr zum Erkalten und Absterben der Liebe. Inmitten dieses Todes die Lebensfackel der Liebe unentwegt hochzuhalten und in einer lieblosen Welt stets nach dem Gebot der Liebe zu handeln und zu wandeln, das sind im wahrsten Sinne des Wortes Ausauferstehungen aus den Toten.

Wir können wohl sagen, dass das Leben des Apostels aus einer lückenlosen Kette von Auferstehungen bestand. Er eilte von der einen zur anderen und wurde ein Duft aus dem Leben zum Leben (2Kor 2:16). Er besaß genügend Einblick in sein Leben, um zu erkennen, dass sein rastloses Schreiten auf diesem Weg nicht ein Kreislauf war, sondern ein Vorwärts-Eilen, das ihn stets näher einem Ziel entgegenführte. Und dies war kein anderes als der Vollkommenheitszustand seines Auferstehungskörpers. So wie ein Gläubiger, der in irgendeiner Sünde weiterlebt, sich mehr und mehr von diesem erhabenen Ziel entfernt, so kam ihm der Apostel, im Gegensatz hierzu, immer näher.

Röm 8:11 führt Paulus in das Wesen des Auferstehungslebens ein, ohne jedoch zu zeigen, wohin der Endlauf desselben führt. Aber Phil 3:11 sehen wir ihn noch einen Schritt weiter gehen. Wie ein mutiger Bergsteiger, der es unternommen, den höchsten Gipfel zu erklimmen, und nun nach verschiedenen Wegetappen vor der letzten steht, die ihn zu dem erwünschten Ziel bringen soll, findet sich Paulus nach seinem beispiellosen Auferstehungsleben ganz nahe am Ziel. Und nun tut er kund, was dabei sein Innerstes erfüllt und welch großer Aufgabe seine letzte Lebensetappe noch gewidmet sein soll. Nicht einen greisen, durch die vielen Kämpfe müde gewordenen, auf dem Siege seines großen „Gestern“ ausruhenden und einer verderblichen Selbstbewunderung hingegebenen Apostel erblicken unsere Augen, noch bietet er das trübe Bild eines Vergrämten, der infolge schmählicher Behandlung, sogar von Seiten Gläubiger nun seine letzten Tage im Gefängnis verbittert und untätig verbringt, sondern als ein im Kampf erstarkter und in der göttlichen Auferstehungskraft rastlos vorwärts Eilender steht er fest entschlossen vor uns, bereit zum kühnsten Glaubensunternehmen, nämlich seinen Wandel und Dienst für Christus - die wichtigsten Tätigkeiten seines sterblichen und sterbenden Körpers - an die Norm des zukünftigen Körpers der Herrlichkeit hinan zubringen. Die Umwandlung des Körpers seiner Erniedrigung, die Christus durch die Auferstehung allein vollbringen wird (Phil 3:21), wartet er nicht tatenlos ab, sondern schon in diesem Leben wirkt er in der Auferstehungskraft Christi darauf hin, dass sein inwendiger Mensch mehr und mehr in das Bild Christi umgestaltet werde. Sein Leben für Gott sollte so makellos werden wie dasjenige Christi, welches Er droben in der Herrlichkeit für Gott lebt (Röm 610-11). Paulus will einfach als Sterbender schon jetzt hinein in den Bereich seines kommenden Auferstehungslebens gelangen. Diese tiefe Wahrheit wird durch den genauen Wortlaut dieser Stelle im Urtext, so wie derselbe auch in der konkordanten Übersetzung wiedergegeben wird, in auffallender Weise bestätigt. Dort heißt es: „... gelangte hinein zu der Ausauferstehung.“ Das kleine „h“ vor dem „zu“ zeigt das an.

Um nun dieses hohe Ziel zu beschreiben, sagt der Apostel nicht einfach: „Ich will vollkommen werden“, sondern seine Ausdrucksweise ist dieser uns gezeigten Höhe ebenbürtig. In der edlen und hochentwickelten Form geistlicher Sprache kleidet er seinen Wunsch in eine äußerst kühne Sprachfigur, mit der bestimmten Voraussetzung, dass es jeder geistlich gerichtete und in Sprachfiguren bewanderte Leser auch also verstehen wird.

Als Einzelbetrachtung, aus dem Zusammenhang gelöst, könnte es fraglich erscheinen, ob man einen solchen klaren Ausspruch wie den von der Ausauferstehung als Gleichnis auffassen dürfe. Zieht man aber ihren weiteren Umkreis in Betracht, so muss diese Auslegung mit Leichtigkeit als die allein richtige erkannt werden. Schon ,it der „Gleichgestaltung Seinem Tode“ hat Paulus den Boden bildlicher Rede betreten. Er will sterben, bevor er wirklich stirbt, in einen Tod eingehen vor seinem eigentlichen Tod. Er verfolgt damit die bestimmte Absicht, aufgrund dieses Sterbens zu einer Auferstehung zu gelangen. Wie passend und folgerichtig, ja sogar unumgänglich notwendig ist es doch, wenn er von diesem bildlichen Tod zu einer bildlichen Auferstehung übergeht. Eine buchstäbliche Auferstehung an dieser Stelle gliche einer einsamen, geheimnisvollen und unbetretbaren Insel im weiten Ozean. Paulus will in diesem Abschnitt auch gar nicht von dem reden, was er nach dem Tode erwartet, sondern was er im Leben erreichen will.Um nun das Ziel jenes Strebens nach der höchsten Vollkommenheit bildlich zu beschreiben, eignet sich in der Tat nichts so gut, als jene Gottestat, die uns in das, nach jeder Seite vollkommene, zukünftige Leben einführen wird „Die Ausauferstehung aus den Toten“. Verstehen wir es außerdem, nur die in dieses Bild passenden Züge zu sehen und alles andere, zu der Auferstehung Gehörendem draußen zu lassen, so wird uns dieser Ausspruch in einem Licht erstehen, welches die in der Schrift waltende göttliche Weisheit hell aufstrahlen lässt. Welch eine Würdigung! So könnten wir ausrufen, dass Gott in einer so hochedlen und nur für Vollkommene passenden Sprache zu uns redet!

Das übereinstimmende Zeugnis des Römerbriefes

Zu dieser schon so vielseitigen Beweisführung enthält nun der Römerbrief noch einen wertvollen Beitrag. Paulus nimmt in Phil 3 eine Anzahl wichtigster Wahrheiten aus Röm 1-8 auf und entwickelt dieselben auf eriner höheren Glaubensstufe weiter, und zwar in derselben Reihenfolge, wie sie im Römerbrief behandelt werden. Diese Übereinstimmung erlaubt die Herstellung einer Parallele, die auf ihre Art eine bildliche Auferstehung in Phil 3:11 bestätigt.

Brief an die Römer: Brief an die Philipper:
Röm 2 Phil 3:1-8 Die Beschneidung der Vorhaut.
Röm 2:3 Phil 3:6.b Die Gerechtigkeit aus dem Gesetz.
Röm 3:21ff. Phil 3:9 Die Gerechtigkeit aus Gott, aufgrund des Glaubens
Röm 5:3; Röm 8:17 Phil 3:10 Die Gemeinschaft Seiner Leiden.
Röm 6:3.5a Phil 3:10 Die bildliche(n) Gleichgestaltung(en) Seinem Tode.
Röm 6:4.5b; Röm 8:11 Phil 3:11 Die bildliche(n) Gleichgestaltung(en) der Auferstehung
Rö 8:23 Phil 3:21 Die zukünftige Auferstehung
Röm 8:29 Phil 3:21 Die zukünftige Gleichgestaltung dem Körper Seiner Herrlichkeit.


Mit dieser Aufstellung wird das Wachstum des Wortes Gottes bis zu seiner Vervollständigung (Kol 1:25) anschaulich gezeigt. Die typischen Wahrheiten des Römerbriefes werden hier an die Vollkommenheit angepasst und in einem fortgeschrittenen Lehrgang dargeboten. Wichtig ist dabei zu sehen, dass der Geist Gottes dieselbe Reihenfolge beibehalten hat, und diese Übereinstimmung zeigt die Ausauferstehung an ihrem ihr zugewiesenen Platz fest eingefügt. Sie lässt sich gar nicht anders deuten als die höhere Stufe von Röm 6:4.5b, nämlich als eine bis zur Vollkommenheit gebrachte, bildliche Gleichgestaltung der Auferstehung. Der Versuch, hier eine buchstäbliche Auferstehung einfügen zu wollen, hieße ja, den ebenmäßigen und auf sicherem Gleichgewicht ruhenden Aufbau gewaltsam zerstören.

Beide Briefe bringen übereinstimmend diese Wahrheiten von der Auferstehung zuerst bildlich und erst dann buchstäblich und dulden unter keinen Umständen weder eine Umstellung noch eine Verschiebung derselben, viel weniger die Einführung einer ganz neuen Auferstehung. Eine solche müsste uns ja wie ein von seiner Umgebung abgestoßener Fremdkörper vorkommen.

Wir haben hier wieder ein treffliches Beispiel dafür, dass eine Wahrheit, isoliert für sich betrachtet, sehr oft ihrem wahren Wesen nach gar nicht erkannt werden kann. So wie eine elektrische Stromverbindung nichts zu erhellen vermag, bevor nicht die vielen Stromverbindungen richtig und fachmännisch gelegt sind, so leuchtet auch ein tiefes Schriftwort erst dann in seinem vollen Lichte auf, wenn seine Zusammenhänge mit den ihm verwandten Aussagen gefunden und in Anwendung gebracht sind. Darauf gehen die Lostrennungen von irrigen Folgerungen über irgendeine Schriftstelle mühe- und zwanglos vor sich, und wo einem die wahre Erkenntnis eines göttlichen Ausspruchs geschenkt wurde, muss man sich nur wundern, dass man seine wahre Bedeutung so lange übersehen konnte. Das vorliegende Thema ist ein Musterbeispiel dafür und für die Behandlung ähnlicher Fälle wegweisend und richtungsgebend.

Lies weiter:
4. Die praktische Anwendung der bildlichen Ausauferstehung