Daniels Wort zur christlichen Zeitwende

Aus Bibelwissen
Version vom 23. Dezember 2020, 19:14 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (Tipps zum Forschen im prophetischen Wort)

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Abschrift des Buches: Zeitenwende
Eine Bibelhilfe aus dem Danielbuch

Verfasser: Georg Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach)
Verlag: Wilhelm Fehrholz Baden-Baden (1947)

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Inhaltsverzeichnis
Einführung
I. Die Wende zur Zeit Daniels
II. Das Vorbildliche an der Haltung Daniels
III. Die Prophetie Daniels

In Bearbeitung

III. Die Prophetie Daniels Fortsetzung

3. Daniels Wort zur christlichen Zeitwende

Die Veranlassung dazu

Seither war die Rede, in welchem Maß die dem Daniel in seinen Gesichten gewährte Weissagung die späteren Zeitwend e n und namentlich d i e große Zeit e n wende vor dem Kommen des Gottesreichs beleuchtet. E i n e s seiner Gesichte war noch nicht berührt, nämlich das im 9. Kapitel. Ob das nicht in besonderem Maß wichtig ist, weil es nämlich die Zeit des Neuen Testaments und weiter den letzten Abschnitt der Endzeit beleuchtet? Es war schon früher davon die rede, dass sich dieses Kapitel an das große Bußgebet Daniels anschließt, das ihn bewegte, als gerade die Zeit des babylonischen Reiches zu Ende gegangen und das medo-persische Reich an seine Stelle getreten war. Da legte sich ihm die Frage nahe, ob mit dem Ende Babels für sein Volk auch das Ende des Gerichts Gottes gekommen sei, durch welches die babylonische Gefangenschaft über sein Volk verhängt worden war. War nun Israels Schuld getilgt? Fing nun Gott mit seinem Volk neu an ? War nun für sein Volk die Zeit der v o l l e n Erlösung angebrochen? Daniel hat die Schriften der früheren Propheten gekannt. Es ist wohl möglich, dass ihm auch das 40. Kapitel des Jesajabuches (Jes 40) bekannt war, das im Blick auf das Ende der Gefangenschaft das schwer gezüchtigte Gottesvolk tröstete und ihm sagte seine Missetat sei ihm nun vergeben und die Zeit der Herrlichkeit Gottes sei im Begriff anzubrechen. Gerade an diesem Wendepunkt der Geschichte Israels kam dem Daniel noch einmal die ganze lange Kette der Versündigungen seines Volkes zu Bewusstsein, und er flehte um deren endgültige Vergebung.*

Anmerkung 34:

Die Frage der Jünger Apostelgeschichte 1
* Apg 1 enthält eine ganz merkwürdige Parallele zu der Frage, die Daniel damals bewegte, da berichtet Lukas eine Frage der Jünger an den auferstandenen Herrn, als derselbe sie kurz vor seiner Himmelfahrt zum letzten mal zusammengerufen hatte. Wenige Wochen vorher war die bis dahin schwerste Versündigung Israels geschehen, nämlich die Ausstoßung seines Königs und dessen Überantwortung an die Völkerwelt zum Zweck der schmählichen und qualvollen Kreuzigung. Aber Gott hatte zur Kreuzigung Jesu die Auferweckung gefügt, und die Jünger wussten schon aus früheren Worten des Auferstandenen, dass das die Nichtanrechnung der schweren Versündigung bedeutete. Was hatte Gott nun mit Israel vor? Bedeutete dies die Erlösung des Volkes Gottes auch von der Unterstellung unter die Weltmacht, der es seit Daniels Zeit unterworfen war mit Ausnahme der Zeit des makkabäischen Königtums? Bedeutete dies die Wiedereinsetzung Israels in seine bevorzugte Sonderstellung innerhalb der Menschheit? Aus diesen Erwägungen heraus muss die Frage der Jünger an den auferstandenen und zur Himmelfahrt sich anschickenden Herrn verstanden werden: „Herr, wirst du in der jetzt anhebenden Zeit dem Israel seine Vormachtstellung wieder zurückgeben?“ Das war keine Frage der N e u g i e r , wie es oft aufgefasst wird, die dann durch die Antwort Jesu eine Z u r e c h t w e i s u n g erfahren hätte, wie man es der üblichen Übersetzung der Antwort des Herrn glaubt entnehmen zu können und zu müssen: „es g e b ü h r t euch nicht, zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater seiner Macht vorbehalten hat.“ Der griechische Urtext lässt eine andere Übersetzung geradeso zu, die mit Umschreibung folgendermaßen geformt werde kann: „Ihr lieben Jünger, mit solchen Fragen müsst ihr euch jetzt in diesem Augenblick nicht beschäftigen.“ S o verstanden enthält die Antwort des Herrn geradezu eine B e s t ä t i g u n g des Gedankens, welche der Frage der Jünger zugrunde lag.
„Die Zeit e i n schnitte und Zeit a b schnitte (für die Wiedereinsetzung Israels in seine Sonderstellung und für seinen Sonderberuf) stehen bereits vor Gotte Auge. Nur hat er sie sich vorbehalten und wird sie zu s e i n e r Zeit verwirklichen. Was i h r zu tun habt, das ist nur das eine, dass ihr nach dem Empfang des Heiligen Geistes meinen Königsnamen bezeugt, zuerst in Jerusalem und im ganzen Heiligen Lande, dann abae bis ans Ende der Erde. Das ist e u r e Aufgabe. Und meines V a t e r s Aufgabe ist es, Israel zur gegebenen Zeit in seine ihm zugedachte bevorrechtete Dienststellung wieder einzusetzen.“ - In diesem Sinne verstanden, liegt die Antwort des scheidenden Herrn auf der gleichen Linie wie das Wort des Apostels Paulus (Röm 11) über die Wiederannahme und neue Indienststellung des alten Gottesvolkes im Reich Gottes auf Erden. Nur dass, als Paulus den Römerbrief schieb, die Geschichte Israels seit der Himmelfahrt seines Königs ein wichtiges und ernste Stück weitergeschritten war. Inzwischen hatte der erhöhte Herr durch seine Apostel dem Volk Israel im Angebot des Evangeliums die Friedenshand gereicht. Aber der Hauptteil Israels hatte die Hand zurückgewiesen, ja war in den Kampf gegen das Evangelium und damit auch gegen die Boten Jesu und den Herrn selber eingetreten. Das h a t der Herr bei der weiter oben besprochenen Frage der Jünger vor seiner Himmelfahrt schon g e w u s s t . Aber diese schmerzhafte und betrübliche Wirklichkeit hat der damals seinen Jüngern noch nicht kundtun wollen, um ihnen ihre nächste Arbeit nicht im voraus zu erschweren. Andeutungen in dieser Richtung hatte er ihnen früher schon öfter gemacht, besonders deutlich bei der großen Abrechnung mit den Führern des Volkes am Dienstag vor seiner Kreuzigung (Mt 23:34). Aber solche Andeutungen waren den Jüngern in den frohen Tagen, da sich ihnen der Herr nach seiner Auferstehung lebendig zeigte, nicht mehr gegenwärtig. Sie hofften nun für ihr Volk das Beste. Warum hätte der Herr damals ihre Freude und Zuversicht dämpfen sollen? Darum hat er sie nur schrittweise in die schmerzhafte Erkenntnis vom z w e i t e n Fall ihres Volkes hineingeleitet. Das Wunderbare ist nun, dass auch die n e u e Versündigung Israels zur Zeit der A p o s t e l den Heilsplan Gottes mit seinem Volk nicht aufgehoben hat. Und d a s war es, was der Apostel Paulus, früher selber ein erbitterter Gegener des Herrn und seiner Gemeinde, in Röm 11 aus der Schrift heraus durch den Geist Gottes bezeugt hat: „Gottes Gaben und Berufung mögen ihn nicht gereuen“ (Röm 11:29). Gerade solche Einblicke in die Pläne und Wege Gottes durch alle menschliche Schuld h i n d u r c h können Mut machen, wenn das Wissen um p e r s ö n l i c h e Schuld das Gewissen beschwert, den glaubenden Aufblick hemmt und die Hoffnung zu schmälern droht.

Bei jenen Fragen war Daniel eine Weissagung Jeremias von großem Wert, nämlich die Weissagung der 70 Jahre (Jer 25:11 und Jer 29:10). Es ist wohl möglich, dass der genannte Zeitraum eine dreifache Beziehung hat: zur Dauer der Herrschaft Babels, der Gefangenschaft Israels und des Wüstliegens des Tempels. Die Herrschaft Babels, vom Anfang der Regierungszeit Nebukadnezars an gerechnet, hat einen Zeitraum von dieser Länge ausgefüllt. Die Dauer der Gefangenschaft scheint auf den ersten Anblick kürzer zu sein, weil die Wegführung des Volkes erst etwa 20 Jahr später erfolgt ist. Aber ein T e i l des Volkes wurde ja schon geraume Zeit vor dem Fall Jerusalems weggeführt, so Daniel selber und n ach ihm diejenigen, an welche Jeremia jenen Brief nach Babel geschickt hat, von dem in Jer 29 die Rede ist. Damals war der Hauptteil Israels noch nicht weggeführt, und trotzdem ist von den genannten 70 Jahren schon in diesem Brief die Rede. Merkwürdig ist weiter, dass die Dauer der Verödung des Tempels ebenfalls etwa 70 Jahre lag gewährt hat. Zwar begann der Bau des neuen Tempels bald nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft. Aber der Weiterführung und Vollendung des Tempels stellten sich solche Hindernisse in den Weg, dass er erst annähernd 20 Jahre später fertig wurde.

Um nun noch einmal auf die dem Bußgebet Daniels zugrunde liegenden Fragen zu kommen: die 70 Jahre der Herrschaft Babels waren zu Ende gegangen. Babels Herrschaft bestand tatsächlich nicht mehr. Durfte nun auch das Volk wieder heim? Und wollte Gott wieder auf dem heiligen Berge inmitten seines Volkes wohnen? Die Antwort, die Daniel zuteil wurde, hat die Weissagung Jeremias nicht umgestoßen, aber erweitert. Gleichzeitig hat sie die Hoffnung Daniels auf ein r a s c h e s Eintreten der e i g e n t l i c h e n Erlösung Israels korrigiert.*

Anmerkung 35:

Tipps zum Forschen im prophetischen Wort
* Was Daniel damals getan und erlebt hat, ist ein feiner Wink auch für uns, zumal im Drang der Zeiten. Von e i g e n e n Gedanken und Vermutungen, wie man die Zeit verstehen müsse und was man der Zukunft an Erwartungen und Befürchtungen entgegenzubringen habe, ist die Zeit übervoll. Und wie rasch wechseln die Gedanken und Meinungen! Wie jäh geht Hoffnung über in Angst und wird die Angst dann wieder abgelöst von neuen Hoffnungen! Im Unterschied davon sei auf e in Wort aus dem zweiten Petrusbrief hingewiesen (2Petr 1:19): „Wir haben desto fester das prophetische Wort, und ihr tut wohl, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint in einem dunklen Ort.“ Dementsprechend täte heutzutage mehr denn je ernsthafte Beschäftigung mit dem prophetischen Wort des Alten und Neuen Testaments not. Das wäre ein heilsames Gegengewicht gegenüber den e i g e n e n Gedanken, Vermutungen, Hoffnungen und Befürchtungen. und gegenüber dem, was die ö f f e n t l i c h e M e i n u n g und die jeweils herrschenden Z e i t s t r ö m u n g e n dem einzelnen zutragen. Es darf vielleicht gesagt werden dass unserem Volke in den letzten schmerzvollen 1 1/2 Jahrzehnten seiner Geschichte viele irrige Gedanken und Hoffungen erspart geblieben wären, wenn es im prophetischen Wort mehr zu Haus gewesen wäre. -
Das war ja an dem Beispiel Daniels ebenfalls ersichtlich, dass das prophetische Wort das ernste Fragen und Forschen n i c h t erspart. Es muss v e r s t a n d e n werden und bedarf zu diesem Zwecke des anhaltenden und sorgsamen Lesens und Überdenkens und der Aneignung unter der Leitung des Geistes Gottes. Den meisten, die sich mit dem prophetischen Wort zu beschäftigen beginnen, erscheint es zuerst als seltsam und vielfach unglaubwürdig. Aber auch in diesem Stück, was nämlich das Verständnis und die Aneignung dieses Wortes betrifft, wird der Satz gelten (Spr 2:7): „Den Aufrichtigen lässt es der Herr gelingen.“ Auf e i n e n Punkt sei noch besonders hingewiesen, und zwar gerade im Blick auf das, was Daniel am Wort Jeremias erlebt hat: es ist gut, aufgeschlossen zu sein für die K o r r e k t u r der eigenen Gedanken, selbst wenn diese sich mit dem prophetischen Wort beschäftigen. Nicht nur dieses Wort s e l b e r kam durch den Heiligen Geist zustande, sondern auch das V e r s t ä n d n i s und die A u s l e g u n g des prophetischen Wortes bedarf der Leitung durch den Heiligen Geist. Das steht ebenfalls in der genannten Stelle des 2. Petrusbriefs (2Petr 1:20). Der Heilige Geist ist es, der in alle Wahrheit leitet (Joh 16:13)., nicht nur in e i n z e l n e Wahrheiten, sondern auch in die Wahrheit als G a n z e s. Nur dass die Einführung in die Wahrheit nicht zur Befriedigung der Wissbegier begehrt werden soll, sondern um das Leben dieser Wahrheit entsprechend zu gestalten.
Was bei der a n f ä n g l i c h e n Beschäftigung mit dem prophetischen Wort noch unverstanden blieb, das möge getrost zunächst auf der Seite gelassen werden. Zu seiner Zeit wird schon der Augenblick kommen, wo ein zunächst unverstandene Wort plötzlich zu leuchten beginnt. Eine nicht unwichtige Regel ist die, dass an die einzelnen Stücke des prophetischen Wortes im G e s a m t rahmen desselben verstehen lerne und auch dieses wieder als einen Teil des Schrift g a n z e n erkenne. Gerade der Blick auf das Schrift g a n z e kann vor Verzerrungen und Einseitigkeiten und vor Ü b e r betonung einzelner Schriftwahrheiten bewahren.

Korrektur der Erwartung Daniels

Es sei zuerst von der Korrektur der Gedanken die Rede, die Daniel wohl bewegten im Gedanken an die weitere Zukunft Israels nach dem Zuendegehen der babylonischen Oberherrschaft. Er hat wohl gehofft, dass nach Vergebung der großen Schuld nicht nur das G e r i c h t über Israel zu Ende sei, sondern dass nun auch Gottes Gedanken mit seinem Volk zu V o l l e n d u n g kämen. Da wurde ihm nun gezeigt, dass die Zeit hierfür noch nicht gekommen sei. Zwar durfte er noch erleben, dass das Volk die Heimkehrerlaubnis erhielt. Vielleicht hat er auch vor seinem Lebensende noch Kunde bekommen vom Beginn des neuen Tempelbaus. Aber Jerusalem selber war damit noch nicht zu seiner früheren Höhe zurückgekehrt, und eine neue Blütezeit des Gottesvolkes war noch nicht zustande gekommen. Es wurde ihm nun gesagt, dass einmal der Befehl zum Neuaufbau der Stadt unter gesicherten Verhältnissen werde gegeben werden. damit sei dann der Anfang gemacht für Gottes weiteres Werk an seinem Volk. Wieviel Zeit bis zum Erlass dieses Befehles verstreichen werde, das erfuhr er noch nicht.*

Anmerkung 36:

Geschichtliche Leerläufe
  • Das ist überhaupt ein Kennzeichen des prophetischen Wortes, dass es zwar die G r u n d l a g e des göttlichen Plans mit der Welt und dessen E n d z i e l bezeugt, aber über viele E i n z e l h e i t e n und über die Zeiträume b i s zur Vollendung des Plans Gottes nur w e n i g Auskunft gibt. Dass es von dieser Regel auch A u s n a h m e n gibt, wird aus 9 und 11 ersichtlich. Namentlich Zeiten, die für das Reich Gottes mehr oder minder belanglos sind, werden sowohl in der biblischen Geschichtsdarstellung wie auch im prophetischen Wort übergangen oder nur kurz berührt. Das können sogar solche Zeiten sein, die der weltlichen (profanen) Geschichtsdarstellung als sehr wichtig erscheinen. Aber was vor Menschen glänzt, das kann vor Gottes Augen ganze geringwertig sein. Dagegen Dinge und Ereignisse, über welche der menschliche Blick rasch weggeht, können in Gottes Plan bestimmende Bedeutung haben auf Jahrhunderte hinaus.


Die Jahrwochen
Anmerkung 37: Die Textschwierigkeit Dan 9 und ihre Lösung
Die e r s t e Heilswoche Israels zur Zeit Jesu
4. Daniel Wort zur l e t z t e n Stunden (innerhalb Anm. 37)
Wiederholung der Heilswoche Israels bei Abschluss
Die große Trübsal
Anmerkung 38: Unterschied zwischen Trübsalen und der g r o ß e n Trübsal
Die Auswahl
Anmerkung 39: Geschichtliches dazu
5. Ausblicke Daniels auf das Reich Gottes auf E r d e n
Anmerkung 40: Was heißt „H i m m e l“ reich?
Anmerkung 41: Der „Menschensohn“
Anmerkung 42: Gemeinde Jesu, Kirchen und Reich Gottes
Israels Herrscherstellung im Zeichen des D i e n s t e s
Anmerkung 43: Das Gericht und der Richter
6. Blicke Daniels in die n e u e Zeit
Anmerkung 44: Der letzte Ausblick des P a u l u s
Anmerkung 45: Der Blick a u f wärts und v o r wärts
Vorläufiges Schlusswort
Der Dienst der Prophetie
Die Gegenwart als Zeitenwende