Daniels Wort zur christlichen Zeitwende: Unterschied zwischen den Versionen

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(Die Textschwierigkeit Dan 9 und ihre Lösung)
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: ''Zu ihrem Ziel und damit zu ihrem richtigen Abschluss wäre die Israel gewährte Heilswoche  in d e m Fall gekommen, wenn Israel in diesem zweiten Teil seiner Heilswoche als G a n z e s oder wenigstens  in seinem H a u p t t e i l  sich seinem König unterstellt und damit unter dessen Leitung in seinen eigentlichen Beruf eingetreten wäre, der Segensvermittler an die Völkerwelt zu werden, entsprechend der Stiftungsurkunde i 1Mo 12:3. Dazu ist es aber leider n i c h t gekommen.''
 
: ''Zu ihrem Ziel und damit zu ihrem richtigen Abschluss wäre die Israel gewährte Heilswoche  in d e m Fall gekommen, wenn Israel in diesem zweiten Teil seiner Heilswoche als G a n z e s oder wenigstens  in seinem H a u p t t e i l  sich seinem König unterstellt und damit unter dessen Leitung in seinen eigentlichen Beruf eingetreten wäre, der Segensvermittler an die Völkerwelt zu werden, entsprechend der Stiftungsurkunde i 1Mo 12:3. Dazu ist es aber leider n i c h t gekommen.''
  
: Bis zu einem gewissen Grad mag es als müßig erscheinen, sich darüber Gedanken zu machen, wie wie einem bewussten Eintritt Israels in seinen göttlichen Beruf das Heilswerk Gottes in der Zeit weitergegangen wäre. Aber g a n z abwegig ist es nicht, darüber nachzudenken. So ist es beispielsweise auch nicht unnütz, wenn ein zum Glauben Gekommener sich darüber klar wird, in welchen Bahnen sein früheres Leben verlaufen wäre, wenn er b e i z e i t e n  zugegriffen hätte. Zwar kann ein solches Nachdenken die verlorene Zeit nicht wiederbringen; aber noch hintendrein kann es die Buße vertiefen, wenn erkannt wird, zu welcher Mühe und  zu welche Umwegen der Herr gezwungen worden ist durch ein längeres oder gar langes Abweichen von seiner Bahn. Nun ist es zwar richtig, dass Gott auch das W i d e r s t r e b e n Israels zur Zeit der A p o s t e l von vornherein in seinen Heilsplan mit eingerechnet hat. Aber ein gewisser Einblick, wie Gottes Werk hätte verlaufen können, w e n n Israel zugegriffen hätte, ist doch möglich und heilsam.  Der Satz wird nicht zu gewagt sein, dass die ganze Völkergeschichte der letzten zwei Jahrtausende in a n d e r e n Bahnen verlaufen wäre. V i e l l e i c h t wäre dann schon damals die Wiederkunft Jesu erfolgt, so dass ein bekehrtes Israel als G a n z e s die Gegenwart seines Königs hätte erleben dürfen, wie vorher nur der kleine J ü n g e r k r e i s in den 40 Tagen zwischen Auferstehung und Himmelfahrt. In ähnlicher Weise hätte der Erhöhte auch s e i n e m Volk nahetreten und ihm unmittelbare Weisungen für die Missionsarbeit geben und es auf allerlei Weise befähigen und ausrüsten können. Es wäre aber ebenso denkbar,
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: ''Bis zu einem gewissen Grad mag es als müßig erscheinen, sich darüber Gedanken zu machen, wie wie einem bewussten Eintritt Israels in seinen göttlichen Beruf das Heilswerk Gottes in der Zeit weitergegangen wäre. Aber g a n z abwegig ist es nicht, darüber nachzudenken. So ist es beispielsweise auch nicht unnütz, wenn ein zum Glauben Gekommener sich darüber klar wird, in welchen Bahnen sein früheres Leben verlaufen wäre, wenn er b e i z e i t e n  zugegriffen hätte. Zwar kann ein solches Nachdenken die verlorene Zeit nicht wiederbringen; aber noch hintendrein kann es die Buße vertiefen, wenn erkannt wird, zu welcher Mühe und  zu welche Umwegen der Herr gezwungen worden ist durch ein längeres oder gar langes Abweichen von seiner Bahn. Nun ist es zwar richtig, dass Gott auch das W i d e r s t r e b e n Israels zur Zeit der A p o s t e l von vornherein in seinen Heilsplan mit eingerechnet hat. Aber ein gewisser Einblick, wie Gottes Werk hätte verlaufen können, w e n n Israel zugegriffen hätte, ist doch möglich und heilsam.  Der Satz wird nicht zu gewagt sein, dass die ganze Völkergeschichte der letzten zwei Jahrtausende in a n d e r e n Bahnen verlaufen wäre. V i e l l e i c h t wäre dann schon damals die Wiederkunft Jesu erfolgt, so dass ein bekehrtes Israel als G a n z e s die Gegenwart seines Königs hätte erleben dürfen, wie vorher nur der kleine J ü n g e r k r e i s in den 40 Tagen zwischen Auferstehung und Himmelfahrt. In ähnlicher Weise hätte der Erhöhte auch s e i n e m Volk nahetreten und ihm unmittelbare Weisungen für die Missionsarbeit geben und es auf allerlei Weise befähigen und ausrüsten können. Es wäre aber ebenso denkbar, dass die Wiederkunft des Herrn zwar damals noch nicht erfolgt wäre, dass aber ein G a n z israel  unter Christi Führung und in seiner Kraft die Evangelisation der Welt hätte übernehmen und hinausführen dürfen, bis die Zeit gekommen wäre zur Aufrichtung des Reiches Gottes auf Erden durch den wiederkommenden Herrn.''
  
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: ''Tatsächlich ist ja a n d e r s gegangen. Aber auch so ist die Evangelisation der Welt wenigstens durch e i n e n Vertreter des a l t e n Gottesvolkes eingeleitet worden, nämlich durch Saulus-Paulus, dem vom erhöhten Herrn ein Riesenmaß  von Arbeit und Leiden auf die Schultern gelegt worden ist. Durch ihn ist die junge v ö l k e r christliche Gemeinde Jesu entstanden. Nach dem Tode ihre Begründers hat sie leider ihren Gang durch die Welt mehr oder minder a l l e i n gehen müssen. Mitberaten ist sie ja noch worden durch mindestens zwei Männer aus dem alten Apostelkreis,nämlich durch Petrus und Johannes. Aber der w e i t e r e Gang der heidenchristlichen Gemeinde inmitten der Völker war schwer. Den sie war noch nicht genügend gewappnet gegen die Einflüsse aus der heidnischen Umwelt. Deshalb war es auch gar nicht verwunderlich, dass in den Jahrhunderten seither allerlei Einflüsse und Strömungen in den v ö l k e r christlichen Kirchen um sich gegriffen und zu Verunreinigungen und Verkrümmungen geführt haben, die ihnen vielleicht erspart geblieben wären, wenn sie die Leitung durch eine erfahrene große Gemeinde aus Israel nicht hätten entbehren müssen.’'
  
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Version vom 25. Dezember 2020, 19:25 Uhr

Abschrift des Buches: Zeitenwende
Eine Bibelhilfe aus dem Danielbuch

Verfasser: Georg Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach)
Verlag: Wilhelm Fehrholz Baden-Baden (1947)

Siehe weitere interessante Bücher unter: Abschriften

Inhaltsverzeichnis
Einführung
I. Die Wende zur Zeit Daniels
II. Das Vorbildliche an der Haltung Daniels
III. Die Prophetie Daniels

In Bearbeitung

III. Die Prophetie Daniels Fortsetzung

3. Daniels Wort zur christlichen Zeitwende

Die Veranlassung dazu

Seither war die Rede, in welchem Maß die dem Daniel in seinen Gesichten gewährte Weissagung die späteren Zeitwend e n und namentlich d i e große Zeit e n wende vor dem Kommen des Gottesreichs beleuchtet. E i n e s seiner Gesichte war noch nicht berührt, nämlich das im 9. Kapitel. Ob das nicht in besonderem Maß wichtig ist, weil es nämlich die Zeit des Neuen Testaments und weiter den letzten Abschnitt der Endzeit beleuchtet? Es war schon früher davon die rede, dass sich dieses Kapitel an das große Bußgebet Daniels anschließt, das ihn bewegte, als gerade die Zeit des babylonischen Reiches zu Ende gegangen und das medo-persische Reich an seine Stelle getreten war. Da legte sich ihm die Frage nahe, ob mit dem Ende Babels für sein Volk auch das Ende des Gerichts Gottes gekommen sei, durch welches die babylonische Gefangenschaft über sein Volk verhängt worden war. War nun Israels Schuld getilgt? Fing nun Gott mit seinem Volk neu an ? War nun für sein Volk die Zeit der v o l l e n Erlösung angebrochen? Daniel hat die Schriften der früheren Propheten gekannt. Es ist wohl möglich, dass ihm auch das 40. Kapitel des Jesajabuches (Jes 40) bekannt war, das im Blick auf das Ende der Gefangenschaft das schwer gezüchtigte Gottesvolk tröstete und ihm sagte seine Missetat sei ihm nun vergeben und die Zeit der Herrlichkeit Gottes sei im Begriff anzubrechen. Gerade an diesem Wendepunkt der Geschichte Israels kam dem Daniel noch einmal die ganze lange Kette der Versündigungen seines Volkes zu Bewusstsein, und er flehte um deren endgültige Vergebung.*

Anmerkung 34:

Die Frage der Jünger Apostelgeschichte 1
* Apg 1 enthält eine ganz merkwürdige Parallele zu der Frage, die Daniel damals bewegte, da berichtet Lukas eine Frage der Jünger an den auferstandenen Herrn, als derselbe sie kurz vor seiner Himmelfahrt zum letzten mal zusammengerufen hatte. Wenige Wochen vorher war die bis dahin schwerste Versündigung Israels geschehen, nämlich die Ausstoßung seines Königs und dessen Überantwortung an die Völkerwelt zum Zweck der schmählichen und qualvollen Kreuzigung. Aber Gott hatte zur Kreuzigung Jesu die Auferweckung gefügt, und die Jünger wussten schon aus früheren Worten des Auferstandenen, dass das die Nichtanrechnung der schweren Versündigung bedeutete. Was hatte Gott nun mit Israel vor? Bedeutete dies die Erlösung des Volkes Gottes auch von der Unterstellung unter die Weltmacht, der es seit Daniels Zeit unterworfen war mit Ausnahme der Zeit des makkabäischen Königtums? Bedeutete dies die Wiedereinsetzung Israels in seine bevorzugte Sonderstellung innerhalb der Menschheit? Aus diesen Erwägungen heraus muss die Frage der Jünger an den auferstandenen und zur Himmelfahrt sich anschickenden Herrn verstanden werden: „Herr, wirst du in der jetzt anhebenden Zeit dem Israel seine Vormachtstellung wieder zurückgeben?“ Das war keine Frage der N e u g i e r , wie es oft aufgefasst wird, die dann durch die Antwort Jesu eine Z u r e c h t w e i s u n g erfahren hätte, wie man es der üblichen Übersetzung der Antwort des Herrn glaubt entnehmen zu können und zu müssen: „es g e b ü h r t euch nicht, zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater seiner Macht vorbehalten hat.“ Der griechische Urtext lässt eine andere Übersetzung geradeso zu, die mit Umschreibung folgendermaßen geformt werde kann: „Ihr lieben Jünger, mit solchen Fragen müsst ihr euch jetzt in diesem Augenblick nicht beschäftigen.“ S o verstanden enthält die Antwort des Herrn geradezu eine B e s t ä t i g u n g des Gedankens, welche der Frage der Jünger zugrunde lag.
„Die Zeit e i n schnitte und Zeit a b schnitte (für die Wiedereinsetzung Israels in seine Sonderstellung und für seinen Sonderberuf) stehen bereits vor Gotte Auge. Nur hat er sie sich vorbehalten und wird sie zu s e i n e r Zeit verwirklichen. Was i h r zu tun habt, das ist nur das eine, dass ihr nach dem Empfang des Heiligen Geistes meinen Königsnamen bezeugt, zuerst in Jerusalem und im ganzen Heiligen Lande, dann abae bis ans Ende der Erde. Das ist e u r e Aufgabe. Und meines V a t e r s Aufgabe ist es, Israel zur gegebenen Zeit in seine ihm zugedachte bevorrechtete Dienststellung wieder einzusetzen.“ - In diesem Sinne verstanden, liegt die Antwort des scheidenden Herrn auf der gleichen Linie wie das Wort des Apostels Paulus (Röm 11) über die Wiederannahme und neue Indienststellung des alten Gottesvolkes im Reich Gottes auf Erden. Nur dass, als Paulus den Römerbrief schieb, die Geschichte Israels seit der Himmelfahrt seines Königs ein wichtiges und ernste Stück weitergeschritten war. Inzwischen hatte der erhöhte Herr durch seine Apostel dem Volk Israel im Angebot des Evangeliums die Friedenshand gereicht. Aber der Hauptteil Israels hatte die Hand zurückgewiesen, ja war in den Kampf gegen das Evangelium und damit auch gegen die Boten Jesu und den Herrn selber eingetreten. Das h a t der Herr bei der weiter oben besprochenen Frage der Jünger vor seiner Himmelfahrt schon g e w u s s t . Aber diese schmerzhafte und betrübliche Wirklichkeit hat der damals seinen Jüngern noch nicht kundtun wollen, um ihnen ihre nächste Arbeit nicht im voraus zu erschweren. Andeutungen in dieser Richtung hatte er ihnen früher schon öfter gemacht, besonders deutlich bei der großen Abrechnung mit den Führern des Volkes am Dienstag vor seiner Kreuzigung (Mt 23:34). Aber solche Andeutungen waren den Jüngern in den frohen Tagen, da sich ihnen der Herr nach seiner Auferstehung lebendig zeigte, nicht mehr gegenwärtig. Sie hofften nun für ihr Volk das Beste. Warum hätte der Herr damals ihre Freude und Zuversicht dämpfen sollen? Darum hat er sie nur schrittweise in die schmerzhafte Erkenntnis vom z w e i t e n Fall ihres Volkes hineingeleitet. Das Wunderbare ist nun, dass auch die n e u e Versündigung Israels zur Zeit der A p o s t e l den Heilsplan Gottes mit seinem Volk nicht aufgehoben hat. Und d a s war es, was der Apostel Paulus, früher selber ein erbitterter Gegener des Herrn und seiner Gemeinde, in Röm 11 aus der Schrift heraus durch den Geist Gottes bezeugt hat: „Gottes Gaben und Berufung mögen ihn nicht gereuen“ (Röm 11:29). Gerade solche Einblicke in die Pläne und Wege Gottes durch alle menschliche Schuld h i n d u r c h können Mut machen, wenn das Wissen um p e r s ö n l i c h e Schuld das Gewissen beschwert, den glaubenden Aufblick hemmt und die Hoffnung zu schmälern droht.

Bei jenen Fragen war Daniel eine Weissagung Jeremias von großem Wert, nämlich die Weissagung der 70 Jahre (Jer 25:11 und Jer 29:10). Es ist wohl möglich, dass der genannte Zeitraum eine dreifache Beziehung hat: zur Dauer der Herrschaft Babels, der Gefangenschaft Israels und des Wüstliegens des Tempels. Die Herrschaft Babels, vom Anfang der Regierungszeit Nebukadnezars an gerechnet, hat einen Zeitraum von dieser Länge ausgefüllt. Die Dauer der Gefangenschaft scheint auf den ersten Anblick kürzer zu sein, weil die Wegführung des Volkes erst etwa 20 Jahr später erfolgt ist. Aber ein T e i l des Volkes wurde ja schon geraume Zeit vor dem Fall Jerusalems weggeführt, so Daniel selber und n ach ihm diejenigen, an welche Jeremia jenen Brief nach Babel geschickt hat, von dem in Jer 29 die Rede ist. Damals war der Hauptteil Israels noch nicht weggeführt, und trotzdem ist von den genannten 70 Jahren schon in diesem Brief die Rede. Merkwürdig ist weiter, dass die Dauer der Verödung des Tempels ebenfalls etwa 70 Jahre lag gewährt hat. Zwar begann der Bau des neuen Tempels bald nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft. Aber der Weiterführung und Vollendung des Tempels stellten sich solche Hindernisse in den Weg, dass er erst annähernd 20 Jahre später fertig wurde.

Um nun noch einmal auf die dem Bußgebet Daniels zugrunde liegenden Fragen zu kommen: die 70 Jahre der Herrschaft Babels waren zu Ende gegangen. Babels Herrschaft bestand tatsächlich nicht mehr. Durfte nun auch das Volk wieder heim? Und wollte Gott wieder auf dem heiligen Berge inmitten seines Volkes wohnen? Die Antwort, die Daniel zuteil wurde, hat die Weissagung Jeremias nicht umgestoßen, aber erweitert. Gleichzeitig hat sie die Hoffnung Daniels auf ein r a s c h e s Eintreten der e i g e n t l i c h e n Erlösung Israels korrigiert.*

Anmerkung 35:

Tipps zum Forschen im prophetischen Wort
* Was Daniel damals getan und erlebt hat, ist ein feiner Wink auch für uns, zumal im Drang der Zeiten. Von e i g e n e n Gedanken und Vermutungen, wie man die Zeit verstehen müsse und was man der Zukunft an Erwartungen und Befürchtungen entgegenzubringen habe, ist die Zeit übervoll. Und wie rasch wechseln die Gedanken und Meinungen! Wie jäh geht Hoffnung über in Angst und wird die Angst dann wieder abgelöst von neuen Hoffnungen! Im Unterschied davon sei auf e in Wort aus dem zweiten Petrusbrief hingewiesen (2Petr 1:19): „Wir haben desto fester das prophetische Wort, und ihr tut wohl, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint in einem dunklen Ort.“ Dementsprechend täte heutzutage mehr denn je ernsthafte Beschäftigung mit dem prophetischen Wort des Alten und Neuen Testaments not. Das wäre ein heilsames Gegengewicht gegenüber den e i g e n e n Gedanken, Vermutungen, Hoffnungen und Befürchtungen. und gegenüber dem, was die ö f f e n t l i c h e M e i n u n g und die jeweils herrschenden Z e i t s t r ö m u n g e n dem einzelnen zutragen. Es darf vielleicht gesagt werden dass unserem Volke in den letzten schmerzvollen 1 1/2 Jahrzehnten seiner Geschichte viele irrige Gedanken und Hoffungen erspart geblieben wären, wenn es im prophetischen Wort mehr zu Haus gewesen wäre. -
Das war ja an dem Beispiel Daniels ebenfalls ersichtlich, dass das prophetische Wort das ernste Fragen und Forschen n i c h t erspart. Es muss v e r s t a n d e n werden und bedarf zu diesem Zwecke des anhaltenden und sorgsamen Lesens und Überdenkens und der Aneignung unter der Leitung des Geistes Gottes. Den meisten, die sich mit dem prophetischen Wort zu beschäftigen beginnen, erscheint es zuerst als seltsam und vielfach unglaubwürdig. Aber auch in diesem Stück, was nämlich das Verständnis und die Aneignung dieses Wortes betrifft, wird der Satz gelten (Spr 2:7): „Den Aufrichtigen lässt es der Herr gelingen.“ Auf e i n e n Punkt sei noch besonders hingewiesen, und zwar gerade im Blick auf das, was Daniel am Wort Jeremias erlebt hat: es ist gut, aufgeschlossen zu sein für die K o r r e k t u r der eigenen Gedanken, selbst wenn diese sich mit dem prophetischen Wort beschäftigen. Nicht nur dieses Wort s e l b e r kam durch den Heiligen Geist zustande, sondern auch das V e r s t ä n d n i s und die A u s l e g u n g des prophetischen Wortes bedarf der Leitung durch den Heiligen Geist. Das steht ebenfalls in der genannten Stelle des 2. Petrusbriefs (2Petr 1:20). Der Heilige Geist ist es, der in alle Wahrheit leitet (Joh 16:13)., nicht nur in e i n z e l n e Wahrheiten, sondern auch in die Wahrheit als G a n z e s. Nur dass die Einführung in die Wahrheit nicht zur Befriedigung der Wissbegier begehrt werden soll, sondern um das Leben dieser Wahrheit entsprechend zu gestalten.
Was bei der a n f ä n g l i c h e n Beschäftigung mit dem prophetischen Wort noch unverstanden blieb, das möge getrost zunächst auf der Seite gelassen werden. Zu seiner Zeit wird schon der Augenblick kommen, wo ein zunächst unverstandene Wort plötzlich zu leuchten beginnt. Eine nicht unwichtige Regel ist die, dass an die einzelnen Stücke des prophetischen Wortes im G e s a m t rahmen desselben verstehen lerne und auch dieses wieder als einen Teil des Schrift g a n z e n erkenne. Gerade der Blick auf das Schrift g a n z e kann vor Verzerrungen und Einseitigkeiten und vor Ü b e r betonung einzelner Schriftwahrheiten bewahren.

Korrektur der Erwartung Daniels

Es sei zuerst von der Korrektur der Gedanken die Rede, die Daniel wohl bewegten im Gedanken an die weitere Zukunft Israels nach dem Zuendegehen der babylonischen Oberherrschaft. Er hat wohl gehofft, dass nach Vergebung der großen Schuld nicht nur das G e r i c h t über Israel zu Ende sei, sondern dass nun auch Gottes Gedanken mit seinem Volk zu V o l l e n d u n g kämen. Da wurde ihm nun gezeigt, dass die Zeit hierfür noch nicht gekommen sei. Zwar durfte er noch erleben, dass das Volk die Heimkehrerlaubnis erhielt. Vielleicht hat er auch vor seinem Lebensende noch Kunde bekommen vom Beginn des neuen Tempelbaus. Aber Jerusalem selber war damit noch nicht zu seiner früheren Höhe zurückgekehrt, und eine neue Blütezeit des Gottesvolkes war noch nicht zustande gekommen. Es wurde ihm nun gesagt, dass einmal der Befehl zum Neuaufbau der Stadt unter gesicherten Verhältnissen werde gegeben werden. damit sei dann der Anfang gemacht für Gottes weiteres Werk an seinem Volk. Wieviel Zeit bis zum Erlass dieses Befehles verstreichen werde, das erfuhr er noch nicht.*

Anmerkung 36:

Geschichtliche Leerläufe
* Das ist überhaupt ein Kennzeichen des prophetischen Wortes, dass es zwar die G r u n d l a g e des göttlichen Plans mit der Welt und dessen E n d z i e l bezeugt, aber über viele E i n z e l h e i t e n und über die Zeiträume b i s zur Vollendung des Plans Gottes nur w e n i g Auskunft gibt. Dass es von dieser Regel auch A u s n a h m e n gibt, wird aus Dan 9 und Dan 11 ersichtlich. Namentlich Zeiten, die für das Reich Gottes mehr oder minder belanglos sind, werden sowohl in der biblischen Geschichtsdarstellung wie auch im prophetischen Wort übergangen oder nur kurz berührt. Das können sogar solche Zeiten sein, die der weltlichen (profanen) Geschichtsdarstellung als sehr wichtig erscheinen. Aber was vor Menschen glänzt, das kann vor Gottes Augen ganze geringwertig sein. Dagegen Dinge und Ereignisse, über welche der menschliche Blick rasch weggeht, können in Gottes Plan bestimmende Bedeutung haben auf Jahrhunderte hinaus. Ein Beispiel dieser Art: was das Kommen Christi in die Welt und sein Sterben am Kreuz für Zeit und Ewigkeit bedeutet, das ist in der Schift in aller A u s f ü h r l i c h k e i t dargestellt. Dagegen im Geschichtswerk eines hervorragenden römischen Geschichtsschreiber (Tacitus) ist es nur ganz n e b e n b e i bei einem bestimmten Anlass erwähnt, nämlich an der Stelle, wo er von der Christenverfolgung in Rom unter Kaiser Nero berichtet. Und auch diese kurzer Erwähnung geschieht anscheinend mit wegwerfender Geringschätzung. Wie würde wohl das Urteil Gottes über die glänzende neuzeitliche Kulturentwicklung mit den raffinierten Mitteln der Technik lauten? Eine kurze Antwort darauf git Jes 2:11ff. Umgekehrt: was war die Keimzelle für einen wesentlichen Teil der europäischen Geschichte der letzten Jahrhunderte? Eine Klosterelle der Augustiner in Erfurt!

Die Jahrwochen

Im Anschluss an diesen neuen ihm selbst noch unbekannten Ausgangspunkt des weiteren Werkes Gottes an seinem Volk wurde ihm nun gezeigt, dass das weissagende Wort Jeremias von den 70 Jahren sich in neuer Form wiederholen werde, und zwar nicht wieder in Gestalt eines Zeitraums von 70 E i n z e l jahren, sondern von 70 „S i e b e n heiten“, die man „J a h r w o c h e n“ zu nennen pflegt, also in einem Zeitraum von 70 x 7= 490 Jahren. dieser ganze Zeit r a u m wurde ihm in drei ungleiche Zeit a b s c h n i t t e von 7 + 62 + 1 Jahrwochen zerlegt, deren Höhepunkt das letzte Wochenjahr darstellt. Die ersten beiden Zeitabschnitte würden noch von kümmerlichen und gedrückten Verhältnissen ausgefüllt sein; doch werde innerhalb derselben die Wiederherstellung der äußeren Verhältnisse des Gottesvolks zustande kommen, In die letzte Jahrwoche werde die Erlösung Israels fallen denn n a c h den 69 Wochen werde der Messiaskönig erscheinen. Da werde das Maß der Sünde vollwerden; aber gleichzeitig werde die Sünde versöhnt und ein „Heiligtum der Heiligtümer“ gestiftet werden. In dieser Zeit komme die Weissagung in Erfüllung.

Trotzdem bringe auch diese Jahrwoche die vollen Erlösung noch nicht zustande, denn der Messias werde ausgerottet werden und danach Stadt und Land durch das Heer eines fremden Fürsten wie mit einer großen Flut verwüstet werden, und diese Verwüstung werde bestehen bleiben bis zur Endzeit.*

Anmerkung 37:

Die Textschwierigkeit Dan 9 und ihre Lösung
* Der T e x t der Weissagung, die oben wiederzugeben versucht wurde bis auf das Schlussstück, das oben noch nicht näher beschrieben wurde, ist sehr schwer festzustellen. Ob eine Verstümmelung des ursprünglichen Wortlauts vorliegt, wie nicht wenige meinen, lässt sich freilich nicht mit Bestimmtheit sagen. Es ist wohl möglich, dass die Schwierigkeiten der Übersetzung nicht nur durch den Text bedingt sind, sondern mit unserem mangelnden Verständnis der Weissagung zusammenhängen. Dass es eine griechische Übersetzung des alten Testamens noch aus der vorchristlichen Zeit gibt, wurde bereits an anderer Stelle erwähnt. Man nennt sie die Septuaginta. Es gibt auch Übersetzungen der hebräischen Bibel in das Griechische aus späterer Zeit; so liegt eine griechische Übersetzung des Danielbuchs durch einen Mann namens Theodotion vor, dem an einer möglichst genauen Übersetzung des hebräischen Urtextes gelegen war Die genannten Übersetzungen sind eine wesentliche Hilfe zum Verständnis des schwierigen hebräischen Urtextes.
Aber ganz wird ein volles Verständnis jener Weissagung in Dan 9 mit rein s p r a c h l i c h e n Mitteln schwer erreicht werden können. Vielleicht bietet der G e s c h i c h t s verlauf ei Hilfsmittel zur Aufhellung und Überbrückung der genannten sprachlichen Schwierigkeiten jener wichtigen Schriftstelle. In dem Teil der Schriftstelle, der weiter oben im Text noch nicht wiedergegeben war, ist die Rede von der Mitte der letzten Woche. In Bezug auf die letztere ist vom Aufhören des Opfers die Rede und vom „Gräuel der Verwüstung“, ebenso von einer Stärkung des Bundes für viele in der letzten Jahrwoche. Im folgenden wird nun der Versuch gemacht, diese wenigen undschwierigen prophetischen Andeutungen im Licht des Geschichtsverlaufs und umgekehrt von der so verstandenen Weissagung aus die Bedeutung des Geschichtsverlaufs neu zu erfassen. Sehr wichtig ist es, dass auch der Herr Jesus in seiner Ölbergrede am letzten Dienstag vor seiner Kreuzigung, die von den letzten Dingen handelt, auf diese Weissagung Daniels Bezug genommen hat und dass sie ebenso in der Offb 11 und Offb 12 wieder aufgenommen worden ist. Beide Bezeugungen geben ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Danielschen Weissagung. Es sei noch darauf hingewiesen, dass die im folgenden versuchte Auslegung nicht neu ist. Sie ist in ihren Hauptzügen bereits im alten Calwer und im großen Dächselschen Bibelwerk enthalten.’'
Beide Bibelwerke stammen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, bzw. aus der Zeit kurz danach. In jener Zeit sind treffliche biblische Arbeiten entstanden, die leider in der folgenden Zeit mehr oder minder in Vergessenheit geraden sind und an die die bibelforschung erst wieder neu anknüpfen muss. In Bezug auf Danniel sei aus jener Zeit ein treffliches Buch des Basler Theologen Auberlen genannt, der die Geschichten und Weissagungen Daniels ganz aus der Zeit der babylonischen Gefangenschaft heraus erklärt und außerdem die Beziehungen zwischen dem Danielbuch und der Offenbarung des Johannes eingehend bespricht. Es hat den Titel: Der Prophet Daniel und die Offenbarung Johannis
Wenn man nach der Verwirklichung der genannten Danielischen Weissagung ausschaut, dann entsteht die Frage: ist der in der Weissagung genannte Befehl zur Wiedererbauung und Festigung der Stadt Jerusalem und zur Neugründung der dortigen Gemeinde e r g a n g e nm, und w a n n war das der Fall? Darüber geben die beiden Bücher Esra und Nehemia Auskunft. Das Buch Esra berichtet zuerst von den ungemein schwierigen, fast verzweifelten Zeiten des neuen Anfangs Israels nach der babylonischen Gefangenschaft. Zwar wurde der Tempel schließlich fertiggestellt. Aber das Volk litt unter der fortwährenden Bedrohung durch die heidnische und halbheidnisch Umgebung. Unter diesen Umständen griff eine gewisse Gleichgültigkeit ein, die auf die Reinerhaltung des israelitischen Volkstums wenig Wert mehr legte. Ob Israel unter diesen Umständen auf die Dauer als Gottesvolk und als Wurzelboden des kommenden Gottesreichs hätte weiter existieren können, ist fraglich. Und trotzdem kam ein Neuanfang zustande unter Esra, einemSchriftgelehrten aus der in Babylonien zurückgebliebenen Judenschaft, den der persische Großkönig Artaxerxes im siebten Jahr seiner Regierung mit ausgedehnten königlichen Vollmachten auf seine Bitte hin nach Jerusalem entsandte. Sei Werk wurde durch Nehemia vollendet, den jüdischen Mundschenken des gleichen Königs, den der letztere ebenfalls auf seine Bitte hin, um 20. Jahr seiner Regierung als Statthalter nach Jerusalem entsandte. Beide Männer führten das Geneigtwerden des Königs für Jerusalem auf die „gute Hand“ Gottes zurück. Sie haben das Werk tatkräftig angefasst und das Volk mit großem Ernst auf die Bahn des Gesetzes Gottes zurückgebracht. Nehemia ist es gelungen, die Mauern um Jerusalem auszubauen. Das letztere geschah zum Teil mit dem Schwert in der Hand. So wurde Stadt und Volk auf eine neue Grundlage gestellt. ie Bahn war eröffnet, die, allerdings unter kümmerlichen Verhältnissen, hinüberführte zu der Zeit, da der Sohn Gottes gliedmäßig in sein Volk einging, als dessen von Gott bestimmter König.’'
Der Beginn der Regierung des genannten Perserkönigs Artaxerxes wird von der Geschichtsschreibung auf das Jahr 465 vor unserer Zeitrechnung festgesetzt. Sei siebtes Regierungsjahr, in welchem er Esra mit königlichen Vollmachten nach Jerusalem entsandte, fällt dementsprechend etwa auf das Jahr 458 vor unserer Zeitrechnung. Rechnet man von diesem Jahr 69 Jahrwochen, d. h. 483 Jahre weiter,m dann kommt am auf das Jahr 25 nach unserer Zeitrechnung. Eine eingehende Überlegung macht es wahrscheinlich, dass das ungefähr das Jahr gewesen ist, wo mit dem Auftreten Johannes des Täufers die Jahrwoche der Erlösung für Israel und für die Welt angebrochen ist.
Inwiefern man zu dieser Berechnung berechtigt ist, das mögen einige Tatsachen aufzeigen. Nach Lk 3:23 begann Jesus sein Heilandswirken unter seinem Volk im Alter von etwa 30 Jahren. Wenn man nun unsere heutige Zeitrechnung für richtig hält, dann müsste ma annehmen, dass seine Tätigkeit unter seinem Volk erst etwa mit dem Jahr 30 nach Beginn derselben anfange. Unsere Zeitrechnung ist erst mehrere Jahrhunderte nach Christi Geburt von einem geschichtskundigen Mönch durch Rückwärtsrechnung aufgestellt worden. Das war eine große Leistung. Aber genaue Nachprüfungen haben ergeben, dass Christi Geburt etwa fünf Jahre früher war. Herodes der Große ist beispielsweise im Jahr 4 v o r unserer Zeitrechnung gestorben. Der Tag von Bethlehem ist dementsprechend etwa auf das Jahr 5 vor unserer Zeitrechnung anzusetzen. Rechnet man von dort 30 Jahre weiter, dann kommt man ungefähr auf das Jahr 25 nach Christi Geburt.
Ungefähr auf diese Zeit kommt man noch von einer anderen Erwägung aus. An seinem ersten Berufsostern hat Jesus den Tempel in Jerusalem gereinigt (Joh 2). Im Zusammenhang damit ist von den Führern des Volkes ausgesprochen worden: An diesem Tempel ist schon 46 Jahre gebaut worden; und der will ihn in drei Tagen wieder aufbauen! Nun lässt sich zeigen, dass Herodes der Große den Bau des dritten Tempels, der zur Zeit Jesu stand, obwohl an ihm in einzeln Teilen immer noch weitergebaut wurde, etwa im Jahr 20 vor unserer Zeitrechnung begonnen hat 446 Jahre nachher führt annähern auf die gleiche Zeit.
Diese Berechnung der Zeit des öffentlichen Auftretens Jesu wird durch zwei andere Zahlenangaben wenigstens nicht als unrichtig erwiesen. Lukas hat im dritten Kapitel seines Evangeliums als Jahr des Auftretens des T ä u f e r s J o h a n n e s das 15. Jahr des Kaisers Tiberius genannt. Der letztere war der Nachfolger des Augustus, dessen Todesjahr in das Jahr 14 nach Christi Geburt fällt. Aber Tiberius war in den letzten Lebensjahren des Kaisers Augustus bereits dessen Mitregent, wie schon in Anmerkung 25 erwähnt wurde Es ist wahrscheinlich, dass in der Zählung der Regierungsjahre die Zeit der M i t regentschaft eingerechnet ist. Ist es so, dann wäre die Angabe des Lukas kein Widerspruch gegen die Annahme, dass der Herr um das Jahr 25 öffentlich aufgetreten sei. Lukas sagt weiter an der vorhin genannten stelle, dass damals Pontius Pilatus das Amt des Statthalters innehatte. Dieser hat sein Amt von 26 - 36 geführt.
Wenn man diese Zeitangaben überdenkt, dann ist es eigenartig, dass tatsächlich Israels Heilswoche ziemlich genau 69 Jahrwochen nach Beginn des Neuaufbaus von Stadt und Land unter Esra und Nehemia angefangen hat. Es sei übrigens ausdrücklich bemerkt, dass es nicht ratsam ist, auf die kleinsten Kleinigkeiten in der Zeitrechnung und beim Vergleich zwischen Erfüllung und Weissagung z u großen Wert zu legen. Selbst wenn eine Verschiebung um ein oder zwei Jahre nötig wäre, ist die Zusammenstimmung zwischen der Weissagung und ihrer Erfüllung noch groß genug. Völlig ausgeschlossen ist es auch nicht, dass kleine Unterschiede in den Jahreszahlen von der Zeitberechnung der Geschehnisse der Weltgeschichte herrührt, die nicht selten auf komplizierten Schlüssen beruht.

Die e r s t e Heilswoche Israels zur Zeit Jesu

Im Vorstehenden war öfters von Israels Heilswoche die Rede. Die begann nicht erst mit dem Auftreten J e s u, sondern bereits mit der Bußpredigt des J o h a n n e s. Die letztere wird in Mk 1:1 ausdrücklich der A n f a n g des Evangeliums genannt. Johannes und Jesus gehören unauflöslich zusammen. Wie lange hat wohl die Wirksamkeit der beiden Männer gewährt? Verschiedene Auslegungen, die hier im einzelnen nicht dargelegt werden können, machen es wahrscheinlich, dass zwischen dem vorhin genannten e r s t e n Berufsostern Jesu in Jerusalem und seinem T o d e s ostern nicht nur zwei, sondern drei Jahre liegen. Zwischen Jesu Taufe durch Johannes und dem i Joh 2 genannten Ostern mag annähernd ein Vierteljahr vergangen sein. Aber der Taufe Jesu ging eine Wirksamkeit des Täufers schon v o r a u s ; wohl keine z u lange, weil Jesus durch das Auftreten des Täufers veranlasst worden ist, die Taufe zu begehren. Damit sind einige Anhaltspunkte dafür gegeben, die Zeit zwischen dem Auftreten des Täufers und Jesu erstem Berufsostern in Jerusalem auf etwa ein halben Jahr anzusetzen. Betehen diese Zeitsetzungen zurecht, dann fällt die Kreuzigung des Herrn gerade in die Mitte von Israels Heilswoche. Da wurde, um mit Worten Daniels zu reden, der Messiaskönig ausgerottet. Da wurde Israels Versündigung zu gleicher Weise voll u n d versöhnt. Da kamen die Weissagungen zur Erfüllung, da kam das „Heiligtum der Heiligtümer“ zustande, während gleichzeitig der Vorhang im Tempel zerriss als Zeichen, dass die Zeit des a l t e n Heiligtums zu Ende ging. Jenes Zerreißen war übrigens nicht nur ein Gerichtszeichen, sondern - wie die ganze Passion Jesu - zugleich ein Zeichen der Gnade, dass nun das Allerheiligste in der oberen Welt nicht mehr verschlossen, sondern für den Blick und Zugang offen sei. Gerade aus diesem Grunde ging mit der Kreuzigung des Königs die Heilswoche Israels noch nicht zu Ende, sondern fand eine gnädige Weiterführung und Ausfüllung durch das n e u e Angebot des Evangeliums an das erstberufene Volk in Jerusalem eine nicht kleine Gemeinde Jesu entstanden. Und auf diese Weise ist Jerusalem zur Wieg der ganzen Christenheit geworden.
Zu ihrem Ziel und damit zu ihrem richtigen Abschluss wäre die Israel gewährte Heilswoche in d e m Fall gekommen, wenn Israel in diesem zweiten Teil seiner Heilswoche als G a n z e s oder wenigstens in seinem H a u p t t e i l sich seinem König unterstellt und damit unter dessen Leitung in seinen eigentlichen Beruf eingetreten wäre, der Segensvermittler an die Völkerwelt zu werden, entsprechend der Stiftungsurkunde i 1Mo 12:3. Dazu ist es aber leider n i c h t gekommen.
Bis zu einem gewissen Grad mag es als müßig erscheinen, sich darüber Gedanken zu machen, wie wie einem bewussten Eintritt Israels in seinen göttlichen Beruf das Heilswerk Gottes in der Zeit weitergegangen wäre. Aber g a n z abwegig ist es nicht, darüber nachzudenken. So ist es beispielsweise auch nicht unnütz, wenn ein zum Glauben Gekommener sich darüber klar wird, in welchen Bahnen sein früheres Leben verlaufen wäre, wenn er b e i z e i t e n zugegriffen hätte. Zwar kann ein solches Nachdenken die verlorene Zeit nicht wiederbringen; aber noch hintendrein kann es die Buße vertiefen, wenn erkannt wird, zu welcher Mühe und zu welche Umwegen der Herr gezwungen worden ist durch ein längeres oder gar langes Abweichen von seiner Bahn. Nun ist es zwar richtig, dass Gott auch das W i d e r s t r e b e n Israels zur Zeit der A p o s t e l von vornherein in seinen Heilsplan mit eingerechnet hat. Aber ein gewisser Einblick, wie Gottes Werk hätte verlaufen können, w e n n Israel zugegriffen hätte, ist doch möglich und heilsam. Der Satz wird nicht zu gewagt sein, dass die ganze Völkergeschichte der letzten zwei Jahrtausende in a n d e r e n Bahnen verlaufen wäre. V i e l l e i c h t wäre dann schon damals die Wiederkunft Jesu erfolgt, so dass ein bekehrtes Israel als G a n z e s die Gegenwart seines Königs hätte erleben dürfen, wie vorher nur der kleine J ü n g e r k r e i s in den 40 Tagen zwischen Auferstehung und Himmelfahrt. In ähnlicher Weise hätte der Erhöhte auch s e i n e m Volk nahetreten und ihm unmittelbare Weisungen für die Missionsarbeit geben und es auf allerlei Weise befähigen und ausrüsten können. Es wäre aber ebenso denkbar, dass die Wiederkunft des Herrn zwar damals noch nicht erfolgt wäre, dass aber ein G a n z israel unter Christi Führung und in seiner Kraft die Evangelisation der Welt hätte übernehmen und hinausführen dürfen, bis die Zeit gekommen wäre zur Aufrichtung des Reiches Gottes auf Erden durch den wiederkommenden Herrn.
Tatsächlich ist ja a n d e r s gegangen. Aber auch so ist die Evangelisation der Welt wenigstens durch e i n e n Vertreter des a l t e n Gottesvolkes eingeleitet worden, nämlich durch Saulus-Paulus, dem vom erhöhten Herrn ein Riesenmaß von Arbeit und Leiden auf die Schultern gelegt worden ist. Durch ihn ist die junge v ö l k e r christliche Gemeinde Jesu entstanden. Nach dem Tode ihre Begründers hat sie leider ihren Gang durch die Welt mehr oder minder a l l e i n gehen müssen. Mitberaten ist sie ja noch worden durch mindestens zwei Männer aus dem alten Apostelkreis,nämlich durch Petrus und Johannes. Aber der w e i t e r e Gang der heidenchristlichen Gemeinde inmitten der Völker war schwer. Den sie war noch nicht genügend gewappnet gegen die Einflüsse aus der heidnischen Umwelt. Deshalb war es auch gar nicht verwunderlich, dass in den Jahrhunderten seither allerlei Einflüsse und Strömungen in den v ö l k e r christlichen Kirchen um sich gegriffen und zu Verunreinigungen und Verkrümmungen geführt haben, die ihnen vielleicht erspart geblieben wären, wenn sie die Leitung durch eine erfahrene große Gemeinde aus Israel nicht hätten entbehren müssen.’'





4. Daniel Wort zur l e t z t e n Stunde (innerhalb Anm. 37)
Wiederholung der Heilswoche Israels bei Abschluss
Die große Trübsal
Anmerkung 38: Unterschied zwischen Trübsalen und der g r o ß e n Trübsal
Die Auswahl
Anmerkung 39: Geschichtliches dazu
5. Ausblicke Daniels auf das Reich Gottes auf E r d e n
Anmerkung 40: Was heißt „H i m m e l“ reich?
Anmerkung 41: Der „Menschensohn“
Anmerkung 42: Gemeinde Jesu, Kirchen und Reich Gottes
Israels Herrscherstellung im Zeichen des D i e n s t e s
Anmerkung 43: Das Gericht und der Richter
6. Blicke Daniels in die n e u e Zeit
Anmerkung 44: Der letzte Ausblick des P a u l u s
Anmerkung 45: Der Blick a u f wärts und v o r wärts
Vorläufiges Schlusswort
Der Dienst der Prophetie
Die Gegenwart als Zeitenwende