Der neue Wohnort des veränderten Menschen

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Abschrift des Heftes: Verlust der Herrlichkeit des ersten Menschen
Julius Beck (1887-1962)

Aus der Reihe: Vätererbe Bd. II (1962)
Verlag Ernst Franz Metzingen, Württ.

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Verlust der Herrlichkeit des ersten Menschen

3. Der neue Wohnort des veränderten Menschen

Dreifach war die Naturanlage des Menschen: himmlisch, irdisch, höllisch. Jeder dieser Anlagen konnte der Mensch leben. Gottes Wille war, dass er im himmlischen Wesen existiere; darum setzte Er ihn darein. Der im Bilde Gottes erschaffene Mensch lebte auch zunächst durchaus himmlisch – mit der ihm angetrauten göttlichen Weisheit.

Infolge seiner Versuchlichkeit, die zu seinem Wesen gehörte, konnte er zur Offenbarung auch der anderen Anlagen verführt werden. Die Verführung gelang dem Weltgeist, der die innere Lust Adams auf das Irdische hinlenkte. In seinem Willen besitzt der Mensch eine magische, schöpferisch wirksame Kraft. Will der Mensch Himmlisches, dann wirkt der Geist Gottes alsbald mit dieser Kraft; will er aber Irdisches, dann bewirkt ihn der Weltgeist. Die Namengebung war für Adam verhängnisvoll geworden. Bei dieser hatte ihm der Weltgeist vorgegaukelt, dass die Trennung der Geschlechter – in männlich und weiblich -, wie sie bei der niederen Existenzstufe der Tiere vorlag, etwas Höheres sei als die himmlische Lebensstufe Adams, bei welcher die beiden Geschlechter in eins verbunden waren. Die Weisheit war das weibliche Prinzip in Adam, wie später in Jesus wieder. So konnte in Adam das Verlangen nach einem personhaften Gegenüber entstehen. In dem Maß, als er die himmlische Weisheit verließ, gewann das Verlangen nach einem irdischen Gegenüber die Oberhand. Und der Weltgeist tat sein Äußerstes, ihm eine solche Person in der Phantasie zu präsentieren – und mitwirkend zu verschaffen. Was Adam bisher in sich hatte, wollte er nun außer sich haben. Er ahnte nicht, was mit dieser Veränderung über ihn hereinbrechen werde; denn er war durchaus unerfahren.

Infolge der Inspiration des Weltgeistes verlangte Adam nun nach „Fleisch von seinem Fleisch“, d. h. er wollte ein menschliches Gegenüber haben, nicht etwa ein tierisches; aber auch nicht mehr ein himmlisches. Adam selbst war ja bereits durch sein Sterben nach unten zum Erdenkloß geworden. Der Himmelsmensch war nun ein Erdenwesen, das der irdischen Natur sich zugewendet hatte. Bisher existierte er in einem seiner Natur entsprechenden paradiesischen Element, im Licht, und genoss Lichtesnahrung. Der zum Erdenmenschen gewordene „Erdenkloß“ konnte – und durfte – den bisherigen Wohnort nicht behalten; Gott setzte ihn in einen seiner Natur entsprechenden Wohnort, in den Garten Eden, welcher der sichtbaren Welt zugehörte. Dieser musste Adam auch die entsprechende Nahrung liefern. Hatte er bisher Kräfte der unsichtbaren inneren Welt genossen, so musste er jetzt mit den „Trebern“ der äußeren Welt vorliebnehmen. Erde hatte er begehrt, und Erde bekam er. Nun musste er seine Nahrung bei den Pflanzen und Tieren suchen.

Der Garten Eden

Der Garten Eden war ein irdisches Abbild des überirdischen Paradieses. Standen dort der Lebensbaum und der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen (zur Erprobung Adams), so auch im Garten Eden in irdischer Art, aber mit demselben Zweck. So wie Adam aus dem Himmlischen sich ins Irdische herausentwickelt hatte, so geschah auch eine Projektion aller anderen Verhältnisse ins Irdische. Diese ganze Abwärtsentwicklung kam davon her, dass Adam sich innerlich der himmlischen Welt entfremdete – und seiner niederen, irdischen Anlage lebte. Er ahnte nicht, wie sehr er sich damit selbst degradierte. Ähnlich handelt der Mensch heute noch, wenn er sündigt. Nach Gottes Willen hätte das Irdische vom Himmlischen verschlungen bleiben sollen, - wie der Tag die Nacht verschlungen hält. Ebenso hätte die Finsternis ewig vom Licht beherrscht bleiben sollen. Ohne die vorausgehende satanische Entwicklung vom Licht zur Finsternis wäre auch der Mensch nicht aus dem Übersinnlichen ins Sinnliche gefallen. Es ging beide Male um große Abstiege und Abstürze.

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“

Unmittelbar nach der Erschaffung des Menschen sprach Gott: „Es ist sehr gut!“ Sehr gut war die ganze Schöpfung, weil das Licht über die Finsternis herrschte. Sehr gut war auch der Zustand Adams, weil er ein Bild Gottes war, dem die himmlische Weisheit als Beraterin beigegeben war. So war also der Mensch keineswegs allein!

Freilich ist es nicht gut, wenn der Mensch, wie es heute bei uns allen der Fall ist, in seinem Wesen einsam ist. Aber es ist Schuld Adams, wenn er sich auf einmal „allein“ fühlte. Er hatte mit seiner Lust und seinem Willen die himmlische Weisheit verlassen und sich der irdischen zugewendet; darum verließ die Weisheit ihn – und siehe da: nun fühlte sich der Mensch allein!

Dieser Zustand des Alleinseins war nicht bloß „nicht gut“, er war auch gefährlich für Adam. Es war zu fürchten, dass der Weltgeist, der ihn ins Irdische und Tierische herausgelockt hatte, ihn gar ins Satanische hineinziehen werde. Es lag für Gott ein doppelter Grund vor, einzugreifen; denn Adam sollte zumindest auf der irdischen Stufe, im Tiersbild festgehalten werden, um nicht ins Satansbild abzusinken. Darum sorgte Gott ihm für einen Ersatz, indem er Adam ein irdisches Gegenüber gab, die Eva, das Weib von Fleisch und Blut.

Nachdem Adam das Ebenbild verlassen und verloren hatte, war die Zusammenordnung der beiden Tinkturen männlich und weiblich nicht mehr möglich. Darum schied Gott sie auseinander, was eine große Degradierung und Verarmung des menschlichen Wesens mit sich brachte. Aus „eins“ wurde „zwei“, d. h. der Mensch Adam wurde „halbiert“ – und spricht nun von seinem Weib als von seiner besseren „Hälfte“.

Nicht gut für Adam

„Nicht gut“ war die grundsätzliche Hinwendung Adams zum Weltgeist. Bisher hatte der Geist Gottes das Rad seiner Seele getrieben – und war ihm allgenugsam gewesen. Der Weltgeist dagegen vermochte ihm nur „Treber“ zu bieten; und Adam muss damit vorliebnehmen, muss sich sogar noch darum bemühen. Durch den Genuss der irdischen Speise bekam Adam grobes Fleisch und Blut. Nachdem er angefangen hatte, dem irdischen Prinzip zu leben statt dem ihm ebenfalls angeborenen paradiesischen Prinzip, fing die Finsternis an, über das Licht zu herrschen; das Fleisch gebot dem Geist. Das alles war freilich „nicht gut“; aber die Entwicklung nach unten war nicht mehr aufzuhatten. Die Lust Adams hatte empfangen; nun ging es schöpfungsmäßig, sozusagen automatisch, weiter zur Ausgeburt der Sünde.

Nicht nur die Lust, sondern alle Seelenkräfte Adams konzentrierten sich darauf, einen Ersatz für die verloren gegangene himmlische Weisheit zu bekommen.

Und der Weltgeist unterstützte ihn mächtig in diesem falschen Begehren. War dies doch die Hinleitung zum Sündenfall, ja wohl schon seine erste Stufe. Auch wenn dem Adam eine irdische Gehilfin zuteil wird, hat er unendlich viel verloren: nämlich die Harmonie der Kräfte Gottes in seiner Seele, das Licht des Lebens, auch das Paradies! Und leider auch die Fähigkeit, mit der himmlischen Weisheit zu wirken und zu zeugen.

Denn mit der irdischen Gehilfin vermag er nur fleischlich-seelische Menschen zu zeugen. Der Stammvater des geistlichen Lebens, der in den Geist erhöhte Jesus Christus, vermag aber aus ihnen geistliche Menschen zu gebären – durch den Akt der Wiedergeburt. Gewinnt der Mensch durch göttliche Zeugung das höhere Geistesleben wieder, so gewinnt er damit auch die göttliche Generationsfähigkeit wieder. Alles, was Adam verloren hat, ist also nur „vorläufig“ verloren.

Um zu dieser höheren Geburt des Geistes zu gelangen, die nur Jesus vollziehen kann, muss der Mensch wieder sich der göttlichen Weisheit unterordnen und seine Selbstherrlichkeit aufgeben. Jetzt ist Jesus uns gemacht zur Weisheit. Der Mensch gewinnt dann nicht nur einzelne verloren gegangene Fähigkeiten zurück, sondern Gott, seinen Schöpfer, selbst. Dann heißt es wieder: „Siehe da, eine Hütte Gottes bei den Menschen!“ Und das ist wieder „sehr gut“!

Erst von jetzt ab: Mann und Weib!

Das Ebenbild Adam glich der himmlischen Menschheit, deren männliche und weibliche Kräfte so wenig zerteilt sind, als sie es in dem Menschensohn Jesus Christus waren. Nach Behebung des Sündenfalles wird Mann und Weib auch nicht mehr unterschieden sein; der vorläufige Zustand des Menschengeschlechts ist ein Zeichen seines Abfalls von Gott.

Der ebenbildliche Adam wurde bei der Versuchung durch den Weltgeist von Gott abgezogen und der irdischen Welt zugekehrt; hier bei der weit unter ihm stehenden Tierwelt, fand sich die Zerteilung der Geschlechter, welche ihm der Weltgeist als erstrebenswert vorgaukelte. Und Adam gab in diesem Ringen schließlich dem Weltgeist nach.

Um größeres Übel zu vermeiden, griff Gott zur Erschaffung des Weibes. Der geschwächte Adam, dem auch die inneren Quellen versiegten, fiel schließlich in einen „Schlaf“, den Gott über ihn kommen ließ (ob man wohl hier schon an eine Art Todesschlaf denken muss?). Und während dieses Schlafs zerteilte der Schöpfer das Ebenbild Adam in zwei Personen, in Mann und Weib. Damit waren Menschen der heutigen Art vorhanden; die göttliche Herrlichkeit und Würde des Ebenbildes aber war dahin. Der Mensch hatte sich weithin der Tierwelt genähert.

Wie der Schöpfer bei der Zerteilung des Ebenbildes zu Werke ging, wird immer ein dunkles Geheimnis bleiben; die Tatsache der Zerteilung ist unbestreitbar. Zerteilt wurden nun alle Kräfte und Eigenschaften des ursprünglichen Menschen; aus eins wurde zwei! Erlangt der Mensch durch eine wahre Wiedergeburt das göttliche Ebenbild wieder, dann wird Gott aus zwei wieder eins schaffen. Äußerst lehrreich ist ein Vergleich zwischen dem Schlaf des ersten und dem Todesschlaf des zweiten Adam. Der erste Adam schlief ein als Überwundener; der zweite Adam als Überwinder – von Welt, Sünde und Tod! Der erste Adam schläft ein als Geistesmensch und erwacht im Fleisch; der zweite Adam schläft „irdisch“ ein und erwacht als Geisteswesen. Der erste Adam entwickelt sich von oben nach unten, aus dem Ebenbild ins Tiersbild; der zweite Adam erwacht im Gottesbild. Der erste Adam schläft ein im himmlischen Paradies und erwacht im irdischen Garten Eden; der zweite Adam geht von der Erde ins Paradies. Der erste Adam wird arm in seinem Schlaf; der zweite Adam wird unendlich reich. Jener erhält die Eva als Ergänzung seines Wesens; dieser bekommt seine Gemeinde, die seinen „Leib“ ausmacht. – Eva wird die Stammmutter aller natürlichen Menschen; Jesus ist der Stammvater alles geistlichen Lebens. Alle natürlichen Menschen stammen von Eva ab, „und hat kein Mensch ein ander Herkommen“; alle geistlichen Menschen, die zusammen die neue Menschheit ausmachen, stammen von Jesus, dem Vater der Ewigkeiten, ab. –

Die Gehilfin Adams als Ersatz

In Eva besitzt Adam nun die gewünschte Gehilfin; sie war Ersatz für die himmlische Weisheit, die er verlassen und die ihn verlassen hatte. Erst die von Jesus abstammenden geistlichen Menschen erhalten die göttliche Weisheit – in Christo – wieder. Adam begrüßt und bezeichnet die Eva als „Bein von seinem Bein und Fleisch von seinem Fleisch“, d. h. als aus ihm genommen und zu ihm gehörig. Vermutlich fühlte sich Adam sehr glücklich mit seiner Eva, dem irdisch-menschlichen Gegenüber. Und doch waren die beiden – im Vergleich mit dem einstigen Ebenbild – armselige Wesen geworden, so dass es bald hieß: „Es ist ein elend jämmerlich Ding um aller Menschen Leben!“

In der himmlischen Weisheit war dem Menschen der Geist Gottes nahe und hatte sein Werk in ihm; in der irdischen Sophia war an die Stelle des Geistes Gottes der Weltgeist getreten und nahm Adam von jetzt ab immer mehr in Beschlag.

Nun war des Menschen Wille erfüllt! Alle Verhältnisse, die sich aus dieser Tatsache entwickelten, gehen mehr oder weniger auf das Schuldkonto des Menschen. Und so finden wir alle das Leben heute vor: entleert, entwertet, entgottet! Der Weltgeist ist Trumpf bei der großen Masse der Menschen; vom Geiste Gottes wollen sie sich nicht strafen, viel weniger beraten oder gar erneuern lassen!

Der Vorgang der Scheidung in Mann und Weib

Das Weib ist eine Geburt aus dem Zusammenwirken Adams, des Ebenbildes, mit dem Weltgeist. Hätte Adam mit der himmlischen Weisheit gewirkt und gezeugt, dann wäre ein himmlischer Mensch ausgeboren worden. Mit Hilfe des Weltgeistes kommt nur „Fleisch und Bein“, d. h. ein irdischer Mensch, zustande.

Wie einem Baumeister der künftige Bau schon vor der Seele steht, so stand auch dem schöpferisch mitwirkenden Adam das Bild der Eva vor dem inneren Seelenauge. Er hatte durch sein Abgleiten von der göttlichen auf die irdisch- tierische Lebensstufe sozusagen dem Weltgeist gerufen, und dieser half ihm bei der Gestaltung des Bildes der Eva. Hatte er ihm doch zuvor schon einen irdischen Leib „anerschaffen“! Nun half er ihm, das Weib auszugestalten.

Das Schöpfungsrad läuft immer um; und da Adam und der Weltgeist mitwirkten, konnte die Geburt der Eva vonstattengehen. Dabei geschah im Grund nicht der Wille Gottes, der Adam doch in der göttlichen Ebenbildlichkeit festhatten wollte; sondern der Wille Adams, der sich vom Weltgeist ansprechen und herausreizen ließ. So war Eva eigentlich ein „Kind“ Adams und des Weltgeistes, d. h. ein irdisches Wesen aus Fleisch und Bein, das mit Adam im irdischen Edensgarten erwachte.

Die tiefsten Vorgänge bei dieser Ausgeburt bleiben uns ein Geheimnis, da sich Gott vom Geschöpf nicht in seine Werkstatt hineinschauen lässt. Sowohl die Schöpfung überhaupt, wie auch die Erschaffung Adams und jetzt die Erschaffung des Weibes, bleiben gerade dann verborgene Geheimnisse, wenn man glaubt, sie erkannt und durchschaut zu haben. Übrigens lässt sich das Menschenpaar in eine Parallele zu Himmel und Erde bringen. Es gilt die Proportion: Himmel zu Erde wie Adam zu Eva. Es handelt sich um analoge Systeme.

Als Ebenbild war Adam mit göttlicher Herrlichkeit als einem Kleid angetan; als irdischer Mensch bekommt er einen Tierleib mit Bauch und Gedärm und Schamgliedern „wie ein anderes Tier“!

Lies weiter:
4. Die dritte Stufe des Sündenfalles